Thema des Tages

18-04-2018 08:20

"Hoch Mitteleuropa"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer
Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese
ergeben sich aus weiträumigen Luftdruckverteilungen und den daraus
resultierenden Strömungsmustern in Bodennähe, sowie auch in den
darüber liegenden Luftschichten.

Das Wetter selbst wird außerdem durch die Eigenschaften der in die
Zirkulation einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der
Andauer einer Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des
betrachteten Gebietes durchaus wechseln, der allgemeine
Witterungscharakter bleibt jedoch erhalten.

Die meteorologische Teildisziplin, die sich u. a. mit den
Großwetterlagen befasst, nennt sich "synoptische Klimatologie". Nach
deren Regeln muss eine Wettersituation in Mitteleuropa mindestens
drei Tage andauern, um als eigenständige Großwetterlage betrachtet
werden zu können. Die Klassifizierung von Großwetterlagen ermöglicht
eine systematische qualitative Beschreibung des Ablaufes von Wetter,
Witterung und Klima.

Etwa seit Montagabend und voraussichtlich bis Freitag bestimmt in den
unteren Atmosphärenschichten ein beständiges Hochdruckgebiet namens
NORBERT unser Wetter, so dass sich die Charakterisierung der
Großwetterlage als "Hoch Mitteleuropa" (wissenschaftliche Abkürzung
?HM?) anbietet. In der mittleren und höheren Troposphäre wird diese
?Antizyklone? durch einen vom Maghreb bis nach Skandinavien
aufragenden ?Geopotentialrücken? gestützt, der absinkende
Luftbewegung und damit Luftruckanstieg bzw. Luftdruckpersistenz im
bodennahen Niveau bewirkt.

"Hoch Mitteleuropa" zählt zu den gemischten Zirkulationsformen, d.h.
die zonale, also in West-Ost-Richtung verlaufende Strömungskomponente
und der in Nord-Süd-Richtung orientierte, meridionale Anteil, liegen
etwa in derselben Größenordnung. Dabei sind in Mitteleuropa die
Luftdruckgegensätze bzw. Geopotentialgradienten üblicherweise eher
schwach.

Bei Hochdruckeinfluss sorgen absinkende Luftbewegung und damit
?adiabatische? Erwärmung der Luftmassen tendenziell für eine
Auflösung der Bewölkung. So kann die Mitte April bereits hoch am
Himmel stehende Sonne intensiv scheinen und die bodennahen
Luftschichten z.T. kräftig erwärmen, wobei die von der
atmosphärischen Grundschicht ausgehende Konvektion infolge
thermischen Aufsteigens der Luft durch die Absinkbewegung weitgehend
eliminiert wird. Hoch Mitteleuropa sorgt also im Frühjahr und im
Sommer stets für intensiven Sonnenschein.

Daher ist es kein Wunder, dass in der zweiten Hälfte dieser Woche im
Binnenland vielerorts sommerliche Tageshöchsttemperaturen von mehr
als 25 °C und am Freitag im Südwesten vielleicht sogar 30 °C erreicht
werden können. Aber Obacht! In der vergleichsweise trockenen
Luftmasse wird die intensive Sonnenstrahlung nur wenig gedämpft und
führt bei intensiver Exposition der nach dem Winter sonnenentwöhnten
Haut rasch zum Sonnenbrand. Auch macht eine Schwalbe noch keinen
Sommer ? die Nächte sind nach wie vor kalt und in ungünstigen Lagen
sind Nachtfröste immer noch ein Thema. Aber was soll´s ? genießen wir
einfach die Sonne?



Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.04.2018

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