DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-04-2018 17:01
SXEU31 DWAV 081800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 08.04.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Laufe der Woche von Südwesten her zyklonaler mit zunehmender
Gewitterwahrscheinlichkeit.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einem großen Höhenrücken, der weite
Teile des nahen Osteuropas sowie ganz Mitteleuropa überdeckt und dessen zonal
ausgerichtete Achse sich bis zum Westeingang des Ärmelkanals erstreckt. Als
kleiner Störenfried in diesem ansonsten wohldefinierten Potenzialgebilde
entpuppt sich ein kleiner Kaltlufttropfen, der heute Mittag dabei war, die
Grenze von Tschechien nach Niederschlesien zu überschreiten, um von dort in der
kommenden Nacht knapp östlich der deutsch-polnischen Grenze nach Nordpolen zu
ziehen. Da er sich dabei tendenziell vom Vorhersageraum entfernt, wird es
wahrscheinlich nur ein paar Wolkenfelder im Bereich von Oder und Neiße geben,
während die konvektiven Umlagerungen auf polnischer Seite stattfinden.
Sehr zyklonal gestaltet sich die Wetterlage derzeit in Südwesteuropa, wo ein
Höhentief das nächste jagt. So ist der bis dato über der Iberischen Halbinsel
liegende Trog mittlerweile abgetropft und das resultierende Höhentief zieht in
der Nacht Richtung Balearen. Für Ersatz ist aber bereits in Form eines vom
Ostatlantik kommenden Sekundärtrogs gesorgt, der ebenfalls zu einem
abgeschlossenen Höhentief mutiert. Ja und warum erzählt uns der Hoffmann das
alles, ist doch weit weg? Richtig, und trotzdem ist die Entwicklung dort nicht
ohne Bedeutung für das weitere Geschehen bei uns, doch dazu später mehr.
Die weitere Gute-Nacht-Geschichte ist rasch gelesen. Bei verbreitet klarem, nach
Westen hin teile gering bewölktem oder wolkigem Himmel geht die Temperatur in
der Westhälfte auf 12 bis 6°C, sonst auf 8 bis 2°C zurück, wobei im Osten und
Südosten stellenweise leichter Bodenfrost, aber kaum noch Luftfrost zu erwarten
ist. Nebel gibt es ganz lokal im Süden und gegen Morgen auch im äußersten
Nordwesten. An und in den Alpen bleibt es leicht föhnig.

Montag ... zieht der KLT in Richtung Baltikum ab, so dass wir wieder in den
Genuss des kompletten Höhenrückens gelangen. Dagegen steht auf der Iberischen
Halbinsel der nächste "Spielerwechsel" bevor. So verlagert sich das bisherige
Tief ab den Abendstunden über die Pyrenäen hinweg gen Frankreich, wobei es mehr
und mehr zu einem Randtrog mutiert. Das nächste Höhentief steht aber - ebenfalls
vom nahen Ostatlantik kommend - ante portas, wird den Platz über Portugal und
Spanien aber erst im Laufe des Dienstags einnehmen.
Wie auch immer, bei uns fällt der Luftdruck, wodurch sich schließlich ein
eigenständiges frontenloses Tief bildet, das weiterhin mit sehr milder bis
warmer Luft angefüllt ist. Und - aufgepasst ihr Leute, die ihr ein Barometer
zuhause an der Wand oder sonst wo hängen/stehen habt -, obwohl der Druck fällt,
bleibt das Wetter in weiten Teilen des Landes "schön", wie man gemeinhin sagt.
Im Klartext, trotz Tiefdruckeinfluss scheint auch morgen wieder verbreitet die
Sonne (vielleicht ein paar flache Quellungen, weil die Grundschicht etwas
feuchter wird), was uns eindrucksvoll vor Augen führt, dass Wetter keine
zweidimensionale, sondern eine drei-, wenn man die Zeit noch dazu nimmt sogar
vierdimensionale Angelegenheit ist. Dass die Temperatur dabei auf 19 bis 25°C,
im Südosten örtlich vielleicht auf 26°C steigt, nehmen wir gerne mit. Einzig
ganz im Norden, wo der Wind infolge Druckanstiegs über Nordeuropa gegenüber
heute eine rund 180°-Drehung von S-SO auf nördliche Richtungen vollzieht, bleibt
es frischer.
Bei aller Liebe zum sonnenscheinreichen Frühlingswetter, über ein paar Ausnahmen
gilt es doch zu beichten. So wird mit der angesprochenen Winddrehung tiefe
ST/SC-Bewölkung, vielleicht sogar etwas Seenebel in den äußersten Nordwesten
gedrückt, allerdings nicht besonders weit landeinwärts (sehr wahrscheinlich nur
Nordseeküstenbereich). Darüber hinaus kommt es im Westen und Südwesten durch
niedertroposphärische Winddrehung auf Süd bis Südwest zu einer
Feuchteanreicherung bei gleichzeitig einsetzender Labilsisierung, was zu einem
höheren Wolkenanteil und ab dem Nachmittag auch zu einer leicht erhöhten
Schauer- und Gewitterwahrscheinlichkeit führt. Allerdings sollten die vorhandene
Deckelung sowie eine vielfach etwas zu hohe Auslösetemperatur die
Gewitterbildung vor Ort erheblich dämpfen. Da ist eher schon vorstellbar, dass
sich ein Gewitter von Frankreich her z.B. ins Saarland rettet, ohne dabei aber
das ganz große Besteck auszupacken (=> gelbe Warnung).

In der Nacht zum Dienstag büßt der Höhenrücken etwas an Stärke ein, bleibt aber
für weite Teile des Landes das Maß der Dinge. Folglich wird die Nacht verbreitet
gering bewölkt oder klar, örtlich bildet sich Nebel. Im äußersten Norden und
Nordwesten hält sich z.T. dichte tiefe Bewölkung. Außerdem schwebt über den
westlichen Landesteilen weiterhin das zugegeben nicht besonders scharfe
Damoklesschwert möglicher Schauer und Gewitter, vielleicht sind es auch nur ein
paar Regenübrigbleibsel von unseren westlichen Nachbarn.
Da der Luftdruck über dem Europäischen Nordmeer und Nordeuropa weiter steigt
(Hoch Nordmeer-Fennoskandien), nimmt auch der auf Nordost drehende Wind
insbesondere an der Küste zu, ohne aber die untere Warnschwelle zu erreichen
(allerhöchstens auf Helgoland). Auf dem Brocken treten die ersten stürmischen
Böen 8 Bft auf. Dafür schwächt sich der Föhn in den Alpen ab. Luftfrost ist kein
Thema mehr, Bodenfrost nur noch ganz vereinzelt.

Dienstag ... stellt sich - großräumig betrachtet - eine HoL-Situation ein. Als
Hauptdarsteller fungieren das umfangreiche fennoskandische Hoch über Nord- und
das hochreichende Tief über Südwesteuropa. Deutschland gelangt quasi zwischen
die "Klauen", wobei sich der o.e. Rücken unter Verkürzung seiner Wellenlänge
etwas nach Norden verlagert. Gleichzeitig rückt von Süden her eine zonal
exponierte Potenzialrinne nach, die am Abend den Süden und die Mitte überdeckt.
Sie korrespondiert mit einer Rinne am Boden, die im Grunde das Relikt des o.e.
frontenlosen Montagstiefs darstellt und sich im Tagesverlauf von Südwesten her
langsam nordostwärts vorarbeitet. Die vor Ort liegende Warmluft labilisiert sich
noch etwas, am Nachmittag erreichen die ML-CAPE-Werte gebietsweise 500 bis 800
J/kg, punktuell noch etwas mehr. Durch die konfluente Struktur innerhalb der
Rinne, der zunehmenden Zyklonalität in der Höhe sowie der sinkenden
Auslösetemperateuren sind durchaus auslösende Hebungsmechanismen vorhanden, was
die Modelle offensichtlich auch so sehen (oder es den Verfasser so sehen
lassen). Entsprechend werden mit zunehmender Tageslänge vermehrt schauerartige
Regenfälle und Gewitter simuliert, die sich von Südwesten bis zur Mitte und
vielleicht noch etwas darüber hinaus vorarbeiten. Dabei geht die Temperatur
gegenüber dem Vortag auf etwa 16 bis 22°C zurück.
Aufgrund der vergleichsweise geringen Strömung und der zumindest in der Fläche
limitierten CAPE-Werte dürften Wind/Sturm und Hagel eher eine Nebenrolle
spielen, wenn auch nicht gänzlich negiert werden. Ganz oben auf der Agenda steht
das Thema Starkregen, der bei PPWs, die in der Spitze um 25 mm liegen, meist im
markanten Bereich anzusiedeln ist. Allerdings lässt sich bei der relativ
niedrigen Schwelle von 25 mm/h zumindest eine lokale Unwettergefahr nicht
wegdiskutieren.
Weite Teile Nord- und Ostdeutschlands bleiben von den konvektiven Umlagerungen
weitgehend verschont. Das liegt daran, dass von Osten her nicht unbedingt
wesentlich stabilere (siehe Lapse-Rates), wohl aber trockenere Warmluft
advehiert wird, die zudem noch vielfach gedeckelt ist. Die Folge ist
sonnenscheinreiches und weitgehend trockenes Wetter bei 20 bis 25°C. Je näher
man der Küste kommt, desto kühler wird es allerdings (auch schon im Binnenland
80-120 km weg vom Küstensaum), da dort ein mäßiger bis frischer Nordostwind mit
maritimer Komponente weht. Direkt an der See erreicht der Wind in Böen Stärke
7-8 Bft.

In der Nacht zum Mittwoch stellt sich ein von West-Nordwest nach Südost
verlaufender Korridor ein, in dem es zu weiteren schauerartigen Regenfällen
(teils Starkregen) und einzelnen Gewittern kommt. Wo genau die Schwerpunkte
liegen werden, ist aber noch offen. An der See weht weiterhin ein flotter
Nordostwind mit Böen 7-8 Bft. An den Alpen wird es erneut leicht föhnig, was
wohl tagsüber schon beginnt.

Mittwoch ... ändert sich nicht so viel an der großräumigen
Strömungskonfiguration mit hohem Druck/Potenzial im Norden und dem Gegenteil im
Südwesten Europas. Die Zone potenzieller Schauer und Gewitter (weiterhin mit
Starkregengefahr) verlagert sich noch etwas nordwärts, wo sie aber irgendwann
durch das Hoch bzw. die trockenere Nordostströmung ausgebremst wird.
Hinsichtlich der räumlichen Verteilung und der Intensität der Niederschläge,
genauer gesagt deren Homogenität, offenbaren die Modelle noch Luft nach oben. An
der Küste nimmt der NO-Wind etwas ab, für einige 7er-Böen reicht es aber noch.
An den Alpen bleibt es leicht föhnig.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Wie so oft zeigen die Modelle im Großen und Ganzen einen ähnlichen Kurs. Am
spannendsten ist dabei die Frage, wo und wann genau mit welcher Intensität die
Gewitter respektive schauerartigen Regenfälle auftreten werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann