DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-04-2018 07:30
SXEU31 DWAV 060800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 06.04.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu Sa (Süd antizyklonal)

Weitgehend ruhiges und warnarmes Frühlingswetter. Vor allem in der kommenden
Nacht aber noch mal leichter Frost (Mitte/Süden), zudem in höheren Lagen teils
stürmischer Wind (Low-Level-Jet).

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... gelangt Mitteleuropa - man möchte fast hinzufügen "pünktlich zum
Wochenende" - von Westen her unter einen breiten Höhenrücken. Das
korrespondierende Bodenhoch LEO verlagert sein Zentrum (etwas über 1025 hPa) von
hier nach da, nein, von Deutschland nach Polen, womit wir auf die "warme"
Westflanke gelangen. Da der Luftdruck westlich von uns bereits wieder stärker
fällt, verschärft sich erst im Westen, später auch weiter östlich der Gradient,
was einen auflebenden, zunächst aber noch nicht warnrelevanten Südostwind zur
Folge hat (nur etwa nordöstlich der Elbe weht noch längere Zeit ein westlicher
Wind).
Ansonsten bestimmt heute Absinken die Szenerie, wodurch sich nicht nur die
untere Troposphäre deutlich erwärmt (Anstieg T850 von -4 bis +2°C am Morgen auf
Werte zwischen +3°C in Vorpommern und bis zu 11°C im Westen/Süden am Tagesende),
sondern zudem die Absinkinversion auf etwa 900 hPa (+/- 10-20 hPa)
heruntergedrückt wird. In der stark gestauchten, aber leicht labil geschichteten
Grundschicht entwickeln sich trotz weiterer Abtrocknung besonders im Süden und
Osten sowie in Teilen der Mitte flache Quellungen, während sich die heute früh
im Westen und Südwesten gesichtete hohe Bewölkung gen Alpen verlagert. Später
können im Westen und Nordwesten neue, WLA-getriggerte Cirren auftreten, was aber
rein von akademischem Interesse ist. Unter dem Strich steht heute ein ruhiger
und sonnenscheinreicher Freitag auf der Karte, an dem die Sonne zunächst aber
mal gegen die niedrigen Starttemperaturen ankämpfen muss. Immerhin, im Süden und
Westen bringt sie das Thermometer soweit in Schwung, dass am Nachmittag 14 bis
18, punktuell vielleicht auch mal 19°C angezeigt werden, während der Rest des
Landes mit 10 bis 15°C etwas hinterherhinkt. An Küstenabschnitten, wo sich über
einen längeren Zeitraum eine auflandige Windkomponente einstellt, bleibt es noch
etwas frischer, weisen doch Nord- und Ostsee mit etwa 3 bis 5°C noch nicht
gerade badetaugliche Wassertemperaturen auf.

In der Nacht zum Samstag fällt die von der Numerik forcierte Windzunahme in den
Kamm- und Gipfellagen des Berglands (außer Alpen und Schwarzwald) sowie auf der
Nordsee auf. Der Gradient allein erklärt nur die 7er-Böen aus Südost über der
Deutschen Bucht (=> Helgoland), vielleicht auch noch zwischen Schlei und
Flensburger Förde. Auf den Bergen hingegen muss ein anderer Mechanismus gewaltig
mithelfen, um die von ICON avisierten Böen 7 bis 9 Bft, vereinzelt sogar 10/11
Bft zu erreichen. Offensichtlich kommt es in der Nacht zu einem
strömungsfördernden Zusammenspiel zwischen besagter Absinkinversion und
Orografie, die zur Bildung von Low-Level-Jets führt. Ob es allerdings so dicke
kommt, wie von ICON apostrophiert (10/11 Bft), ist fraglich. Überhaupt muss man
mal abwarten, wo genau und wie verbreitet der Südostwind die Warnschwellen
überschreitet. Möglicherweise greift die Einzelfallentscheidung, ggf. muss aber
auch der Warnstift gezogen werden - schwierig.
Darüber hinaus gilt es festzuhalten, dass die Nacht nicht mehr so kalt wird wie
die vergangene, gleichwohl kann es insbesondere in geschützten Lagen der Mitte
und des Südens noch mal leichten Luftfrost geben (=> offensives Warnmanagement),
während Bodenfrost deutlich breiter auftritt.

Samstag... weitet sich der über dem nahen Ostatlantik positionierte Höhentrog
unter Verkürzung seiner Wellenlänge nach Süden aus, wo er in der Nacht zum
Sonntag über der Iberischen Halbinsel droht abzutropfen. Bei uns verlagert sich
der o.e. Rücken einen Tick nach Osten, wodurch die leicht aufsteilende südliche
Höhenströmung etwas zunimmt, dabei aber weiterhin klar antizyklonal konturiert
bleibt.
Am Boden verbleiben wir zwischen dem sich noch etwas intensivierenden (> 1030
hPa), nach Weißrussland wandernden Hoch LEO und einer schwammigen Tiefdruckzone
über Westeuropa respektive dem nahen Atlantik. Die darin eingelagerte
schleifende, zur Wellenbildung neigende Kaltfront wird auf Distanz gehalten, so
dass wir uns deutschlandweit auf einen sonnenscheinreichen Frühlingssamstag
einstellen können. Dass dabei die westlichen und nordwestlichen Landesteile
mitunter von einigen durchziehenden Schleierwolken heimgesucht werden, fällt
nicht groß ins Gewicht. So dürfen wir uns über einen weiteren Temperaturanstieg
freuen (T850 bis zum Abend auf 8 bis 12°C), der sich in 2 m Höhe in Werten
zwischen 16/17°C im Nordosten und bis zu 23°C im Süden und Südwesten
widerspiegelt. Frischer bleibt es nur dort, wo der Südostwind einen etwas
längeren Weg über das kalte Meerwasser zurückgelegt hat, was bei dieser
Windrichtung an der Nordsee kaum, an der Ostsee wenigstens abschnittsweise der
Fall ist. Auf der anderen Seite dürfte u.a. wegen der niedrigen Startwerte die
neuralgische 25°C-Marke wohl (noch) nicht erreicht werden
Zum Wind, der Gradient fächert durch die Verlagerung des Hochs bei gleichzeitig
leichtem Druckanstieg westlich von uns allmählich auf. Darüber hinaus nimmt
durch den Tagesgang der Low-Level-Effekt wieder ab. Kurzum, über den Tag hinweg
dürfte der Südostwind wohl nur noch in und auf dem Erzgebirge bzw. dem
Bayerischen Wald die untere Warnschwelle überschreiten (7-8 Bft), wobei sich
möglicherweise in "günstig" exponierten Tälern eine Light-Version des Böhmischen
Windes die Ehre gibt.

In der Nacht zum Sonntag tut sich relativ wenig an der Großwetterlage, zumindest
was unseren Raum betrifft. Die Unterschiede zur Vornacht liegen darin, dass der
Südostwind wohl nur noch im Erzgebirge so flott unterwegs ist, dass er in Böen
Stärke 7 Bft, in exponierten Kamm- und Gipfellagen 8-9 Bft erreicht. Außerdem
wird es gesamtheitlich nicht mehr so kalt, in den meisten Gebieten bleibt es
frostfrei. Nur im Süden und Südosten ist ganz lokal noch mal Luftfrost von etwas
unter 0°C möglich, leichter Bodenfrost hingegen wahrscheinlich. Dagegen können
sich Nachtschwärmer im Ruhrpott über zweistellige Tiefstwerte von etwas über
10°C freuen.

Sonntag... weitet sich der über dem nahen Osteuropa angekommene Höhenrücken
wieder nach Westen aus, wodurch er zunehmend eine zonale Exposition annimmt. Das
abgetropfte Höhentief im Südwesten Europas verlagert sich zum westlichen
Mittelmeer, der Trog wird aber durch einen weiteren, westlich der Biscaya
ebenfalls abtropfenden Randtrog regeneriert. Während diese Prozesse weit genug
weg sind, um irgendwelchen direkten Einfluss auf unser Wetter auszuüben, zeigt
uns der Blick nach Südosten eine "seltsame Erscheinung". Genauer, von Österreich
her zieht ein markanter Kaltlufttropfen langsam aber sicher nach Tschechien und
spät am Tage nach Südwestpolen, womit er nicht nur in die Phalanx des
Höhenrückens eindringt, sondern auch dem Vorhersageraum verdammt nahe kommt. Bei
genauerer Untersuchung seiner Vita stellt sich heraus, dass es sich um ein
abgetropftes und vorübergehend abgetauchtes Höhentief genau des Troges handelt,
der uns gestern ostwärts überquert hat. Wie auch immer, die derzeit vorliegenden
Simulationen lassen die vom KLT ausgelösten Regenfälle und Gewitter knapp
östlich von uns, was aber bei solchen, in der Regel extrem eigensinnigen und von
der Numerik schwer zähmbaren Potenzialwesen nicht so bleiben muss. Immerhin
simuliert ICON für einen Streifen von Niederbayern bis Oberfranken sowie in
Teilen Sachsens einen Rückgang der 850-hPa-Temperatur auf 5°C oder etwas
darunter (12 UTC), während im großen Rest des Landes zur gleichen Zeit 9 bis
13°C auf der Wetterkarte stehen.
In der Grundtendenz können wir aber von einem weiteren sonnigen oder nur locker
bewölkten Frühlingstag ausgehen, an dem es noch etwas wärmer wird als am
Samstag. 19 bis 24°C lautet die Hauptspanne, lediglich im höheren Bergland sowie
an der Küste bei leichtem Seewind bleibt es (z.T. deutlich) kühler. Auf der
anderen Seite nimmt die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwo die neuralgische
25°C-Marke (offizieller Sommertag) erreicht oder knapp überschritten wird, zu.
Okay, Schwerin wird es ebenso wenig sein wie Wilhelmshaven oder Norddeich-Mole,
und auch die Berliner Hertha sowie Dynamo Dresden gehören sehr wahrscheinlich
nicht zu den auserwählten Orten. Die sind eher im Westen und Süden angesiedelt,
wobei das Ganze nicht zu hoch gehängt, sondern meteorologisch-spielerisch
betrachtet werden sollte.
Der Ost- bis Südostwind nimmt tendenziell eher ab, besonders im Erzgebirge ist
er zunächst aber noch recht lebhaft unterwegs. Darüber hinaus könnte in und an
den Alpen der Föhn etwas stärker in Gang kommen, ohne dass sich aber die ganz
große Föhnlage ausbildet.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Entwicklung sehr ähnlich. Gespannt sein darf man vor
allem auf den kleinen KLT am Sonntag.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann