DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-03-2018 08:30
SXEU31 DWAV 230800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 23.03.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: trotz leichter Abschwächung BM (Brücke Mitteleuropa)

Ruhiges, weitgehend grenzschichtgeprägtes Wetter. Heute am Alpenrand noch
geringfügiger Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... Am heutigen Welttag der Meteorologie präsentiert sich die Wetterlage
zumindest in Mitteleuropa und somit auch in Deutschland von seiner ruhigen
Seite. In der großräumig stark meridional ausgerichteten Potenzialverteilung ist
für unser Wetter heute ein Höhenrücken verantwortlich, der sich von der
Iberischen Halbinsel bis nach Skandinavien erstreckt, um von dort in Richtung
Nordpolarmeer "abzubiegen". Der Rücken verlagert sich nur äußerst zögerlich
ost-südostwärts, wobei er spät am Tage über Norddeutschland
Abschnürungstendenzen offenbart, die wahrscheinlich aber erst Samstagfrüh von
Erfolg gekrönt sein werden (=> Bildung eines abgeschlossenen Höhenhochs).
Wie auch immer, vorderseitig des Rückens macht sich bei uns nicht nur Absinken
bemerkbar, es wird zudem eine zugegeben nicht gerade monumental daherkommende
Hochdruckbrücke gestützt, die das Azorenhoch mit einem Hoch über Russland
verbindet. Reichlich Antizyklonalität also, da müsste wettermäßig doch was zu
machen sein? - Eigentlich ja, wenn da die Vorgeschichte von gestern nicht
gewesen wäre. Dort hat uns nämlich ein Frontensystem überquert, auf dessen
Rückseite erwärmte, vor allem aber ziemlich feuchte Meereskaltluft (T850 -5 bis
0°C) zu uns gelangt ist, von der wir bei schwachen Luftdruckgegensätzen auch
heute (und z.T. wohl auch am Wochenende) noch "profitieren". Das angesprochene
Absinken hat sich bisher durch die Ausbildung einer Absinkinversion bemerkbar
gemacht, die - Referenz 00-UTC-Sondierungen - im Norden bei 900 hPa, in der
Mitte bei 800 hPa und im Süden zwischen 700 und 600 hPa liegt. Darüber ist es
sehr trocken, während die darunter liegende Grundschicht weitgehend gesättigt
ist. Unter dem Strich bedeutet das landesweit eine ziemlich trübe Angelegenheit
mit tiefen Wolkenuntergrenzen, Nebel (vor allen in den Mittelgebirgen durch
aufliegende Wolken), Nieselregen und im Süden auch noch etwas Schneefall.
Letzterer rekrutiert sich aus den Resten des o.e., aber nicht mehr analysierten
Frontensystems sowie etwas Stau an den Alpen. Genau dort kann heute besonders
nach Osten hin noch mal 1 bis 3 cm Neuschnee fallen, während sonst die
Niederschlagsneigung unter der noch etwas absinkenden Inversion tendenziell auf
dem absteigenden Ast ist. Es wäre aber ein Fehler, daraus abzuleiten, dass sich
Wolken und Nebel großflächig auflösen oder zumindest auflockern. Nicht zuletzt
mangels ausreichend Wind (der aus unterschiedlichen Richtungen daherkommt)
bleibt es im Großen und Ganzen bedeckt, teils trüb, nur lokal reißt es mal auf.
Laut MOS soll die Temperatur auf etwa 4°C an Oder und Neiße sowie in Vorpommern
und bis zu 11°C am Oberrhein und in der Kölner Bucht ansteigen. Gerade im Westen
scheinen die Temperaturen aufgrund fehlender Einstrahlung und wenig
Durchmischung etwas zu hoch gegriffen zu sein.

In der Nacht zum Samstag setzt sich der bereits zuvor schon angefangene
Druckfall weiter fort. Impulsgeber ist ein kleines, sich vorübergehend
intensivierendes Sturmtief, das vom Seegebiet südwestlich Irlands zur Biscaya
zieht (dort immerhin unter 985 hPa). Bei uns wird die Brücke getilgt,
stattdessen gelangen wir in eine schwache östliche bis südliche Strömung (am
Boden kaum spürbar) zwischen dem angesprochenen Tief und einer Hochdruckzone
östlich von uns. Fakt ist, dass die Wolkendecke von Süden her allmählich etwas
aufreißt und auch in der Mitte und im Westen die eine oder andere Lücke gerissen
wird. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Nebel bildet, recht hoch, und
auch in den Kammlagen der Mittelgebirge muss mit Sichtbehinderungen durch
aufliegende Wolken gerechnet werden.
Ansonsten kühlt die Luft im Osten und Süden, in der östlichen Mitte sowie
allgemein in den Mittelgebirgen in den leichten, an den Alpen sowie im
Bayerischen Wald punktuell in den mäßigen Frostbereich ab. Stellenweise kann es
glatt werden durch gefrierende Nässe, vereinzelt auch durch Reif.

Samstag... breitet sich das abgeschlossene Höhenhoch unter leichter
Intensivierung aus, am Abend überdeckt es ganz Polen und Deutschland sowie
Nordfrankreich. Während sich das Biscayatief auffüllt, bildet sich bei den
Balearen ein neues Tief, was aber nur die deutschen MitbürgerInnen beeinflusst,
die dort überwintern oder gerade Urlaub machen. Bei uns bleibt die
Druckverteilung davon unbeeindruckt und äußerst flau mit einer schwachen
östlichen bis südöstlichen Strömung.
Das Wettergeschehen bleibt somit grenzschichtbestimmt, wobei sich die Inversion
landesweit bei 800 hPa eingependelt hat, nur im Süden etwas darunter. Dort
stehen die Chancen auf längeren Sonnenschein - nachdem sich Nebel und Hochnebel
aufgelöst haben - auch am besten. Allerdings soll es - trotz schwacher Strömung
z.T. mit orografischer Unterstützung - auch in den mittleren Landesteilen im
Tagesverlauf mehr und mehr aufreißen, wobei ICON den Sonnenkönig unter den
Modellen mimt und die Wolkenauflösung besonders forsch vorantreibt, was mit
besonnener Skepsis bewertet werden sollte. Als Faustregel lässt sich aber
festhalten, je weiter im Norden und Nordwesten, desto weniger wahrscheinlich
irgendwelche Wolkenlücken. Stattdessen kann es dort vereinzelt sogar etwas
nieseln.
Temperaturmäßig geht es weiter bergauf, die grobe Spanne der
Tageshöchsttemperatur reicht von 7°C im äußersten Osten und bis zu 13°C im
Westen. Letzteres scheint angesichts von 850-hPa-Temperaturen von -2/-3°C zwar
ein ambitioniertes Unternehmen, ein vergleichsweise hoher Startwert (+3 oder
+4°C), leichte Leeeffekte sowie reichlich Einstrahlung können die 13°C aber
zumindest lokal möglich machen.

In der Nacht zum Sonntag tut sich relativ wenig an der Wetterlage, zumindest was
unser Gebiet betrifft. Entsprechend verläuft die Nacht ruhig und unspektakulär
mit einer Stunde weniger für die Nachtdienste (Achtung, Zeitumstellung), was ja
auch nicht schlecht ist. Auf der Nordwestflanke des Höhenhochs bringt sich über
UK ein Trog in Stellung, dem die Reste einer gealterten Okklusion vorgeschaltet
sind. Zwar bleiben Trog und Okkl-Rest noch außen vor, gleichwohl kann man nicht
ganz ausschließen, dass es im Nordseeumfeld etwas regnet oder nieselt.
Ansonsten klart es mit Ausnahme des Nordwestens sowie Teilen Norddeutschlands
vielerorts auf, wobei die Nebelneigung aufgrund der leichten Abtrocknungen von
Osten her gegenüber den Vornächten zurückgeht. Dafür dehnt sich die Fläche mit
Nachfrost aus, bis auf den Nordwesten gibt es verbreitet leichten, an den Alpen
sowie in den Mittelgebirgen auch mäßigen Frost. Vereinzelt wird es glatt durch
Reif oder gefrierende Nässe.

Sonntag... bleiben sowohl Potenzial- als auch Druckverteilung bei uns extrem
flau, wobei aber leicht antizyklonaler Einfluss überwiegt. Allerdings rückt der
o.e. Trog bis zur Nordsee vor, wodurch die "Gammelokklusion" (sorry, aber dat
Dingen ist nun wahrlich kein Musterexemplar seiner Zunft) etwas landeinwärts
gedrückt wird. Viel Wetter ist nicht dran (kann ja auch nicht aufgrund fehlender
dynamischer Unterstützung respektive Baroklinität), trotzdem ziehen
mehrschichtige Wolken in weite Teile Nord- und Westdeutschlands, aus denen hier
und da auch mal ein paar Tropfen Regen oder Sprühregen fallen können. Am
offensivsten diesbezüglich agiert GFS, das an der deutsch-niederländischen
Grenze stellenweise sogar um 3 mm innert 12 h anvisiert, während andere Modelle
eher mit homöopathischen Dosen agieren.
Nach Südosten hin, namentlich in Bayern und Sachsen, stehen die Chancen auf
längeren Sonnenschein am besten, während in den übrigen Gebieten sich
Mischverhältnisse (Sonne, Wolken) einstellen. Zum Abend hin deuten sich im
äußersten Süden schwache Hebungsprozesse an, die je nach Modelle (GFS auch hier
am aggressivsten) einzelne Schauer zur Folge haben können. Aktuell tut sich der
Verfasser noch etwas schwer damit, der Wirkung (also den potenziellen Schauern)
eine Ursache zuzuordnen. Zumindest legen die Modelle nix vor, was sofort ins
Auge springt. Als zaghafte Erklärung könnten die knapp südlich des
Alpenhauptkamms positionierte Potentialrinne (nördlicher Rand des mit Zentrum
zum Tyrrhenischen Meer ziehenden hochreichenden Tiefs) und die zaghafte
Labilisierung (siehe Lapse-Rates im Konvektionsfavoriten) der Luftmasse im
Alpenraum herhalten. Die Tageshöchsttemperatur liegt weiterhin zwischen 7 und
13°C.

In der Nacht zum Montag näher sich die Okklusion mit einem schmalen
Niederschlagsband (meist Regen oder Nieselregen) den mittleren Landesteilen
sowie dem Nordosten. Im äußersten Süden kommt es zu weiteren Schauern, die
wahrscheinlich nur in höheren Lagen als Schnee fallen. Besonders im Süden und
Südosten tritt gebietsweise leichter Frost auf.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Basisfelder werden von den Modellen weitgehend kongruent simuliert, so dass
es an der groben Richtung keine Zweifel gibt. Kleinere, nicht warnrelevante
Unterschiede (z.B. hinsichtlich der leichten Niederschläge oder der
Wolkenauflösung) wurden im Haupttext angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann