DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-03-2018 17:30
SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 22.03.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs im Süden noch Schnee, Südosthälfte nachts frostig, Glättegefahr. Sonst
insgesamt ruhiges Wetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland auf der Vorderseite eines Höhenrückens in 500 hPa,
dessen Achse von der Biskaya über die Nordsee bis ins Nordmeer reicht. Dieser
Rücken kommt im Weiteren zögerlich nach Osten voran, bis zum Morgen erreicht
seine Achse den äußersten Nordwesten Deutschlands. Das weitere Ausgreifen nach
Osten wird dabei von einem Langwellentrog blockiert, der von Skandinavien über
Osteuropa bis ins Mittelmeer reicht. Vorderseitig des Höhenrückens wird im
Bodendruckfeld ein Azorenhochkeil gestützt, der von der Iberischen Halbinsel und
der Biskaya ost-nordostwärts weist. In der Nacht erstreckt er sich bis nach
Süddeutschland, wo der Druck dann Werte von etwas über 1010 hPa erreicht.
Besagtes Azorenhoch bildet das westliche Ende einer Hochdruckbrücke, die über
Süddeutschland nach Osten weist und in einem Hoch über Südwestrussland sein
östliches Ende findet. Nördlich der Brücke dominiert tiefer Luftdruck, wobei
einerseits ein größerer Tiefdruckkomplex zwischen Schottland und Island und
andererseits ein Tief, welches von Finnland nach Nordwestrussland zieht, die
dominierenden Druckgebilde sind. An Letzterem ist anfangs noch ein schwaches
Randtief auszumachen, das sich allmählich auffüllt. Für uns ist dieses insofern
von Interesse, als es das Zentrum eines schwachen Frontensystems darstellt,
welches den Süden Deutschland aktuell südwärts überquert. Dabei okkludiert es
zunehmend, und die mit ihm verbundenen Niederschläge ziehen sich mehr und mehr
in den Süden sowie an das Erzgebirge zurück. Die Schneefallgrenze liegt zum
Morgen in den westlichen Mittelgebirgen bei 800 m, so dass dort letzte
Niederschläge praktisch durchweg als Regen fallen. Im Süden sowie in den
östlichen Mittelgebirgen liegt die Schneefallgrenze dagegen bei etwa 400 m.
Während in der ersten Nachthälfte im Süden und Südosten noch verbreitet Regen
oder Schnee fällt, ziehen sich die Niederschläge in der zweiten Nachthälfte ans
Erzgebirge und nach Südbayern zurück. Bis zum Morgen schätzt ICON die
Neuschneemengen am Erzgebirge auf etwa 1 bis 3, in Staulagen in der Spitze auf 3
bis 5 cm, an den Alpen können es 5 bis lokal 10 cm Neuschnee werden. Diese
Größenordnung lässt sich beispielsweise auch bei GFS finden, und dass die hoch
aufgelösten Modelle eine andere Vorstellung der Niederschlagsmengen haben (EURO4
am Erzgebirge in Staulagen deutlich über 5 cm Neuschnee, an den Alpen bis zu 15
cm Neuschnee) kann nicht wirklich verwundern. Da die zu erwartenden
Neuschneemengen in 12 Stunden gering sind, wird warntechnisch verbreitet mit
Glättewarnungen operiert. Schneefallwarnungen finden sich für die Nacht vor
allem an den Alpen. Da dort, wie im Süden allgemein, die einsetzende Milderung
später einsetzt und die Orografie stärker gegliedert ist (Mittelgebirge!), tritt
dort auch verbreitet oder zumindest in höheren Lagen leichter Frost auf. In den
Frostgebieten besteht Glättegefahr durch überfrorene Nässe, vereinzelt auch
durch Reif. Der Norden und der Westen sind dagegen weitgehend frostfrei, und bei
einem zumindest mäßigen Wind ist auch das Risiko von Bodenfrost überschaubar.
Niederschläge sind dort kaum noch zu erwarten, und was dort fällt, fällt
flüssig. Vielmehr dürfte in diesen Gebieten das Wettergeschehen von einer
feuchten Grundschicht geprägt sein. Ein paar Wolkenlücken sind im Nordosten am
wahrscheinlichsten. Dort, wo die Wolkendecke aufreißt, wird sich alsbald teils
dichter Nebel bilden. Ansonsten dürfte sich meist mehrschichtige und
geschlossene Bewölkung halten.

Freitag ... verlagert sich der osteuropäischen Langwellentrog nur sehr wenig
nach Osten, das eigelagerte Höhentief ist von seiner Struktur eher diffus, es
verlagert sich aber im Tagesverlauf nach Nordosten. Da auf dem Atlantik ein
neuer Langwellentrog von Grönland her über Island bis auf die Britischen Inseln
übergreift, wird der Höhenrücken über Westeuropa zunehmend abgebaut. Am Abend
ist er noch als schmales Geoptentialmaximum zu erkennen, das von Südfrankreich
zur Ostsee gerichtet ist. In der Nacht zu Samstag wird dieses über den Seealpen
mehr und mehr abgeschnürt. Zwar bleibt zu diesem Zeitpunkt noch eine
Geopotentialbrücke zum Mittelmeer bestehen, über der mecklenburgischen
Ostseeküste hat sich aber schon ein eigenständiges Höhenhoch etabliert. Durch
das sinkende Geopotential werden die Geopotentialgegensätze abgebaut, was die
Dynamik in der Höhe limitiert. Gleiches gilt für das Bodendruckfeld, das
insbesondere am Tage von schwachen Gegensätzen geprägt ist. Dies gilt allerdings
nur für Deutschland bzw. Zentraleuropa. Auf dem Atlantik kommt auf der Südflanke
des Langwellentroges in der Nacht zu Samstag ein Abtropfprozess in Gang und
schon am Tage setzt massive Hebung ein, die durch PVA unterstützt wird. In der
Folge simulieren die Modelle zum Abend ein kleines, kräftiges Tief südwestlich
der Bretagne. Hierbei prescht EZMW mit einem Kerndruck von etwas unter 975 hPa
am weitesten vor, das europäische Modell simuliert in diesem Bereich auch ein
abgeschlossenes Höhentief. ICON sieht den Kerndruck dieses kleinräumigen Tiefs
zum Abend bei etwas unter 985 hPa, GFS bei etwas unter 995 hPa - durchaus
bemerkenswerte Unterschiede. Da das Tief laut aller Modelle aber weiter nach
Südosten in die Biskaya ziehen soll, bleibt sein Einfluss auf unser Wetter
begrenzt. Auf der Vorderseite der Tiefdruckrinne, die zwischen dem kleinräumigen
Tief und dem steuernden Tief über dem Nordmeer liegt, stellt sich eine südliche
Strömung ein. Im Bereich der Rinne sind aber auch Feuchtefelder zu finden, die
unter anderem den Nordwesten Deutschlands beeinflussen. Somit halten sich von
der Nordsee und Schleswig-Holstein bis zum Niederrhein meist dichte Wolken,
insbesondere GFS simuliert auch für große Teile Westfalens und der Eifel eine
durchgängig kompakte Wolkendecke. In den übrigen Gebieten kann die Wolkendecke
durchaus aufreißen, speziell im Süden sowie in den nach Norden weisenden
Leeseiten der Mittelgebirge sind die Chancen auf längere sonnige Abschnitte
recht groß. Hier tun sich ICON und GFS hervor, die für Sonnenanbeter die Modelle
der Wahl sind, und bei längeren sonnigen Abschnitten könnte auch die
10-Grad-Marke geknackt werden. Bei EZMW oder beispielsweise EURO4 werden die
Wolkenauflockerungen wesentlich zögerlicher gerechnet. So oder so: Insgesamt
steht ein wettertechnisch ruhiger Freitag ins Haus. Im Stau der Alpen kann zu
Beginn noch etwas Schnee fallen, laut GFS reicht es dabei zwischen
Mangfallgebirge und Berchtesgadener Land nochmals für ein paar cm Neuschnee, die
übrigen Modelle sind diesbezüglich etwas verhaltener. In den übrigen Gebieten
ist, wenn überhaupt, nicht mit nennenswerten Niederschlagsmengen zu rechnen.
Dazu schwacher Wind, das war's. Erst in der Nacht wird es wieder etwas
interessanter, wenn es im Osten, Süden oder der Mitte wieder frostig wird.
Insgesamt sind auch die Bedingungen für Bodenfrost günstiger als am Vortag, so
dass dieser verbreiteter, auch und speziell im Norden auftreten kann. Abgesehen
von der damit verbundenen Glätte wird verbreitet auch Nebel wieder ein Thema.

Samstag ... verlagert sich das Höhenhoch mit seinem Schwerpunkt nach Nordpolen,
wobei die Lage über Mitteleuropa durch schwache Geopotential- und
Luftdruckgegensätze geprägt ist. Der in Richtung Iberischer Halbinsel gerichtete
Cut-Off-Prozess schreitet voran, wodurch die letzten Reste der schwachen
Geopotentialbrücke über Südfrankreich endgültig gekappt werden. Das Höhentief
liegt am Sonntagmorgen mit zwei Kernen über dem westlichen Mittelmeer und der
spanischen Mittelmeerküste. Weiter in Richtung Mittelmeer verlagert sich auch
das Bodentief, das über die Pyrenäen hinweg nach Südosten zieht und am
Sonntagmorgen südlich der Balearen zu finden sein wird, was GFS, EZMW und ICON
unisono so sehen. Das gilt auch für den Kerndruck, der dann einheitlich etwas
unter 995 hPa simuliert wird - mit anderen Worten, die Modelle haben sich dann
wieder deutlich angenähert. Durch die Verlagerung des kleinräumigen Tiefs nach
Südosten kommt auch die über Westeuropa liegende Tiefdruckrinne nach Osten
voran, in der Nacht zu Sonntag greift ihre Achse auf den Westen Deutschlands
über. Sowohl in der Höhe als auch im Bodendruckfeld zeigt sich dann eine sehr
schwachgradientige Lage. In der Folge reicht es weiterhin nicht für
warnrelevante Böen, aber im Süden und an den Nordseiten vor allem der östlichen
Mittelgebirge sind größere Auflockerungen, in Richtung Inn und Alpen auch
längere sonnige Abschnitte vorstellbar. Dass der Nordwesten weiterhin bezüglich
Sonne etwas benachteiligt ist, liegt an den Wolkenband, das schon am Vortag dort
lag und das mit der Tiefdruckrinne jetzt noch etwas ostwärts vorankommt. Somit
hält sich dort tiefe Bewölkung, nennenswerte Niederschläge sind aber nicht zu
erwarten. Da im 850er Temperaturniveau die Werte im Westen und Süden leicht
steigen, sind in der Westhälfte Maxima über 10 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Sonntag ändert sich die Druck- und Geopotentialverteilung nur
unwesentlich. Zwar dringt ein über der Nordsee liegender Trog (das Residuum des
Atlantischen Langwellentrogs) ein wenig nach Osten vor, so dass eine schwache
Kaltfront auf den äußersten Nordwesten übergreifen kann. Hierdurch kann es im
nördlichen Schleswig-Holstein und in Nordseenähe zu geringen Niederschlägen
kommen, die durchweg als Regen fallen. Die aufziehende sowie die schon
vorhandene Bewölkung lässt es im Nordwesten und in tieferen Lagen
Westdeutschlands frostfrei bleiben. Im Osten und Süden, wo es noch meist klar
bleiben dürfte, ist erneut leichter, zu den Alpen hin auch mäßiger Frost zu
erwarten. Auch Nebel ist wieder ein Thema.

Sonntag ... bleibt im Geopotentialfeld über Südeuropa ein flaches, aber
großräumiges Tief dominierend, während das schwach Ausgeprägte Höhenhoch über
Polen weiter nach Osten geführt wird. Dadurch kommt es in der Nacht zu Montag zu
einem Zusammenschluss des flachen Höhentiefs mit dem Trog über Westeuropa, wobei
die Trogachse in der Nacht zu Montag etwa von Rügen über Ruhpolding und Rimini
bis nach Reggio di Calabria reicht. Mit der ostwärtigen Verlagerung des Troges
wandert auch die auf ihrer Vorderseite liegende Tiefdruckrinne nach Osten, so
dass Deutschland ausgangs der Nacht auf der Rückseite der Rinne liegt. Die
geringen Druckgegensätze halten weiter an, allerdings wird über den Norden eine
schwache Front in Richtung Mittelgebirge befördert. Dabei sind die
Niederschlagsmengen gering, die Modelle zeigen aber auf niedrigem Niveau
unterschiedliche Intensitäten, wobei GFS mit bis zu 5 mm in 6 Stunden am meisten
Niederschlag vorhersagt. Ebenfalls etwas Niederschlag, auch als Schnee, fällt an
den Alpen, wo sich bei geringer Strömung eine schwache Staukomponente einstellt.
Die Temperaturwerte ändern sich kaum, im 850-hPa-Niveau gehen sie sogar leicht
zurück, so dass im Süden und Osten sowie in höheren Lagen weiter leichter Frost
zu erwarten ist.



Modellvergleich und -einschätzung
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Insgesamt modellieren die Modelle die Abläufe der kommenden Tage sehr ähnlich.
Die gravierendsten Unterschiede zeigen sich, wie im Text beschrieben, bei dem
kräftigen, kleinräumigen Tief über der Biskaya, wobei auch dort zumindest
Zugrichtung und Verlagerungsgeschwindigkeit sehr ähnlich sind. Weitere geringere
Modellunterschiede wurden im Text angesprochen, sie sind aber nicht gravierend
und haben keinen Einfluss auf das Warnmanagement.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas