DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-03-2018 18:01
SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 19.03.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Aus Nordwest wiederholt Niederschlag, teils Regen, Schnee oder gefrierender
Niederschlag. Alpenrand etwas Schnee. Tagsüber milder, Nächte weiterhin frostig.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland auf der synoptischen Bühne etwas "zwischen den
Stühlen". Ein durch Kaltluftadvektion gestütztes Bodenhoch zwischen Island und
Schottland nimmt allmählich Kontakt auf zum umfangreichen Azorenhoch und bildet
eine großräumige Hochdruckzone aus. Überlaufen wird diese von hochreichender
Warmluftadvektion stromab einer großräumigen Zyklogenese über der Labradorsee,
sodass in der Höhe zusätzlich ein Höhenkeil aufgespannt wird, der sich in
Richtung der Färöer-Inseln ausdehnt. Somit wird jedmöglicher direkter Vorstoß
atlantischer Luft in Richtung Mitteleuropa vorerst noch unterbunden. Dem
peripheren Absinken des Keils entsprechend bleibt es am frühen Abend über dem
Norden und meist auch über der Mitte Deutschlands wolkenlos oder leicht bewölkt
und trocken.
Anders hingegen sieht es im Süden Deutschlands aus, wo dichte Aufgleitbewölkung
von einem umfangreichen Tiefdruckkomplex über Südeuropa die Sonne verdeckt.
Diese Bewölkung wird durch hochreichende, wenngleich auch nur schwache
Warmluftadvektion hervorgerufen, wobei nur geringe Hebungsprozesse schwache
Niederschläge auslösen. Diese fallen durchweg als Schnee mit wenigen Zentimetern
Neuschnee. Der Nordostwind weht meist schwach, im Bergland zeitweise böig. Ein
Blick auf die aktuellen Taupunkte deutet an, wo die Reise mit den abendlichen
Temperaturwerten hingehen wird, besonders dort, wo eine Strahlungsnacht
bevorsteht. Diese liegen im gesamten Norden und der Mitte bei -10 bis -18 Grad,
im Süden zwischen -3 und -11 Grad. Das Potential für eine zügige abendliche
Temperaturabnahme ist gegeben, sodass abends deutschlandweit bereits leichter
Frost zwischen 0 und -4 Grad, im Bergland um -7 Grad erwartet werden kann. Davon
ausgenommen ist der Oberrhein mit abendlichen Werten von +1 oder +2 Grad.

In der kommenden Nacht, der Nacht zum Dienstag, wird der Höhenkeil von einer
Kurzwelle umlaufen, die in der Nacht über Dänemark bis in den Norden Deutschland
geführt wird. Gekoppelt an die Kurzwelle ist eine Kaltfront, die im Verlauf der
ersten Nachthälfte auf den äußersten Norden übergreift und ausgangs der Nacht
die gesamte norddeutsche Tiefebene erfasst. Wie so oft während der Winterzeit
entscheidet die vertikale Struktur der Front bzw. die Verteilung der Hebung in
der Vertikalen und auch die niedertroposphärische thermische Schichtung über die
Frage, wo welcher Niederschlag zu erwarten ist. Bezüglich der Hebung ist ganz
klar ein Maximum über Nordostdeutschland zu erkennen mit kompensatorischem
Absinken über dem Nordwesten und Westen. Mit Blick auf die vertikale Struktur
der Front ist die Hebung vor allem an eine Höhenfront gekoppelt, die der
niedertroposphärischen Front rund 150 km vorläuft (die wiederum einen
Katafrontcharakter aufweist). Dank der hochreichenden Hebung auch in der
kristallbildenden Schicht wird innerhalb der Modelle recht einheitlich ein
nächtliches Niederschlagsmaximum über Mecklenburg-Vorpommern gesehen, wo einige
l/qm Niederschlag erwartet werden können. Dank Sublimation in einer zunächst
noch trockenen niedertroposphärischen Luftmasse wird sicherlich ein Teil dieses
Modellniederschlags nicht realisiert, dennoch kann mit einigen Zentimetern
Neuschnee besonders in Mecklenburg-Vorpommern gerechnet werden.
Weiter westlich (Schleswig-Holstein, Niedersachsen und ausgangs der Nacht auch
zunehmend Nordrhein-Westfalen, den Norden von Sachsen-Anhalt und Nordbrandenburg
betreffend) wird besonders mit Durchzug der Bodenfront ein Schwall modifizierter
Nordseeluft nach Nordwestdeutschland geführt. Darüber sorgt kräftiges Absinken
für ein rasches Abtrocknen der Luftmasse. Daher zeigen die Vorhersagesoundings
im direkten postfrontalen Bereich die eigentlich verdächtige Struktur einer
feuchten niedertroposphärischen Schicht unterhalb einer Inversion mit einer
markanten Abtrocknung darüber. Allerdings ragt diese feuchte Schicht in
Temperaturbereiche von -10 bis -15 Grad, sodass die Bildung von unterkühlten
Wassertröpfchen aus jetziger Sicht größtenteils unterdrückt werden sollte. Dies
wird auch in der Numerik recht einheitlich gezeigt, die mit Passage der
Höhenfront und Bodenfront etwas Schnee oder Schneegriesel andeuten. Die Mengen
fallen mit 1 bis 2 cm jedoch gering aus - teilweise fällt sogar weniger.
Interessant wird der postfrontale Bereich sowie der Nordwesten, wo die Modelle
etwas stärker mit gefrierendem Sprühregen "hantieren", was u.a. von der
Mächtigkeit der niedertrop. Feuchte und der thermischen Grenzschichtschichtung
abhängt. Man kann auf jeden Fall das gebietsweise Auftreten von gefrierendem
Sprühregen rückseitig und entlang der Front nicht ausschließen, was mit einer
erhöhten Glättegefahr einhergehen würde (aus jetziger Sicht aber maximal im
"Ockerwarnbereich"). Insgesamt muss aber im gesamten Norden mit Glätte durch
etwas Neuschnee gerechnet werden.
Derweilen schwächen sich die Hebungsvorgänge über Süddeutschland weiter ab, es
flockt aber aus einer dichten Bewölkung weiterhin leicht vor sich hin mit
einigen wenigen Zentimetern Neuschnee. Auch hier tritt Straßenglätte auf.
Über der Mitte hingegen wird eine Strahlungsnacht erwartet und es bleibt
trocken. Die bereits angesprochenen Taupunkte erlauben der Nachttemperatur
erneut einen Sturz in die mäßigen, teils sogar strengen Frostbereiche (-7 bis
-14 Grad, in geschützten Muldenlagen auch tiefer). Im Nordwesten sorgen die
Kombination aus Bewölkung und Advektion der Nordseeluft für Tiefstwerte von +1
Grad (Inseln) bis -3 Grad etwas weiter im Landesinnern. Achtung! Ausgangs der
Nacht lockert die Bewölkung postfrontal allmählich auf und kann wenigstens
gebietsweise besonders im Norden Niedersachsens und Schleswig-Holsteins für
tückische Glätte durch gefrierende Restnässe sorgen. "Gebietsweise" deshalb,
weil der Nordwind über der Deutschen Bucht und zunehmend auch dem äußersten
Nordwesten zeitweise böig auffrischt und u.U. postfrontal die Bildung einer
stabilen und sich rasch auskühlenden nächtlichen Grenzschicht unterbindet. Auch
im Ostseeumfeld frischt der Nordwind zeitweise böig auf und weht sonst schwach
aus Nord bis Nordwest.


Dienstag ... zieht die Kurzwelle bzw. zusätzlich ein abtropfender Höhentrog
weiter nach Süden, während sich rückseitig der bereits angesprochene Keil über
die Nordsee ostwärts nach Dänemark und Norddeutschland ausweitet. Mit prä- und
postfrontaler tageszeitlicher diabatischer Erwärmung dank viel Sonnenscheins
unterläuft die Front einen zunehmend frontolytischen Prozess, sodass sich die
Niederschlagsintensität meist im schwachen Bereich halten sollte. Dennoch sorgt
eine nur geringe Verlagerungsgeschwindigkeit zusammen mit orografischer Hebung
besonders im Harz und im Nordstau der zentralen/östlichen Mittelgebirge für
anhaltend leichte, zeitweise auch mäßige Schneefälle. In den Staulagen des
Harzes und des Thüringer Waldes wird mit 4 bis 8 cm Neuschnee, in Kammlagen
teils auch um 10 cm Neuschnee gerechnet, während sonst besonders in
Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen, Vorpommern und Brandenburg 1 bis 5 cm
Neuschnee erwartet wird. Im Westen schwächen sich die Niederschläge immer weiter
ab mit meist nur etwas Schneegriesel oder vorübergehendem leichtem Schneefall
mit 1 bis 2 cm Neuschnee. Im Westen dürften Höchstwerte leicht über 0 Grad trotz
negativer Taupunkte für keinen nennenswerten Neuschneezuwachs sorgen, während im
Osten besonders während stärkerer Niederschlagsphasen die Temperaturwerte im
leichten Frostbereich verharren. Im Norden und besonders Nordwesten sorgt
strahlender Sonnenschein und die milde Nordseeluft für vergleichsweise angenehme
Höchstwerte zwischen 4 und 9 Grad, während diese im Süden bei viel Sonnenschein
um +1 Grad verharren. Davon ausgenommen bleibt der direkte Alpenrand, wo aus
dichter Bewölkung noch die eine oder andere Schneeflocke fällt. Postfrontal
sorgt der nachrückende Hochkeil für eine leichte Gradientverschärfung und einen
tageszeitlich von diabatischer Einstrahlung abhängigen böigen Nordwind, der den
Norden und Westen beeinflusst (Bft 5-7). Sonst weht dieser nur schwach bis mäßig
aus Nord bis Nordwest. Auf dem Brocken drohen Sturmböen.

In der Nacht zum Mittwoch verstärkt sich der Hochdruckeinfluss deutschlandweit
und lässt die Front unter Auflösungserscheinung allmählich in den Süden
Deutschland ziehen. Besonders niedertroposphärisch staut sich die Feuchte
längere Zeit am Erzgebirge, sodass dort noch mal einige Zentimeter Neuschnee
fallen sollten - im Bergland gar 4 bis 8 cm. Dasselbe gilt im Verlauf der
zweiten Nachthälfte auch für die Staulagen der Nordalpen, wo mit Eintreffen der
Front leichte Schneefälle einsetzen. Sonst wird im Tiefland von Bayern und
Baden-Württemberg nur mit geringen Niederschlagsmengen gerechnet, die jedoch bei
regional sehr unterschiedlicher vertikaler Temperatur- und Feuchteverteilung
teils als Schnee, teils als gefrierender Sprühregen fallen. Es muss daher in der
Mitte und dem gesamten Süden mit Straßenglätte gerechnet werden. Im Norden und
Westen wird hingegen eine Strahlungsnacht erwartet, nur zeitweise ziehen hohe
Wolkenfelder durch und gebietsweise bildet sich teils dichter Nebel. Bei einem
schwachen Wind im Norden aus West und Süden aus Nord liegen die Tiefstwerte
zwischen +1 Grad auf den Inseln und - 10 Grad entlang der Alpen.


Mittwoch ... sorgt hoher Luftdruck deutschlandweit meist für störungsfreies
Wetter. Im Süden müssen sich teils dichte Hochnebelfelder auflösen, die sich bis
teils bis weit in den Nachmittag halten können (Restfeuchte der Front unter sich
verstärkendem synoptisch-skaligem Absinken), sonst aber scheint über der Mitte
und dem Süden meist die Sonne und das bei Höchstwerten von -1 Grad unter dem
Hochnebel und +2 bis +6 Grad bei Sonnenschein (am wärmsten entlang des
Oberrheins). Erneut ist davon der direkte Alpenbereich ausgenommen, wo es
bedingt durch abebbenden Nordstau noch zeitweise leicht schneien kann. Im Norden
sorgt eine schwache Front für ausgedehnte Wolkenfelder, wobei die Modellwelt
noch sehr uneins ist, wie aktiv diese Front mit Blick auf möglichen Niederschlag
ausfallen wird. Besonders GFS zeigt etwas Regen, ICON und IFS belassen es noch
meist trocken. Verbreitet liegen die Höchstwerte bei milden +5 bis +9 Grad. Der
Westwind weht im Norden mäßig, zeitweise auch frisch, sonst schwach aus Nordost.
Auf den Bergen Südwestdeutschlands sorgt eine leichte Bise für steife, zeitweise
auch stürmische Böen aus Nordost.

In der Nacht zum Donnerstag richtet sich der Blick wieder nach Norden. Dort
werden zahlreiche Fronten in abgeschwächter Form entlang des zonal
ausgerichteten Keils über die Nordsee zur Ostsee gelenkt und eine Warmfrontwelle
erfasst im Verlauf der Nacht zunehmend auch Norddeutschland. Dem langen
Vorhersagezeitraum geschuldet kann jetzt noch nicht auf Feinheiten bezüglich der
Niederschlagsphase eingegangen werden. Fakt ist, dass sich die Bewölkung über
Norddeutschland rasch verdichtet und die Ausstrahlung somit abmildert. Dennoch
advehiert der schwache bis mäßige Südwestwind kalte Festlandsluft von der Mitte
Deutschlands nach Norden, sodass dort die Tiefstwerte zwischen +1 und -2 Grad
liegen - wo genau die Nullgradgrenze verläuft, werden weitere Modellläufe bzw.
das Nowcast zeigen. Mit aufkommendem Niederschlag aus Nordwest fällt im Umfeld
der Deutschen Bucht meist Regen, der weiter im Landesinneren zunehmend in Schnee
übergeht. Gefrierender Regen kann im Übergangsbereich nicht ausgeschlossen
werden, spielt aber aus heutiger Sicht kein übergeordnetes Thema. In der Mitte
ist es zwar bewölkt, jedoch trocken und im Süden kann eine ruhige
Strahlungsnacht erwartet werden. Dort gehen die Tiefstwerte auch auf -4 bis -10
Grad zurück, am Alpenrand über Schnee auch darunter. Dort weht der Wind nur
schwach aus Süd bis Südwest.

Donnerstag ... schwächt sich der Keil über Westeuropa ab und die markante
Warmfrontwelle zieht über den Norden in die Mitte Deutschlands. Kräftige Hebung
und ein Schwall modifizierter subtropischer Atlantikluft deuten ein recht
kräftiges Niederschlagsereignis an mit 12-std. Niederschlagsmengen von 10 bis 15
l/qm über dem Westen Deutschlands. Im Zuge der Passage der Welle steigt die
Schneefallgrenze von tiefen Lagen im Tagesverlauf auf über 1000 m im Nordwesten.
Besonders in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge kann oberhalb von 800 m
kräftig Neuschnee fallen. Dies wird innerhalb der Ensembles deutlich, die im
Median um 5 l/qm Niederschlag zeigen, im Maximum jedoch in Staulagen 15 bis 20
l/qm andeuten, die höhenlagenabhängig teils als Schnee oder Regen fallen. Im
Süden und da speziell im Südosten bleibt es trotz Bewölkungsverdichtung den
ganzen Tag über trocken und das bei Höchstwerten von +1 bis +5 Grad im Süden und
+4 bis +8 Grad im Norden und Westen. Der Wind weht mäßig aus West bis Südwest
und frischt im Bergland zeitweise böig auf.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Dienstag sind die Modellunterschiede gering, nehmen jedoch ab
Mittwoch deutlich zu. Besonders die zeitliche Aufwölbung und Intensität des
Keils rückseitig der Kaltfront wird mit größeren Unsicherheiten gezeigt, was in
der Folge auch Auswirkungen hat, wann und mit welcher Intensität am Mittwoch und
Donnerstag Fronten auf den Norden übergreifen können. Am Mittwoch steht GFS
aktuell eher als Außenseiter da bezüglich des Niederschlags in Norddeutschland,
während am Donnerstag GFS und IFS einheitlich die Warmfrontwelle bezüglich
Intensität und zeitlicher Verlagerung zeigen. ICON lässt die Warmfrontwelle zwar
zeitlich übereinstimmend auf den Westen übergreifen, belässt die Niederschläge
aber deutlich schwächer.
Alles in allem wird der synoptische Ablauf zwar recht gut erfasst, die
Feinheiten (wichtig für die Bestimmung der Niederschlagsphase) zeichnen sich
jedoch noch durch teils größere Diskrepanzen aus.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy