Thema des Tages

11-03-2018 09:20

Tierische Wetterpropheten

Im Volksmund allgemein bekannt ist die Schwalbe als Wetterprophet.
"Wenn die Schwalben niedrig fliegen, werden wir bald Regen kriegen.
Fliegen sie bis in die Höh'n, bleibt das Wetter weiter schön."
Tatsächlich kann häufig dieser Zusammenhang erkannt werden,
allerdings nicht, weil die Schwalben tatsächlich wüssten, wie das
Wetter wird.
Eine Erklärung dafür liefert vielmehr das "Leibgericht" der
Schwalben: Luftplankton. Diese winzigen biologischen Organismen (z.B.
Bakterien, Pollen oder kleinste Tierchen) fliegen nicht oder kaum aus
eigener Kraft, sondern verlagern sich mit der Luftbewegung. Herrscht
nun eine (oft sonnige) Hochdruckwetterlage, steigt warme Luft auf und
mit ihr die leichten Organismen. Dorthin folgen ihnen die Schwalbe
oder andere Vögel wie der Mauersegler, der die "Leckerbissen" noch in
über 3000 Meter Höhe einsammelt. Wenn sich erstmal eine stabile
Hochdrucklage eingestellt hat, bleibt diese für gewöhnlich auch
längere Zeit bestehen. Lässt der Hochdruckeinfluss nach und damit
auch die aufsteigenden Luftmassen, halten sich Beute und Räuber
gezwungenermaßen in deutlich niedrigerer Flughöhe auf.

Allzu genau sollte man die Bauernregel aber nicht nehmen, denn es
muss nicht zwangsläufig immer schlechtes Wetter geben, nur weil die
Schwalben in Bodennähe fliegen. Das kann auch einfach
tageszeitbedingt sein, denn früh morgens gibt es auch bei schönem
Wetter kaum Aufwinde. Erst im Laufe des Vormittags kann die Thermik
mit Sonnenunterstützung ihre Wirkung entfalten und die Insekten nach
oben tragen.

Der wahrscheinlich bekannteste tierische Wetterprophet ist der
Wetterfrosch. Sein Quaken kündigt angeblich Regen an, ausgeprägter
Klettertrieb gutes Wetter. Wissenschaftler der Universität Zürich
sprechen den Fröschen jedoch jegliche Prophetenkunst ab. Ihr Quaken
stünde ausschließlich in Zusammenhang mit ihrem Fortpflanzungstrieb.
Und ihre Kletterfreudigkeit ginge lediglich auf ihre hungrigen
Froschmägen zurück: Ähnlich wie bei den Schwalben befindet sich die
Beute bei hohem Luftdruck - also meist gutem Wetter - weiter oben.

Wahrhaftig wetterfühlig sind allerdings Grillen. Sie sind
wechselwarm, d.h. sie passen (wie alle Insekten) ihre Körperwärme der
Außentemperatur an. Eine in den USA vorkommende Grillenart (Oecanthus
fultoni) wird als "Thermometergrille" bezeichnet, weil ihre
Zirp-Frequenz proportional zur Temperatur ist. Bei tiefen
Temperaturen zirpt die Grille langsam, ist es warm, zirpt sie
schneller. Das "Dolbearsche Gesetz" beschreibt diesen Zusammenhang:
Zählt man 13 Sekunden lang, wie oft die Grille zirpt und addiert zu
dieser Zahl 40, erhält man die aktuelle Lufttemperatur in Grad
Fahrenheit.

Die Reihe an Wettertieren lässt sich beliebig fortführen:
Murmeltiere, Rehe, Gänse, Bienen, Ameisen, Spinnen und Schnecken
werden mit der Wettervorhersage in Verbindung gebracht. Oft fehlen
jedoch langjährige Aufzeichnungen über das Tierverhalten bei
Witterungswechsel. Deshalb können die Regeln seitens der Wissenschaft
oft nicht beurteilt bzw. bestätigt werden. Allerdings: Tiere und
Pflanzen sind Teil der Natur, sie sind fest eingebunden in ihre
natürliche Umwelt. Sensibilität gegenüber Bedrohungen und
rechtzeitige Reaktion kann über Leben und Tod entscheiden. So ist es
nur logisch, wenn die Evolution im Laufe der Zeit den Lebewesen feine
Wetterantennen zur Arterhaltung verpasst hat.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2018

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