DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-02-2018 09:01
SXEU31 DWAV 280800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 28.02.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Großwetterlage: HNF z

Böiger Ostwind im Westen und Norden, teils kräftige Schneeschauer im Norden von
Schleswig-Holstein. Tagsüber leichter bis mäßiger, nachts mäßiger bis strenger
Dauerfrost. Schwarzwald zeitweise etwas Schnee, am Freitag von Südwesten
verbreitet Niederschlag und leichte Milderung.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... ändert sich mit Blick auf die Druckverteilung über Europa vorerst
wenig. In der letzten Analyse um 00 UTC wurde über Lappland und im Umfeld der
Bottenwiek ein Luftdruck von etwas mehr als 1055 hPa analysiert, dem ein 978 hPa
Tief über den Azoren gegenübersteht (letzteres ein Abbild einer für diesen
Winter am stärksten negativ ausgeprägten NAO bei gleichzeitig hohem Druck über
Grönland). Dieser Druckverteilung folgend nimmt der Luftdruckgradient über
Deutschland von Ost nach West zu und bringt im Westen vom Saarland bis zur
Deutschen Bucht die Windgeschwindigkeiten in 850 hPa in den 30 bis 40 kn
Bereich. Bei Temperaturwerten um oder deutlich unter -15 Grad in 850 hPa und
tageszeitlicher marginaler diabatischer Erwärmung ist die niedertroposphärische
Luftmasse am Nachmittag voll durchmischt. Das Resultat ist, dass der "garstige"
Ostwind besonders im Westen und Norden im Tagesverlauf wieder auffrischt mit
warnwürdigen steifen Böen Bft 7 besonders im Saarland, weiten Bereichen von
Rheinland-Pfalz und vom Niederrhein über das Emsland bis zur Deutschen Bucht.
Dank fehlender Reibung bleibt auch der steife bis stürmische Ostwind (Bft 7 bis
8) im Ostseeumfeld den Tag über ein Thema. Bei Höchstwerte im leichten bis
mäßigen Dauerfrost (-6 bis -2 Grad) in Verbindung mit dem Wind liegen die
"gefühlten Temperaturwerte" allerdings deutlich tiefer. Das andere Thema bleibt
der "lake effect" über der Ostsee. Mit einem niedertroposphärischen Wind aus
meist östlicher Richtung ist der "fetch" über der offenen und mit 1 bis 3 Grad
vergleichsweise milden Ostsee förderlich für eine feuchte niedertroposphärische
Luftmasse, die über Lolland in den Bereich um Flensburg geführt wird.
Hochaufgelöste Modelle zeigen allerdings bis zur Mittagszeit über der Kieler
Bucht eine leicht südöstliche Komponente, die im Nachmittagsverlauf zunehmend in
eine östliche rückdreht. Das somit aus der Nacht zonal zwischen Flensburg und
Lolland ausgerichtete Schauerband (durch die angesprochene bodennahe
niedertroposphärische Konvergenz gestützt) sollte sich im Tagesverlauf daher
kaum von der Stelle bewegen und den äußersten Norden von Schleswig-Holstein und
Süddänemark betreffen. Küstennahe reale Sondenaufstiege sowie
Modellvorhersagesoundings in diesem Bereich zeigen eine bis rund 800 hPa labil
geschichtete niedertroposphärische Luftmasse, sodass die Schauer tagsüber weiter
andauern und teils kräftig ausfallen. Die Numerik zeigt sowohl in der
Deterministik als auch innerhalb der Ensembles kaum Anzeichen für signifikante
Neuschneemengen (meist so 1 bis 5 l/qm), allerdings ist das bei den aktuell
vorherrschenden Temperaturwerten in Neuschnee umgerechnet 5 bis 10 cm Neuschnee,
örtlich auch mehr. Entsprechend muss mit Glätte gerechnet werden. Ähnlich sieht
es auf Rügen aus, wobei dort der "fetch" durch die Ostkomponente kürzer ausfällt
und somit auch die zu erwartenden Niederschlags- und Neuschneemengen mit wenigen
Zentimetern Neuschnee gering ausfallen. In Verbindung mit dem böigen Ostwind
muss durch den bereits vorhandenen und den zu erwartenden Schnee mit
Schneeverwehungen gerechnet werden. Für markante Schneeverwehungswarnungen
dürfte es aber voraussichtlich nur auf Rügen und im Umfeld der Kieler Bucht
ausreichen. Abgesehen vom Küstenumfeld überwiegt auch heute in weiten Bereichen
Deutschlands der Sonnenschein. Zeitweise ausgedehnte Wolkenfelder können bis zur
Mittagszeit über das Norddeutsche Tiefland ziehen, doch auch dieses Gewölk
sollte sich bis zum frühen Nachmittag aufgelöst haben. Im Verlauf des späten
Nachmittags und Abend zieht im Südwesten hohe Bewölkung auf, die abgesehen von
der Region Schwarzwald-Oberschwaben-Allgäu jedoch die Sonneneinstrahlung kaum
mindert. Trotz Sonnenscheins muss verbreitet mit leichtem bis mäßigem Dauerfrost
von -8 bis -2 Grad gerechnet werden, im Bergland wird teils noch nicht mal die
strenge Frostmarke überschritten und bei einem schwachen bis mäßigen Ostwind
fühlt sich die Luft deutlich kälter an. Niederschlag wird keiner erwartet.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht die eisige Höhenkaltluft mit 500 hPa
Temperaturwerten von unter -40 Grad endgültig das Seegebiet südwestlich von
Irland und lässt das ehemals über den Azoren liegende Tiefdruckgebiet weiter
ostwärts nach Portugal und in die südliche Biskaya ziehen. Die Höhenströmung
über Südfrankreich, dem westlichen Mittelmeer und dem westlichen Alpenhauptkamm
kippt zunehmend auf Süd und lässt höhenmilde Luft nordwärts und im Verlauf der
Nacht auch auf den Südwesten Deutschlands übergreifen. Eingebettet in diese
südliche Strömung ist eine Warmfront, die ausgangs der Nacht den Osten
Frankreichs und die Schweiz erreicht. Dabei schwächt sie sich vor den Toren
Südwestdeutschlands dramatisch ab. Die stärkste Warmluftadvektion ist über
Westfrankreich nordgerichtet und drückt die Warmfront eher nordwärts in Richtung
Zentralfrankreich. Dies ist auch gekoppelt an stärkere Hebung, die über
Ostfrankreich und dem Alpenraum zunehmend in kompensatorisches Absinken infolge
eines über Italien liegenden Höhenkeils übergeht. Allerdings rückt der Blick
über dem westlichen Alpenraum eher in den niedertroposphärischen Bereich. Die
eisige Kontinentalluft südlich der Alpen wird nicht ausgeräumt und die von Süd
advehierte warme Mittelmeerluft sorgt für die Ausbildung einer baroklinen
Umgebung über dem westlichen/zentralen Mittelmeer und beginnendem Druckfall.
Diese Entwicklung zusammen mit dem andauernden Aufgleiten über den
norditalienischen Kaltluftkörper und die Orografie der Alpen selber sorgt von
der Schweiz bis Norditalien für Schneefälle. Die Frage wird sein, wie weit diese
Aufgleitniederschläge nordwärts ausgreifen und den Südwesten von Deutschland
betreffen. Aktuell wird dies besonders von der deutschen und nordamerikanischen
Modellkette gezeigt, die besonders im Schwarzwald etwas Schneefall zeigen -
allerdings mit geringen Neuschneemengen von wenigen Zentimetern. Sonst macht
sich die angesprochene Entwicklung besonders durch dichte Aufgleitbewölkung
bemerkbar, die den gesamten Westen und Süden erfasst und dort zwar keinen
Niederschlag bringt, jedoch die Ausstrahlung mindert. Im Norden und Osten bleibt
es hingegen meist bei einer klaren Nacht, abgesehen vom Norden von
Schleswig-Holstein und dem Umfeld von Rügen, wo weiterhin Schneeschauer mit
wechselnder Intensität zu erwarten sind. Der Schwerpunkt der Schneefälle liegt
dabei weiterhin zwischen Lolland und Flensburg, wobei die Modellguidance recht
einheitlich die Konvergenz im Verlauf der Nacht etwas nach Süden bringt und
somit direkt in die Kieler Bucht laufen lässt. Sollte sich die kompakte
Schauerstraße in der Tat so verhalten, können im Norden von Schleswig-Holstein
Neuschneemengen zwischen 5 und 10 cm, strichweise auch bis 15 cm erwartet
werden. Der Ostwind weht weiterhin unverändert besonders im Westen und Norden
stark böig, über der offenen See auch stürmisch, sodass die Gefahr vor
Schneeverwehungen im Ostseeumfeld bestehen bleibt. Zudem treten zunehmend auch
im Bergland auf exponierten Kammlagen wie dem Brocken Sturmböen aus Ost auf.
Entlang exponierter Alpengipfel sind föhnig "angehauchte" Sturmböen aus Süd zu
erwarten. Die Tiefstwerte liegen unter den zeitweise schützenden Wolken im
Südwesten "nur" bei -6 bis -11 Grad und sonst erneut bei eisigen -10 bis -17
Grad mit noch tieferen Werten im Bergland.

Donnerstag... ändert sich an der synoptischen Konstellation nur wenig. Das
umfangreiche Tiefdruckgebiet über der Biskaya vertieft sich stetig, kommt jedoch
kaum nach Osten voran und auch der umfangreiche Bereich mit geringfügig
fallendem Druck über dem zentralen Mittelmeer strukturiert sich kaum. Allerdings
schwächt sich das mächtige Hochdruckgebiet über Skandinavien deutlich ab (auf
rund 1035 hPa) und verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach Osten in Richtung
Russland. Dies hat zur Folge, dass der Zustrom kontinentaler arktischer Kaltluft
abreißt und die über Deutschland lagernde Kaltluftkörper von Südwesten her durch
weiter nordwärts ausgreifende Warmluftadvektion weiter "angeknabbert" wird.
Allerdings wird die Warmluftadvektion weiterhin von einem kräftigen Höhenkeil
überlaufen, der sich vom zentralen Mittelmeer bis zum Ärmelkanal erstreckt,
sodass großräumiges Absinken die Hebungsprozesse egalisiert. Die Folge sind
zeitweise dichte Wolkenfelder über der Mitte und dem Süden, die jedoch im
Tagesverlauf besonders über der Mitte stärker auflockern können. Abgesehen von
einzelnen Schneeflocken im Südwesten mit unbedeutenden Neuschneemengen bleibt es
trocken. Im Norden und besonders im Nordosten bleibt es weiterhin meist sonnig
und trocken, allerdings mit einem Andauernden "lake effect", der dem Norden von
Schleswig-Holstein und dem Küstenbereich von Mecklenburg-Vorpommern weitere
teils kräftige Schneeschauer beschert. Der Ostwind weht im Westen und Norden
überall stark böig, über der offenen See und im oberen Bergland zeitweise auch
stürmisch, sodass die Gefahr von Schneeverwehungen im Ostseeumfeld weiterhin
bestehen bleibt. Die Milderung kann sich bodennah besonders entlang des
Oberrheins mit leicht positiven Temperaturwerten bemerkbar machen, sonst jedoch
wird weiterhin leichter bis mäßiger Dauerfrost zwischen -8 und -1 Grad erwartet.


In der Nacht zum Freitag ändert sich an der insgesamt eher ruhigen Wetterlage
wenig. Der Höhenkeil bleibt mit seiner Achse knapp westlich von Deutschland
liegen, sodass das Absinken weiter andauert. Gleichzeitig driftet das kräftige
Biskayatief unter nun mehr geringer Intensitätsänderung noch etwas nach Norden
und stützt weiterhin eine Süd- bis Südwestströmung, die auch
niedertroposphärisch sukzessiv mildere Luft besonders in den Südwesten
Deutschlands advehiert. Allerdings ist dieser advektive Prozess weiterhin mit
nur geringer Hebung verbunden und wird durch den andauernden Höhenkeil weiterhin
ausgeglichen. Somit ziehen über den Westen und Süden zeitweise dichte
Wolkenfelder, dazwischen bleibt es aber auch für längere Zeit klar. Im gesamten
Norden und besonders im Osten bleibt es weiterhin die gesamte Nacht über klar
und überall trocken. Auch am "lake effect" und am Ostwind ändert sich nur wenig,
beide schwächen sich insgesamt etwas ab. Deren Kombination sorgt jedoch
besonders im Norden von Schleswig-Holstein weiterhin für Schneeverwehungen. Die
Tiefstwerte liegen besonders im Osten nochmal verbreitet im strengen
Frostbereich von -10 bis -16 Grad, sonst im leichten bis mäßigen Frostbereich
zwischen -3 und -9 Grad.

Freitag... schwächt sich der Höhenkeil allmählich ab und von Südwesten nimmt die
Hebung in der gesamten unteren und mittleren Troposphäre weiter zu, sodass im
Tagesverlauf von Südwesten zunehmend Niederschläge auf den Südwesten
übergreifen. Allerdings sind die zeitlichen und regionalen Differenzen innerhalb
der Numerik (z.B. zwischen GFS und ICON) noch recht groß. Diese Diskrepanzen
sind bedeutend, wenn es um die Frage geht, ob Schnee oder gefrierender Regen
fallen wird (besonders rückseitig des Niederschlagbandes). Aus heutiger Sicht
ist es bei den Unterschieden noch müßig über die genaue Niederschlagsphase zu
sprechen, innerhalb der Numerik steht allerdings sowohl Glatteisregen als auch
leichter bis mäßiger Schneefall mit erheblicher Glättegefahr im Raum. Im Norden
und Osten bleibt es hingegen unter dem sich abschwächenden Keil sonnig und
trocken, abgesehen von sich abschwächenden Schneeschauern im Norden von
Schleswig-Holstein und über Rügen. Der Ostwind weht deutschlandweit mäßig, im
Küstenumfeld stark böig und über der offenen See sowie im exponierten Bergland
zeitweise auch stürmisch. Die Höchstwerte liegen je nach Frontenlage im
Südwesten zwischen 0 und +4 Grad (Achtung: Frost im Boden hält sich zäh) und
leichtem bis mäßigem Dauerfrost zwischen -6 und -1 Grad im Norden und Osten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich Donnerstag gibt es innerhalb der Numerik nur geringe
Unterschiede. In der Folge nehmen die Unsicherheiten bei der Platzierung des
Tiefdruckgebietes über der Biskaya zu (rund 350 km) und auch das Vorankommen der
Warmfront über Mitteleuropa wird zeitlich unterschiedlich gesehen (EZMW etwas
schneller als GFS und ICON). Diese Unterschiede wirken sich auf den Beginn und
die Ausdehnung des Niederschlags am Freitag im Südwesten aus. Der "lake effect"
über der Ostsee wird recht einheitlich von Intensität und Lage gerechnet.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy