Thema des Tages

22-02-2018 08:20

"Trouble in Paradise" ? Die Fortsetzung

Für viele Backpacker (Rucksacktouristen) ist Neuseeland DAS Reiseziel
schlechthin. Denn das "Land der langen, weißen Wolke" (von den
einheimischen Maori auch "Aotearoa" genannt) bietet im derzeit
vorherrschenden Sommer neben Sonne, Strand und Meer auch allerhand
abenteuerliche Abwechslung. Aufgrund seiner Lage am Rand der
pazifischen Platte gehört Neuseeland zum pazifischen Feuerring (engl.
"Ring of Fire"), einem Vulkangürtel, der sich aufgrund tektonischer
Verschiebungen entlang des Randes der Platte ausbildete. Entsprechend
kann man im "Land der Kiwis" auch in heißen Quellen baden und Vulkane
besteigen. Auf der Südinsel befinden sich zudem Gletscher, die zu
Alpinsport einladen. Darüber hinaus ist die Distanz zwischen den
Gletschern und den in tieferen Lagen befindlichen gemäßigten
Regenwäldern so gering, wie nirgendwo sonst auf der Erde.

Allerdings wurde diese Idylle an den beiden vergangenen Tagen von den
Resten des Zyklons "GITA" gestört. Bereits Anfang Februar bildeten
sich südlich der Salomonen erste Gewitterkomplexe, die sich in der
Folge im Laufe des Monats zu einem tropischen Zyklon organisieren
sollten (siehe Thema des Tages vom 15.02.2018). Dabei bekam besonders
die Hauptinsel von Tonga, Tongapatu, die Kraft von GITA zu spüren,
als der mittlerweile auf Kategorie 4 (auf der australischen Skala für
Wirbelstürme) hochgestufte Wirbelsturm direkt auf diese übergriff.
Westlich von Tongapatu intensivierte sich GITA noch weiter und
erreichte in der Nacht zum Mittwoch (14.02.) die Kategorie 5 mit
geschätzten Spitzenböen von bis zu 285 km/h. In der Folge traf GITA
(mittlerweile wieder als Kategorie 4-Wirbelsturm) auch auf einige
Fidschi-Inseln und sorgte dort ebenfalls für Chaos und Zerstörung,
bevor der Zyklon unter weiterer Abschwächung südwestwärts in Richtung
Tasmansee abbog.

In der Nacht zum Dienstag (20.02.) wandelte sich der Zyklon GITA dann
in ein außertropisches Tief um. Im Falle eines tropischen
Wirbelsturms sind die stärksten Winde nahe des Zentrums konzentriert.
Bei einem außertropischen Tief sind die Winde zwar schwächer, aber
dennoch kommt es zu teils unwetterartigen Wettererscheinungen, die
über eine wesentlich größere Fläche verteilt auftreten können. Die
ungefähre Zugbahn des Zyklons GITA finden Sie in der linken Grafik
unter www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/2/22.html.

So konnte GITA am Dienstag vor der Küste Neuseelands lokalisiert
werden, womit kräftige Regenfälle und Gewitter auf das Festland
übergriffen. Die zugehörige Bodenanalysekarte mit Fronten,
Luftdruckzentren und Wetterbeobachtungen, die vom neuseeländischen
Wetterdienst noch in akribischer Feinstarbeit von Hand gezeichnet
wird, verdeutlicht die Situation am Dienstagabend gegen 18 Uhr
Lokalzeit (siehe rechte Grafik). Besonders beeindruckend sind dabei
die dicht gedrängten Isobaren über der Südinsel (=graue,
durchgezogene Linien gleichen Luftdrucks), die auf große
Luftdruckgegensätze auf kleinstem Raum und somit auf sehr hohe
Windgeschwindigkeiten schließen lassen. Dabei konnten verbreitet
Windgeschwindigkeiten über 100 km/h beobachtet werden, auf der
zwischen der Nord- und Südinsel exponierten Stephens Island traten am
Dienstagvormittag Spitzenböen von 144 km/h (extreme Orkanstärke) auf.


Bezüglich des Niederschlags zeigten die "Reste" des Zyklons
ebenfalls, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist. Bis in die Frühstunden
des Mittwochs wurden laut des neuseeländischen Wetterdienstes in
großen Teilen der Südinsel gebietsweise über 100 Liter pro
Quadratmeter in nur 39 Stunden verzeichnet, in der Kaikoura-Region im
Nordosten der Südinseln wurden sogar Regenmengen von knapp 300 Liter
pro Quadratmeter gemessen. Die höheren Bergregionen konnten sich
derweil über mindestens 5 bis 10 cm Neuschnee im Hochsommer freuen.
Und auch das Meer spiegelte die Kraft des ehemaligen Zyklons wider.
An einer Boje im Hafen von Taranaki konnte eine Monsterwelle (auch
als Riesenwelle oder Kaventsmann bekannt) mit einer Höhe von
sagenhaften 15 Metern beobachtet werden.

Entsprechend kam es in einigen Regionen zu gravierenden Auswirkungen
und es musste der Notstand ausgerufen werden. Die Westküste war
teilweise von der Außenwelt abgeschnitten, Straßen wurden unterspült
und sind einsturzgefährdet, Häuser wurden zerstört. Darüber hinaus
kam es zu Erdrutschen, die ebenfalls den Zugang zu einigen Regionen
blockierten.
Nach diesem Chaos im paradiesischen Neuseeland steht den "Kiwis"
(Spitzname der Bevölkerung, der vom flugunfähigen und vom Aussterben
bedrohten Nationalvogel Neuseelands, dem Kiwi-Vogel abstammt) ein
ruhiges und weitgehend trockenes Wochenende mit viel Sonne bevor. Zum
Start in die neue Woche kommen allerdings weitere Regenfälle auf.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.02.2018

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