DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-02-2018 17:01
SXEU31 DWAV 091800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.02.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Vorerst keine markant zu bewarnenden Wetterereignisse. Erst ab der Nacht zum
Sonntag mehr Wind, im Norden und Nordwesten in freien Lagen stürmische Böen, an
der Nordsee, im Bergland und später an der Ostsee Sturmböen. Auf exponierten
Berggipfeln und an der Nordsee am Sonntag im Tagesverlauf Gefahr schwerer Sturm-
und orkanartiger Böen. Außerdem am Sonntag in einigen Mittelgebirgslagen
Schneeverwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... greift von den Britischen Inseln und Frankreich ein Trog über, der
sich zusehends nach Süden ausweitet und den über Mitteleuropa liegenden Trog
regeneriert. Diesem Trog ist eine flache Tiefdruckrinne vorgelagert, die von der
mittleren Nordsee kommend auf den Nordwesten Deutschlands übergreift. Das darin
eingelagerte, längst okkludierte Frontensystem lässt im Grenzgebiet zu Benelux
leichter Schneefall aufkommen. Mehr als 1 bis 3 cm Schnee sind selbst in
Staulagen nicht zu erwarten. Da mit Annäherung der Front die vorderseitig
vorhandene Hochnebeldecke gehoben wird, kann vereinzelt gefrierender Sprühregen
fallen und für Glätte sorgen, was entsprechend zu bewarnen ist.
Größere Auflockerungen sind lediglich im Norden und Nordosten zu erwarten, wo
sich noch die Reste der Hochbrücke bemerkbar machen. Da die Luftmasse zusehends
altert, wird sich in weiten Teilen Süddeutschlands und teils auch in den
mittleren Gebieten hochnebelartige Bewölkung halten, wodurch vereinzelt
Schneegriesel fallen kann.
Bei klarem Himmel ist noch einmal mäßiger Frost zu erwarten, während ansonsten
eine Abkühlung in den Bereich leichten Frostes erfolgt.

Samstag ... weitet sich von der Biskaya her ein Höhenrücken bis in den Westen
Deutschlands aus. Absinken in dessen Bereich dämpft die Wetterwirksamkeit des
auf Deutschland übergreifenden Frontensystems. Somit sind nur wenig Schnee oder
Schneegriesel zu erwarten. Allenfalls in den Mittelgebirgen und an den Alpen
können 1 bis 3 cm Schnee zusammenkommen.
Auflockerungen sind am ehesten an den Alpen und nordöstlich der Elbe möglich; in
Ostseenähe sind auch größere sonnige Abschnitte vorstellbar. Mit der
einsetzenden, wenn auch schwachen südlichen bis südwestlichen bodennahen
Windkomponente steigt die Temperatur auf 1 bis 5 Grad. Im Bergland und
vielleicht auch in einigen Regionen Nordostdeutschlands herrscht weiterhin
leichter Dauerfrost.
In der Nacht zum Sonntag greift ein weiterer Trog auf die Britischen Inseln und
nachfolgend unter leichter Verschärfung in die Nordsee über. Stromaufwärts
zonalisiert über dem gesamten Atlantik die Strömung. Dieser Trog induziert eine
markante Zyklogenese. Hierdurch entwickelt sich aus einer Welle der Kaltfront
eines Islandtiefs ein eigenständiges kräftiges Tief, das bis Sonntagfrüh über
der mittleren Nordsee zu finden ist. An der Südostflanke dieses Tiefs erfolgt ab
der zweiten Nachthälfte beginnend im Nordwesten und Westen eine signifikante
Gradientzunahme, so dass dort Windböen bis Bft 7 aufkommen. An der Nordsee und
in den Hochlagen der nördlichen und westlichen Mittelgebirge sind dann
stürmische, exponiert durchaus auch Sturmböen zu erwarten.
Kräftige Warmluftadvektion, die sogar auf die Vorderseite des Höhenkeils
übergreift, lässt in Verbindung mit einem ebenfalls okkludierenden Frontensystem
im Nordwesten und Westen Niederschläge übergreifen. Diese fallen zunächst als
Schnee, gehen aber in Lagen unterhalb von 400 bis 600 Metern alsbald in Regen
über. Zuvor kann es von der Nordsee bis in die Pfalz einige bis etwa 5, in den
Staulagen der westlichen Mittelgebirge auch um 10 cm Neuschnee geben.

Sonntag ... greift das Frontensystem des vor der Südspitze Norwegens liegenden
und in den Skagerrak ziehenden Tiefs mit Niederschlägen auch auf den Osten und
Süden Deutschlands über. Die Schneefallgrenze liegt bei 400 bis 600 Metern, im
Osten noch darunter. Oberhalb davon kann es einige bis etwa 5, in Staulagen auch
um oder etwas über 10 cm Neuschnee innerhalb von 12 Stunden geben. Im
Tagesverlauf nehmen die Niederschläge schauerartigen Charakter an. Zum Abend hin
sind mit dem Übergreifen des Troges auf den Nordwesten vor allem in Nordseenähe
einzelne kurze Gewitter nicht ganz auszuschließen.
An der Südflanke des o.g. Tiefs erfolgt auch dort, wo bisher die
Luftdruckgegensätze gering waren, eine Gradientzunahme. Im Norden, Westen und in
der Mitte sind verbreitet Windböen, in freien Lagen einzelne stürmische Böen zu
erwarten. An der See und im Bergland gibt es durchweg stürmische Böen, an der
Nordsee und später auch an der Ostsee muss mit Sturmböen gerechnet werden. Auf
exponierten Berggipfeln sowie auf den Nordfriesischen Inseln sind schwere
Sturmböen nicht ganz auszuschließen. Im Tagesverlauf bildet sich der Höhentrog
zusehends auch im Bodendruckfeld ab, wodurch sich der Gradient an der
Nordseeküste weiter verschärfen kann. Da mit der vorstoßenden labil
geschichteten Höhenkaltluft eine konvektive Komponente hinzukommt, besteht an
der Nordseeküste die Gefahr orkanartiger Böen. Diese Entwicklung gilt es, weiter
im Auge zu behalten.
Im Bergland sind wiederholt stürmische Böen und auch einzelne Böen bis
Sturmstärke zu erwarten. In Verbindung mit zusehends schauerartigen Schneefällen
besteht in den nördlichen und zentralen Mittelgebirgen oberhalb von etwa 600
Metern die Gefahr von Schneeverwehungen. In den westlichen und süddeutschen
Mittelgebirgen ist hierzu die Schneefallgrenze zu hoch, in den östlichen
Mittelgebirgen sind nur exponiert stürmische Böen zu erwarten.
Mit der Gradientzunahme geht eine kräftige Durchmischung einher, so dass ein
Luftmassenwechsel erfolgt. Die Temperatur steigt auf 2 bis 7 Grad. Im Bergland
oberhalb von etwa 600 bis 800 Metern herrscht weiterhin Dauerfrost.
In der Nacht zum Montag verlagert sich das Tief, ohne sich wesentlich
aufzufüllen, über den Skagerrak hinweg in den Oslofjord. Der von diesem Tief
ausgehende Trog greift dann auf den Westen Deutschlands über, wodurch die
Temperaturen im 500 hPa-Niveau auf -35 bis -40 Grad zurückgehen. Hierdurch
bleibt die Schichtung sehr labil, so dass vor allem in Nordseenähe (aber nicht
nur dort) weitere kurze Gewitter möglich sind. Von dieser Abkühlung kann sich
die untere Troposphäre nicht abkoppeln, so dass die Schneefallgrenze wieder bis
in tiefere Lagen sinkt. Dabei bleibt an der Küste, im Mittelgebirgsraum sowie im
Süden eine rege Schauertätigkeit bestehen. Im Schwarzwald und an den Alpen kann
es auch längere Zeit schneien, so dass dort in Staulagen auch mehr als 10 cm
Neuschnee zusammenkommen können. Der Wind flaut jedoch im Binnenland ab und
ist, abgesehen von einigen Berggipfeln, wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant.
An der Küste bleibt jedoch der kräftige Gradient bestehen, so dass dort
weiterhin Wind- und auch stürmische Böen auftreten.

Montag ... verbleibt Deutschland im Bereich des o.g. Troges. Bei Temperaturen,
die im 500 hPa-Niveau zwischen -35 und -40 Grad und in 850 hPa nahe -10 Grad
liegen, sind wiederholt Schnee- und Graupelschauer zu erwarten, die von kurzen
Wintergewittern begleitet sein können. Der Mitte Februar bereits vorhandene
Tagesgang gibt der Konvektion zusätzlichen Antrieb. Aufgrund des geringen
Flüssigwassergehalts der Luftmasse sind nur geringe Neuschneemengen zu erwarten,
die sich in den Mittelgebirgen auf wenige Zentimeter beschränken. Im Schwarzwald
und am Alpenrand kann es aber deutlich mehr als 10 cm Neuschnee geben. Zwischen
den Schauern sind auch längere sonnige Abschnitte zu erwarten.
An der Südflanke des sich nach Mittelskandinavien verlagernden Tiefs wird im
Norden der Gradient nur wenig auseinandergezogen, so dass dort bis weit ins
Binnenland hinein nicht nur, aber vor allem in Verbindung mit Schauern Windböen
zu erwarten sind. An der Küste und in höheren Berglagen muss mit stürmischen
Böen gerechnet werden.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 1 bis 5 Grad. Oberhalb von etwa 600 Metern
herrscht leichter Dauerfrost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Hinsichtlich der Entwicklung am Sonntag erfolgte mittlerweile eine
Angleichung von EZMW und ICON; beide Modelle entwickeln ausgehend von dem
kräftigen Tief, das in den Skagerrak zieht, einen markanten Bodentrog, der an
der Nordseeküste zu orkanartigen Böen führen kann. Hierzu liefern auch sämtliche
probabilistische Verfahren, die diesen Zeitraum abdecken, aussagekräftige
Signale.
Die zu erwartenden Neuschneemengen wurden von der Probabilistik gegenüber weiter
zurückliegenden Modellläufen etwas reduziert, so dass die oben getroffenen
Aussagen gestützt werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann