DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

31-12-2017 21:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 31.12.2017 um 10.30 UTC



Stürmisch, regnerisch und mild, im Süden erhöhte Hochwassergefahr! Zum
Wochenende Wetterberuhigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 07.01.2018


Bereits zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Mittwoch geht es wettertechnisch
"voll zur Sache". So schwenkt ein markanter Kurzwellentrog über Deutschland
hinweg. Auf seiner Vorderseite verstärkt sich ein Randtief zu einem intensiven
Sturmtief, das in den Mittagsstunden in etwa über Dänemark zu finden ist. An
seiner Südflanke sorgt ein beachtlicher Gradient für verbreitete Sturmböen, an
der Nordsee und im höheren Bergland mit der Gefahr von Orkanböen - insbesondere
mit Passage der dazugehörigen Kaltfront. Starke Hebungsprozesse im linken
Jetausgang, ein scharfer Temperaturgradient in 500 hPa sowie eine zunehmende
Labilisierung der Schichtung von Nordwesten sprechen sogar für linienhafte
(gebietsweise auch blitzbehaftete) Konvektion im Frontbereich. Kräftige
Niederschläge bei
zeitgleichem Anstieg der Schneefallgrenze auf über 1500 Meter sorgen im Süden
des Landes für Tauwetter und eine erhöhte Hochwassergefahr (siehe Abschnitt
signifikante Wettererscheinungen)!

Am Donnerstag schwenkt der Trog rasch südostwärts durch und zeigt
Abtropftendenzen Richtung Ägäis. Das ehemalige Sturmtief schwächt sich deutlich
ab und erreicht das Baltikum. Über Deutschland macht sich in der erwärmten
Meereskaltluft mit Temperaturen um -4 Grad in 850 hPa schwacher
Zwischenhocheinfluss bemerkbar, bevor in den Abendstunden von Westen die
Warmfront eines neuen Sturmtiefs bei Schottland übergreift.

Am Freitag weitet sich der atlantische Trog zur Iberischen Halbinsel aus, womit
die Strömung über Mitteleuropa auf Süd bis Südwest zurückdreht.
Die 0 Grad Isotherme in 850 hPa wird dabei in den Norden des Landes abgedrängt.
Die weitgehend okkludierte Front gerät über Süddeutschland ins Schleifen.

Am Samstag schwenkt die Trogachse im Südteil ostwärts, im Norden verharrt sie im
Bereich der Britischen Inseln. Damit hat sich die Wetterlage von einem zonalen
Regime endgültig auf ein meridionales umgestellt. Auf den Alpengipfeln stellt
sich Südföhn ein. Mit einer bodennahen südöstlichen Strömung bleibt weiterhin
feuchte und milde Luft wetterbestimmend.

Am Sonntag steigt der Druck über Skandinavien an. Möglicherweise schafft es die
dort eingeflossene Polarluft mit auffrischenden Nordostwinden auch in den
äußersten Norden Deutschlands. Die Bildung einer markanten Luftmassengrenze mit
leichten Niederschlägen in sämtlichen Phasen wäre die Folge. Der Großteil des
Landes bleibt aber wohl mild und schwach zyklonal geprägt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Auch wenn die Konsistenz des aktuellen 00 UTC EZMW Laufs noch als gut im
Vergleich zu seinen Vorläufen zu bewerten ist, ergeben sich im Detail doch
deutliche Unterschiede. Diese beginnen bereits zu Beginn der Mittelfrist am
kommenden Mittwoch, an dem keine flache Welle mehr über der Mitte Deutschlands
prognostiziert wird, sondern ein intensives Randtief über Dänemark. Folglich
muss nun landesweit mit Sturmböen gerechnet werden. An der Nordsee und im
höheren Bergland bis hin zu Orkanböen.
Die stärkere Dynamik spiegelt sich auch in einer veränderten Trogachse wieder,
die im Vergleich zum gestrigen 00 UTC Lauf mal eben 800 km nach Osten verschoben
wurde. Somit greift die Unterbrechung des Tauwetters im höheren Bergland schon
am Mittwochabend.

Zum Wochenende wird es teilweise chaotisch. Sahen beide 00 UTC Läufe noch ein
vergleichsweise ähnliches Szenario mit dem schwächelnden Zentraltief über den
Britischen Inseln (00 UTC Lauf von heute 1010 hPa über Deutschland / Südost
zyklonal, +5 Grad in 850 hPa), so hatte der 12 UTC Lauf ein kräftiges Hoch über
Schottland (1030 hPa über dem Norden Deutschlands / HB, -5 Grad in 850 hPa) "im
Gepäck".
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum Ende der Mittelfrist herrscht weitestgehend Einigkeit in der Modellwelt
bezüglich der großräumigen synoptisch-relevanten Strukturen.

Die GEM und GFS 00 UTC Läufe vertreten in etwa die 12 UTC Lösung vom EZMW mit
dem Aufbau eines kräftigen Hochs bereits im Laufe des Samstags von den
Britischen Inseln bis nach Norwegen. Demnach würde es die ausfließende Kaltluft
sogar kurzzeitig nach Norddeutschland schaffen, in der Folge aber rasch wieder
ostwärts abgedrängt werden. Im Gegensatz zum EZMW macht die Konsistenz beim
GEM/GFS aktuell aber einen deutlich besseren Eindruck.

ICON zeigt ähnliche Simulationen wie das EZMW.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bis Freitag ist in den EZ-Rauchfahnen nach wie vor das sinusförmige Wellenmuster
der Tiefvorder- und Rückseiten zu erkennen. Die Peaks der Temperatur in 850 hPa
liegen dabei mit Ausnahme des Nordens (0 Grad) bei 5 Grad, die Minima bei -5
Grad. Spätestens ab Sonntag wird das Verhalten komplett chaotisch, zwischen -10
Grad und +10 Grad in 850 hPa ist gelinde gesagt alles möglich. Auch Bündelungen
sind kaum auszumachen, ausgenommen der Norden mit vielen Läufen um -3 Grad.
Bedeutet also, Kaltluft kommt mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht vollends aus
Skandinavien rein, Warmluft aus Süden schafft es aber auch nicht in den Norden.
Haupt- und Kontrolllauf haben häufig unterschiedliche Ideen.
Immerhin: Der Trend des Geopotentials zeigt zum Ende der Mittelfrist
deutschlandweit nach oben.

Die Rauchfahnen des GFS zeigen ähnliche Resultate.

Die Clusterung des EZ reflektiert im Zeitraum +120-168h (Fr-So) erneut die
Probleme im Verhalten des westeuropäischen Troges. Ins westliche Mittelmeer
abtropfen oder unter Abschwächung ostwärts schwenken lautet hier die Frage.
Davon hängen maßgeblich Position und Stärke des Potentialaufbaus im Bereich der
Britischen Inseln und später Skandinavien ab. Die 3 berechneten Cluster (22, 17,
12 Member) setzen sich in zahlenmäßig ähnlicher Zusammensetzung auch im
Folgezeitraum bis zum Mi, 10. Januar fort. Cluster 1 (Haupt- und Kontrolllauf
inkludiert) und 2 tropfen ab, Cluster 3 erst in der erweiterten Mittelfrist.
Aufgrund des relativ gesicherten Druckanstiegs über Skandinavien ist trotz reger
Tiefdruckaktivität über dem Atlantik und der milden Vorgeschichte nach Sichtung
der Ensembleverfahren zumindest in den Gebieten östlich der Elbe die Rückkehr
winterlicher Temperaturen mit Höchstwerten um den Gefrierpunkt nicht
unwahrscheinlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
Am Mittwoch treten verbreitet Sturmböen aus West auf. An der Nordsee sind am
Südrand des Randtiefs orkanartige Böen Bft 11 gering, in Kammlagen der
Mittelgebirge sehr wahrscheinlich. Der EFI reagiert hier für den Süden nach wie
vor am stärksten mit Werten nahe 1 und SOT > 1. An der Nordsee gibt es hingegen
kein Signal, was dann eher "nur" für Sturmböen sprechen würde.
In den Folgetagen konzentrieren sich Sturmböen meist nur noch auf die Hochlagen
der südlichen Mittelgebirge. Am Wochenende kommt in den Alpen Föhnsturm auf.

DAUERREGEN/TAUWETTER:
In den Hochlagen der Mittelgebirge schmilzt am Mittwoch und ab Freitag weiter
die vorhandene Schneedecke ab. Zudem ziehen immer wieder Niederschläge durch,
schwerpunktmäßig am Mittwoch muss im Schwarzwald, Bayerischen Wald sowie am
Alpenrand mit Dauerregen mit 30 bis 40 l/qm binnen 24 Stunden gerechnet werden
(UNWETTERGEFAHR durch starkes Tauwetter mit erhöhter Hochwassergefahr!). Die
Niederschlagssignale der Probabilistik sind weiterhin erdrückend. EFI,
COSMO-LEPS und EZ-EPS zeigen konsistent hohe Werte (30-50%, im Oberallgäu 80%
für mehr als 30 l/qm).

GEWITTER: Auf die Möglichkeit der Bildung einer konvektiven Linie mit Durchzug
der Kaltfront am Mittwoch wurde bereits oben hingewiesen. CAPESHEAR des EFI
zeigt in diesem Zusammenhang ein flächiges Maximum von rund 0.7 bei
gleichzeitiger SOT. Auch wenn die Scherung aufgrund der starken Höhenwinde
natürlich den Hauptanteil dabei ausmacht, so reicht selbst geringe Instabilität
aufgrund der starken Hebung organisierte Strukturen zu bilden. Sollte sich die
Anzeichen dafür in der Kurzfrist verfestigen, so sind auch in tiefen Lagen
zumindest schwere Sturmböen Bft 10 in Verbindung mit den Gewittern möglich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen