DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-12-2017 21:00
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 24.12.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Berglagen und Küsten stürmisch. Nachts im Süden Frost und gebietsweise dichter
Nebel. Dienstag mögliche Sturmlage.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter der Nordostflanke eines umfangreichen
Höhenrückens, der sich mit Zentrum über dem Ligurischen Meer nordwestwärts
erstreckt. Um diesen Keil werden von West nach Ost schwache Impulse (stabile
Wellen) von Großbritannien über die Ostsee nach Osteuropa geführt. Trotz der
insgesamt antizyklonal geprägten Höhenströmung sorgen diese Störungen im
Randbereich des Rückens für schwache Hebungsvorgänge, was sich bodennah auch
durch zahlreiche Fronten manifestiert. Wenn man sich die letzten
Radiosondenaufstiege über Deutschland von Nord nach Süd anschaut, erkennt man im
Norden mit schwacher Warmluftadvektion hochreichend bis rund 700 hPa gesättigte
Profile, sodass es nicht verwundert, dass geringe Niederschläge über
Schleswig-Holstein und Teilen von Mecklenburg-Vorpommern auftreten mit
allerdings nur geringen stündlichen Niederschlagsmengen von unter 1 l/qm. Nach
Süden zu ist die Absinkinversion im Einflussbereich des Höhenkeils in rund 750
hPa mit einer weiteren scharfen Inversion in rund 850 hPa zu erkennen. Im
Vergleich zu den vergangenen Tagen ist die untere Inversion um rund 50 hPa
abgesunken, sodass die vertikale Mächtigkeit des Hochnebels zunehmend leidet.
Dies wurde am Nachmittag im Lee einzelner Berge und Gebirge durch regionale
Auflockerungen deutlich und besonders im Alpenvorland konnte sich die Sonne dank
tageszeitlicher Durchmischung und Abbau der Inversion vollständig gegen den
Hochnebel durchsetzen. Erwähnenswert ist noch der Wind in der mittleren und
oberen Troposphäre, der stramm aus West bis Nordwest über Deutschland weht (mit
recht verbreitet auftretenden Schwerewellen am oberen Rand der
Inversion/Hochnebeldecke) und sich im Norden und Nordosten auch im Tiefland
durch einen böigen West- bis Südwestwind bemerkbar macht. Im Küstenumfeld sowie
im Bergland treten Sturmböen, auf exponierten Kammlagen teils auch schwere
Sturmböen auf.

In der Nacht zum 1. Weihnachtsfeiertag ändert sich auf der europäischen
Wetterbühne wenig. Die einzige marginale Änderung ist eine weitere Annäherung
der Keilachse, die Süddeutschland nun voll erfasst. Von daher verwundert es
nicht, dass deutschlandweit eine ruhige Weihnachtsnacht bevorsteht. Abgesehen
vom äußersten Süden bleibt die Hochnebeldecke bestehen und besonders im
äußersten Norden kann gelegentlich etwas Sprühregen oder leichter Regen fallen.
Über der Mitte und dem Süden hält sich der Sprühregen sehr in Grenzen, zumeist
bleibt es trocken. Im Alpenvorland hält sich die Hochnebelgrenze stabil oder
wird wieder etwas rückläufig (gen Süden gedrückt), am direkten Alpenrand und im
Hochschwarzwald bleibt der Himmel überwiegend klar. Dabei muss allgemein in
Berglagen mit Nebel und im äußersten Süden bei längerem Aufklaren mit Bodennebel
gerechnet werden. Die Windverteilung bleibt bestehen mit einem böig
auffrischenden Südwestwind im Norden und teils auch im Osten sowie schwacher
Windbewegung im Süden. Entlang der Küsten sowie im Bergland sind Sturmböen, auf
exponierten Berglagen auch schwere Sturmböen zu erwarten, wobei dort der Wind
ausgangs der Nacht etwas schwächer wird. Unter dem Dauergrau sorgt fehlende
Ausstrahlung und eine gut durchmischte niedertroposphärische Luftmasse für eine
nur geringe Auskühlung auf Werte zwischen 9 und 5 Grad. Im Süden werden
Tiefstwerte von 4 bis 1 und bei längerem Aufklaren ganz im Süden von +1 bis -6
Grad erwartet mit örtlich noch tieferen Werten über Restschneefeldern am
direkten Alpenrand (COSMO-EPS dort immerhin 20 bis 40 % für Tiefstwerte um -10
Grad). Im Süden kann sich im Zuge einer Strahlungsnacht teils dichter Bodennebel
mit lokaler Glätte durch überfrierende Nebelnässe bilden (z.B. Bodenseeumfeld).

Montag ... kommt es auf synoptischer Ebene weiterhin nur zu geringen
Veränderungen. Über dem Ostatlantik sorgt ein progressiver Höhentrog für eine
zunehmend mäandrierende Höhenströmung, die sich stromabwärts im Zuge des
"downstream development" durch eine Aufweichung der Blockadesituation bemerkbar
macht. Der Höhenkeil über Mitteleuropa beginnt daher allmählich nach Osten zu
schwenken, sodass sich Deutschland zum Abend bereits auf der Rückseite des Keils
befindet. Die geringe Änderung der Geometrie der Höhendruckfelder wirkt sich
jedoch in vielen Bereichen Deutschlands positiv aus. Mit Rückdrehen des
Höhenwindes auf Südwest auf der Keilrückseite werden leicht föhnige Bedingungen
am Alpenhauptkamm erwarte. Die Abtrocknung der Luftmasse breitet sich nordwärts
aus und sorgt somit im Tagesverlauf von Süden her zunehmend für ein Auflösen des
Hochnebels. Nach letztem Stand der Modelle sollte sich dieser bis zum Abend im
gesamten Süden, der Mitte und im Osten abgesehen von einzelnen Luvseiten der
Mittelgebirge vollkommen aufgelöst haben. Durchweg sonniges Wetter ist in diesen
Bereichen zwar nicht zu erwarten, da in der Höhe zeitweise dichtere Wolkenfelder
durchziehen, doch im Vergleich zu den vergangenen Tagen ist der Gesamteindruck
deutlich sonniger. Trüber verläuft der Tag weiterhin im Norden und Nordwesten.
Die Höchstwerte liegen zwischen 6 und 11 Grad. Eine Ausnahme sind die Gebiete in
Süddeutschland, wo sich nächtliche Nebelfelder zäh bis weit in den Tag halten
und die Höchstwerte auf unter 5 Grad drücken (z.B. Bodenseeumfeld). Der Süd- bis
Südwestwind weht schwach, im Norden mäßig mit einzelnen stürmischen Böen im
Umfeld der Deutschen Bucht.

In der Nacht zum Dienstag steilt die Strömung von Westen im Zuge der
Trogannäherung immer weiter auf und mit einer Verschärfung des
Isohypsengradienten nimmt der Wind in der gesamten Troposphäre von West nach Ost
deutlich zu. Diese Windzunahme wird auch niedertroposphärisch durch eine
Sturmtiefentwicklung über der Nordsee und Südnorwegen gestützt, die sich unter
einem breiten Höhendivergenzbereich rasch ausbildet. Allerdings gibt es noch
erhebliche Modelldiskrepanzen (mehr dazu im Kapitel "Modellvergleich"). Ausgangs
der Nacht dürfte dann bereits im Westen Deutschlands die Kaltfront des
Sturmtiefs auf den Westen übergreifen, während sonst Deutschland unter einem
großflächig aufgespannten Warmsektor verbleibt. Einem Warmsektor entsprechend
reagieren die Berglagen als ersten mit Sturmböen, auf dem Brocken zum Ende der
Nacht auch mit orkanartigen Böen. Mit Kaltfrontannäherung wird der
niedertroposphärische Druckgradient in Westdeutschland nochmals verschärft,
sodass dort in der Früh bis in tiefen Lagen zunehmend stark böiger Südwestwind
mit einzelnen stürmischen Böen zu erwarten ist. Im Bergland der westlichen
Mittelgebirge treten verbreitet Sturmböen Bft 8 bis 9 auf und über der Deutschen
Bucht drohen zu diesem Zeitpunkt schwere Sturmböen Bft 10, teilweise auch
orkanartige Böen Bft 11 aus Südwest. Niederschlag wird meist keiner erwartet,
nur im Westen zieht im Verlauf der zweiten Nachthälfte mit Kaltfrontannäherung
etwas Regen auf. Die Schneefallgrenze liegt dabei in rund 1000 m Höhe. Die
Tiefstwerte liegen in der durchmischten Luftmasse im Norden und Westen bei rund
5 Grad, sonst geht die Temperatur auf +2 bis -4 Grad zurück, direkt am Alpenrand
gebietsweise auf noch darunter.

Dienstag ... schwenkt der Höhentrog zügig über Nordwestdeutschland und Dänemark
nach Südschweden und erreicht zum Abend voraussichtlich die Region um Stockholm.
Verbunden mit dieser Trogpassage ist besonders am Vormittag ein scharfer
Druckgradient, der je nach Geometrie von Höhentrog und Bodentrog am Vormittag
oder frühen Nachmittag den Westen und Norden Deutschlands erfasst. Dank recht
großer Modelldiskrepanzen lohnt sich eine nähere zeitliche Einordnung noch
nicht. Man kann jedoch bei allen Modellen sagen, dass die Berge an diesem Tag im
Sturmfeld liegen mit Sturmböen Bft 8 bis Bft 9, exponierte Kammlagen Bft 10 bis
Bft 11. Letzteres gilt auch für die Deutsche Bucht und die Nordfriesischen
Inseln, bevor zum Nachmittag allgemein der Wind von Südwesten her abflaut. Der
ablandige Wind sollte die Windspitzen im Ostseeumfeld eher im Bereich von Bft 8
bis 9 belassen. Das europäische Wettermodell zeigt aktuell mit einer
Außenseiterlösung (und auch in sich sehr inkonsistenten Modellrechnungen)
erhöhte Wahrscheinlichkeiten für schwere Sturmböen bis in tiefe Lagen im Westen
Deutschlands. Diese "extreme" Rechnung wird zwar im Auge behalten, aktuell
jedoch noch als Außenseiterlösung betrachtet. Allgemein gilt mit Durchzug der
Kaltfront, dass auch im Tiefland der stark böige Südwestwind stürmisch
auffrischen kann. Im Zuge der Kaltfrontpassage wird mit etwas Niederschlag
gerechnet, doch da die Hebungsprozesse insgesamt nur mäßiger Natur sind und die
Front progressiv nach Nordosten "rauscht", fallen die Mengen gering aus. Die
Schneefallgrenze sinkt postfrontal mit schwacher Kaltluftadvektion auf rund 500
bis 400 m. Entlang der westlichen Mittelgebirge kann mit geringen
Neuschneemengen gerechnet werden. Die Kaltfront macht sich im bodennahen
Temperaturfeld kaum bemerkbar, und liegt prä- wie auch postfrontal bei 4 bis 8
Grad.

In der Nacht zum Mittwoch bildet sich über der Biskaya ein weiterer kräftiger
Trog, der nun auch innerhalb der Modelle gut erfasst wird. Stromabwärts erfasst
ein schwach ausgeprägter Keil Deutschland, wobei die Höhenströmung mit
Durchschwenken des Keils rasch wieder auf südwestliche Richtung zurückdreht.
Diese Anströmung sorgt am Alpenhauptkamm erneut für eine leicht föhnige
Strömung, die allerdings bei schwachen Winden in der mittleren Troposphäre kaum
Auswirkungen auf das Deutschlandwetter haben dürfte. Ein kräftiges Bodentief
überquert den Süden Großbritanniens und erreicht ausgangs der Nacht die südliche
Nordsee. Je nach Okklusionsgrad erreichen Warm-/Kaltfronten oder eine Okklusion
im Verlauf der Nacht den Westen mit leichten Niederschlägen, die oberhalb von
600 bis 800 m als Schnee fallen. Mit großen Neuschneemengen muss allerdings
nicht gerechnet werden. Im Osten und Süden bleibt es hingegen die gesamte Nacht
über trocken und die dichte Wolkendecke lockert zeitweise auf. Die Tiefstwerte
liegen zwischen +4 und +1 Grad, im Süden zwischen 0 und -4 Grad. Der Südwestwind
weht im Bergland weiterhin stürmisch und auch im Küstenumfeld treten stürmische
Böen, zeitweise auch Sturmböen auf. Sonst wird mit einem schwachen bis mäßigen
Südwind gerechnet. Besonders in Bayern kann sich lokal Bodennebel bilden.

Mittwoch ... weitet sich das Azorenhoch ostwärts in Richtung Biskaya aus und
sorgt mit dem Höhentrog über Westeuropa für eine deutliche Zunahme des
Druckgradienten über Westeuropa. Die Folge ist ein intensiver Höhenjet, der sich
im Südwestquadranten des Troges ausbildet und diesen in der Folge weiter nach
Süden "amplifiziert". Zum Abend dürfte der Trog bereits weite Bereiche des
zentralen Mittelmeers erfassen. Deutschland gelangt dabei zum größten Teil unter
den Höhentrog und besonders in den Einflussbereich eines umfangreichen
Bodentiefs. Diese Entwicklung sorgt für eine deutliche Abschwächung des
Druckgradienten, sodass ein meist nur schwacher, im Bergland zeitweise noch
böiger Süd- bis Südwestwind, im Nordosten Südostwind erwartet wird. Inwieweit
sich am Alpenhauptkamm erneut eine schwache Föhnsituation einstellen kann, die
sich auch auf den Alpennordrand auswirkt, muss abgewartet werden. Im
Einflussbereich des Bodentiefs wird über den Westen und Süden eine Kaltfront
ostwärts und über den Norden eine Warmfront nordwärts geführt. Dies hat
überwiegend starke Bewölkung mit gelegentlichen Regenfällen zur Folge, wobei die
Mengen abgesehen von Schleswig-Holstein und Oberschwaben gering ausfallen
(Oberschwaben "profitiert" von einer Leezyklogenese über Norditalien, die die
Kaltfront am Alpenrand schleifen lässt). Die Schneefallgrenze liegt zwischen 600
m (Westen) und über 1000 m (Osten), wobei im Südwesten mit möglichem Schleifen
der Front oberhalb von 800 m 5 bis 10 cm Neuschnee möglich ist. Diese
Entwicklung ist allerdings noch unsicher. Die Höchstwerte liegen dabei zwischen
4 und 8 Grad, bei länger anhaltendem Niederschlag im Südwesten teils auch
darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die größte Unsicherheit innerhalb der Globalmodelle besteht bei der Handhabung
der Trogpassage am Dienstag. Bereits in der Nacht zum Dienstag zeigt EZMW einen
deutlich schärferen Bodentrog als z.B. GFS mit einer markanten
Phasenverschiebung (GFS schneller). Diese Unterschiede sind auch in der Höhe zu
erkennen mit einer deutlich schärfer konturierten zyklonalen Ausprägung des
Höhentroges bei EZMW. Kein Wunder, dass sich diese Unterschiede in der
progressiven Strömung in der Folge weiter ostwärts fortsetzen. Auch innerhalb
der vergangenen EZMW-Läufe gibt es große Unterschiede mit Blick auf die
Geometrie und Verlagerungsgeschwindigkeit des Troges. Der Grund für diese
Diskrepanzen liegt noch bei der unterschiedlichen Handhabung des Bodentroges
über der Biskaya, wo teilweise offene oder abgeschlossene Druckzentren erwartet
werden. Dies wirkt sich auf die Entwicklung stromabwärts aus. Die zweite
Entwicklung in der Nacht zum Mittwoch über dem Ärmelkanal hingegen wird
innerhalb der Modelle deutlich homogener gesehen und dies trifft auch auf die
Zyklogenese über Norditalien im Verlauf des Mittwochs zu.
Leider betreffen die größten Unsicherheiten auch das wetteraktivste System, wo
Geometrie und Zugbahn über die endgültige Intensität des Windereignisses
entscheiden. Zwar deuten alle Läufe auf einen stürmischen Wettertag im Westen
und Norden hin (besonders Nordsee und Bergland mit orkanartigen Böen), doch die
Beantwortung der Frage, wann das Zeitfenster mit den stärksten Böen zu erwarten
ist, muss noch aufgeschobene werden. Wie bereits erwähnt wird die EZMW Lösung
noch als Außenseiterlösung betrachtet (Außenseiter zu anderen Modellen und in
sich sehr inhomogen bei der Handhabung des Troges).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy