Thema des Tages

23-12-2017 14:40

Die besonderen Nächte der ruhigen Weihnachtszeit

Ein Großteil der Bevölkerung wird aufgrund der umfassenden medialen
Berichterstattung wahrscheinlich bestens über das Weihnachtswetter
Bescheid wissen. Jetzt könnte es aber sein, dass die gebietsweise
trüben Bedingungen und die milden Temperaturen sowie die meist
schneelose Landschaft nicht jedermanns Idealvorstellung von
Weihnachten entspricht, allerdings sollten auch die positiven Seiten
dieser Wetterlage gewürdigt werden.



Wie wäre es denn, wenn der Winter gerade jetzt zeigen würde was er
prinzipiell kann? Würde das Weihnachtsfest wirklich besinnlich
verlaufen, wenn beispielsweise kräftige Schneefälle den Verkehr in
den Ballungsräumen komplett lahmlegen würden? Wie wäre wohl die
Stimmung bei den Heimreisenden, wenn an den Großflughäfen aufgrund
schwieriger Witterungsverhältnisse nur die Hälfte aller
Flugbewegungen abgewickelt werden könnten? Ein intensiver Sturm würde
der Weihnachtsharmonie wahrscheinlich auch etwas abträglich sein,
insbesondere wenn die Gestrandeten den Heiligen Abend an einem
entlegenen Bahnhof verbringen müssten. Diese Szenarien sind aber
dieses Jahr nicht zu erwarten, allenfalls der Wind frischt im Norden
und Osten mit starken bis stürmischen Böen etwas auf.



Kompensieren Sie doch den fehlenden Schnee mit dem Zauber der
kommenden, im Jahreskreis ganz besonderen Nächte. Diese gehören zu
den längsten Nächten des Jahres, denn die Zunahme der Tageslichtdauer
seit der Wintersonnenwende am 21.12. kann noch nicht richtig
wahrgenommen werden. Im europäischen, aber speziell im
alpenländischen Brauchtum werden den zwölf Nächten zwischen dem
ersten Weihnachtstag und dem Fest "Erscheinung des Herrn" am 06.
Januar (Heilige Drei Könige) ganz besondere Bedeutung zugemessen.
Daher hat sich für diese Periode der Begriff "Rauhnächte" entwickelt,
die regional bereits mit der sogenannten "Thomasnacht" (meist längste
Nacht des Jahres) am 21.12. beginnen.



Die Tage um Weihnachten und Neujahr gehörten für unsere Vorfahren
jedenfalls zu einer besonders herausfordernden Zeit. Wenn bei lang
anhaltender Dunkelheit Schneestürme über das Land fegten und die
Temperaturen weit im negativen Bereich lagen, konnten die
herrschenden Umweltbedingungen durchaus als bedrohlich empfunden
werden. Nicht umsonst ranken sich auch viele Sagen um genaue jene
Zeit, in der Dämonen, Trolle, Elfen und Geister ihr Unwesen treiben
sollen. Umso mehr gab es in der Bevölkerung großes Aufatmen, wenn die
Tage wieder länger wurden und die Sonne langsam an Kraft gewinnen
konnte.



Aus diesen Gründen entwickelten sich besonders im Alpenraum
Brauchtümer, die bis in die heutige Zeit am Leben erhalten worden
sind. In den Rauhnächten finden beispielsweise in den alpennahen
Gebieten Bayerns sowie im angrenzenden Österreich in vielen Orten
sogenannte "Perchtenläufe" statt. Ein Teil der verkleideten Gestalten
trägt aus Holz geschnitzte, furchteinflößende Masken und langhaarige
Tierfelle (sogenannte "Schiechperchten"). Diese verkörpern den für
die Menschen bedrohlich erscheinenden Winter. Ihre Gegenspieler sind
die mehr Farben tragenden "Schönperchten", die den Frühling
repräsentieren sollen. Ganz besonders bekannte Schönperchten sind die
"Glöckler", die vor allem im Salzkammergut die Brauchtumsumzüge
prägen. Entscheidend bei den Gewändern der Perchten sind aber
jedenfalls die reichlich vorhandenen Glocken, die die bösen Geister
des Winters austreiben sollen.



Früher oder später hat aber noch jedes Jahr der Frühling den Winter
abgelöst. Dieser Zeitpunkt ist aber bekanntlich kalendarisch nicht
exakt festgelegt. Sollte es soweit sein, wird es wahrscheinlich ein
Thema des Tages sein. Bis dahin dauert es aber sicherlich noch einige
Wochen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.12.2017

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