DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-12-2017 09:00
SXEU31 DWAV 230800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 23.12.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
An der Küste und in den Hochlagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
stürmische Böen, exponiert Sturmböen bis Bft 9, auf dem Brocken und Fichtelberg
auch darüber. Sonst sehr wahrscheinlich keine markanten Wetterereignisse.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland an der Nordostflanke eines Höhenrückens, der sich
vom Azorenraum bis zu den Baltischen Staaten erstreckt. Hieraus resultiert eine
nordwestliche antizyklonale Strömung. Mit dieser wird ein kräftiges Tief von der
Norwegischen See über den Bottnischen Meerbusen hinweg ost-südostwärts
gesteuert. Dabei gelangt Deutschland in den Bereich des breiten Warmsektors
dieses Tiefs. Dessen Kaltfront wird durch ein Randtief, das sich über dem
Skagerrak entwickelt, zurückgehalten. Durch leichtes Vorrücken der Frontalzone
nach Süden erfolgt im Norden und in der Mitte Deutschlands eine Gradientzunahme,
so dass im Norden und Nordosten sowie in Teilen der Mitte Wind- und in freien
Lagen einzelne stürmische Böen auftreten. An der Küste sind dann generell
stürmische, an der Ostsee sowie auf höheren Berggipfeln der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge auch Sturmböen und exponiert schwere Sturmböen
vorstellbar.
Da vorerst keine frontalen Prozesse wirksam sind, sollten nur geringe
Niederschläge auftreten, wobei innerhalb von 12 Stunden kaum mehr als 2 mm
zusammenkommen dürften. Aufgrund der besseren Durchmischung ist ein
Temperaturanstieg auf 7 bis 11, im höheren Bergland auf Werte um 4 Grad zu
erwarten.
In der Nacht zum Sonntag greift auf die Britischen Inseln und später auf die
Nordsee ein weiterer breiter, aber relativ flacher Höhenrücken über, der durch
Warmluftadvektion gestützt wird. Folglich verbleibt Deutschland unter einer
nordwestlichen Strömung, die allerdings nicht mehr so steil ist wie bisher. In
diese Strömung gelangt die Warmfront eines Tiefs bei Island, wodurch die
Niederschlagstätigkeit im Norden und Nordosten ein wenig aufleben kann, wobei es
jedoch nur für wenige Millimeter Niederschlag reicht.
Der Gradient verschärft sich bis Mitternacht noch ein wenig. In Küstennähe sowie
etwas weiter im nordöstlichen Binnenland treten stürmische, in exponierten
Küsten- und Berglagen sowie generell an der Ostseeküste auch Sturmböen auf. Auf
dem Brocken muss dann mit orkanartigen, auf dem Fichtelberg mit schweren
Sturmböen gerechnet werden. In der zweiten Nachthälfte fächert der Gradient auf.
Windböen im nördlichen und nordöstlichen Binnenland und stürmischen Böen an der
Ostsee sowie Sturmböen auf höheren Berggipfeln treten jedoch weiterhin auf.

Sonntag... greift der o.g. Rücken auf Mitteleuropa über, was einer Zonalisierung
oder, besser gesagt, einer antizyklonalen Westlage gleichkommt. Hierdurch
verlagert sich die Warmfront schleifend nach Nordosten, so dass auch dort die
Niederschläge bis zum Abend nachlassen dürften. Da durch den Rücken die
Frontalzone nur wenig nach Norden verschoben wird, bleibt über dem Norden und
der Mitte Deutschlands der kräftige Gradient bestehen. In diesen Gebieten sind
weiterhin Windböen, an der Küste, im küstennahen Binnenland sowie in den
nördlichen und östlichen Mittelgebirgen stürmische Böen und exponiert auch
Sturmböen zu erwarten.
Durch das Rückdrehen der bodennahen Strömung auf West und ganz im Süden aus
West-Südwest steigt die Chance am Alpenrand auf Wolkenlücken. Sonst hält sich
meist geschlossene und zum Teil mehrschichtige Bewölkung. Aufgrund der weiterhin
guten Durchmischung ist keine wesentliche Temperaturänderung erkennbar.
Heiligabend und in der Nacht zum Montag bleibt die westliche, antizyklonal
gekrümmte Strömung bestehen. Leichte Warmluftadvektion lässt kaum eine
Wolkenlücke zu, ggf. kommen auch wieder geringe Niederschläge auf. Im Norden und
in der Mitte bleibt der kräftige Gradient bestehen. Zwar flaut im Binnenland der
Wind etwas ab, sonst ändert sich an der oben beschriebenen Windsituation jedoch
nur wenig. Abgesehen vom Alpenrand und von den höchsten Mittelgebirgsgipfeln
sollte es dabei durchweg frostfrei bleiben.

Montag (1. Weihnachtsfeiertag)... verlagert sich der wetterbestimmende
Höhenrücken über Mitteleuropa hinweg ostwärts, gefolgt von einem Trog, der sich
nach Süden ausweitet und dabei bis in die Biskaya vorankommt. Das mit diesem
Trog korrespondierende Bodentief wird über Irland hinweg nach Nordengland
gesteuert. Bedingt durch die Verlagerung des Höhenrückens und die beschriebene
Tiefentwicklung beginnt die Strömung gesamttroposphärisch auf Südwest zu drehen.
Da aber der Gradient weiter auffächert, sollten Wind- und stürmische Böen auf
die Küste, das küstennahe Binnenland und höhere Berglagen beschränkt bleiben.
Allerdings können im späteren Tagesverlauf, bedingt durch das Rückdrehen der
Strömung auf Südwest, auch in einigen westlichen Mittelgebirgslagen Wind- und
exponiert auch stürmische Böen aufkommen. Auflockerungen, die am Sonntag nur auf
den Alpenrand beschränkt waren, können sich dann weiter nordwärts und vielleicht
sogar bis zur Mainlinie vorarbeiten.
Geringe Niederschläge treten allenfalls im Norden Deutschlands auf, sonst bleibt
es weitgehend trocken. Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber den
Vortagen nur unwesentlich, wobei es allerdings aufgrund der besseren
Durchmischung im Norden und Westen milder wird als in den anderen Gebieten.
In der Nacht zum Dienstag greift der o.g. Trog auf Frankreich über, was die
Strömung weiter aufsteilen lässt. Hierdurch frischt der Wind im gesamten Westen
auf, so dass in freien Lagen Windböen und im Bergland sowie an der Nordsee
stürmische Böen auftreten können. Auf höheren Berggipfeln sind dann Sturmböen zu
erwarten. An der Ostsee wird hingegen der Wind schwächer und ist dann
wahrscheinlich nicht mehr warnrelevant. Nach Südosten hin stellt sich eine
vergleichsweise gradientschwache Lage ein. Dort kommt die Luftmasse zur Ruhe, so
dass sich Nebel bilden kann und verbreitet mit leichtem Frost zu rechnen ist.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen ein weitgehend ähnliches Verhalten. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Geringe Abweichungen zur oben beschriebenen Entwicklung ergeben sich
erst in der Nacht zum Dienstag, d.h. am Ende des Vorhersagezeitraumes. Hier
lässt GFS bereits die Kaltfront eines in die mittlere Nordsee ziehenden
Sturmtiefs auf den Nordwesten und Westen Deutschlands übergreifen. Die anderen
Modelle (auch das Modell des kanadischen Wetterdienstes) folgen dem oben
beschriebenen Szenario.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann