DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-05-2016 21:00
SXEU31 DWAV 121800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.05.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Vor allem im Süden und Osten, morgen in der Südhälfte Gewitter mit Starkregen.
Im äußersten Süden Dauerregen, teilweise ergiebig (Unwetter) und erst am Samstag
nachlassend.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir in einem sehr breiten Trogbereich, der sich von
Skandinavien und Russland aus nach Süden und Südwesten erststreckt. Darin
eingelagert befinden sich mehrere Drehzentren, wobei ein größeres sich aktuell
über dem Alpenraum und Norditalien befindet. Dieses Höhentief verlagert sich bis
morgen früh nach Tschechien.
Diese Entwicklung stützt ein Bodentief, das sich von der Kanalküste über
Süddeutschland bis nach Ungarn erstreckt. Es vertieft sich weiter und sein
Zentrum verlagert sich im Laufe der Nacht nach Tschechien und von daher dreht
die Strömung von West nach Ost fortschreitend mehr und mehr auf Nordost bis
Nord.
Weiter im Norden schwenkt ein Höhentrog nach Norwegen. Auf seiner Südseite
bildet sich über Norddeutschland ein Höhenkeil, der den Druck dort ansteigen
lässt. Damit gelangt auch etwas kühlere und trockene Luft in den Norden und
Westen. Dadurch wird die bisher wetterwirksame feuchte Luft nach Osten und Süden
abgedrängt.
Durch die Drehung der Strömung und den dadurch bedingten Stau, kommt die
Dauerregenlage im Süden richtig in Gang. Die entsprechenden Warnungen gehen bis
in den Unwetterbereich und sind bis Samstagnachmittag in Kraft.
Im Bereich der Tiefdruckrinne über Süddeutschland sind am Abend noch weitere
Starkregenfälle möglich, die vor allem anfangs mit Gewittern begleitet sind. Im
Verlauf der Nacht lassen die Gewitter nach und der Niederschlag nimmt dann mehr
und mehr stratiformen Charakter an.

Der Wind lässt im Verlauf der Nacht nach, auf der Südseite der Tiefdruckrinne
verstärkt er sich und kommt aus westlichen Richtungen. Windwarnungen sind aber
aller Voraussicht nach nur für die Gipfellagen der Alpen nötig.


Freitag ... wird das Tief über dem Alpenraum von dem nördlichen Trog eingefangen
und wandert als Randtrog bis zum Abend in die Slowakei. Dem entsprechend
verlagert sich auch das Bodentief bis zum Abend von Tschechien nach Polen. Der
Haupttrog im Westen schwenkt weiter ostwärts und dehnt sich nach Süden aus und
erreicht am Abend mit seiner Südspitze Holland.

Unser Vorhersagegebiet liegt somit auf der Rückseite des Bodentiefs in einer
nördlichen bis nordöstlichen Bodenströmung. Zonal über der Südhälfte liegt eine
Okklusion, die von dem mitteleuropäischen Tief ausgeht. Sie ist zunächst recht
stationär und verlagert sich erst am Abend langsam nach Süden in Richtung Alpen.


Im Vergleich zum Vortag liegen die CAPE Werte deutlich über den heutigen Werten.
Teilweise werden bis über 500 J/kg prognostiziert. Hinzu kommen mäßige Low-Level
Scherung und PPW Werte von teilweise über 20mm. Daher sind in der Mitte und im
Süden immer wieder Gewitter mit Starkregen und u.U. auch kleinkörnigem Hagel
möglich. Mitunter sind auch unwetterartige Entwicklungen nicht auszuschließen.
Auch die Modelle liefern dem entsprechende Signale.

Darüber hinaus hält die Dauerregenlage ganz im Süden an. Die globalen Modelle
liefern im 24-stündigen Zeitraum gebietsweise über 30mm/24h. Die höher
aufgelösten Modelle C-EU und EURO4 prognostizieren im Stau der Alpen
stellenweise über 50mm /24h.

Im Gegensatz zu Süddeutschland ist das Wetter in Norddeutschland unspektakulär,
d.h. heißt meist sonnig und trocken. Die Temperaturen gehen dort noch verbreitet
auf über 20 Grad, während im Süden nur nach 12 bis 18 Grad erreicht werden.
Allerdings frischt im Tagesverlauf der Wind auf und im Nordseeküstenbereich kann
es starke, auf den Inseln auch stürmische Böen geben.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhentrog weiter nach Osten und seine
Achse erreicht bis zum Morgen den Nordwesten. Im Bereich der Trogspitze wird
massiv Kaltluft advehiert, sodass die PVA des Troges mehr als überkompensiert
wird. Im Bodendruckfeld schwenkt die Okklusion zu den Alpen und in der Folge
dauert die Staulage an den Alpen sowie den süddeutschen Mittelgebirgen an.
Weiterhin schwenkt im Norden die Kaltfront eines Randtiefs, das sich im Lee der
skandinavischen Gebirge gebildet hat in den Nordwesten. Dahinter strömt deutlich
kühlere Luft zu uns. Die Temperaturen in 850hPa sinken dabei im Nordwesten unter
0 Grad.
Im Süden lassen die Gewitter in der Nacht nach. In Norddeutschland klart es
stellenweise auch auf und nur im Nordwesten gibt es an der Kaltfront vereinzelt
etwas Regen.

Der Wind bleibt im Norden ein Thema, da sich der Gradient zu dem südwärts
geführten Leetief verstärkt. Daher sind im Nordseeküstenbereich weiterhin starke
Böen wahrscheinlich, auf den Inseln sowie in exponierten Lagen gibt es auch
stürmische Böen aus Nord (Bft 8).


Samstag ... schwenkt der Trog bis in die Mitte Deutschlands. Dabei die
0-Grad-Isotherme im 850 hPa-Niveau weiter nach Süden vor und erreicht bis zum
Abend den Main. Mit einer nördlichen bodennahen und relativ kräftigen Strömung
werden die Reste der feuchtwarmen Luft nach Süd- und Südosteuropa abgedrängt.
Reste dieser Luftmasse lassen in Verbindung mit Stau die Niederschläge im
südlichen Schwarzwald und in Richtung Alpen noch andauern, wobei der konvektive
Niederschlagsanteil keine Rolle mehr spielen sollte.

Das schon oben erwähnte Leetief wird nach Südschweden und in die westliche
Ostsee gesteuert und an seiner Westflanke verstärkt sich der Gradient deutlich.
Folglich können im Nordwesten und im westlichen Mittelgebirgsraum erneut
Windböen, an der Nordseeküste und im küstennahen Binnenland stürmische Böen
auftreten. Zum Abend hin sind an der Nordseeküste und auf höheren Berggipfeln
der nördlichen Mittelgebirge Böen bis Sturmstärke möglich.
Zudem gelangt in den Nordwesten deutlich labilere Luft, was dort die
Gewittertätigkeit aufleben lässt. Dabei handelt es sich um typische
Kaltluftgewitter, die sehr wahrscheinlich nicht weiter als etwa 6 km
hinaufreichen.

Abgesehen von den Gebieten etwa vom Schwarzwald bis zum Bayerischen Wald, wo
zumindest noch zeitweise Niederschläge zu erwarten sind und den nordseenahen
Regionen, wo in Verbindung mit dem Leetief Schauer und kurze Gewitter aufkommen,
sind ansonsten keine nennenswerten Niederschläge zu erwarten. Dabei ist es
wechselnd wolkig mit Auflockerungen, im Lee der Mittelgebirge sind auch
Aufheiterungen möglich. Generell erfolgt gegenüber den Vortagen ein deutlicher
Temperaturrückgang. Maxima bis 17 oder 18 Grad sind allenfalls noch ganz im
Osten möglich. Ansonsten bewegen sich die Temperaturen zwischen 9 und 15 Grad.

In der Nacht zum Sonntag bleibt die Troglage über Mitteleuropa bestehen. Das
oben beschriebene Leetief verlagert sich zwar nach Südschweden, hält aber über
dem Norden und zum Teil auch über den mittleren Gebieten einen kräftigen
Gradienten aufrecht, so dass an der Küste weiterhin stürmische Böen und bis weit
ins nördliche Binnenland hinein Windböen auftreten können. Zudem bleibt die Lage
konvektiv geprägt; im gesamten Norden sind weiterhin Schauer und kurze Gewitter
möglich.

An den Alpen lassen die Niederschläge nur allmählich nach. Sehr wahrscheinlich
kommen dann keine warnrelevanten Summen mehr zusammen. Auflockerungen sind in
einem breiten Streifen vom Westen und Südwesten Deutschlands bis in den Osten
hinein am wahrscheinlichsten. Generell sind Temperaturminima im mittleren
einstelligen Bereich zu erwarten.


Sonntag ... liegt der Trog noch über der Mitte Deutschland und verlagert sich
langsam nach Osten. Über Nordostdeutschland wird im Tagesverlauf ein Cut-Off
simuliert. Im Bereich des entstehenden Höhentiefs liegt die T500 bei unter -30
Grad. Die Temperatur im 850hPa-Niveau sinkt auf der Rückseite der Kaltfront des
Leetiefs bis an die Alpen auf Werte unter 0 Grad ab.

Im Westen greift ein langwelliger Höhentrog im Tagesverlauf auf die Britischen
Inseln über. Dies sorgt zunächst in Frankreich für Druckanstieg und über der
Bretagne bildet sich ein Bodenhoch über der Bretagne. Davon ausgehend verstärkt
sich im Tagesverlauf ein Keil in Richtung Süddeutschland, der dort für meist
ruhiges Wetter sorgt. Aufgrund des entstehenden Gradienten zwischen dem
Bodenhoch im Westen und dem Tiefdruckkomplex über der Ostsee frischt der
nordwestliche Wind kräftig auf und in weiten Teilen des Nordens, des Ostens und
der Mitte kann es bis in tiefe Lagen starke Windböen geben. Auf den Bergen sowie
im Nordosten auch in tiefen Lagen sind stürmische Böen, in exponierten Lagen des
Berglandes auch Sturmböen möglich.

Im Bereich des Höhentiefs im Nordosten gibt es Schauer und teilweise auch kurze
Gewitter mit Sturmböen und vereinzelt auch Graupel.
Im Alpenraum kann es auf der Nordseite des zum Balkan abziehenden Bodentiefs
noch zu etwas Niederschlag kommen, wobei in den Alpen oberhalb von etwa 1300m
Schnee fällt.
Die Tageshöchsttemperaturen liegen am Sonntag bei recht kühlen 9 bis 14 Grad und
in den Nächten ist in geschützten Muldenlagen der Mittelgebirge auch Bodenfrost
möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder der Modelle zeigen einen recht ähnlichen Verlauf. Auch die
Niederschlagsfelder haben sich mittlerweile angenähert und zeigen ein recht
homogenes Bild hinsichtlich der Regionalisierung des Niederschlags. Von daher
sind unsere Warnungen in recht guter Übereinstimmung mit den aktuellen Läufen.
Auch die Ensembles liegen auf derselben Linie.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich