Thema des Tages

12-05-2016 14:40

In der Sahara

In unseren mittleren geografischen Breiten ist das Klima advektiv
geprägt, d.h. es herrschen in der Regel großräumige horizontale
Luftbewegungen vor. Folglich hängt auch der Verlauf der Temperatur an
einem Ort bei uns zum großen Teil vom Wärmeinhalt der herangeführten
Luftmassen ab. Lediglich bei Hochdruckwetterlagen mit geringen
Luftdruckgegensätzen in Mitteleuropa spielt der lokale
Strahlungshaushalt, und damit die Energiebilanz vor Ort, im Tagesgang
der Lufttemperatur die entscheidende Rolle.

Während sich insbesondere Meeresluftmassen, die mit Tiefausläufern zu
uns gelangen, mäßigend auf das Temperaturregime auswirken, treten die
Extremtemperaturen auf der Erde stets in meeresfernen,
wetterberuhigten Arealen auf. Dazu zählen auch die Wüsten, die man
vor allem im Bereich der subtropischen Hochdruckgürtel in
geografischen Breiten um 25 Grad Nord und Süd findet. Von diesen
"Wendekreiswüsten" ist die Sahara im Norden Afrikas mit einer Fläche
von 9 Millionen Quadratkilometern bei weitem die größte.

Entgegen landläufigen Klischees von Dünen und Kamelen ist die Sahara
größtenteils eine Stein- oder Felswüste (arabisch: Hammada) bzw. eine
Kies- oder Geröllwüste (berberisch: Serir). Die bekanntere Sandwüste
(arabisch: Erg) macht nur etwa 20% der Gesamtfläche aus. Wie auch
immer, am Tage herrscht dort bei hoch stehender Sonne vorwiegend
wolkenarmes Wetter, daher ist bei geringem Pflanzenbewuchs die am
Boden empfangene (kurzwellige) Strahlung gewaltig. Auch die
nächtliche (langwellige) Ausstrahlung ist bei meist klarem Himmel
beträchtlich. Dennoch verbleibt insgesamt ein positiver
Strahlungssaldo, dessen Betrag etwa doppelt so hoch wie in
Mitteleuropa ist.

Wo bleibt nun diese Energie? Verdunstung findet in der Wüste infolge
Wassermangels nicht statt. Der Boden besteht aus Sand, Kies, Geröll
oder Fels - allesamt Materialien mit sehr schlechter Wärmeleitung -
kann also die Energie kaum aufnehmen. Nur durch die Erhöhung der
Lufttemperatur kann der Energieüberschuss abgeführt werden.

Dementsprechend sind in diesen Maitagen in der Sahara
Tageshöchsttemperaturen um 45 °C keine Seltenheit, wobei es
unmittelbar am Boden noch viel heißer ist. Als Beispiel sei die
Station IN GUEZZAM im Süden Algeriens unmittelbar an der Grenze zu
Niger (19°34' N, 05°46' E, 401 m Höhe) an der "Route Transsaharienne"
(von Algier nach Lagos) genannt. Nach Frühtemperaturen von ca. 30 °C
am 11. Mai erreicht das Quecksilber rasch die 40-°C-Marke, steigt
dann langsamer, erreicht den Höchstwert von 46,2 °C, um bis zum
Morgen erst gemächlich, nach Sonnenuntergang umso schneller
abzusinken.

Ein Meteogramm der Station IN GUEZZAM vom 8. bis 11. Mai 2016, also
eine Darstellung meteorologischer Größen an einem bestimmten Ort in
Abhängigkeit von der Zeit, finden Sie unten. Man beachte besonders
die fette rote Linie des Temperaturverlaufes. Interessant ist
außerdem die dünne violette Linie darunter, die den Verlauf des
Taupunktes charakterisiert. Die Luft ist so trocken, sass die
Taupunkttemperatur schließlich im Bereich des Gefrierpunktes liegt.
Übrigens war IN GUEZZAM am gestrigen Mittwoch mit seinen 46,2 °C der
heißeste Ort der Welt. Das ist überdurchschnittlich, liegt doch die
mittlere Tageshöchsttemperatur im Mai bei 41,0 °C.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.05.2016

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