Thema des Tages

16-11-2017 14:40

Hochdruck im Herbst

Derzeit erstreckt sich eine Hochdruckzone zwischen dem Nordatlantik
und Russland, die den größten Teil Zentraleuropas überdeckt.
Lediglich das nördliche Europa wird von atlantischen Tiefausläufern
überquert. Die "Hochdruckbrücke" bringt im Allgemeinen den mittleren
und südlichen Teilen Deutschlands Wetterberuhigung bzw.
Wetterbesserung, während es in Norddeutschland wegen der
durchziehenden Frontensysteme meist unbeständig bleibt. Wäre jetzt
Sommer, so hätten wir zumindest in Süddeutschland Sonnenschein pur
und müssten vielleicht sogar mit einer Hitzewelle rechnen.

Jedoch im Winterhalbjahr sind Hochdruckwetterlagen eher ambivalent.
Einerseits sorgt dabei die in Hochdruckgebieten absinkende und sich
"adiabatisch" erwärmende Luft prinzipiell durch Bewölkungsauflösung
für heiteres Wetter und sofern noch vergilbtes Laub an den Bäumen
ist, für einen "goldenen Herbst". Andererseits ist die
Strahlungsbilanz der Erdoberfläche wegen des tiefen Sonnenstandes und
der langen Nächte in unseren Breiten im Spätherbst deutlich negativ.
Dies hat zur Folge, dass eine unter Hochdruck stehende Luftmasse
allmählich auskühlt.

Da diese Abkühlung vom Erdboden ausgeht, bildet sich in den
Morgenstunden häufig eine ?Bodeninversion?, d.h. der vertikale
Temperaturverlauf kehrt sich um und die Lufttemperatur nimmt mit der
Höhe zu. Gleichzeitig erwärmt sich die absinkende Luftmasse, da sie
beim Absinken unter höheren Druck gerät und folglich komprimiert
wird. Dies führt innerhalb der "atmosphärischen Grundschicht", meist
in etwa 700 bis 1200 m Höhe, zu einer ?Absinkinversion? oder
zumindest zu einer ?Isothermie?, d.h. einem nur gering variierenden
oder gar konstanten vertikalen Temperaturverlauf.

Inversionen und Isothermien fungieren meist als "Sperrschichten" für
den vertikalen Luftaustausch. In der unteren Atmosphäre reichern sich
daher unterhalb von Inversionen "Kondensationskeime" (Aerosole) und
Wasserdampf an. Insbesondere bei klarem Himmel kann sich durch
nächtliche Ausstrahlung die Luft unter den Taupunkt abkühlen und es
erfolgt die Kondensation des Wasserdampfes. Somit bildet sich am
Boden Nebel, in der Höhe unterhalb der Absinkinversion entstehen
Schichtwolken ("Stratus") bzw. Hochnebel.

Wegen der geringeren Intensität der Sonnenstrahlung zur jetzigen
Jahreszeit lösen sich Nebel und Hochnebel im Tagesverlauf oftmals nur
zögernd oder auch gar nicht mehr auf. Dann kann vor allem in den
Niederungen tagelang trübes und feuchtkaltes Wetter herrschen.
Oberhalb der Inversion, in den Höhenlagen des Berglandes, ist es
dagegen relativ mild und sonnig bei klarer Luft und guter Fernsicht.
Übrigens ist die Prognose des Nebels und vor allem des Zeitpunktes
seiner Auflösung auch im Zeitalter von Supercomputern und
hochaufgelösten Wettervorhersagemodellen keine triviale Aufgabe und
so äußern sich die Forecaster in Formulierungen wie "?teils heiter,
teils neblig-trüb".

Besonders im Südwesten Deutschlands herrschten in den vergangenen
Nächten dank passender Strahlungsbedingungen vielerorts
?austauscharme Wetterlagen? mit Temperaturinversionen und vertikalen
Isothermien. Beispielsweise war es im Oberrheingraben (100 bis 160 m
ü. NN) am heutigen Donnerstag früh (16.11.2017) mit 0 °C bis 1 °C
etwas kälter als auf dem Feldberg im Schwarzwald (1490 m ü. NN) mit 2
°C bis 3 °C. Während im Rheintal verbreitet Dunst oder Nebel mit
Sichtweiten von z.T. unter 100 m anzutreffen waren, hatte man auf dem
Feldberg im Schwarzwald bei klarem Himmel bis zu 70 km Fernsicht.

Eine graphische Darstellung des vertikalen Temperaturverlaufes am
16.11.2017 frühmorgens für die in der Region gelegene Wetterstation
Bale-Mulehose (Frankreich), eingetragen in ein "thermodynamisches
Diagramm" und um die Windvektoren in verschiedenen Höhen ergänzt,
finden Sie in der unten stehenden Abbildung. Die Registrierung
erfolgte durch ein Flugzeug, das etwa um 05:28 Uhr UTC vom
Euro-Airport Basel-Mulhouse-Freiburg (knapp 270 m ü. NN) startete.
Bis etwa 700 m Höhe über dem Platz kühlt sich die atmosphärische
Grundschicht leicht ab bzw. bleibt isotherm bei -2 °C bis -4 °C,
bevor die Temperatur bis ca. 1500 m über Grund auf +4 °C ansteigt.
Der vertikal zunehmende Wind dreht mit der Höhe von östlichen auf
nördliche Richtungen.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.11.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst