DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-11-2017 09:00
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.11.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu Wz bis NWz

Ab Freitag merklich auffrischender, meist westlicher Wind. An der See und im
Bergland zunehmend stürmische Böen oder Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen.
Ab der Nacht zum Samstag im Süden Dauerregen, in Staulagen (Schwarzwald und
Allgäu) mit Unwetterpotential. Ganz im Norden kurze Gewitter, teilweise mit
Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... beginnt sich die Wetterlage in Richtung GWL Nordwest zyklonal
umzustellen. Die Frontalzone über dem Nordatlantik breitet sich über die Nordsee
nach Südskandinavien aus, wodurch der Höhenrücken mit seiner Achse südostwärts
nach Deutschland hineingedrückt wird. Damit wird der Weg frei für ein
okkludierendes Frontensystem, das im Tagesverlauf den Nordwesten Deutschlands
erfasst. Es bringt dort neben einer Gradientverschärfung und auffrischenden
Südwest- bis Westwind leichte Regenfälle.

Von der Nordsee bis zur schleswig-holsteinischen Ostseeküste und später auch
exponiert an der Ostsee sind Windböen zu erwarten. Insgesamt schwächt sich der
Tiefausläufer aber ab, zugunsten einer nachfolgenden Entwicklung und aufgrund
der Tatsache, dass er in den hohen Druck hineinläuft.

Ansonsten hält sich überwiegend antizyklonaler Einfluss unter der nach Süden
vorankommenden Hochdruckbrücke. Es bleibt meist stark bewölkt oder neblig-trüb
mit höchstens geringen Regenfällen. In weiten Landesteilen steht damit ein
weiterer trüb-grauer Novembertag an mit Maxima zwischen 7 und 11 Grad.
Auflockerungen sind vor allem im Westen und Norden vorübergehend vor Ankunft der
frontalen Bewölkung bei besserer Durchmischung zu erwarten sowie am Alpenrand.
Der Einfluss des Höhentiefs wird nach Süden aus dem Vorhersagebereich
herausgedrängt.

In der Nacht zum Freitag wird der Höhenrücken endgültig zu den Alpen abgedrängt
und wir geraten in den divergenten Ausgangsbereich der Frontalzone, wobei der
Jet in 300 hPa über die Britischen Inseln Richtung Südosten weist. Die erste
Okklusion kommt bis zur Landesmitte nach Südosten voran, die nächste Welle
nähert sich über die Britischen Inseln. Entsprechend breiten sich auf weite
Landesteile, mit Ausnahme des Südostens und Südens, zeitweilige Regenfälle aus,
Schnee ist dabei kein Thema.

Der Gradient fächert im Norden postfrontal nur kurzzeitig etwas auf, bald zieht
er wieder an und der Wind frischt auf, so dass an der Nordsee exponiert auch
stürmische Böen auftreten können, vor allem ausgangs der Nacht. Auf in
Gipfellagen der Mittelgebirge sind starke bis stürmische Böen möglich, auf dem
Brocken (schwere) Sturmböen. Auflockerungen gibt es nur postfrontal im
Nordwesten und im Süden. Im Süden ist dabei stellenweise Nebel möglich und Frost
beschränkt sich auf einige Kamm- und Gipfellagen.


Freitag... liegen wir im divergenten Ausgangsbereich der Nordwest-Südost
exponierten Frontalzone über Nordwesteuropa. Teile der Warmluft einer Welle über
GB werden in eine Zyklogenese über Südskandinavien gesaugt, so dass die
thermischen Felder eine Okklusion nahelegen, die dann auch in den TKBs für
Freitag in Form eines okkludierenden Frontensystems erscheint, das von NW auf
Deutschland übergreift. Der Gradient über Deutschland verschärft sich in diesem
Zusammenhang noch einmal deutlich.
Dabei gelangt milde Meeresluft in die Mitte und den Süden, in der die
Schneefallgrenze meist über die Gipfellagen der Mittelgebirge ansteigt, während
postfrontal die Zufuhr von polarer Meereskaltluft einsetzt. Im Südosten steigt
die Schneefallgrenze allerdings nur zögernd über 1000m, weshalb dort in
Gipfellagen mit etwas Neuschnee gerechnet werden muss.

Dabei fällt zunächst gebietsweise Regen, resultierend aus der Okklusion und dem
neuen Frontensystem, der auch den äußersten Südosten erfasst, postfrontal
lockert es von Benelux und der Nordsee her wieder auf. Es treten dann bei auf
700 bis 800m sinkender Schneefallgrenze im Norden einzelne Schauer auf. Mit
Ankunft der höhenkältesten Luft (T500 -34/-35 Grad) sind abends im Norden
Schleswig-Holsteins kurze Gewitter zu erwarten.

Der Wind nimmt weiter zu, vor allem mit Frontpassage sind auch in tiefen Lagen
starke Böen Bft 7 aus Südwest bis West zu erwarten, vor allem an der See und im
Bergland kommt es zu stürmischen Böen, exponiert zu Sturmböen, vereinzelt
schwere Sturmböen, auf dem Brocken sind orkanartige Böen möglich.

In der Nacht zum Samstag zieht sich der frontale Niederschlag in den Süden
zurück, wie weit ist aber noch offen, da die Modellergebnisse nun stärker
auseinanderlaufen. Die Schneefallgrenze liegt an den Alpen mehr oder weniger
deutlich oberhalb von 1000m. Sonst gibt es einzelne, im Norden häufigere Schauer
und kurze Gewitter mit stürmischen Böen oder Sturmböen. Die Front gerät über dem
Süden ins Schleifen und geht in die Warmfront einer nächsten Welle über, die via
Südengland ostsüdostwärts zieht und Samstagfrüh in der sehr schnellen ICON
Lösung Benelux erreicht. In dieser Welle sind die Reste des tropischen Sturms
"Rina" enthalten, was vielleicht die Modellunsicherheiten erklärt. Kräftige
Warmluftadvektion lässt im Laufe der Nacht im Südwesten und Westen verstärkt
Regen aufkommen, der in Staulagen Dauerregenpotential besitzt. Der Wind in
tiefen Lagen flaut ab, im Bergland und an der See sind weiterhin stürmische Böen
oder Sturmböen zu erwarten, exponierte Bergen mit schweren Sturmböen aus Südwest
bis West, wobei der Wind vor Ankunft der Welle vorübergehend auf Süd
zurückdreht, aber nur vorübergehend nachlässt.


Samstag... verlagert sich ein Kurzwellentrog über die Nordsee hinweg südostwärts
nach Mitteleuropa. Die frontale Welle im Bodenfeld zieht nach ICON-EU als flache
und offene Warmfrontwelle bis zum Abend über die Mitte Deutschlands in den Süden
Polens. Somit breiten sich die kräftigen Regenfälle über die Mitte und dem Süden
ostwärts aus, wobei vor allem im Weststau des Schwarzwaldes, vielleicht auch im
Allgäu ziemlich sicher die Warnschwellen für Dauerregen "gerissen" werden
sollten (ICON-EU simuliert sogar über 40 mm in 12 Stunden im Südschwarzwald,
also Unwettermengen). Der Norden und Osten Deutschlands gelangen wieder
zunehmend in den Einflussbereich höhenkalter und labil geschichteter Luftmassen
(-30 bis -35 Grad in 500 hPa, um -4 Grad in 850 hPa), wobei sich bis in die
mittleren Landesteile im Tagesverlauf Schauer und Graupelgewitter entwickeln
können. In den Mittelgebirgen dominiert ab etwa 600 bis 800 m (bei kräftigeren
Schauern auch tiefer) die feste Phase, wobei die Neuschneemengen allgemein eher
gering ausfallen.

Der Wind weht weiterhin lebhaft aus westlichen Richtungen mit starken bis
stürmischen Böen an den Küsten und in Schauer- bzw. Gewitternähe. Auf
exponierten Berggipfeln kann es Sturmböen geben. Südlich der Welle frischt der
Wind deutlicher auf mit starken bis stürmischen Böen aus Südwest bis West, im
Alpenvorland sind auch vereinzelt Sturmböen nicht ausgeschlossen. Im Bergland
sind schwere Sturmböen, exponiert orkanartige Böen wahrscheinlich. Nördlich der
Welle ist die Windentwicklung deutlich verhaltener und abseits der Konvektion
gibt es in tiefen Lagen nichts Warnwürdiges.

Seitens der Zugbahn der Welle sind sich ICON und IFS halbwegs einig, IFS
simuliert aber langsamer. Nur GFS hat noch eine deutlich nach Norden verschobene
Bahn der Welle im Programm und entwickelt diese auch stärker. Während im ICON
schon 12-stündig am Samstag Unwettermengen auftauchen, sind in den anderen
Modellen in diesem Zeitraum kaum mal warnwürdige Mengen auszumachen. Allerdings
lässt IFS am Sonntag eine weitere Welle über dem Süden folgen, so dass sich dann
akkumuliert über 48h im Süden große Niederschlagsmengen ergeben, die im
Schwarzwald und Allgäu auch die Unwetterschwellen übertreffen können. Auch die
letzten Ensemblerechnungen simulieren dort bis in den Unwetterbereich.

In der Nacht zum Sonntag zieht der kurzwellige Randtrog nach Osten ab, er wird
von einem flachen Rücken gefolgt, der für eine gewisse Wetterberuhigung sorgt.
Auch die Welle verlässt uns wieder Richtung Weißrussland und rückseitig dringt
die polare Meeresluft bis zu den Alpen vor. Entsprechend ziehen sich auch die
Niederschläge in den Süden zurück, wobei die Schneefallgrenze auch im äußersten
Süden unter 1000m sinkt. Trotz des überlagerten (flachen) Rückens bleibt die
Schichtung vor allem im Norden instabil mit Schauern und kurzen Gewittern. Sonst
gibt es nur einzelne Schauer, die im Mittelgebirgsraum bis etwa 500m in die
feste Phase übergehen, aber kaum nennenswerte Neuschneemengen bringen. Nach
Abzug der Welle flaut der Wind in tiefen Lagen überall deutlich ab, nur an der
See und im Bergland bleibt es windiger. Vor allem im mittleren und höheren
Bergland kann es glatt werden durch geringe Niederschläge oder gefrierende
Nässe.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle divergieren ab Samstag mit Passage der Welle. Das hat Auswirkungen
auf das simulierte Windfeld (Sturmböen im Süden?) und natürlich auf die
Niederschläge. GFS simuliert möglicherweise zu weit nördlich und die Lösungen
von IFS und ICON sind wahrscheinlicher, auch wenn dann immer noch
Timingunterschiede bleiben. Vorab lässt sich da nicht viel klären, es können
aber auch ein paar Modellläufe abgewartet werden. Trotz aller Unterschiede
scheint eine Dauerregenlage in Teilen des Südens wahrscheinlich, im Allgäu und
im Schwarzwald dürfte es auch zu unwetterartigen Niederschlagsmengen reichen.
Hinweise sind sowohl deterministisch (ICON, IFS), als auch probabilistisch (vor
allem in Cosmo Leps) vorhanden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner