DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-10-2017 21:00
SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 24.10.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Norden und Osten leicht unbeständig und zeitweise windig, vor allem Mittwoch
an der Küste vereinzelte stürmische Böen, auf dem Brocken Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein umfangreicher Höhenrücken von der Iberischen
Halbinsel bis nach Mitteleuropa, während ein markantes Höhentief Griechenland
bzw. das Ionische Meer erreicht hat. Im Laufe der Nacht verlagert sich die Achse
des Rückens allmählich über Deutschland hinweg ostwärts, dahinter stellt sich
eine recht glatte, vor allem über Süddeutschland aber noch antizyklonal
konturierte westliche Höhenströmung ein, innerhalb derer ein flacher
Kurzwellentrog morgens die mittlere Nordsee erreicht.
Vor allem über dem Norden und Osten Deutschlands wird der Höhenrücken von
markanter WLA überlaufen. Entsprechend werden diese Regionen im Bodenfeld vom
inzwischen okkludierten Frontensystem eines umfangreichen Tiefdruckgebietes
südlich von Island überquert. Von Westen nähert sich eine weitere Warmfront und
läuft in die Okklusion, wodurch sich die Wetteraktivität der Warmfront noch
etwas verstärkt. Die Kaltfront kommt - strömungsparallel eingebettet in die
westliche Höhenströmung - zunächst mangels Schubkomponente kaum nach Süden voran
und befindet sich in den Frühstunden in etwa über der mittleren Nordsee.
Die aktuell auf den Nordwesten übergegriffenen Regenfälle weiten sich somit im
Laufe der Nacht weiter nach Osten aus und intensivieren sich mit Durchzug der
Warmfront etwas, lassen später von Westen her aber wieder nach. Gebietsweise
werden im Norden (GFS im nördlichen Niedersachsen) bzw. im Osten (ICON_EU von 12
UTC im Raum Berlin) mehr als 10 bzw. 15 mm in 6 bzw. 12 Stunden simuliert, die
Warnschwellen für Stark- oder Dauerregen werden aber wohl nicht erreicht.
Mit Durchzug der Warmfront hat sich der Druckgradient ein wenig verschärft. Vor
allem im Vorfeld bzw. mit Durchzug der Warmfront kann es im Küstenbereich
vorübergehend einzelne steife Böen (Bft 7) geben, auf dem Brocken stürmische
Böen oder Sturmböen. Vorübergehend nimmt der Wind zwar von Westen her wieder ab,
mit Annäherung der Kaltfront legt er aber im Nordseeumfeld morgens wieder zu.
COSMO-DE-EPS und ECMWF geben zum 06 UTC-Termin für exponierte Küstenlagen sogar
Signale für stürmische Böen (Bft 8).
In den mittleren Landesteilen und vor allem im Süden bleibt es überwiegend
trocken, allerdings greifen die Wolkenfelder weit nach Süden aus, so dass es
wohl nur im äußersten Südwesten bzw. Richtung Alpen aufgelockert bewölkt bleibt.
Dort kann sich vereinzelt Nebel bilden. Ansonsten gibt es höchstens in einigen
Mittelgebirgskammlagen Sichteinschränkungen durch aufliegende Wolken. Die Nacht
verläuft unter den dichten Wolken mild, im Norden auch sehr mild. Lediglich im
äußersten Süden sinken die Temperaturen gebietsweise auf unter 5 Grad.

Mittwoch ... verlagert sich die Höhenrückenachse rasch weiter ostwärts, ebenso
wie der Kurzwellentrog über der Nordsee, der sich bereits am Abend über der
mittleren bzw. südöstlichen Ostsee befindet. Dabei kann er sich aufgrund
kräftiger vorderseitiger WLA bzw. rückseitiger KLA noch etwas intensivieren. Die
Höhenströmung dreht rückseitig auf West bis Nordwest, wodurch die Kaltfront über
der Nordsee nun vorübergehend etwas schneller nach Süden vorankommt und auch auf
den Norden des Vorhersagegebietes übergreift. Bis zum Abend erreicht sie etwa
eine Linie Westmünsterland - Berlin - Frankfurt/Oder.
Mit der rückseitig sich verstärkenden KLA verliert sie an Wetterwirksamkeit, so
dass es mit Frontpassage nur noch für leichte schauerartige Regenfälle reicht
und auch rückseitig mangels Labilität höchstens nur noch für ganz vereinzelte
kurze Schauer. COSMO-DE hat von Lauf zu Lauf leicht unterschiedlich verteilt mit
Kaltfrontpassage auch mal das ein oder andere Gewitter in petto, allerdings wird
kaum Cape simuliert, so dass die Wahrscheinlichkeit dafür wohl als nur sehr
gering einzustufen ist.
Mit Annäherung bzw. Passage der Front verschärft sich allerdings der
Druckgradient vorübergehend und der Wind frischt im Norden und Nordosten aus
Südwest bis West auf. Zunächst an der Nordsee, später auch an der Ostsee gibt es
recht verbreitet Böen Bft 7, vor allem ECMWF und COSMO-DE simulieren auch
häufiger mal eine Bft 8. Auch im küstennahen Binnenland kann es steife Böen
geben, wie weit landeinwärts, ist noch unklar. Vor allem ECMWF simuliert bis
nach NRW, Nordhessen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg recht verbreitet BFT 7. In
den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss mit einzelnen stürmischen Böen,
auf dem Brocken bzw. dem Fichtelberg mit Sturmböen gerechnet werden.
Bereits im Tagesverlauf fächert der Gradient von Südwesten her wieder auf und
der Wind nimmt von Westen her wieder ab. Abends reicht es wohl nur noch in
Vorpommern und auf einigen Gipfeln für warnrelevante Böen.
Die Südhälfte verbleibt unter schwachem Hochdruckeinfluss, der sich
trogrückseitig durch das großräumige Absinken sogar noch etwas verstärkt. Dort
lockern die Wolken im Tagesverlauf häufiger auf, vor allem südlich der Donau
scheint länger die Sonne.
Im Warmsektor gelangt sehr milde Luft subtropischen Ursprungs ins
Vorhersagegebiet, im Süden steigen die Temperaturen in 850 hPa auf 8 bis 13
Grad. Postfrontal folgt subpolare Meeresluft mit etwa 5 Grad in 850 hPa. Somit
steht ein milder Tag ins Haus. Die Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen
13 und 19 Grad, mit Sonne im Süden können auch warme 19 bis 22 Grad erreicht
werden.

In der Nacht zum Donnerstag verbleiben wir unterhalb der recht glatt
konturierten westnordwestlichen Höhenströmung, die sich noch ein klein wenig
weiter aufsteilt, da sich der südwesteuropäische Höhenrücken knapp westlich der
Britischen Inseln ein wenig nach Norden ausweitet. Nennenswerte
synoptisch-skalige Hebungsprozesse sind so gut wie keine auszumachen - eher im
Gegenteil, vor allem in der ersten Nachthälfte dominiert schwaches Absinken, ehe
später wieder leichte WLA einsetzt.
Somit schwächt sich auch die langgestreckte Kaltfront ab, die in etwa über der
Mitte Deutschlands quasistationär wird bzw. dann übergeht in die Warmfront eines
Tiefs nördlich der Azoren. Vor allem in den Staulagen der nördlichen
Mittelgebirge werden noch leichte Niederschläge (maximal wenige mm in 12
Stunden, ECMWF von 00 UTC bis 8 mm im Harz), sonst bleibt es überwiegend
trocken.
Der Gradient fächert weiter auf, lediglich an der vorpommerschen Ostseeküste
kann es anfangs noch einzelne Böen Bft 7 geben, auf dem Brockenplateau eventuell
auch noch Bft 8. Ansonsten spielt der Wind warntechnisch keine Rolle mehr.
Im Süden bleibt es aufgelockert, entlang und südlich der Donau teils gering
bewölkt, so dass sich vor allem dort Nebel bilden kann. Im Frontbereich halten
sich über der Mitte dichtere Wolken, postfrontal lockern die Wolken im Norden
auf. Dort ist die Luftmasse allerdings etwas trockener, so dass sich dort wohl
nur höchstens ganz vereinzelt für Nebel reicht.

Donnerstag ... ändert sich an der Gesamtkonstellation nur wenig. Deutschland
verbleibt an der Nordostflanke des umfangreichen südwesteuropäischen
Höhenrückens unterhalb einer recht glatten westnordwestlichen Höhenströmung, die
sich noch minimal aufsteilt, da sich der Höhenrücken westlich der Britischen
Inseln ein wenig nordwärts aufwölbt. Weiter nördlich formiert sich derweil ein
zonal ausgerichteter Höhentrog mit Drehzentrum über Südfinnland, dessen Achse
sich abends vom mittleren Skandinavien über die Norwegische See bis ins
Seegebiet südlich von Island erstreckt.
Im Bodenfeld dominiert im Süden und Südwesten Deutschlands nach wie vor
Hochdruckeinfluss, während der langgestreckte Frontenzug über der Mitte des
Landes quasistationär bleibt bzw. sich über der Westhälfte sogar ein wenig
nordwärts verlagert. Nördlich davon bleibt es bei einer relativ
gradientschwachen westnordwestlichen Bodenströmung, so dass der Wind
warntechnisch höchstens noch auf Rügen (Bft 7) bzw. auf dem Brocken (Bft 7 bis
8) eine Rolle spielt. Nach wie vor sind kaum synoptisch-skalige Hebungsantriebe
auszumachen, so dass es auch im unmittelbaren Frontbereich kaum nennenswerte
Niederschläge gibt, lediglich in einigen Staulagen wird knapp 1 mm simuliert.
Während es in der Mitte des Landes überwiegend stark bewölkt bleibt, lockern die
Wolken postfrontal im Norden zeitweise stärker auf, präfrontal scheint im Süden
sogar recht häufig die Sonne. Vor allem im Donauraum kann sich aber zäher Nebel
halten.
Insgesamt bleibt es mild, auch postfrontal sinken die Temperaturen in 850 hPa
lediglich auf etwa 5 Grad oder knapp darunter. Präfrontal bewegen sie sich
dagegen bei sehr milden 8 bis 12 Grad. Entsprechend liegen die Höchstwerte
zwischen 13 und 18 Grad, im Süden werden mit viel Sonne auch warme 18 bis 21
Grad erreicht. Sollte sich der Nebel aber gebietsweise länger halten, bleibt es
dort kühler.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der Trog mit Drehzentrum über dem
Finnischen Meerbusen allmählich südwärts, dessen Achse erstreckt sich morgens
von Südskandinavien über die nördliche Nordsee bis nach Schottland. Dadurch
verschärft sich die nordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
allmählich und aufgrund von PVA wird auch etwas mehr Hebung simuliert.
Im Bodenfeld führen diese Hebungsprozesse zu einer leichten Aktivierung der nach
wie vor quasistationären Front über der "nördlichen Mitte" des Landes. Vor allem
im Laufe der zweiten Nachthälfte sollen sich die Niederschläge nach Lesart der
meisten vorliegenden Modelle ein wenig intensivieren, wobei nach wie vor meist
weniger als 5 mm in sechs Stunden simuliert werden. Trogvorderseitig verstärkt
sich ein vom Baltikum bis nach Südschweden reichender Bodentrog und kommt
allmählich nach Süden voran, morgens erreicht er die südliche Ostsee. Mit der
dadurch hervorgerufenen Gradientverschärfung frischt der West- bis Nordwestwind
vor allem im Küstenbereich wieder auf, ob es für warnrelevante Böen reicht, ist
aber noch unsicher. Vor allem ECMWF von 00 UTC simuliert dort Böen Bft 7,
vereinzelt sogar 8, ebenso in einigen Gipfellagen.
Die Südhälfte verbleibt dagegen weiterhin im präfrontalen Bereich, dort kann
sich gebietsweise wieder dichter Nebel bilden.

Freitag ... kommt der Trog weiter nach Süden voran, nachmittags greift dessen
Achse auf Norddeutschland über. Dahinter dreht die Höhenströmung auf nördliche
Richtungen und auch niedertroposphärisch gelangt ein Schwall polarer Meeresluft
zumindest erst einmal in die Nordhälfte und in die mittleren Landesteile (um 0
Grad in 850 hPa). Trogvorderseitig wird im diffluent konturierten Höhenfeld
aufgrund von PVA recht markante Hebung generiert, die zwar durch KLA wiederum
etwas abgeschwächt wird, dennoch zu einer (im aktuellen Lauf des ICON-EU sogar
recht deutlichen) Intensivierung der frontalen Niederschläge führt.
Die Kaltfront kommt dadurch schneller nach Süden voran und erreicht bis zum
Abend in etwa die Mosel und den Main. Dabei simuliert der aktuelle ICON-EU-Lauf
vor allem in Nordbaden, Franken und der Oberpfalz vielerorts mehr als 10 mm in
12 Stunden, gebietsweise auch mehr als 15 mm (Nordschwarzwald, Fichtelgebirge).
ECMWF von 00 UTC lässt die Kaltfront vor allem im Ostteil etwas schneller nach
Süden vorankommen und simuliert generell geringere Mengen. Auch nach GFS von 12
UTC kommt die Kaltfront schneller südwärts voran und erreicht nachmittags die
Alpen, wobei dort in Stau bis über 20 mm in 3 bis 6 Stunden simuliert werden
(womit das Warnkriterium für Starkregen erfüllt wäre). Die Niederschläge dürften
meist als schauerartig verstärkter Regen fallen, dabei ist ein kurzes Gewitter
wohl nicht komplett ausgeschlossen.
Postfrontal gelangt vor allem in den Nordosten vorübergehend eine höhenkalte und
somit labil geschichtete Luftmasse (bis -26 Grad in 500 hPa, um 0 Grad in 850
hPa), in der sich einzelne Schauer entwickeln, erneut sind kurze Graupelgewitter
mit Böen Bft 7 bis 8 nicht ganz von der Hand zu weisen.
Mit der frontalen Intensivierung geht auch eine leichte Gradientzunahme einher,
so dass der Wind aus West bzw. postfrontal aus Nordwest auffrischt. Der
schärfste Gradient ist dabei wohl im Nordosten auszumachen, wo es etwas weiter
ins Binnenland reichend einzelne Böen Bft 7 geben kann. Ansonsten sind wohl nur
die Küstenregionen - hauptsächlich Ostsee - betroffen, wo vereinzelt auch mit
stürmischen Böen gerechnet werden muss. In den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge und zunehmend auch der Alpen gibt es stürmische Böen, auf
exponierten Gipfeln Sturm-, vereinzelt schwere Sturmböen. Erneut simuliert ECMWF
eine etwas markantere Windentwicklung und auch GFS simuliert die steifen Böen
noch weiter ins Binnenland reichend, dazu noch einen recht markanten
Kaltfrontdurchgang über der Südhälfte Bayerns mit Böen, die kurzzeitig sogar
Sturmstärke (Bft 9) im östlichen Alpenvorland erreichen.
Insgesamt macht sich die Sonne rar, am ehesten lockern die Wolken postfrontal im
Nordwesten bzw. an der Ostsee auf, auch präfrontal kann sich südlich der Donau
nochmal kurz die Sonne zeigen. Die Höchstwerte liegen meist zwischen 11 und 15
Grad, im Süden und äußersten Südwesten können vor Eintreffen der Kaltfront
nochmals Werte bis 17 Grad erreicht werden.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristzeitraum. Erst am Freitag vergrößern sich die Differenzen aufgrund der
unterschiedlich rasch simulierten Frontpassage ein wenig, in erster Linie bzgl.
der Niederschläge.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff