Thema des Tages

21-10-2017 14:40

Südsommer

Während sich Meeresluftmassen, die in den mittleren Breiten auf
beiden Hemisphären der Erde mit der Westwinddrift ostwärts verlagert
werden, stets mäßigend auf das Temperaturregime einer Landschaft
auswirken, treten die höchsten Temperaturen auf unserem Planeten
stets in wetterberuhigten Arealen auf. Das sind insbesondere die
Wüstenlandschaften, die man im Bereich der subtropischen
Hochdruckgürtel in geographischen Breiten um 25 Grad Nord und Süd
findet ("Wendekreiswüsten"). Auf dem australischen Kontinent zählen
dazu u.a. die Regionen Kimberley und Pilbara im Norden des
Bundesstaates Westaustralien, wo Wüsten und Halbwüsten vorherrschen.


Diese Gegenden sind z.T. unbewohnbar und werden gemeinhin "Outback"
genannt. Generell herrscht dort am Tage bei hoch stehender Sonne
vorwiegend wolkenarmes Wetter, daher ist bei geringem Pflanzenbewuchs
die am Boden empfangene (kurzwellige) Strahlung gewaltig. Auch die
nächtliche (langwellige) Ausstrahlung ist bei meist klarem Himmel
beträchtlich. Dennoch verbleibt insgesamt ein positiver
Strahlungssaldo, dessen Betrag etwa doppelt so hoch wie in
Mitteleuropa ist.

Wo bleibt nun die zugeführte Strahlungsenergie? Verdunstung findet in
der Wüste und Halbwüste mangels Wasser nicht statt und die wenigen
Flüsse in den Savannen führen gegen Ende der Trockenzeit wenig oder
gar kein Wasser. Der Boden besteht aus Sand, Kies, trockenem Lehm
oder Ton - allesamt Materialien mit schlechter Wärmeleitung - und
nimmt also kaum Energie auf. Nur durch die Erhöhung der
Lufttemperatur kann der Wärmeüberschuss abgeführt werden. Dem sei
hinzugefügt, dass offenbar auch der relativ nahe gelegene Indische
Ozean mit Meeresoberflächentemperaturen um 28 °C kaum etwas zur
Mäßigung des Temperaturregimes beiträgt.

Folglich sind in diesen Frühsommertagen im nördlichen Westaustralien
Lufttemperaturen von über 40 °C keine Seltenheit, wodurch die Region
derzeit die heißeste Gegend der Erde ist. Beispielsweise registrierte
man innerhalb von 24 Stunden bis zum gestrigen Freitag, den
20.10.2017, 13:00 Uhr UTC, am Flughafen von Port Hedland (am
Indischen Ozean; 20°18'S, 118°36'E; 6 m Höhe ü. d. M.) 44,0 °C und an
der Mandora Station (19°45'S, 120°51'E; 8 m Höhe), einer riesigen
Rinderfarm unweit der Küste des Indischen Ozeans, sogar 44,3 °C.
Spitzenreiter in der Statistik war jedoch der Flugplatz von Fitzroy
Crossing (Kimberley; 18°12'S, 125°34'E, 114 m Höhe) mit einem
Temperaturmaximum von 44,6 °C!

Diese eindrucksvollen Werte liegen zwar deutlich über den
langjährigen mittleren Temperaturmaxima von 35,0 bis 40,0 °C für den
Monat Oktober an o.g. Stationen, Rekorde wurden allerdings gestern
nicht gebrochen. Jedoch fiel durch eine am 19.10.2017 beobachtete
Tageshöchsttemperatur von 44,5 °C der 15 Jahre alte Temperaturrekord
an der Station West Roebuck (Kimberley; 17°53'S, 122°19'E, 32 m) von
bisher 44,1 °C (registriert am 19.10.2002, Klimadaten laut
http://www.weatherzone.com.au).

Unten finden Sie ein im infraroten Spektralbereich bei 10,8 µm durch
den japanischen Wettersatelliten HIMAWARI 9 aufgenommenes
Satellitenbild vom 20.10.2017, 06:00 Uhr UTC (entspricht 14:00 Uhr
Ortszeit). Im größten Teil Australiens war es sonnig, über der
Korallensee im Nordosten dagegen zeigten sich die Reste eines
tropischen Tiefdruckgebietes, welches am Donnerstag und Freitag vor
allem an der Ostküste des Bundesstaates Queensland teils ergiebige
Regenfälle verursachte. Weiterhin liegen über dem Osten und Südosten
des Kontinents noch die Wolkenfelder der Kaltfront einer
?außertropischen? Zyklone, die mit der Westwinddrift der südlichen
Breiten durchzog und staubedingt besonders in den südlichen
Australischen Alpen verbreitet Dauerregen brachte.

Im Satellitenbild sind auf ganze [°C] gerundete ?aktuelle?
Temperaturen bzw. deren Isolinien eingetragen: Während am
Freitagnachmittag im südlichen und südöstlichen Küstenumfeld
Australiens nur Werte um 20 °C auftraten und die Kaltfrontpassage ?
nomen est omen ? mit einer merklichen Abkühlung in den südöstlichen
Bundesstaaten Victoria und Neusüdwales einher ging, wurde es nach
Norden und Nordosten hin immer heißer. Verbreitet mehr als 40 °C
herrschten dabei am Donnerstag und auch am Freitag im ?südlichen
Hitze-Pol? (West-)Australiens, in den Kimberleys. (Man beachte die
jeweils fett dargestellte gelbe 20-°C-, rote 30-°C- bzw. dunkelrote
40-°C-Isotherme!) Allerdings findet auch diese ?frühsommerliche
Hitzewelle? durch die Advektion etwas kühlerer Luft ihr Ende und es
stellen sich kurzfristig für die Jahreszeit normale Temperaturen um
35 °C ein.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 21.10.2017

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