DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-10-2017 09:00
SXEU31 DWAV 180800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 18.10.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWa, Übergang zu SWz
Zunächst ruhiges, zu Nebel neigendes Herbstwetter und nur im Norden leicht
unbeständig. Freitag im Westen und Nordwesten starke, in freien Lagen und auf
den Bergen stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland am Rande eines umfangreichen Höhenrückens
über Südwesteuropa unterhalb einer antizyklonal konturierten, südwestlichen, im
Norden westlichen Höhenströmung. Dabei erstreckt sich ein Ableger des Rückens
über Mitteleuropa und die Britischen Inseln hinweg bis ins Europäische Nordmeer
und kommt - gestützt durch kräftige WLA vorderseitig eines Langwellentroges über
dem nahen Ostatlantik - allmählich nach Osten voran. Bis Donnerstag, 00 UTC
tropft der Ostatlantiktrog über der Iberischen Halbinsel ab.
Auch im Bodenfeld erstreckt sich eine flache Hochdruckzone von Südost- über
Mitteleuropa und die Nordsee hinweg bis zum Nordmeer. Flankiert wird diese von
teilweise mehrkernigen Tiefdruckkomplexen über Nordwestrussland und südlich von
Island. Über dem nördlichen Mitteleuropa weist die Hochdruckbrücke eine
Schwachstelle in Form einer flachen Tiefdruckrinne auf, die sich über
Südskandinavien und die mittlere Nordsee bzw. England hinweg bis zum Seegebiet
westlich der Bretagne erstreckt. Darin eingelagert ist ein langgestrecktes
Frontensystem, das im Tagesverlauf aber kaum mehr nach Süden vorankommt, später
mit der mehr auf Südwest drehenden Höhenströmung sogar wieder eine retrograde
Verlagerungstendenz aufweist und auch den Norden des Vorhersagegebietes
beeinflusst.
Insgesamt ist im Frontbereich aufgrund des antizyklonalen Einflusses kaum
synoptisch-skalige Hebung auszumachen und somit beschränkt sich deren
Wetterwirksamkeit überwiegend auf dichtere mehrschichtige Bewölkung, die über
den äußersten Norden und Nordwesten des Landes hinwegzieht. Vor allem in
Nordfriesland reicht es eventuell auch für ein paar Regentropfen.
Ansonsten ist der Witterungsverlauf antizyklonal und aufgrund des schwachen
Gradienten und der fortgeschrittenen Jahreszeit somit im Wesentlichen
grenzschicht-geprägt. Bis auf den sich in der vergangenen Nacht wieder vielfach
ausgebreiteten dichten Nebel stehen somit keine Warnereignisse auf der Agenda.
Bis etwa um die Mittagszeit sollte sich der Nebel soweit gelichtet haben, dass
keine entsprechenden Warnungen mehr erforderlich sind. Bis zu dessen
vollständiger Auflösung kann allerdings vor allem im Süden des Landes noch etwas
Zeit vergehen, teilweise wird es sicherlich bis zum Nachmittag dauern. Sowohl
die probabilistischen (MOSMIX) als auch die deterministischen Modelle (vor allem
ICON-EU, abgeschwächt aber auch COSMO-DE und das polnische Modell) geben sogar
Hinweise darauf, dass sich der Nebel im unteren Donautal gebietsweise ganztägig
hält. Die Erfahrung der letzten Tage zeigt allerdings, dass die Modelle momentan
eher zu einer gegenüber der Realität eher verzögerten Nebelauflösung neigen.
Außerhalb der Nebelfelder steht aber in der Mitte und im Süden einem sonnigen
oder nur leicht bewölkten Tag (hohe Wolkenfelder) nichts entgegen. Von Südwesten
wird niedertroposphärisch sehr milde bzw. warme Luft herangeführt, die
Temperatur in 850 hPa bewegt sich zwischen 8 Grad ganz im Norden und 12 Grad in
der Südhälfte. Zwar kann sich die warme Luft bei Weitem nicht überall
durchsetzen, dennoch reicht es wohl wieder für Höchstwerte zwischen 14 und 17
Grad im bewölkten Norden und 17 bis 23 Grad sonst, in begünstigten Lagen
(südlicher Oberrheingraben, Erzgebirgsvorland, Saale) reicht es vielleicht
wieder für einen Sommertag, während dort, wo sich der Nebel länger hält, wohl
kaum 15 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag kommt der ostatlantische Höhentrog ein wenig nach
Osten voran und auch der vorgelagerte Höhenrücken verlagert sich etwas ostwärts.
Das Frontensystem, respektive die Warmfront über dem nördlichen Mitteleuropa und
der Nordsee wird mit der westsüdwestlichen Höhenströmung geringfügig nach Norden
gedrückt. Trogvorderseitig verstärken sich die WLA und somit auch die
Wetteraktivität entlang bzw. knapp südlich der Front. Im Nordseeumfeld und in
Schleswig-Holstein kann es im Laufe der Nacht etwas regnen, wobei aber kaum mehr
als wenige mm simuliert werden.
Ansonsten verläuft die Nacht typisch herbstlich, vor allem in der Mitte und im
Süden breitet sich in den Niederungen wieder vielerorts dichter Nebel aus, der
durchaus auch das Warnkriterium (< 150 m) erfüllt.

Donnerstag... verlagert sich das Cut-Off-Tief über der Iberischen Halbinsel zu
den Balearen. Der Ostatlantiktrog greift zu Tagesende auf Irland und den
Westausgang des Ärmelkanals über. Die Achse des vorgelagerten Höhenrückens kommt
ebenfalls nach Osten voran und befindet sich abends bereits über der Osthälfte
Deutschlands. Die Warmfront über der Nordsee und Dänemark verlagert sich noch
ein wenig nach Norden.
Vor allem in der ersten Tageshälfte führt WLA im äußersten Norden des Landes
noch zu leichten Niederschlägen, mit Abzug der Warmfront klingen diese am
Nachmittag aber ab. Auch die frontale Bewölkung wird etwas nach Norden
abgedrängt und beeinflusst am Nachmittag in erster Linie nur noch
Schleswig-Holstein, vielleicht noch die niedersächsische Nordsee- und die
vorpommersche Ostseeküste.
Ansonsten dominiert noch der Einfluss des sich allmählich abschwächenden
Hochdruckgebietes über Südosteuropa. Mit Trogannäherung setzt im Westen und
Norden des Landes leichter Druckfall ein, was zu einer Gradientverschärfung
führt. Diese reicht allerdings maximal für Böen Bft 7 in den Kamm- und
Gipfellagen einiger Mittelgebirge, so dass der Wind (noch) nicht auf der
Warnagenda steht. Positiv dürfte sich der zunehmende Gradient allerdings auf die
Nebelauflösung auswirken, die vor allem im Westen und in den mittleren
Landesteilen dadurch etwas schneller vonstattengehen dürfte. Länger dauert es
wiederum im Süden, respektive im Donauraum, wo MOSMIX wieder Signale für
beständigen Nebel gibt, ICON-EU und das polnische Modell lassen den Nebel bis
zum Nachmittag dagegen auch dort komplett verschwinden.
Ansonsten steht vor allem der Mitte und dem Süden wieder ein recht sonniger Tag
bevor, wobei aufgrund der WLA zeitweise hohe, vor allem im Westen eventuell auch
schon mittelhohe Wolkenfelder durchziehen können. Die Höchstwerte ändern sich
gegenüber dem Vortag nur geringfügig, aufgrund des etwas zunehmenden Gradienten
könnten die 24 oder 25 Grad am ehesten in den Leelagen der westlichen
Mittelgebirge erreicht werden.

In der Nacht zum Freitag nimmt der Westeuropatrog zunehmend kurzwellige Kontur
an und erreicht morgens bereits Nordwestfrankreich bzw. den Ostausgang des
Ärmelkanals. Der vorgelagerte Höhenrücken verlagert seine Achse ins westliche
Polen. Somit ist die südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
zunehmend zyklonal konturiert und vorderseitig des Troges setzt aufgrund von PVA
verstärkt Hebung ein, die ab den Frühstunden auch den Westen des Landes
beeinflusst.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront gegen das sich über Skandinavien allmählich
verstärkende Hochdruckgebiet nicht mehr nach Norden voran und löst sich mehr und
mehr auf, wird aber von Süden her aufgrund von WLA über Dänemark und der
südlichen Ostsee wieder ein wenig reaktiviert, so dass es in ihrem
Einflussbereich weiterhin zu Niederschlägen kommt, allerdings hauptsächlich
nördlich des Vorhersagegebietes. Somit richtet sich der Blick bzgl. des
frontalen Geschehens nach Westen. Dort bildet sich entlang einer langgestreckten
Okklusion ein Teiltief über den Britischen Inseln und kommt bis Freitagfrüh
unter leichter Vertiefung bis zur schottischen Nordseeküste voran. Die Kaltfront
greift morgens auf Benelux über. Im Vorfeld erreichen die schauerartigen
Niederschläge dann auch den Nordwesten und äußersten Westen des Landes. Dabei
gelangt allmählich etwas höhenkältere Luft (-18 Grad in 500 hPa, immer noch sehr
milde +8 Grad in 850 hPa) dorthin, die zu einer Labilisierung der Luftmasse
führt, so dass im Nordseeumfeld vor allem im unmittelbaren Vorfeld der Kaltfront
auch ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen ist. Die simulierten Regenmengen
(vom der Eifel bis nach Nordfriesland) betragen im Flächenmittel allerdings
meist weniger als 5 mm, nach ICON-EU nur am Niederrhein etwas mehr.
Mit Annäherung der Kaltfront verschärft sich der Druckgradient vor allem im
äußersten Westen und Nordwesten allmählich weiter und der Wind frischt aus
südlichen Richtungen auf. Über der offenen Nordsee, in den Kammlagen der
Mittelgebirge und eventuell auch schon in einigen begünstigten Leelagen im
äußersten Westen (Aachener Becken) kann es in den Frühstunden erste steife Böen
(Bft 7) geben.
Im Süden und Osten des Landes und auch in weiten Teilen der Mitte verläuft die
Nacht dagegen ähnlich wie die Vornächte. Verbreitet können sich bei locker
bewölktem oder klarem Himmel wieder Nebelfelder ausbreiten.

Freitag... verlagert sich der Kurzwellentrog über die südliche Nordsee hinweg
nordostwärts nach Dänemark bzw. Schleswig-Holstein. Vor allem an dessen
Südwestflanke wird vor allem aufgrund von PVA durchaus signifikante Hebung
simuliert, die in erster Linie die Nordhälfte des Landes tangiert. Nach Süden zu
fächert der Gradient auf und dort überwiegt weiterhin leicht antizyklonaler
Einfluss.
Im Bodenfeld greift die teilokkludierte Kaltfront auf den Nordwesten des Landes
über und kommt über der Nordhälfte rascher ostwärts voran als im Südwesten, wo
sie aufgrund des antizyklonalen Einflusses auch zunehmend an Wetterwirksamkeit
einbüßt. Somit weiten sich die schauerartigen Niederschläge über die Nordhälfte
und teilweise auch noch über die mittleren Landesteile hinweg ostnordostwärts
aus, nach ECMWF geringfügig weiter nach Süden und Osten reichend als nach ICON.
GFS simuliert eine vom ICON stärker abweichende Version, wonach der Trog weiter
nach Süden ausgreift und die Niederschläge hauptsächlich den Südwesten und
Westen des Landes betreffen. ECMWF ähnelt dagegen dem ICON, simuliert lediglich
das Bodentief etwas stärker, was eventuell Einfluss auf die Windentwicklung
haben könnte.
Wie auch immer - im Trogbereich verstärkt sich die Advektion höhenkalter und
somit labil geschichteter Luftmassen. Die Temperatur in 500 hPa sinkt (nach ICON
im Nordosten bzw. Norden, nach GFS im Südwesten) bis auf nahe -20 Grad, zudem
wird ML-Cape (etwa 100 bis 200 J/kg) simuliert, so dass es für einzelne Gewitter
reicht. In der subpolaren Luftmasse werden PPW-Werte von etwa 25 mm erreicht,
dabei ist allerdings von einer nicht allzu geringen Zuggeschwindigkeit
auszugehen, so dass sich die markanten Begleiterscheinungen der Gewitter wohl
weitgehend auf den Wind (aufgrund der recht markanten Scherung an organisierten
Strukturen durchaus bis in den Sturmbereich) und eher weniger auf Starkregen,
vielleicht noch eher auf Graupel bzw. kleinkörnigen Hagel beschränken.
Das Bodentief verlagert sich nach ICON allmählich zur nördlichen Nordsee und
füllt sich etwas auf, was nicht zuletzt einer markanten Sturmtiefentwicklung
westlich von Irland geschuldet ist, weswegen auch der Kurzwellentrog aufgrund
von WLA allmählich aufgefüllt wird. ECMWF hat das Tief etwas stärker und etwas
weiter südlich auf der Agenda, lässt es im Laufe des Nachmittags aber auch
relativ rasch abschwächen. Vor allem mit Kaltfrontpassage verschärft sich
dennoch der Gradient im Westen und Norden des Landes vorübergehend und er Wind
frischt auf. Somit reicht es bis in die mittleren Landesteile auch außerhalb der
Schauer für warnrelevante Böen (Bft 7), in freien Lagen auch für stürmische Böen
(Bft 8), auf exponierten Gipfeln (Brocken) eventuell vorübergehend auch für
Sturmböen (Bft 9) aus Süd, später Südwest. Bis zum Abend schwächt sich der Wind
aber wieder ab.
Im Süden und Osten des Landes dominiert dagegen weiterhin schwacher
antizyklonaler Einfluss, wobei sich die Nebelfelder aufgrund des stärkeren
Gradienten auch im Donauraum komplett auflösen sollten. Dort scheint zumindest
zeitweise die Sonne und es bleibt trocken. Präfrontal können dort noch einmal
Höchstwerte bis über 20 Grad (örtlich vielleicht 24 Grad) erreicht werden.
Postfrontal sinkt die Temperatur in 850 hPa im Einflussbereich der subpolaren
Meeresluft auf etwa 4 bis 7 Grad. Dort werden in der gut durchmischten Luftmasse
immer noch recht milde 14 bis 19 Grad erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bis einschließlich der Nacht zum Freitag zeigen alle vorliegenden Modelle eine
kaum voneinander abweichende Wetterentwicklung. Danach schlägt, wie im Text
beschrieben, das GFS etwas aus dem Rahmen. Auch das kanadische GEM lässt die
Niederschläge weiter nach Süden ausgreifen als ICON und ECMWF.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff