Thema des Tages

12-10-2017 14:40

"Ophelia", ein Hurrikan auf Abwegen.


Wenn man das Wort Hurrikan hört, denkt man eher an die Karibik oder
an die Ostküste Amerikas. Dass nun ein Hurrikan auf die Azoren zu
zieht, ist eher ungewöhnlich. Derzeit hat sich über dem mittleren
Atlantik ein tropischer Sturm zu einem Hurrikan mit Namen "Ophelia"
verstärkt. Hurrikans bewegen sich mit der Höhenströmung. In der
Passatwindzone, in der sich Hurrikans im Spätsommer oder Herbst
häufiger bilden, herrscht in der Höhe östlicher Wind, sodass die
meisten Hurrikans dann nach Westen ziehen. "Ophelia" allerdings liegt
bei etwa 30° N ungewöhnlich weit nördlich. Die Wassertemperaturen
sind in dieser Region allerdings zurzeit etwa um etwa 1 °C zu warm.
Im Zusammenspiel mit ungewöhnlich kalter Luft in der Höhe und
Wassertemperaturen von 26 ? 27 °C wurde nun aber gerade genug Energie
bereitgestellt, dass sich "Ophelia" zu einem Hurrikan entwickeln
konnte. Da in diesen Breiten aber keine Passatwinde mehr
vorherrschen, wird "Ophelia" in den nächsten Tagen von der kräftigen
west- bis südwestlichen Höhenströmung der Westwinddrift eingefangen,
wodurch sich die ungewöhnliche Zugbahn nach Nordosten Richtung Europa
erklärt. Nach derzeitigem Stand zieht der Hurrikan knapp südlich an
den Azoren vorbei. Bisher gab es nur 11 Hurrikans, die in die Nähe
der Azoren kamen. Die südliche Azoreninsel Santa Maria könnte aber
noch von "Ophelia" beeinflusst werden. Da sich die Insel auf der
schwächeren Nordwestseite des Hurrikans befindet, werden sich die
Windgeschwindigkeiten aber wahrscheinlich in Grenzen halten. Dennoch
könnte es dort zu heftigen Regenfällen kommen.

Doch wie geht es mit "Ophelia" weiter? Die Modellprognosen zeigen,
dass "Ophelia" an Fahrt gewinnt und in Richtung Iberische Halbinsel
zieht. Bisher wurde die Iberische Halbinsel nur von zwei tropischen
Stürmen getroffen: von einem sich in ein außertropisches Tief
umwandelnden Hurrikan im Oktober 1842 und von Hurrikan "Vince" im
Oktober 2005, der sich allerdings ebenfalls vorher zu einem
tropischen Tief abgeschwächt hatte. Doch "Ophelia" wird die Iberische
Halbinsel nicht erreichen, sondern vorher von einem kräftigen
Höhentief aufgenommen. Dabei wandelt sie sich am Wochenende in ein
außertropisches Tiefdruckgebiet um, das steil nach Nord-Nordost
zieht, und somit über dem Atlantik bleibt. Die Intensität von
"Ophelia" verstärkt sich dabei sogar noch, sodass die
Windgeschwindigkeiten in Hurrikanstärke zunächst erhalten bleiben.

Nach den meisten Wettermodellen zieht "Ophelia" dann zu Wochenbeginn
knapp westlich von Irland vorbei. Je nach Zugbahn (die derzeit noch
unsicher ist) könnte Irland ab Montagabend ein schwerer Sturm drohen.


Was bedeutet "Ophelia" aber nun für unser Wetter? An der Ostseite des
Ex-Hurrikans wird ab Sonntag mit einer südlichen Strömung
subtropische Warmluft über West- und Mitteleuropa weit nach Norden
transportiert. Dadurch stabilisiert sich das kräftige Hoch über
Mitteleuropa. Dieses bringt ab dem Wochenende bis mindestens Mitte
nächster Woche "Goldenes Oktoberwetter" nach Deutschland. Dabei gibt
es besonders im Bergland viel Sonnenschein. Im Flachland kann sich
gebietsweise längere Zeit zäher Nebel oder Hochnebel halten. Dort, wo
die Sonne länger scheint, werden Temperaturen von über 20 °C
erreicht. An einigen Nordrändern der Mittelgebirge könnte es mit 25
°C sogar noch mal einen Sommertag im Herbst geben.


Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.10.2017

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