Thema des Tages

11-10-2017 14:40

"Antizyklonale Westlage"

Der Jahresverlauf der Witterung in Mitteleuropa besteht aus einer
Folge typischer Wettersituationen, den "Großwetterlagen". Diese
ergeben sich aus der weiträumigen Luftdruckverteilung und den daraus
resultierenden Strömungsmustern der beteiligten Luftmassen in
Bodennähe sowie auch in den darüber liegenden Luftschichten. Welche
Großwetterlage sich in Mitteleuropa einstellt, wird letztendlich
durch die allgemeine Zirkulation der Atmosphäre bestimmt und
manifestiert sich im raum-zeitlichen Verhalten der troposphärischen
Höhenströmung. Die fließt auf der Nordhalbkugel stets so, dass in
Stromrichtung betrachtet, auf der rechten Seite hoher Luftdruck bzw.
hohes Geopotential und auf der linken Seite tiefer Luftdruck bzw.
niedriges Geopotential herrschen. Das Wetter selbst wird außerdem
durch die Eigenschaften der in das jeweilige Zirkulationsregime
einbezogenen Luftmassen dominiert. Es kann während der Andauer einer
Großwetterlage an einzelnen Orten innerhalb des betrachteten Gebietes
durchaus wechseln, der allgemeine Witterungscharakter bleibt jedoch
erhalten.

Seit dem gestrigen Dienstag und voraussichtlich bis Donnerstag
dominiert eine "antizyklonale Westlage" (wiss. Abkürzung "Wa") unser
Wetter, wobei "antizyklonal = hochdruckbeeinflusst" gilt. Diese
Zirkulationsform ist weitgehend zonal, also in West-Ost-Richtung
ausgeprägt. Im konkreten Falle verläuft zwischen tiefem Luftdruck
über dem nördlichen Europa und einer sich von den Azoren über
Süddeutschland hinweg bis zum Schwarzen Meer erstreckenden
Hochdruckzone in der mittleren und höheren Troposphäre eine nur
schwach mäandrierende (d.h. transversal in Nord-Süd-Richtung
schwingende) westliche Höhenströmung. Antizyklonale Westwetterlagen
sind typisch für Mitteleuropa. Sie treten im langjährigen
klimatologischen Mittel im Oktober in gut 7 % aller Fälle auf, sind
damit aber nur etwa halb so häufig vertreten wie ihr "zyklonales",
also eher tiefdruckgeprägtes Pendant.

Im Gegensatz zur bei uns generell unbeständigen "zyklonalen Westlage"
liegt die "Frontalzone", also der Übergangsbereich zwischen polaren
und subtropischen Luftmassen mit großen horizontalen
Luftdruckgegensätzen und entsprechend höheren Windgeschwindigkeiten,
weiter nördlich und ruft in Deutschland oftmals eine "Zweiteilung"
der Witterung hervor. Im Bodenniveau wird in diesen Tagen milde
Atlantikluft herangeführt, wobei in die Strömung eingelagerte
Tiefausläufer vor allem im Norden unseres Landes unbeständiges und
gebietsweise niederschlagsträchtiges Wetter bringen. Dem Süden
Deutschlands dagegen bescheren Hochdruckeinfluss und Sonnenschein in
Verbindung mit der nun deutlichen Laubfärbung den lang ersehnten
?goldenen Oktober?. Die Tageshöchsttemperaturen liegen am heutigen
Mittwoch sowie am Donnerstag meist zwischen 15 °C unmittelbar an der
See sowie im Bergland und örtlich bis zu 22 °C in Süddeutschland; in
den Nächten bleibt es noch weitgehend frostfrei.

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/10/11.html
finden Sie oben die vom gestrigen 00:00-UTC-Lauf des amerikanischen
Vorhersagemodells GFS berechneten Prognosen der "geopotentiellen
Höhe" der 500-hPa-Hauptdruckfläche sowie des Bodenluftdruckes für den
heutigen Mittwoch, 11.10.2017, 12:00 UTC. Das 500-hPa-Niveau
repräsentiert die potentielle Energie der Luftmasse in der mittleren
Troposphäre, außerdem wurde zur Charakterisierung von Warm- und
Kaltluftmassen die "relative Topographie" zwischen 500 und 1000 hPa
dargestellt. Die untere Abbildung zeigt für denselben Termin eine auf
dem gestrigen 00:00-Uhr-UTC-Lauf des deutschen Vorhersagemodells ICON
basierende, etwa denselben Kartenausschnitt zeigende und mit den
Namen der jeweiligen Druckgebilde versehene Bodenwetterkarte. Auf
beiden Darstellungen sind die Isolinien über Mitteleuropa mehr oder
weniger polwärts gekrümmt, was den antizyklonalen Typus der
vorherrschenden Westwetterlage unterstreicht.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.10.2017

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