DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

07-10-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 07.10.2017 um 10.30 UTC



In der Nordhälfte wechselhaft und zeitweise Regen, im Süden freundlicher.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 14.10.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums, am kommenden Dienstag, liegt Deutschland in
einer hochreichenden, westlichen Strömung zwischen Zentraltiefs über Osteuropa
und südlich von Island und hohem Luftdruck/Geopotential vom westlichen
Mittelmeerraum bis zu den Azoren. Allgemein gesprochen handelt es sich also um
eine ausgeprägte zonale Wetterlage (NAO positiv) mit rascher Abfolge von flachen
Trog-/Keilmustern, was sich erst zum Ende des Mittelfristzeitraums ändern
sollte.

Dienstagmittag erreicht die Achse eines flachen Keils bereits den Osten des
Landes und macht somit den Weg frei für atlantische Frontensystem (rasche
Überquerung von Warm- und Kaltfront), die vor allem in der Mitte und dem Norden
für leichten bis mäßigen Regen sorgen. Zum Abend zieht die Kaltfront zwar
Richtung Polen ab, gelangt über der Mitte allerdings ins Schleifen
beziehungsweise wird im Vorfeld eines neuen Sturmtiefs über dem Nordostatlantik
rückläufig. A propos Sturm, der Gradient ist dabei doch recht veritabel, so dass
an den Küsten und im höheren Bergland Sturmböen wahrscheinlich sind. Der Süden
profitiert dagegen von der Nähe zum höheren Luftdruck und bei häufigeren
Auflockerungen fällt nur vereinzelt etwas Regen.

Am Mittwoch spaltet sich über Dänemark ein Cut-Off Tief ab und wird in der
strammen Grundströmung rasch ostwärts geführt. Da sich im Bodendruckfeld kaum
korrespondierende zyklonale Strukturen finden lassen, weist er Eigenschaften
eines Kaltlufttropfens auf mit starker Warmluftadvektion (WLA) auf der Rückseite
die nahtlos in die WLA im Vorfeld der neuen Warmfront aus Westen übergeht. Daher
werden trotz leichten Druckanstiegs am Boden Hebungsprozesse besonders in der
mittleren Troposphäre aufrechterhalten, womit es in der Nordhälfte weiterhin zu
leichten Regenfällen kommt.

Am Donnerstag schwenkt ein flacher Kurzwellentrog in den Norden Deutschlands.
Die prognostizierten Temperaturen unter -20 Grad in 500 hPa (an der Dänischen
Grenze um -25 Grad) "hauen einen aber nicht gerade vom Hocker". Die
vorgelagerte, leicht zur Wellenbildung neigende Kaltfront überquert dabei
Deutschland im Tagesverlauf von Nordwest nach Südost, erneut mit der größten
Wetteraktivität im Norden und der Mitte. Postfrontal kommt es in der höhenkalten
Luft im Norden noch zu einzelnen Schauern. Bezüglich gewittriger oder
starkregentechnischer Überraschungen sind wohl die Hebungsprozesse sowie
vertikalen Temperaturgradienten zu schwach. Unterdessen entwickelt sich über dem
zentralen Nordatlantik ein umfangreiches schweres Sturm-, eventuell sogar
Orkantief, das die weitere Entwicklung über Mitteleuropa maßgeblich beeinflussen
soll.

So schaufelt es zum Freitag, den 13. auf seiner Vorderseite massiv subtropische
Warmluft nordostwärts Richtung Norwegische See (T 850 hPa über 10 Grad), womit
ein Keilaufbau in der Höhe gestützt wird. Im Zusammenspiel mit dem komplexen
Höhentief über Skandinavien befindet sich Deutschland zunehmend am Südrand einer
Omegakonfiguration auf der Keilvorderseite. Das nützt zunächst freilich noch
recht wenig, da der Keil in niederen Troposphärenschichten noch recht flach ist
und weiterhin von WLA überlaufen wird. Somit sind auch am Freitag in der
Nordhälfte zeit- und gebietswiese leichte Regenfälle wahrscheinlich. Im Süden
hingegen zeigt sich die Sonne immer häufiger und punktuell wird die 20
Grad-Marke wieder überschritten. Der auch an den Vortagen in Böen stürmische
Wind an der See und im höheren Bergland lässt nun allmählich nach.

Am Samstag nimmt die Omegalage immer mehr Konturen an, der Schwerpunkt des
Rückens verbleibt aber noch über Frankreich und Benelux und damit westlich von
uns. Wenngleich immer noch Frontenreste über Ostdeutschland zu finden sind, so
lässt doch die Wetteraktivität mit Ausnahme der Nordstaulagen der östlichen
Mittelgebirge immer weiter nach. Immerhin erreicht die 10 Grad-Isotherme in 850
hPa nun auch den äußersten Westen und Süden Deutschlands, womit die 20 Grad
abseits von Nebel- und Hochnebelfeldern doch häufiger überschritten werden
sollten.

In der erweiterten Mittelfrist überquert die Keilachse Deutschland und wird von
einem flachen Randtrog - von den Britischen Inseln kommend - abgelöst. Da im
Bereich Neufundlands aber weitere Zyklogenesen im Gange sind und die Frontalzone
über Westeuropa recht weit nördlich liegt, kann sich die Omegalage womöglich
rasch regenerieren, auf welchem Temperaturniveau bleibt allerdings noch
abzuwarten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 00 UTC Lauf des EZWM weist eine gute Konsistenz hinsichtlich seiner
Vorgänger auf. Geringe Phasenunterschiede bei den Frontendurchgängen zum Ende
des Mittelfristzeitraums bewegen sich im überschaubaren Rahmen und haben kaum
signifikante Auswirkungen auf den generellen Wetterablauf.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Der grobe "Fahrplan" einer zonalen Wetterlage mit zeitweiligen Regenfällen vor
allem im Norden und der Mitte samt beginnender Wetterberuhigung und Erwärmung
von Südwesten zum kommenden Wochenende wird auch von den anderen Globalmodellen
mitgetragen. Unterschiede ergeben sich wie so oft im Detail. So simuliert GFS
das Cut-Off Tief von Dienstag auf Mittwoch deutlich intensiver und weiter
südlich über Norddeutschland mit örtlichen Gewittern, orkanartigen Böen im
Bereich der Elbmündung und teils schweren Sturmböen Mittwochvormittag über der
Altmark. Gänzlich ausgeschlossen ist dieses Szenario nicht (siehe
Ensemblebetrachtung), eine starke Baroklinität über der Nordsee und Dänemark
zeigen alle Modelle. Immerhin setzt der GFS 0 UTC Lauf damit die "Idee" des 18
UTC Laufs konsistent fort. In der Folge dieser rasanteren Dynamik erfolgt auch
der Keilaufbau progressiver und damit bereits am Freitag im Südwesten
Deutschlands.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen zeigen nahezu deutschlandweit ein wohlwollend gebündeltes
Verhalten bis zum Ende des Mittelfristzeitraums. Erst zum Freitag und Samstag
hin nimmt der Spread - insbesondere bei der 850 hPa Temperatur - deutlich zu.
Haupt-, Kontrolllauf sowie der Mehrzahl der Member sind sich aber einig, dass
zum kommenden Wochenende ein Anstieg auf rund 10 Grad stattfindet, im Südwesten
sogar bis 13 Grad, womit im "idealen" Fall entlang des Oberrheins sogar nochmal
ein Sommertag mit Temperaturen über 25 Grad in Reichweite rücken würde. Während
die Kurven im Süden bis dahin ziemlich glatt verlaufen, ist im Norden ein
ständiges Auf und Ab (zwischen 0 und 6 Grad) mit einer Periodendauer von 24 bis
36 Stunden zu beobachten, was den Frontendurchgängen geschuldet ist.

Im Prognosezeitraum Mittwoch bis Freitag (11.-13. Oktober) bilden sich 2 Cluster
ab, die nahezu gleichverteilt sind und untereinander auch nur marginale
Unterschiede aufweisen. Beide stützen den Keilaufbau (Omega) im Laufe des
Freitags über Westeuropa und lassen diesen auch in der Folge nach kurzen
Störungen mehr oder weniger regenerieren, was für vergleichsweise ruhige und
niederschlagsarme Wetterbedingungen nicht nur zum kommenden Wochenende sondern
auch in der Folge über Deutschland spricht.

Interessanterweise belassen sowohl der Kontrolllauf als auch das Mittel des GFS
Ensembles den Abtropfvorgang am Dienstag zum Mittwoch weiter nördlich, was
zweifellos mit Sturmböen an der Küste einhergehen würde, aber bei weitem nicht
die Dimension des Hauptlaufs erreicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen sind (abgesehen von zeitweiligen Sturmböen an
der See und im höheren Bergland) im Mittelfristzeitraum lediglich in
Zusammenhang mit einer kräftigeren Windentwicklung im Zuge des Cut-Offs zum
Mittwoch zu erwarten. So deutet der EFI immerhin schwache Signale in
Südbrandenburg und Sachsen für ein stärkeres Windereignis an, erstaunlich weit
südlich im Übrigen. EZ-EPS zeigt in der ersten Tageshälfte des Mittwochs in
Küstennähe Wahrscheinlichkeiten um 50% für Sturmböen, immerhin noch einstellige
Wahrscheinlichkeiten für orkanartige Böen (GFS-Variante). Im Norden und Osten
werden 20 bis 30% für Sturmböen simuliert. Ein ähnliches Verhalten zeigt
COSMOS-LEPS, wenn auch mit etwas geringeren Wahrscheinlichkeiten im Binnenland.
Ins Auge springt ein Streifen mit orkanartigen Böen im Maximum, das sich erst
Mittwochnachmittag von Ostfriesland zur Altmark ausweitet. Es verdeutlicht somit
die noch vorhandenen Diskrepanzen in zeitlicher Abfolge und Intensität des
Abtropfprozesses, zumindest vorübergehende stürmische Böen sind aber nach
Sichtung der probabilistischen Verfahren auch in der Norddeutschen Tiefebene in
der Nacht zum Mittwoch oder am Mittwochvormittag etwas wahrscheinlicher
geworden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS, Mos-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen