DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-10-2017 09:00
SXEU31 DWAV 050800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 05.10.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z

Sturmlage mit schweren Sturmböen und orkanartigen Böen vor allem im Norden und
Osten. Im Bergland Orkanböen. Mit Passage der Kaltfront einzelne orkanartige
Böen auch im Süden nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... verläuft die gut ausgeprägte Frontalzone zwischen dem
Langwellentrog über Nordeuropa und dem Höhenhoch nordwestlich der Iberischen
Halbinsel von den Britischen Inseln über Deutschland nach Osten. Dabei hat sich
ein Schnellläufer zum Sturmtief entwickelt, welches heute von der Nordsee
kommend über Norddeutschland ost- bis südostwärts zieht und abends das westliche
Polen erreicht.
Vorderseitig regnet es durch starke Warmluftadvektion über der Nordosthälfte
verbreitet und teilweise ergiebig. Der Regen zieht im Tagesverlauf nach Osten
ab. Hinterlässt aber im Nordosten Dauerregenmengen von 30 bis 50 mm, örtlich
auch mehr, die bis in den Nachmittag hinein zusammenkommen dürften.

Die zugehörige Kaltfront kommt bis zum Abend nach Südbaden und bis ins
Alpenvorland voran. Im Norden bzw. auch im Bereich der nördlichen Mittelgebirge
muss gestützt durch die hereinschwenkende diffluente Trogvorderseite, mit
vereinzeltem STARKREGEN gerechnet werden. Durch die starke Scherung und die sehr
dynamische Entwicklung kann sich an der Kaltfront auch eine markante
Schauerlinie bilden, die mit einzelnen Gewittern durchsetzt ist und die dann
Deutschland von NW her überquert.
Nach Süden hin läuft die Front aber aus dem stärksten dynamischen Antrieb
heraus, so dass sich dort die Intensität der Niederschläge etwas abschwächt.
Aber auch dort sind vorübergehend kräftige Schauer und vereinzelte Gewitter an
der Kaltfront nicht ausgeschlossen.
Ganz im Süden bleibt es nach Nebelauflösung erst einmal freundlich, wobei
südlich der Donau die Temperaturen im Zustrom subtropischer Luft örtlich bis
25°C ansteigen können. Im Norden ist es bei Zufuhr postfrontaler Polarluft mit
max. 11-14°C deutlich kälter.

Großes Thema ist der "STURM". An der Südflanke des Tiefs sind zunächst vor allem
mit Kaltfrontpassage (Schauer/Gewitterlinie!), dann nach vorübergehendem
Nachlassen nochmal mit dem Bodentrog auf der Rückseite des Tiefs auch im
Binnenland schwere Sturmböen wahrscheinlich, die bis zur Mitte ausgreifen
können. Dies betrifft vor allem einen breiten Streifen von Niedersachsen bis zur
Oder und Neiße und zum Erzgebirge, wobei auch im Flachland einzelne orkanartige
Böen Bft 11 auftreten werden, im höheren Bergland sind Orkanböen Bft 12
wahrscheinlich.
ECM hat in seinem aktuellen Lauf die Windprognosen nach oben korrigiert und
simuliert im stärksten Windfeld teilweise Bft 12. Auch C DE EPS bringt von der
Nordsee bis Sachsen-Anhalt Wahrscheinlichkeiten bis 30 % für Bft 12!
Auf der Zugbahn des Sturmtiefs und weiter nördlich bleibt es zunächst relativ
windschwach, erst nach Passage des Tiefkerns frischt der Wind von
Schleswig-Holstein bis nach Vorpommern wieder auf aus NW mit Bft 8 bis 10!
Da die Windgeschwindigkeiten in 850 hPa bis nach Süddeutschland bei 60 bis 70 kt
liegen, sind bei Passage der Kaltfront auch im Süden schwere Sturmböen,
vereinzelt orkanartige Böen durch vertikalen Impulstransport zumindest nicht
ganz ausgeschlossen.
Nach Abzug des Bodentroges lässt der West bis Nordwestwind im Norden und Westen
am Nachmittag rasch nach, weht aber immer noch stark mit stürmischen Böen an der
Nordsee und im Bergland. Mit der dann südwärts vorstoßenden Höhenkaltluft sind
im Norden, vor allem an der Küste kurze Kaltluftgewitter mit Sturmböen zu
erwarten.

In der Nacht zum Freitag zieht das Tief rasch nach Osten ab und der Gradient
fächert auf. An den Küsten und im höheren Bergland bleibt es sehr windig mit
stürmischen Böen oder Sturmböen, im Flachland dürfte im Laufe der Nacht häufig
die Bft 7 nicht mehr erreicht werden, wahrscheinlich vor allem noch in
Schauernnähe. Mit dem südwärts ausbreitenden Trog gelangt höhenkalte Luft nach
Deutschland. In ihr kommt es zu Schauern, an der See zu kurzen Gewittern. Auch
in der unteren Troposphäre kühlt es deutlich ab mit Temperaturen von 0 Grad in
850 hPa, die Schneefallgrenze liegt aber oberhalb von 1000m.
Ganz im Süden (Allgäu, Alpenrand) geht der frontale Niederschlag in Stauregen
über, so dass über die Nacht hinweg nach ICON 30 bis 50 mm in 12 Stunden fallen
könnten. Der Dauerregen wird von Cosmo Leps gestützt, allerdings nicht die
unwetterartigen Mengen.


Freitag... liegt ganz Deutschland postfrontal an der Südwestflanke des
Tiefkomplexes über Skandinavien und Nordosteuropa im Zustrom maritimer,
hochreichend instabiler Polarluft im Bereich eines Langwellentroges. Bei recht
passablen Druckgegensätzen zum hohen Druck mit Schwerpunkt westlich der Biskaya
weht frischer, in Böen starker, an der Nordsee und im höheren Bergland zeitweise
stürmischer West-bis Nordwestwind mit Böen Bft 7 im Flachland, bei Schauern und
exponiert vereinzelt 8. Im Bergland und an der Nordsee kommt es zu weiteren
Sturmböen, vereinzelt zu schweren Sturmböen.
An der zyklonal geprägten Westflanke des ostwärts abwandernden Langwellentroges
treten verbreitet Schauer auf, bei CAPE bis 300 J/Kg örtlich auch kurze
Gewitter. Ganz im Norden, vor allem in Schleswig-Holstein zeichnen sich durch
den Norwegenföhn größere Aufheiterungen ab.
Im Laufe des Tages stabilisiert die Schichtung von Nordwesten her, da der Trog
nach Osten abwandert und sich über die Nordsee ein flacher Rücken nähert, der
von Warmluftadvektion überlaufen wird. Die Temperaturen liegen meist um 13 bis
14 Grad.
In der Nacht zum Samstag beruhigt sich das Wetter unter dem durchschwenkenden
Rücken. Anhaltende leichte WLA führt aber zu häufig starker Bewölkung, die
Schichtung stabilisiert unterdessen weiter. Die Regenfälle ziehen sich aber
schwerpunktmäßig in den Südosten zurück, wo sich an den Alpen wieder eine
Staulage einstellt. Dort sind lokal 12-stündig wieder 10 bis 20 mm Regen
möglich. An der See und im höheren Bergland bleibt es windig.


Samstag... schwenkt der Rücken ostwärts durch und nachfolgend dreht die
Höhenströmung vor dem nächsten Kurzwellentrog, der sich über die Nordsee nähert,
wieder auf westliche Richtungen. Damit in Verbindung zieht ein Tief über
Südskandinavien ostwärts, das sich aber nicht sonderlich entwickelt. Die
zugehörigen Ausläufer erfassen uns im Tagesverlauf von Westen her. Damit kommt
von Nordwesten her Regen auf, der zum Abend den Osten und die Mitte erfasst hat.

Im Süden hält sich der Zwischenhocheinfluss am längsten, dort scheint zumindest
zeitweise die Sonne.
Der westliche Wind weht immer noch frisch und vor allem an der See und im
Bergland stark böig mit Bft 7 bis 8, exponiert im Bergland mit Sturmböen. Die
Temperaturen ändern sich nur wenig.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Die letzten Läufe von IFS (ECM) und C
DE EPS bieten südlich und westlich des Tiefs Hinweise für Bft 12. Angesichts der
Tatsache, dass die aktuellen Warnungen Bft 11 nach oben hin ausreizen, besteht
kein akuter Handlungsbedarf. Eventuell müssen die Unwetterwarnungen etwas nach
NE ausgeweitet werden, auch die Entwicklung an der Kaltfront muss im Hinblick
auf noch stärkere Böen im Auge behalten werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner