Thema des Tages

27-09-2017 14:40

Die Halligen - der Sturm "Sebastian" und die Vorbereitungen (Teil 2)

Im Thema des Tages vom 25. September 2017 wurde bereits über die
Entstehung der Halligen berichtet, aber auch über die Kräfte der
Natur, die die Halligen formen und mit der Zeit verändern. Besonders
Sturmfluten sorgten in der Vergangenheit teils für verheerende
Auswirkungen und stellen auch heute noch ein einschneidendes Erlebnis
für die Bewohner aber auch für die Besucher der Halligen dar.
Anfang September erlebte der Autor während eines Urlaubs auf der
Hallig Hooge die Auswirkungen durch das Sturmtief "Sebastian", das
besonders der südlichen Nordsee und den Küstengebieten am 13.
September schwere Sturm- bis Orkanböen brachte (Bad Sankt
Peter-Ording: 129 km/h, Helgoland: 133 km/h und Hallig Hooge: 117
km/h). In der Folge soll kurz auf die Entstehung dieses Sturmtiefs
eingegangen werden. Einen Überblick über dieses Ereignis können Sie
auch dem Thema des Tages vom 13. September 2017 entnehmen.

Bereits am 10. September begann östlich von Neufundland die
Sturmtiefentwicklung. Dort traf eine vor der Ostküste der USA
nordwärts strömende tropische und somit warme und sehr feuchte
Luftmasse auf kühle und trockene Luft, die sich von Kanada aus nach
Osten verlagerte (siehe Grafik im Anhang). Vor Neufundland baute sich
dadurch auf relativ engem Raum ein großer Temperatur- und
Feuchtegegensatz auf. Solche Gegensätze stellen zusammen mit anderen
meteorologischen Bedingungen häufig einen Nährboden für eine
Tiefdruckentwicklung dar. So wurde aus einem zunächst sehr
unscheinbar wirkenden Tiefdruckgebiet bei Neufundland bei seiner
Ostverlagerung und unter stetiger Intensivierung rasch ein Sturmtief,
das über den Nordatlantik nach Nordwesteuropa geführt wurde. Dort
erhielt es dann von der FU Berlin den Namen "Sebastian". Bereits
frühzeitig bestand innerhalb der Prognosemodelle Einigkeit, dass
besonders die südliche Nordsee und ihre Küsten und somit auch die
Halligen von Sebastians Sturmfeld getroffen würden.

Im Falle eines Sturmereignisses rückt im Umfeld von Meeren ein
weiteres Phänomen in den Blickpunkt, das die unter anderem für die
Nordsee so typischen Wasserstandsschwankungen hervorruft: die
Gezeiten, auch bekannt als "Ebbe und Flut". Auf deren Entstehung soll
nicht näher eingegangen werden, da Informationen dazu im Thema des
Tages vom 16. Mai 2017 zu finden sind. Treffen das Sturmfeld und die
einsetzende Flut zusammen, kann es zu den im Küstenumfeld nicht
selten gefürchteten Sturmfluten (siehe DWD Lexikon) unterschiedlicher
Intensität kommen. Am 13. September sollte das Hauptsturmfeld von
Sebastian die Halligen zwischen dem frühen Nachmittag und der ersten
Nachthälfte erfassen, was mit der Zeit des "auflaufenden" Wassers,
also der Flut, zusammenfiel. Folglich erließ das Bundesamt für
Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) für den 13. September eine
Sturmflutwarnung der Klasse 1 von 3 (1,5 bis 2,5 Meter über dem
mittleren Hochwasser). Für die meisten Bewohner der Nordseeküste ist
so eine Vorhersage nicht weiter besorgniserregend, zumal der Sturm
auch nicht sehr lange andauern sollte, doch für die Halligen
bedeutete dies "Land unter". Ein Ereignis, das rund fünf bis zehn Mal
im Jahr stattfindet.

Was dieses spezielle Ereignis bemerkenswert macht, war das frühe
Auftreten, denn der eigentliche Beginn der Sturmsaison wird eher im
Oktober oder November erwartet. So "früh" im Jahr befindet sich noch
das sogenannte "Pensionsvieh" auf den Halligen, also u.a. Kühe, die
von Landwirten des Festlands auf den Weiden der Halligen gehalten
werden. Zusammen mit dem Vieh der Halligen bedeutet so ein frühes
Sturmereignis, dass es u.U. mit einem "trockenen Plätzchen" recht
knapp werden könnte, müssen doch alle Tiere im Fall von "Land unter"
auf den kleinen Warften untergebracht werden. Da jedoch dieser Sturm
frühzeitig durch den Deutschen Wetterdienst angekündigt wurde, konnte
in den Tagen zuvor ein Teil des Pensionsviehs auf das Festland
gebracht werden.

Von daher kann gesagt werden, dass die Vorbereitungen auf den Sturm
frühzeitig abgeschlossen werden konnten und man erwartete nun das
eigentliche Sturmereignis mit "Land unter". Doch dazu mehr im Thema
des Tages von morgen.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.09.2017

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