DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-09-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 11.09.2017 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit wiederholten Niederschlägen und relativ kühl. Anfangs auch noch
stürmischer Wind.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 18.09.2017


Nachdem in den vergangenen Tagen zumindest ein Funken Hoffnung auf den
Altweibersommer glühte, ist dieser nun wieder weitgehend vom Tisch, zumindest
wenn man nach dem neuesten Lauf des deterministischen EZMW von 00 UTC vom
heutigen Montag geht.

So drückt während des gesamten Mittefristzeitraums ab Donnerstag ein
umfangreicher Langwellentrog über West- und Nordeuropa dem Wetter bei uns in
Deutschland seinen Stempel auf. Im Verlauf der Mittelfrist bis zum Ende am
Montag schnürt sich daraus zeitweise ein Kaltlufttropfen ab, der am Montag dann
über Mitteleuropa seine Kreise zieht. Auch in der erweiterten Mittelfrist ab
Dienstag zeigt dieser Kaltlufttropfen, der mit zwei Drehzentren ausgestattet
ist, kaum Abwanderungsbereitschaft. Wechselhaftes Wetter mit wiederholten
Niederschlägen, die teils konvektiv durchdrungen sind, sowie für die Jahreszeit
zu niedrige Temperaturen (1 bis 5 Grad in 850 hPa) durch eine meist nördliche
bis nordwestliche Strömung sind die Folge. In der erweiterten Mittelfrist
pirscht sich mit Drehung der Strömung auf Nordost sogar die 0 Grad-Isotherme von
Norden her an Deutschland an.

Im Detail umfasst der Langwellentrog am Donnerstag einen Bereich von
Skandinavien und dem Nordmeer bis nach Island und den Britischen Inseln und bis
nach Nordfrankreich und Nordwestdeutschland. Am Boden sind korrespondierend dazu
zwei Tiefdruckgebiete mit Zentren über Finnland und dem Bottnischen Meerbusen zu
finden. Ausläufer des Tiefs über Finnland liegen über dem Süden Deutschlands.
Zudem ist postfrontal noch ein starker Druckgradient vorhanden, der diesen Tag
windig gestaltet mit stürmischen Böen oder sogar Sturmböen bis ins Flachland
insbesondere bei Schauern oder Gewittern in der Nordhälfte des Landes.

Bis zum Samstag amplifiziert der Langwellentrog in Richtung Iberische Halbinsel,
ohne sich dabei großartig weiter nach Osten fortzubewegen. Durch diesen Vorgang
zeigen sich erste Abschnürungstendenzen des Südteils. Am Boden herrscht dann
eine eher indifferente Druckverteilung vor, sodass zumindest der Wind nachlässt.
Unter dem Einfluss des Troges halten aber die (meist konvektiven) Niederschläge
weiter an.

Bis zum Montag liegt der Südteil des Langwellentrogs über weiten Teilen West-
und Mitteleuropas. Über Südpolen und Tschechien wird im östlichen Teil davon in
Verbindung mit dem dortigen Minimum Zyklogenese ausgelöst, das entstehende
Bodentief zieht bis zum Montag in die Ostsee. Vor allem über der Osthälfte
Deutschlands sind daher Aufgleitniederschläge zu erwarten.

In der erweiterten Mittelfrist nimmt der südliche Teil des Langwellentrogs
wieder Verbindung auf zur nördlichen Höhenströmung. Das Tief über der Ostsee
zieht zum Baltikum weiter. Über der Ostsee entsteht aber ein neues, schwächer
ausgeprägtes Tief, das nach Ostdeutschland vorankommt. Es wird durch das zweite
Minimum im Südteil des Langwellentrogs zyklogenetisch angetrieben. Durch diesen
Vorgang bleibt nicht nur der zyklonale Einfluss erhalten, sondern wird auch die
Drehung der Strömung auf Nordost mit dem Anzapfen kontinentaler Kaltluft
eingeleitet. Dabei könnte im Laufe des Mittwochs die eingangs bereits erwähnte 0
Grad-Isotherme der 850 hPa-Temperatur Norddeutschland erreichen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zwischen dem aktuellen EZMW-Lauf von 00 UTC und seinen beiden gestrigen
Vorläufen herrscht bis zum Sonntag gute Einigkeit. Am Montag wird dem Tief über
Südpolen und Tschechien aufgrund nun einer bipolaren Struktur mit zwei Minima im
Südteil des Langwellentrogs und der damit verbundenen Zyklogenese mehr Bedeutung
zugemessen. Dabei gelangt vor allem die Osthälfte in den Einflussbereich des
Bodentiefs, das dort Aufgleitniederschläge bringt. Anschließend verharrt der
Südteil des Langwellentrogs länger über Mitteleuropa und verhindert, wie in den
gestrigen Läufen noch ansatzweise zu erkennen war, das Hereinschwenken eines
Höhenrückens bzw. das Ansteigen des Drucks am Boden. Somit bleibt der
wechselhafte Wettercharakter voraussichtlich bis in die erweiterte Mittelfrist
bestehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON und GFS sind dem EZMW bis zum Samstag sehr ähnlich. Danach bringen beide
Modelle auch das neue Tief über Tschechien/Polen, allerdings greift es nach ICON
mehr nach Deutschland aus, bei GFS dagegen zieht es bis Montag schon nach
Russland ab. Anschließend hat GFS noch die Möglichkeit eines von Westen her
vordringenden Rückens bzw. des Azorenhochkeils nach Mitteleuropa im Programm,
den das EZMW mit den beiden neuesten Läufen ja verworfen hat. Beim ICON bleibt
es am Montag dagegen beim Trog- bzw. Tiefdruckeinfluss. GEM gleicht im
Wesentlichen dem ICON. NAVGEM ist dem EZMW am nächsten, ohne grundsätzlich ein
anderes Szenario aufzuzeigen. Beim CMA kann sich ab Montag nach vorherigem
Trogeinfluss ein Rücken durchsetzen, der ein Bodenhoch über Mitteleuropa stützt.

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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Bemerkenswerte Einigkeit herrscht bezüglich der Rauchfahnen des EZMW-Ensembles,
wenn man sich verschiedene Städte in Deutschland anguckt. Damit bestätigt das
Ensemble gut den Hauptlauf und suggeriert eine recht hohe Sicherheit für die
Vorhersage. Der Spread bleibt meist sehr eng (sowohl bei T850 hPa als auch bei
Geop 500 hPa). Ein paar "positive" Ausreißer sind ab Samstag/Sonntag zu sehen.
Insofern scheint sich das Modell die antizyklonale Variante, die ja zum Teil
auch die externen Modelle andeuten, ab diesem Zeitpunkt noch etwas
offenzuhalten.

In der Clusteranalyse wird die Vorhersagesicherheit dadurch bestätigt, dass
trotz dreier vorhandener Cluster bei t+72-96 (Donnerstag, 00 UTC bis Freitag, 00
UTC) die Unterschiede für Mitteleuropa nur marginal sind. Bei t+120-168
(Samstag, 00 UTC bis Sonntag, 00 UTC) werden 4 Cluster analysiert (15, 14, 13
und 9 Mitglieder, Haupt- und Kontrolllauf in C2). Während beim 500
hPa-Geopotenzial die Unterschiede nicht so markant sind (alle mit
Abschnürungstendenz des südlichen Teils des Langwellentrogs in Richtung
Iberische Halbinsel), wird beim Bodendruck deutlich, dass die Zyklogenese über
Tschechien/Südpolen ab Sonntag keinesfalls klar ist. Im Prinzip wird sie nur in
C2 so explizit gezeigt. Bei C1 kann sich von Südwesten her ein Keil nach
Deutschland vorschieben, bei C3 und C4 passiert dies von Nordwesten her. Damit
ist sogar die Mehrzahl der Mitglieder des Ensembles (37 zu 14) anderer Meinung
als der Hauptlauf.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass der Trogeinfluss bei niedrigen
Temperaturen bis zum Samstag in Sack und Tüten ist. Ab Sonntag besteht bezüglich
der Zyklogenese über Südpolen/Tschechien größere Unsicherheit. In diesem
Zusammenhang ist weiterhin die Möglichkeit für Druckanstieg und
Temperaturzunahme vorhanden, wenn auch das gegenteilige Szenario mit der
Fortdauer des wechselhaften und recht kühlen Wetters von den Modellen unter
zyklonalem Einfluss scheinbar eher favorisiert wird.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI liefert am Donnerstag Werte bis 1.0 für überdurchschnittlich starken Wind.
COSMO LEPS und EZMW-EPS bestätigen das mit recht hohen Wahrscheinlichkeiten von
30 bis 50 % für Sturmböen (Bft 10) bis ins Flachland. Auch für schwere Sturmböen
(Bft 10) oder orkanartige Böen (Bft 11) gibt es zumindest schwache Hinweise. Am
ehesten dürften diese starken Böen aber wohl im Zusammenhang mit Schauern oder
Gewittern auftreten.

Beim Niederschlag wird vom EFI ebenfalls der Donnerstag hervorgehoben. Dabei
sind vor allem nach Süden hin deutlich erhöhte Werte bis 1.0 festzustellen. Der
meiste Regen fällt COSMO LEPS zufolge jedoch in einem 24-stündigen Zeitraum bis
zum Donnerstagmorgen. Dabei sind Mengen von 30 mm/24 Stunden mit bis zu 50 %
Wahrscheinlichkeit möglich, mehr als 50 mm werden immerhin mit 10 bis 20 %
Wahrscheinlichkeit in den Staulagen der westlichen Mittelgebirge angeboten,
sodass es dort lokal zu Unwettern kommen kann. In den Folgetagen weist EFI keine
Auffälligkeiten mehr bezüglich Regen auf, nach COSMO LEPS gibt es am Sonntag und
Montag aber erneut schwache Hinweise auf größere Regenmengen.

Darüber hinaus zeigt EFI Hinweise für zu kalte Temperaturen vor allem ab
Freitag. Nachtfrost sollte aufgrund fehlender Ausstrahlung bei meist vorhandener
Bewölkung aber noch kein Thema sein.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW-MOS, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler