DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-09-2017 09:00
SXEU31 DWAV 070800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 07.09.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz
Im Westen von Freitag auf Samstag Dauerregen, Unwetter nicht ausgeschlossen.
Ansonsten zeitweise windig mit stürmischen Böen an den Küsten und auf den
Bergen.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland unterhalb einer westnordwestlichen
Höhenströmung. Darin eingebettet, schwenkt ein Randtrog über dem
deutsch-polnischen Grenzgebiet rasch über Polen hinweg ostwärts, gefolgt von
einem flachen Höhenrücken, der bis zum Abend Norddeutschland ostwärts überquert.
Die Südhälfte gerät dagegen auf die Vorderseite eines flachen Randtroges, der
abends den Südwesten des Landes erreicht. Allerdings sind auch dort aufgrund von
KLA keine nennenswerten Hebungsantriebe auszumachen.
Im Bodenfeld verlagert sich ein Tiefdruckgebiet über der polnischen Ostseeküste
bis zum Abend ostwärts nach Weißrussland und füllt sich dabei allmählich auf.
Von Westen her folgt ein flacher Hochkeil, so dass der aktuell noch recht scharf
ausgeprägte Druckgradient im Norden und Nordosten allmählich auffächert.
Mit dem oben erwähnten Randtrog gelangt heute vorübergehend ein Schwall etwas
höhenkälterer Meeresluft in den Norden und Osten Deutschlands sowie in die
mittleren Landesteile, innerhalb derer es bereits aktuell einzelne Schauer gibt.
Vor allem niedertroposphärisch ist die Luftmasse leicht instabil geschichtet,
ICON-EU simuliert eine ML-Cape von etwa 50 bis 150 J/kg. Somit lebt die
Schauertätigkeit im Laufe des Vormittags vorübergehend noch etwas auf, ehe am
Nachmittag und Abend mit Annäherung des Höhenrückens Stabilisierung einsetzt.
Allerdings ist die Luftmasse nicht hochreichend labil geschichtet, eine
"Sperrschicht" befindet sich in etwa 700 bis 600 hPa. Somit reicht es wohl nur
für einzelne Schauer, aber wohl kaum für Gewitter, wenngleich vereinzelte nicht
komplett ausgeschlossen werden sollten.
Der Wind weht im Norden und Osten zunächst noch recht lebhaft aus Nordwest mit
Böen Bft 7 vor allem entlang der Ostseeküste und im Vormittagsverlauf
vorübergehend auch im nordostdeutschen Binnenland. Entlang der vorpommerschen
Küste und auf dem Brocken kann es anfangs auch stürmische Böen (Bft 8) geben.
Nachmittags und abends nimmt der Wind dann allmählich wieder ab.
Im Süden und Westen verläuft der Tag innerhalb eines dorthin gerichteten
Bodenhochkeils wettertechnisch ruhig, vor allem südlich der Donau kann es
anfangs noch vereinzelte leichte Schauer geben. Von Südwesten her lockern die
Wolken dort im Tagesverlauf dann auch zeitweise auf.
Die Temperaturen steigen in der eingeflossenen Meeresluft subpolaren Ursprungs
(5 bis 8 Grad in 850 hPa) auf Werte zwischen 16 und 22 Grad mit den höchsten
Werten dort, wo die Sonne am häufigsten scheint, nämlich an Ober- und Hochrhein.


In der Nacht zum Freitag verlagert sich ein markanter Langwellentrog nach
Nordwesteuropa. Nach Abzug des Höhenrückens dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet auf Westsüdwest und ist vor allem im Nordwesten zunehmend
diffluent konturiert. Entsprechend verstärkt sich dort der synoptisch-skalige
Hebungsantrieb, welcher in erster Linie WLA geschuldet ist, ausgangs der Nacht
aber zunehmend durch PVA gestützt wird.
Im Bodenfeld verlagert sich ein Tiefdruckgebiet unter weiterer leichter
Vertiefung ins Seegebiet nördlich von Schottland. Die zugehörige Warmfront
überquert im Laufe der Nacht den Nordwesten und Norden des Landes nordostwärts,
die Kaltfront erreicht in den Frühstunden die Deutsche Bucht. Im Vorfeld setzen
im Nordwesten vor allem im Laufe der zweiten Nachthälfte schauerartige
Regenfälle ein.
Mit Annäherung der Kaltfront verschärft sich der Druckgradient vor allem über
dem Nordwesten des Landes deutlich und der Wind dreht auf Süd bis Südwest
zurück. Im Nordseeumfeld gibt es im Laufe der zweiten Nachthälfte recht
verbreitet steife Böen (Bft 7), über der offenen Nordsee auch stürmische Böen
(Bft 8), auf Helgoland in der Früh eventuell Sturmböen (Bft 9). Auch auf dem
Brocken reicht es eventuell bereits wieder für Böen Bft 8 und im äußersten
Westen in den dafür anfälligen Gegenden (Aachener Bucht) für einzelne steife
Böen.
Im Süden und Osten verläuft die Nacht dagegen noch ruhig, vor allem im Süden oft
auch gering bewölkt. Dort kann sich stellenweise Nebel bilden, ansonsten sind
wohl keine Warnungen erforderlich.

Freitag... verlagert der Höhentrog sein Drehzentrum nach Schottland und weitet
sich über die Britischen Inseln etwas nach Süden aus, wobei die Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet etwas auf Südwest zurückdreht und wir weiterhin auf
der diffluenten Vorderseite bleiben. Dabei wird vor allem über dem Nordwesten
und Westen Deutschlands weiterhin recht markante Hebung generiert, die zunehmend
PVA geschuldet ist.
Im Bodenfeld greift die Kaltfront des nach Färöer ziehenden Tiefs auf den
Nordwesten des Landes über, kommt aber aufgrund ihrer zunehmend
höhenströmungsparallelen Lage kaum mehr südostwärts voran, wobei sich zum Abend
hin auch noch eine flache Welle annähert. Die schauerartigen Regenfälle in ihrem
unmittelbaren Einflussbereich weiten sich bis zum Abend etwa bis zu einer Linie
Mosel - Oderbruch aus. Vor allem in den Südweststaulagen der westdeutschen
Mittelgebirge, nach ICON auch im Ruhrgebiet, dauern die Niederschläge länger,
auch über die Nacht zum Samstag hinaus an. Dort simulieren alle vorliegenden
Modelle recht unisono bis Samstagvormittag Mengen zwischen 30 und 50 mm in 24
Stunden, vor allem ICON-EU gebietsweise auch bis an die 60 mm (Unwetter). Die
probabilistischen Verfahren - noch auf Basis der gestrigen 12 UTC-Läufe - geben
dagegen im Westen kaum Signale für mehr als 50 mm in 24 h, sondern eher im
Bereich der Deutschen Bucht. Bezüglich eventueller Unwetter-Dauerregenwarnungen
sollte der Ball erst einmal noch entsprechend flach gehalten werden, von
markanten Warnungen kann hingegen schon ausgegangen werden.
Postfrontal gelangt im Tagesverlauf in den äußersten Nordwesten eine
höhenkältere (um -20 Grad in 500 hPa, 6 bis 7 Grad in 850 hPa) und vor allem
über dem relativ warmen Nordseewasser recht instabil geschichtete Luftmasse. Zum
Nachmittag hin werden dort ML-Cape-Werte von etwa 100 bis 200 J/kg simuliert und
entsprechend auch Schauer und Gewitter, wobei Starkregen nicht ausgeschlossen
ist.
Von Warnrelevanz bleibt auch der Wind, denn der recht scharf ausgeprägte
präfrontale Druckgradient weitet sich noch ein wenig südwärts aus. Somit ist vor
allem im Norden und Westen sowie in den mittleren Landesteilen recht verbreitet
mit Böen Bft 7 aus Süd bis Südwest zu rechnen. An den Küsten kann es auch
stürmische Böen (Bft 8) und auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln Sturmböen (Bft
9) geben. Erst zum Nachmittag und Abend fächert der Gradient vor allem
postfrontal wieder auf und der Wind lässt allgemein nach.
Der Süden und Südosten werden vom ganzen zyklonalen Geschehen erst einmal kaum
tangiert. Dort scheint häufig die Sonne und vorderseitig wird vorübergehend auch
ein Schwall recht warmer Meeresluft dorthin advehiert mit Temperaturen um 10
Grad in 850 hPa. Entsprechend steigen die Temperaturen dort auf Höchstwerte
zwischen 19 und 24 Grad, während sonst etwa 15 bis 19 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die flache Welle entlang des
Frontensystems nordostwärts und erst danach kommt es ein wenig nach Südosten
voran. Mit Ausweitung des Höhentroges nach Frankreich steilt die Höhenströmung
weiter auf und entsprechend nimmt auch das Frontensystem eine etwas
meridionalere Ausrichtung an. Somit setzt auch im Südwesten (Pfalz, Nordbaden)
Regen ein, während er in Brandenburg eher nachlässt. Vor allem im westlichen
Bergland regnet es weiterhin teils länger andauernd (Konsequenzen: Siehe weiter
oben). Postfrontal können sich vor allem über dem warmen Nordseewasser mit
diabatischer Unterstützung weiterhin einzelne Schauer und Gewitter entwickeln,
wobei auch Starkregen und Böen Bft 7 bis 8 nicht ausgeschlossen sind.
Etwas unsicher gestaltet sich noch die Windprognose. Während ICON-EU die
durchziehende Welle nur recht flach simuliert und entsprechend auch weiter
abnehmende Winde (lediglich auf den Bergen noch Böen Bft 8), haben sowohl GFS
von 00 UTC als auch ECMWF die Welle etwas markanter im Programm, so dass es auf
deren Vorderseite noch häufiger und auch in den Niederungen für Böen Bft 7, nach
ECMWF vereinzelt auch für Bft 8 reichen könnte.
Im Südosten verläuft die Nacht dagegen nochmals ruhig und weitgehend warnfrei.
Stellenweise kann sich allerdings Nebel bilden.

Samstag... greift der Trog auf die Nordsee über und weitet sich über Frankreich
hinweg südwärts bis ins westliche Mittelmeer aus. Damit steilt die Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet weiter auf. Im Laufe des Tages verlagert sich dabei
ein flacher, vor allem in 300 hPa einigermaßen auszumachender Kurzwellentrog
nach Westdeutschland, vorderseitig bleibt vor allem aufgrund von PVA recht
markante Hebung wirksam.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront dadurch jetzt doch etwas rascher nach Osten
voran und überquert am Abend auch den Osten und äußersten Südosten. Somit
klingen die länger anhaltenden Niederschläge im Westen am Vormittag rasch ab.
Mit Annäherung des Kurzwellentroges verstärkt sich der Hebungsantrieb allerdings
vor allem postfrontal im Südwesten des Landes, so dass dort (Oberschwaben bis
Oberfranken) teils länger anhaltende Regenfälle, meist aber nur mit leichter bis
mäßiger Intensität einsetzen. Die Front nimmt also zunehmend Anafrontcharakter
an. Warnrelevante Mengen bis knapp über 25 mm in 12 Stunden hat aber lediglich
ICON-EU und auch nur im westlichen Oberallgäu auf der Karte.
Postfrontal gelangt hochreichend labil geschichtete Meeresluft subpolaren
Ursprungs (um -20 Grad in 500 hpa, +6 bis +7 Grad in 850 hPa) in die gesamte
Westhälfte und in den Nordwesten des Landes. Dabei wird eine ML-Cape von etwa
100 bis 300 J/kg bei PPW-Werten um 20 mm, über der Nordsee bis 25 mm simuliert.
Die Folge sind neben häufigen Schauern auch einzelne Gewitter, eventuell auch
lokal eng begrenzt mit Starkregen und stürmischen Böen. Schwerpunkte der
konvektiven Aktivität dürfte das Nordseeumfeld sein. ICON-EU simuliert dort in
12 Stunden verbreitet über 5 mm, in den Staulagen des Schwarzwaldes sogar über
10 mm, ansonsten allgemein, abgesehen von einigen Mittelgebirgslagen, weniger
als 5 mm.
Präfrontal gelangt der äußerste Südosten Bayerns eventuell noch einmal in den
Einflussbereich instabilerer Luftmassen, wobei die höchste Cape eher weiter
östlich simuliert wird. Bei PPW-Werten über 25 mm sind dann allerdings einzelne
kräftige Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen nicht ausgeschlossen, die
ganze Entwicklung diesbezüglich ist aber noch sehr fraglich.
Ähnliches gilt auch für die Windprognose. Im unmittelbaren Vorfeld der Kaltfront
verschärft sich der Druckgradient vorübergehend wieder ein wenig und es gibt
dort einzelne steife Böen (Bft 7) aus Südwest, in höheren Lagen auch stürmische
Böen. ECMWF simuliert zudem noch ein etwas markanteres Bodentief unmittelbar
trogvorderseitig über der Deutschen Bucht, an dessen Südseite der Druckgradient
gegenüber der GFS- und ICON-EU-Version erneut etwas schärfer simuliert wird.
Entsprechend taucht auch innerhalb der Windprognose des ECMWF vor allem im
Westen und Norden häufiger mal die BFT 7 auf, im Nordseeumfeld auch die Bft 8.
Die Sonne zeigt sich am ehesten nochmal präfrontal in Südostbayern und in der
Lausitz, aber auch im Westen und Nordwesten kommt sie zwischen den Schauern ab
und zu mal durch. Die Temperaturen steigen meist auf 15 bis 20 Grad, im Südosten
kann es mit Werten bis 22 oder 23 Grad noch einmal etwas wärmer werden.

In der Nacht zum Sonntag kommt die Trogachse weiterhin nur zögernd nach Osten
voran und wir bleiben noch knapp östlich. Im Bodenfeld kommt es über Oberitalien
zu einer Zyklogenese, wodurch die Front über den Alpen zurückgehalten wird. Nach
wie vor wird dort Hebung simuliert, die auch den bayerischen Alpenrand und das
angrenzende Alpenvorland beeinflusst. Dort regnet es teils länger anhaltend,
direkt am Alpenrand simulieren nahezu alle Modelle markanten Warnkriterien
genügende Regenmengen.
Ansonsten klingen die Niederschläge mit Abzug der Kaltfront ab und auch die
Schauer im Westen und Norden werden allmählich weniger. Vor allem im
Nordseeumfeld und an der Ostsee kommt die Schauertätigkeit aber wohl nicht
komplett zum Erliegen, dort sind auch kurze Gewitter möglich.. Ansonsten lockern
die Wolken auch mal stärker auf, so dass sich örtlich Nebel bilden kann. Der
Wind lässt allgemein, auch auf den Bergen, nach.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen alle eine ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristbereich. Bzgl. der anstehenden Dauerregenlage sind sich die Modelle,
was die räumliche Verteilung angeht, in etwa einig, Mengen bis in den
Unwetterbereich zeigt nur ICON-EU, GFS und ECMWF sind mit knapp 50 mm in 24
Stunden als Maximalwert aber nicht weit davon entfernt. Hier sind noch die
Ergebnisse der probabilistischen Verfahren abzuwarten, aus aktueller Sicht
empfiehlt sich aber erst einmal die Ausgabe markanter Warnungen, die im
Bedarfsfall dann immer noch aufgestockt werden kann.
Auch die Windentwicklung ist ab der Nacht zum Samstag noch mit leichten
Unsicherheiten behaftet, wie im Text bereits erläutert wurde.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff