DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-09-2017 21:00
SXEU31 DWAV 061800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 06.09.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An der Ostsee vor allem nachts stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen. Am Freitag
und Samstag ganz im Nordwesten und in Staulagen Westdeutschlands Stark- und
Dauerregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir in einer westlichen Strömung mit der ein Trog über den
Norden hinweg nach Osten schwenkt. Das eingelagerte Höhentief zieht nachts von
Schleswig-Holstein über Vorpommern nach Nordwestpolen. Die zugehörige
Bodenrinne, in die auch ein Frontensystem eingelagert ist, wird durch den hohen
Druck über Nordeuropa blockiert und kommt über die Ostsee kaum nach Norden
voran. Das eingelagerte Tief intensiviert sich dabei noch und wandert zur
polnischen Ostseeküste.
Dabei wird die anfangs noch im Osten wetterbestimmende warme und feuchte
Luftmasse von kühlerer Meeresluft verdrängt. An der entsprechenden Kaltfront,
bzw. im Bereich des nachfolgenden Troges kommt es anfangs im Nordosten noch zu
Gewittern, die aber rasch ostwärts abziehen. Danach gibt es an den Küsten
Schauer, anfangs auch am Alpenrand und im südöstlichsten Bayern. Im Laufe der
Nacht ist es aber auch damit vorbei, da sich ein flacher Rücken von Westen nach
Deutschland hereinschiebt. Dabei
beruhigt sich das Wetter zusehends und teilweise lockert die Bewölkung stärker
auf.
Nur die Regionen in Ostseenähe, vor allem an der vorpommerschen Ostseeküste sind
nahe der Tiefdruckrinne über der Ostsee, Hebungsprozessen durch WLA unterworfen,
so dass es dort noch längere Zeit schauerartigen Regen geben dürfte, der aber
nicht warnwürdig wird.
Der recht scharfe Gradient bleibt dem Norden erhalten, tagesgangbedingt und mit
Abnahme der Schaueraktivität lässt der Wind im Binnenland aber deutlich nach,
während an der Ostsee der Wind erst in den Abendstunden zulegt. Vor allem an den
Küsten und im Bergland sind weiter Bft 7 bis Bft 8 zu erwarten, an der Ostsee
vereinzelt bis Bft 9, abgesehen von den Windwarnungen sind nachts keine
Warnungen mehr nötig.

Donnerstag ... fächert die Höhenströmung deutlich auf, wobei im Norden eher ein
flacher Rücken durchzieht, während sich im Süden ein Trog nähert. Bei flauer
Strömung werden dadurch aber keine nennenswerten Hebungsantriebe generiert.
Schwache Kaltluftadvektion und die teilweise konfluente Höhenströmung sorgen
meist für Absinken, was sich vor allem in der Südhälfte in schwachem
Hochdruckeinfluss niederschlägt, während der Norden am Rand der zonalen
Hochdruckzone in einer westlichen Strömung liegt.
Dort kann es an der vorpommerschen Ostseeküste und in den angrenzenden Gebieten
noch zeitweise regnen, nahe der nur zögernd abziehenden Tiefdruckrinne.
Die Schichtung ist in der Nordhälfte in der unteren Troposphäre leicht instabil,
so dass es für schwache Schauer reichen kann.
Im Süden bleibt es abgesehen von ganz vereinzelten Schauern im Bergland trocken.

Der Wind frischt vor allem an den Küsten und im nordöstlichen Binnenland
zeitweise stärker auf mit Böen der Stärke 7 aus westlichen Richtungen. Auch im
höheren Bergland über der Mitte und dem Süden sind Bft 7 bis 8 möglich.
Warnrelevant sind aber wohl nur die Böen an den Küsten und im Nordosten.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich ein markanter Langwellentrog in den
Nordwesten Europas, auf dessen Vorderseite sich das ins Seegebiet zwischen
Island und Schottland ziehende Tief noch verstärkt. Die Ausläufer dieses Tiefs
greifen mit auffrischendem Wind und Regen im Laufe der Nacht auf den Nordwesten
über. An der Nordsee sind Windböen, exponiert stürmische Böen möglich, auf dem
Brocken gibt es Sturmböen.
Ansonsten geht die Nacht ruhig über die Bühne mit örtlichem Nebel, wo
es länger klar bleibt (vor allem im Südosten). Ansonsten macht sich
die Annäherung der Tiefausläufer in zunehmender Bewölkung bemerkbar.

Freitag ... nähert sich der Trog von NW weiter an, wobei sich das Drehzentrum
des eingelagerten hochreichenden Tiefs nach Schottland verlagert. Auf seiner
Vorderseite dreht die Strömung nach Südwest zurück. Die Warmfront zieht über den
Norden hinweg, bevor die Kaltfront im Tagesverlauf von Nordwesten her übergreift
und vorübergehend höhenströmungsparallel schleifend über Deutschland liegt.
Dabei wird mit auffrischendem Südwestwind in den Süden wieder etwas wärmere Luft
advehiert, während der Nordwesten rasch auf die Rückseite des Tiefausläufers und
wieder in den Zustrom kühler Meeresluft gelangt.

Über der Mitte und im Nordwesten frischt der Wind auf mit Böen Bft 7, teilweise
bis ins Flachland. An den Küsten werden Bft 7 bis 9 erreicht, das Windmaximum
dürfte zunächst an der Nordsee liegen, nachmittags dann aber eher an der
Ostseeküste zu finden sein. Im Bergland sind starke bis stürmische Böen zu
erwarten, exponiert auf dem Brocken schwere Sturmböen oder orkanartige Böen.
Dazu kommt nach ICON Lesart nordwestlich einer Linie von der Mosel über den Harz
bis zur Uckermark im Tagesverlauf Regen auf, der lokal vielleicht auch Stark-
oder Dauerregenschwellen tangiert. Die Modelle sind diesbezüglich noch
uneinheitlich, die Ensembleverfahren liefern geringe Wahrscheinlichkeiten für
das Bergische Land und sowie von der Nordsee bis Nordfriesland. Dort fällt ein
Teil des Regens in Schauerform, da dort postfrontal und in zunehmend höhenkalter
Luft die Bewölkung wieder auflockert und sich Schauer einstellen, teilweise auch
Gewitter. Die über der "warmen" Nordsee diabatische Unterstützung erhalten.

Im Süden und Südosten passiert auf jeden Fall noch nicht so viel, mal
abgesehen von dem im Bergland weiter auffrischendem Südwestwind, der
in einigen Hochlagen Sturmstärke erreicht.

In der Nacht zum Freitag bildet sich an der schleifenden Front eine Welle, die
vom Südwesten über die Mitte in den Nordosten zieht. Von NRW und Rheinland-Pfalz
bis nach Mecklenburg und ins südliche Schleswig-Holstein fällt dabei Regen,
wobei die Zugbahn der Welle noch unsicher ist. Vor allem im Südwesten werden
recht große Niederschlagssummen simuliert, die Warnschwellen vor Dauerregen
überschreiten können. Im Nordwesten, besonders im Nordseeumfeld kann es teils
kräftige Schauer und Gewitter geben. Präfrontal bleibt es weitgehend trocken und
warnfrei. Während der Wind an den Küsten mehr und mehr abflaut gibt es in
Hochlagen weiter stürmische Böen oder Sturmböen aus SW.

Samstag ... zieht die Welle über den Norden ab Richtung Seeland. Rückseitig
kommt die Kaltfront beschleunigt nach Osten voran und überquert bis zum Abend
mit Ausnahme des äußersten Ostens und Südostens Deutschland zum größten Teil
ostwärts. Der Regen zieht ebenfalls zunächst nach Norden ab, bevor aus den Alpen
heraus und von Schweiz her möglicherweise neuer Regen einsetzt, der durch einen
weiteren kurzwelligen Troganteil ausgelöst wird. Im Südosten können sich
präfrontal einzelne Gewitter mit Starkregen entwickeln, ebenso wie ganz im
Westen wo der Haupttrog mit höhenkalter näherkommt. Dort ist die
Starkregengefahr aber nur gering.
Der Wind frischt im Bergland und an den Küsten zeitweise stärker auf aus
südwestlichen Richtungen. Im höheren Bergland mit Bft 7 bis 9, an den Küsten
meist Bft 7.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Ablauf wird relativ einheitlich simuliert. Was die Entwicklung am Freitag
und Samstag angeht, gibt es Unschärfen was das Timing und Menge der
Niederschläge sowie die Zugbahn der Welle angeht. Aus jetziger Sicht können
Dauerregenwarnungen nötig werden, die Teile des Nordseeumfelds (dort vielleicht
auch Starkregen, vor allem am Freitag) betreffen sowie Staulagen des Westens,
wobei dort das Bergische Land herausgearbeitet wird, vom Freitag bis in den
Samstag. Für unwetterartige Mengen reicht es aus jetziger Sicht nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner