DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-08-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.08.2017 um 10.30 UTC



Leicht wechselhaft bei relativ hohen Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 27.08.2017


Der Mittelfristzeitraum startet am kommenden Mittwoch mit einem mäandrierenden
Strömungsmuster, in dem sich Deutschland zwischen einem nun wohl doch endlich
nach Osten abziehenden Langwellentrog und einem von Westen übergreifenden
Höhenrücken liegt. Über dem nahen Osttalantik befindet sich ein weiterer Trog
mit eingelagertem Höhentief, der aber deutlich flacher konturiert ist als sein
Pendant auf dem Kontinent.
Wie auch immer, die zum Rücken korrespondierende, meridional angeordnete
Bodenhochdruckzone wandert langsam über den Vorhersageraum ostwärts hinweg, was
uns einen ruhigen Tag beschert. Dabei steigt die Temperatur von Südwesten her
sukzessive an, so dass auch der bis dato leicht unterkühlte Nordosten in den
Genuss von Warmluft gelangt. Bis zum Tagesende jedenfalls steigt die
850-hPa-Temperatur auf 8°C an der Oder und bis zu 18°C in Baden-Württemberg.

Bereits am Donnerstag ist es mit der Herrlichkeit des Rückens schon wieder
vorbei, er wandert unter Abflachung nach Osten ab. Dahinter zonalisiert die
Höhenströmung vorübergehend auf W-SW, wobei ein eingelagerter flacher
Sekundärtrog über Deutschland ost-nordostwärts schwenkt. Er "schiebt" einen
Bodentrog vor sich her, der die südlichste Ausbuchtung einer umfangreichen
Tiefdruckzone über Nord- und Nordwesteuropa darstellt und in den eine schwache
Kaltfront eingelagert ist. Die Kaltfront zieht von NW her mit schauerartigem
Regen und einzelnen präfrontalen Gewittern über uns hinweg, wird aber irgendwo
über der südlichen Mitte stationär, wo sie eine zonale Exposition annimmt.
Rückseitig gelangt eine Portion gemäßigter, nicht wirklich kühler Meeresluft in
den Norden, in der die 850-hPa-Temperatur am Freitag allgemein auf 10-6°C
zurückgeht. Im Süden dagegen bleibt es sehr warm bis heiß mit 15 bis 19°C im
gleichen Druckniveau.

Am Wochenende steigt das Potenzial wieder an und es wölbt sich ein neuer Rücken
über Mitteleuropa auf. Ursache dafür ist ein hochreichendes Tief, das das
"alte", unweit von Schottland positionierte Höhentief auf dessen Westflanke
südostwärts umläuft und auf die Iberische Halbinsel zusteuert. Dabei kommt es
über dem nahen Ostatlantik zu einer vorübergehenden Austrogung nebst
vorderseitiger signifikanter WLA, die den Potenzialgewinn bei uns erklärt. Doch
nicht nur das, mit der niedertroposphärisch südwestlichen Strömung wird fette
Subtropikluft nord-nordostwärts verfrachtet, was am Ende des Samstags rund 13°C
im äußersten Norden und bis zu 22°C am Alpenrand bedeutet - in 850 hPa versteht
sich.
Am Sonntag wandert der Rücken zügig nach Osten ab und von NW her greift die
relativ glatt gezeichnete Frontalzone auf den Vorhersageraum über. Auch die
Bodenströmung nimmt eine zunehmend west-südwestliche Konfiguration an (tiefer
Luftdruck über Nord-, hoher Luftdruck über Südeuropa). Von NW her greift erneut
eine aus heutiger Sicht eher schwache Kaltfront über, die sich aufgrund ihrer
strömungsparallelen Ausrichtung aber äußerst schwer tut, Boden nach Süden hin
gutzumachen. So verwundert es denn auch nicht, dass am Sonntagabend ein
veritables Süd-Nord-Gefälle der Temperatur vorliegt. Während es an der Nordsee
rund 10°C in 850 hPa sind, stehen in Südostbayern immer noch 21°C auf der Karte.


In der erweiterten Mittelfrist ab Montag simuliert IFS bei uns und Umgebung ein
zonales Strömungsmuster, das dem Großwetterlagentypus Wa (West antizyklonale
oder auch nördliche Westlage) am nächsten kommt. Die Isothermen verlaufen
entsprechend weitgehend zonal und weisen nach wie vor ein großes Gefälle von Süd
nach Nord auf.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Nachdem die Konsistenz des IFS-Modells vom ECMF in den vergangenen Tagen nicht
unbedingt mit einem Gütesiegel versehen werden konnte, scheint sich das Modell
nun wieder einigermaßen einzupendeln. Die von den jüngsten Läufen offerierte
Grundstruktur der großräumigen Strömung lässt sich auch in der heutigen
00-UTC-Version gut wiederfinden. Dass dabei keine 100%ige Kongruenz erzielt
wird, ist normal. Vor allem hinsichtlich des Übergreifens der Frontalzone ab
Sonntag/Montag scheint noch nicht das letzte Wort gesprochen. So würde nach dem
aktuellen Szenario die sehr warme bis heiße Luft, die am kommenden Wochenende
bei uns noch mal voll zuschlägt, auch an den Folgetagen zumindest im Süden des
Landes verbleiben.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Anfangs zeigen sich die an dieser Stelle für gewöhnlich begutachteten
Globalmodelle weitgehend solidarisch ohne signifikante Unterschiede. Das ändert
sich dann zum nächsten Wochenende, wenn die Muster beginnen zu divergieren. So
misst z.B. GFS dem o.e. Potenzialgewinn am Samstag weit weniger Bedeutung zu,
was unter dem Strich ein bis nach Süden reichendes zyklonaleres Szenario zur
Folge hätte. ICON wiederum prognostiziert den Rücken und auch weniger
progressiv, was einen Sonntag unter Hochdruckeinfluss bedeuten würde. Tja, und
dann wären da noch die Kanadier mit dem GEM, die ebenfalls ein weitgehend
zyklonal geprägtes Wochenende im Programm haben und den Rücken erst am Montag
übergreifen lassen, wenn auch nur von kurzer Dauer.
FAZIT: Am Wochenende nimmt die Vorhersageunsicherheit aus rein deterministischen
Gesichtspunkten zu.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Sowohl die Rauchfahnen von ECMF-EPS als auch die von GFS-EPS laufen etwa bis
Donnerstag auf passablen Bahnen ohne die ganz große Streuung. Das ändert sich ab
Freitag (beim Potenzial 500 hPa etwas später), wenn der Spread deutlich zunimmt,
ohne dass sich dabei ein eindeutiger Trend herausstellt. Bei ECMF-EPS fällt auf,
dass sich Haupt- und Kontrolllauf vor allem im Süden (beim Potenzial sogar
grundsätzlich) weit oben in der Kurvenschar aufhalten. Bei GFS wiederum sind die
beiden "Strategen" eher nach unten orientiert. Fakt ist, dass nach einem
weitgehend trocken simulierten Mittwoch die RR-Signale in allen Regionen
Deutschlands zunehmen, ohne dass sich dabei Maximum herauslesen ließe.
Mit anderen Worten: nix Genaues weiß man nicht - ein Sachverhalt, der einem in
der Vorhersagemeteorologie öfters mal über den Weg läuft.
Fast schon müßig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass uns die Clusterung
von ECMF-EPS auch nicht wirklich nach vorne bringt. Sechs Cluster sind es für
T+120...168h (Freitag bis Sonntag) und fünf Cluster für T+192...240 (Montag bis
Mittwoch), wobei der Verfasser bewusst darauf verzichtet, die Belegungszahlen
anzugeben. Nur so viel an dieser Stelle: Das Übergreifen der Frontalzone bereits
am Sonntag nimmt eine Außenseiterstellung ein (CL 5), wahrscheinlicher ist eine
antizyklonale Südwestlage. Und nach dem Wochenende ist dann fast alles drin -
außer Schnee.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Ab Donnerstag nimmt die GEWITTERneigung von Westen her zu, wobei sicherlich auch
kräftigere Entwicklungen dabei sein können. Die Numerik hält sich mit klaren
Hinweisen aber noch zurück.
Ab Freitag wird die Entwicklung dann immer unsicherer. GEWITTER dürften eher im
Süden auftreten, wo zudem die Möglichkeit einer hohen WÄRMEBELATUNG gegeben ist.

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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und etwas Bauchgefühl.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann