DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-08-2017 09:00
SXEU31 DWAV 030800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.08.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z
Zunächst im Süden, ab Mittag im Nordosten und später auch im Süden einzelne und
zum Teil starke Gewitter. Unwetter durch Hagel und schwere Sturm- oder
orkanartige Böen nicht auszuschließen. Am Freitag ganz im Süden noch einmal
Gewitter, aber nur geringe Unwettergefahr, vor allem durch heftigen Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland zunächst noch an der Vorderseite eines Troges
über den Britischen Inseln und somit unter einer südwestlichen Strömung. Dieser
Trog, der Bestandteil eines Zentraltiefs mit Zentrum über Schottland ist,
verlagert sich ostwärts und greift im Tagesverlauf auf den Nordwesten
Deutschlands über und schwenkt nach Nordosten. Zuvor steilt die Strömung noch
einmal auf, so dass die feuchtlabile Luft, die zunächst über dem Süden
Deutschlands zu finden ist, im Osten nach Norden vorstößt.
Die Luftmasse ist nach wie vor sehr labil, CAPE erreicht erneut mehr als 1500
J/kg (anhand der 00 UTC-Sondierungen bereits bis 2000 J/kg), der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser liegt (gemessen) bei 30 bis 40 und prognostiziert bis
45 mm, d.h. das Potential für Gewitter bis hin zum Unwetter mit allen
Begleiterscheinungen ist durchaus gegeben. Der Oberwind erreicht im 850
hPa-Niveau 50 kt und in 700 hPa 60 kt, wodurch bei konvektiven Umlagerungen die
Gefahr schwerer Sturm- oder orkanartiger Böen vorhanden. Hinzu kommt die
kräftige Scherung, die sowohl niedertroposphärisch als auch bis in höhere
Troposphärenschichten hinauf reichend erkennbar ist und Stoff für organisierte
und langlebige hochreichende Konvektion liefert. Was aktuell noch etwas fehlt,
ist Hebung. Diese wird aber spätestens ab dem Vormittag durch den
hereinschwenkenden Trog geliefert. Am gefährdetsten sind hierbei der Nordosten
und der Osten bis hin zum östlichen Mittelgebirgsraum. Etwas entschärft könnte
die Situation durch die rasche Passage des Troges werden. Wenn der konvektive
Tagesgang seine maximale Wirkung entfaltet, ist der Trog bereits nach Osten
abgezogen. Aber auch im Süden können sich einzelne und zum Teil heftige Gewitter
bis hin zum Unwetter entwickeln, auch wenn dort der Hebungsantrieb durch den
o.g. Trog nicht so gegeben ist und auch die Scherung niedrigere Werte aufweist
als im Nordosten und im Osten. Für Starkregen und größeren Hagel bis in den
Unwetterbereich hinein sollte es jedoch vor allem am östlichen Alpenrand noch
reichen.
Deutlich entspannter stellt sich die Situation im Nordwesten und Westen
Deutschlands dar. Auf der Rückseite des diesem Trog vorgelagerten Frontensystems
strömt mäßig warme und vor allem stabil geschichtete Luft ein, so dass dort die
Voraussetzungen für hochreichende Konvektion wahrscheinlich nicht mehr gegeben
sind. Mit dem Übergreifen dieses Frontensystems frischt der Wind auf, so dass
dort und auch in den mittleren Gebieten vor allem in freien Lagen Windböen, an
der Nordsee und in Berglagen stürmische Böen und exponiert auch Sturmböen
auftreten können.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Süden und Osten 28 bis 32 Grad, im
Norden und Westen sind 22 bis 28 und unmittelbar an der See Werte um 20 Grad zu
erwarten.
In der Nacht zum Freitag setzt sich nach Passage des Troges eine
west-südwestliche Strömung durch. Die feuchtwarme und labilste Luft wird aus dem
Osten hierdurch abgedrängt, bleibt aber über dem Südosten Deutschlands noch
bestehen, so dass etwa vom Hochrhein und südlichen Schwarzwald bis hin zu den
Alpen und zum Bayerischen Wald die Konvektion (anfangs noch bis hin zu Unwettern
durch heftigen Starkregen) wahrscheinlich nicht so recht oder erst sehr spät zur
Ruhe kommt.

Freitag... überquert ein weiterer, aber deutlich schwächerer Kurzwellentrog
ost-nordostwärts schwenkend den Norden Deutschlands. Dieser Trog ist faktisch
Bestandteil der Frontalzone, die über den Norden Deutschlands hinweg ostwärts
verläuft. Vorderseitig steilt die Strömung kaum noch auf, so dass die
feuchtwarme und labil geschichtete Luftmasse über dem äußersten Süden und
Südosten verbleibt. Ansonsten setzt sich stabil geschichtete und mäßig warme
Luft durch.
Mit der Passage des neuen Kurzwellentroges werden im Norden Schauer ausgelöst,
im nördlichen Schleswig-Holstein sind kurze (Kaltluft)gewitter nicht ganz
auszuschließen. Im weitaus größten Teil Deutschlands bleibt es
niederschlagsfrei. Allerdings frischt im Norden und auch in den mittleren
Gebieten der Wind auf, verbreitet sind Windböen zu erwarten, die vorübergehend
auch einige Regionen südlich der Mittelgebirge erfassen können. An der See und
im Bergland treten stürmische, auf höheren Berggipfeln Sturmböen auf.
Im äußersten Süden und Südosten, wo sich noch feuchtlabile Luft hält, werden
erneut Gewitter ausgelöst, wobei Unwettergefahr im wesentlichen durch heftigen
Starkregen besteht. Am wahrscheinlichsten sind derartige Entwicklungen an den
Alpen. Aber auch hin bis zum Bayerischen Wald sind einzelne und zum Teil heftige
Gewitter nicht ganz auszuschließen, wobei dort die Unwettergefahr zusehends
geringer wird.
Die Temperaturen gehen gegenüber heute etwas zurück. Die 30 Grad-Marke wird
wahrscheinlich nur noch in Teilen Niederbayerns überschritten. Im Süden und
Osten werden ansonsten 24 bis 29, im Norden und Westen 19 bis 24 Grad erreicht.
In der Nacht zum Samstag greift ein weiterer Trog auf die Britischen Inseln
über. Vorderseitig wird die Strömung etwas antizyklonaler. Hierdurch wird ein
Bodenkeil gestützt, der, ausgehend vom Azorenhoch, über Süddeutschland hinweg
bis nach Südpolen reicht. Dieser sollte für eine weitgehende Wetterberuhigung
sorgen. Allerdings sind an der Küste weitere Schauer zu erwarten; auch bleibt es
an der See windig mit Wind- und vor allem an der Ostsee auch noch mit
stürmischen Böen.

Samstag... kräftigt sich der über den Britischen Inseln liegende Trog noch
etwas, wobei sich allerdings nur eine geringe Ostverlagerung abzeichnet. Über
Mitteleuropa steilt demzufolge die Strömung wieder etwas auf. Die Folge ist,
dass die über dem äußersten Süden und Südosten Deutschlands liegende
feuchtlabile Luft im Osten wieder etwas nach Norden vordringt und zumindest den
Bayerischen Wald und möglicherweise sogar den Erzgebirgsraum und die Oberlausitz
erfasst. Die Labilität ist zwar bei weitem nicht so hoch wie an den Tagen zuvor,
so dass hochreichende Konvektion bis hin zu Gewittern wenig wahrscheinlich, aber
nicht ganz auszuschließen ist. Zudem fehlt dynamische Hebung. Anders gestaltet
sich die Situation an den Alpen und im alpennahen Vorland, wo aufgrund der hohen
Labilität noch einmal konvektive Umlagerungen vorstellbar sind, wobei
Unwettergefahr hauptsächlich durch heftigen Starkregen besteht. Für größeren
Hagel sind CAPE und auch Scherung zu gering.
Im weitaus größten Teil Deutschlands sollte es, vielleicht abgesehen von einigen
Schauern an der Küste, weitgehend niederschlagsfrei bleiben. Gegenüber den
Vortagen wird dann auch der Wind schwächer. Warnrelevante Böen sollten dann nur
noch im Küstenbereich auftreten.
Auflockerungen und auch Aufheiterungen sind im Süden und Südosten sowie in
Küstennähe am wahrscheinlichsten. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im
Norden, Westen und in der Mitte 19 bis 24 Grad. Im Osten und im Süden sind 25
bis 30 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Sonntag greift der o.g. Trog auf den Nordwesten Deutschlands
über. Dieser Trog aktiviert die über dem Süden und Südosten Deutschlands
liegende Luftmasse, wodurch sich in diesen Gebieten, d.h. von der Bodenseeregion
bis zum Bayerischen und Oberpfälzer Wald und zu den Alpen, die
Niederschlagstätigkeit verstärken dürfte. Dabei besteht die Gefahr von
Starkregen bis hin zum Unwetter, auch kurze Gewitter sind vorstellbar. Ob diese
schauerartigen Regenfälle und Gewitter dann auch (in abgeschwächter Form) auf
den Erzgebirgsraum und Teile der Lausitz übergreifen, ist noch nicht sicher.
Einzelne Gewitter, die sich im Trogbereich entwickeln, sind auch in Nordseenähe
nicht auszuschließen, wobei die Gefahr von stürmischen Böen besteht.
Im weitaus größten Teil Deutschlands sollte sich in Verbindung mit einer
deutlich frischeren Luftmasse eine Wetterberuhigung durchsetzen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Auch andere hochauflösende Modelle teilen die Einschätzung, dass
heute, bedingt durch das rasche Durchschwenken des Troges, der Tagesgang seine
Wirkung nicht mehr so recht entfalten kann und der Höhepunkt der Konvektion
bereits am frühen Nachmittag erreicht wird.
Deutliche Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Windentwicklung, wenn ICON
und COSMO-DE verglichen werden. Letzteres lässt Windböen nicht so weit ins
Binnenland ausgreifen wie ICON.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann