DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-08-2017 09:00
SXEU31 DWAV 010800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.08.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z
Heute vom Westen nach Ost-Nordost ziehend Gewitter, dabei hohe Unwettergefahr
durch schwere Sturm- und Böen bis hin zu Orkanstärke und heftigen Starkregen
sowie Hagel. Im Süden und ganz im Osten später schwere Gewitter, dort
hauptsächlich Unwettergefahr durch großen Hagel. In der Nacht zum Mittwoch noch
im Südosten und im Osten Gewitter, Unwetter zusehends weniger wahrscheinlich.
Am Mittwoch wahrscheinlich nur noch im Süden Gewitter; dort Unwetter durch
heftigen Starkregen und größeren Hagel nicht auszuschließen. Ansonsten
Entspannung der Lage.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Troges, der von
Schottland über den Westen der Iberischen Halbinsel bis nach Marokko gelangt.
Mit einer südwestlichen Strömung wird daher Luft subtropischen Ursprungs aus dem
westlichen Mittelmeerraum herangeführt. Die Luftmasse ist extrem labil
geschichtet, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser erreicht 40 bis 50 mm und
liegt nur in Küstennähe, ganz im Westen und an den Alpen etwas darunter. Die
Luftmasse heizt sich im Süden und Osten aufgrund der geringen Bewölkung weiter
auf, so dass dort CAPE auf 2000 bis 3000 J/kg steigt. Das sind Werte, die
bereits an tropische Gegebenheiten heranreichen. Da im späteren Tagesverlauf in
der südwestlichen Strömung ein Kurzwellentrog auf den Westen Deutschlands
übergreift und dieser dynamische Hebung liefert, zeichnet sich ein (weiterer)
Höhepunkt der Gewittertätigkeit dieses Sommers ab.
Bereits ab dem frühen Nachmittag dürften nach einer kurzen Wetterberuhigung
erneut unwetterartige Gewitter auf den Westen Deutschlands übergreifen. Danach
zeichnet sich eine staffelartige Struktur ab (die Scherung ist ja sowohl
niedertroposphärisch als auch in höhere Troposphärenschichten hinauf für
organisiertere und langlebige Strukturen hochreichender Konvektion hinreichend).
Diese Staffel überquert rasch die Mitte und den Osten des Vorhersagegebietes und
erreicht am Abend Polen. Dabei besteht Gefahr durch Böen bis hin zu Orkanstärke,
heftigen Starkregen von mehr als 40 mm innerhalb weniger als einer Stunde und
Hagel. Auch rotierdende Strukturen wie Superzellen und vielleicht sogar Tornados
sind nicht ganz auszuschließen. Die Unwetter können dann Extremcharakter
annehmen.
Im Süden und Südosten ist CAPE zunächst noch etwas gedeckelt, aber wenn dort die
hochreichende Konvektion in Gang kommt, besteht zudem Gefahr durch größeren
Hagel um 5 cm.
Im Nordwesten und in Schleswig-Holstein ist die Schichtung einigermaßen stabil,
so dass dort zwar einzelne Gewitter ebenfalls nicht auszuschließen sind, eine
Unwettergefahr aber nicht gegeben ist. In diesen Gebieten erreichen die
Temperaturen 20 bis 25 Grad, wogegen daran anschließend nach Südosten hin 26 bis
32, in den tieferen Lagen Süddeutschlands 32 bis 37 Grad zu erwarten sind.
In der Nacht zum Mittwoch wird der o.g. Kurzwellentrog nach Nordosten geführt.
Danach dreht die Strömung leicht auf West, hat aber nach wie vor einen
südwestlichen Einschlag. Hierdurch dürfte die feuchtwarme und extrem labil
geschichtete Luft nach Polen abgedrängt werden, so dass dort ab der zweiten
Nachthälfte wahrscheinlich keine Gewitter mehr auftreten.
In Süddeutschland bleibt die bisherige Luftmasse jedoch erhalten, so dass dort
die Gewittertätigkeit bis hin zum Unwetter bis in die Frühstunden hinein
andauern kann. Da aber die Scherung zusehends schwächer wird, ist dabei Fokus
auf heftigen Starkregen zu legen.

Mittwoch... bleibt die zyklonale Südwestströmung bestehen, wobei sich ein
weiterer, relativ breiter Sekundärtrog der Biskaya nähert. An dessen Vorderseite
greift Warmluftadvektion auf die Britischen Inseln über, was vor allem
stromabwärts zu einem leichten Geopotentialgewinn führt. Dies hat dann auch über
Mitteleuropa einen schwachen antizyklonalen Einfluss zur Folge. Von einem
Zwischenhoch zu reden, wäre vielleicht übertrieben. Da aber die Strömung vorerst
noch nicht wieder aufsteilt, ändert sich an der Verteilung der Luftmassen
gegenüber der Nacht nur wenig. Im Süden und Südosten hält sich feuchtlabile Luft
mit einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 35 und 40 mm und CAPE bis
2500 J/kg, wogegen sich in den anderen Gebieten eine gemäßigtere Luftmasse
durchsetzt und es nur für einzelne Schauer reichen sollte.
Im Tagesverlauf dürften sich daher im Süden und Südosten erneut Gewitter
entwickeln, wobei allerdings die Scherung deutlich geringer ist als heute.
Unwetterartige Entwicklungen (vor allem durch größeren Hagel, aber auch durch
heftigen Starkregen) sind daher weniger wahrscheinlich als heute, aber nicht
auszuschließen. Vor allem durch die Orografie können entsprechende Entwicklungen
induziert werden.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen im Norden und Nordwesten 20 bis 26 Grad.
In der Mitte und im Süden werden am Nachmittag 27 bis 33 Grad erwartet.
In der Nacht zum Donnerstag greift der nachfolgende Trog auf die Britischen
Inseln über, was die Strömung über Mitteleuropa erneut aufsteilen lässt.
Hierdurch kann sich die feuchtlabile Luftmasse von Süden her wieder etwas mehr
nach Norden bis in die mittleren Gebiete hinein vorarbeiten. Schauerartige
Niederschläge und Gewitter, die in diese Luftmasse eingelagert sind, können dann
wieder auf den Westen, Südwesten und Teile der Mitte übergreifen. Da der Gehalt
an niederschlagbarem Wasser erneut auf mehr als 40 mm steigt, sind
unwetterartige Entwicklungen durch heftigen Starkregen nicht ganz
auszuschließen.

Donnerstag... schwenkt der o.g. Kurzwellentrog über den Nordwesten Deutschlands
hinweg ostwärts. Dieser Kurzwellentrog liefert erneut Hebung, so dass in der bis
dahin bis in die mittleren Gebiete vorgedrungenen Luftmasse Gewitter bis hin zum
Unwetter ausgelöst werden. Da die Scherung erneut zunimmt, sind dann auch
organisiertere Strukturen vorstellbar; zudem zeichnet sich eine rasche
Verlagerung nach Osten ab. Da der Oberwind deutlich zunimmt (im 700 hPa-Niveau
bis 40 kt) ist bzgl. der Unwettergefahr Schwerpunkt auf Böen (bis hin zu
orkanartigen Böen) und im Süden und Osten zusätzlich auf größeren Hagel zu
legen. Heftiger Starkregen ist dann weniger wahrscheinlich als an den Tagen
zuvor, aber vor allem nach Südosten hin nicht auszuschließen.
Im Nordwesten und Westen ist eine gemäßigtere Luftmasse wetterwirksam. Die
Schichtung ist dort stabiler, auch der Gehalt an niederschlagbarem Wasser ist
geringer, so dass dort Gewitter wenig wahrscheinlich sind und Unwetter nicht
auftreten sollten.
Die Temperaturen ändern sich gegenüber Mittwoch nur unwesentlich.
In der Nacht zum Freitag ändert sich die Druck- und Geopotentialverteilung nur
unwesentlich, so dass die zyklonale Südwestlage bestehen bleibt. Hierdurch zeigt
auch die Luftmassengrenze, die feuchtwarme und labil geschichtete Luft im Süden
und Südosten von gemäßigter Luft nordwestlich davon abgrenzt, in ihrer Lage
weitgehend nur wenig Veränderung. Aufgrund der eher west-südwestlichen Strömung
wird die labilste Luft allmählich zu den Alpen abgedrängt, so dass dort die
hochreichende Konvektion erst sehr spät zum Erliegen kommt. Ansonsten zeichnet
sich jedoch eine weitgehende Wetterberuhigung ab.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen ein weitgehend ähnliches Verhalten. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Auch nach anderen Modellen zeichnet sich für heute der Höhepunkt der
Gewitterlage ab.
Unterschiede ergeben sich im Detail des Ablaufs der heutigen Gewitterlage. Nach
der Mehrzahl der hoch auflösenden Modelle erfolgt nach Passage des in Kürze von
Ostfrankreich übergreifenden Clusters eine kurze Wetterberuhigung, bevor sich am
dem frühen Nachmittag eine staffelartige Struktur ausbildet, die bis zum Abend
die Oder überquert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann