DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 131800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zyklonale Nordwestlage mit Trogeinfluss am Freitag (Schauer und Gewitter), Trend
Richtung Brücke Mitteleuropa

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Mitteleuropa in einer straffen südwestlichen
Höhenströmung. Deutschland wird dabei von einem flachen Höhenkeil beeinflusst.
Die rückseitig eines Troges eingeflossene maritime Polarluft gelangt Bodennah
unter den Einfluss eines Richtung Mitteleuropa gerichteten Bodenhochkeils. Die
12 UTC-Sounding zeigen eine starke Absinkinversion zwischen 850 und 850 hPa. An
ihr Laufen im Norden Quellwolken breit, die sich aus der noch relativ feuchten
Grundschicht heraus gebildet haben. Die dabei entstandenen Stratocumlusfelder
lösen sich aber von Süden her immer mehr auf.

In der Nacht zum Freitag wandert der Höherücken aus Deutschland heraus und von
Westen her nähert sich ein Trog mit leicht negativer Achsstellung, der also im
Süden etwas schneller vorankommt als im Norden. Dieser ist bereits jetzt im
Satellitenbild an einem Wolkengebiet (noch ohne wesentliche Niederschläge) über
Frankreich erkennbar. So kommen in der zweiten Nachthälfte im äußersten
Südwesten schauerartige Niederschläge auf, die sich vom Schwarzwald bis zum
Allgäu ausbreiten. Die Blitzaktivität sollte sich aber auf Grund der nur
schwachen Labilität in Grenzen halten. Dennoch besteht örtlich ein geringes
Potential für Starkregen. Sonst wird Deutschland noch Bodennah vom schwächer
werdenden Hochkeil beeinflusst, was weiten Teilen des Landes eine ruhige,
trockene und besonders in der NO-Hälfte recht frische (Tmin vielfach unter 10°C)
Nacht beschert.

Freitag ... greift der gesamte Höhentrog auf den Vorhersageraum über, wobei der
Süd- dem Nordteil weiterhin vorauseilt. Auf der SW-Flanke kristallisiert sich in
300 hPa ein gut definierter Jet heraus, der von der westlichen Nordsee und den
Niederlanden kommend über Westdeutschland bis nach Oberbayern reicht. Teile des
Südens gelangen dabei in den linken Ausgangsbereich, der sich durch starke
Höhendivergenz auszeichnet. Oder mit anderen Worten, für dynamische
Hebungsimpulse ist gesorgt, so dass sich die nächtlichen Schauer und Gewitter
noch etwas weiter nach Osten und Norden ausbreiten können. Bis zum Nachmittag
baut sich in Baden-Württemberg, am Alpenrand und im westlichen und südlichen
Bayern ML-CAPE von ~500 J/kg auf. Bei mäßiger Scherung (DLS ~ 15 - 20 m/s) wird
die Auslösung von Gewittern simuliert, die lokal auch etwas besser organisiert
sein können (gut entwickelte Multizellen). Unsicher ist noch, in wie fern bei
diesen geringen CAPE-Werten die Aufwinde durch Entrainment in einer sehr
trockenen mittleren Troposphäre geschwächt werden. So simuliert das 4km-GFS-WRF
nur eine geringe Gewitteraktivität, während ICON-WRF und AROME und auch COSMO-DE
einige etwas kräftigere Entwicklungen unter anderem im Lee der Alb sehen, die
sich dann in Richtung Alpenrand verlagern. Auch wenn kleiner Hagel, lokal
Starkregen und Sturmböen möglich sind, so sollten sich die Gewitter doch alle im
markanten Bereich abspielen.

Ansonsten richtet sich der Fokus mehr und mehr in den NW unseres Landes, wo sich
von Westen her eine Okklusion mit Kaltfrontcharakter nähert. Sie gehört zu einem
kleinen, von der nördlichen Nordsee gen Südnorwegen ziehenden Tief und wird etwa
in den Mittagsstunden auf deutsches Hoheitsgebiet übergreifen. Dabei wird sie
von einem kurzwelligen Sekundärtrog aktiviert (gut erkennbar in der
IPV-Darstellung), der am Nachmittag und Abend von der Nordsee her in das o.e.
Trogkonstrukt hineinläuft. An bzw. knapp hinter der Front steigt die Feuchte
vorübergehend an (PPW um 25 mm, spez. Feuchte um 10 g/kg), zudem wird etwas
ML-CAPE generiert 200-500 J/kg). Für Hebung ist ausreichend gesorgt (frontal und
trogvorderseitig), so dass am Nachmittag und Abend im NW - grob von NRW bis hoch
nach SH - mit schauerartigem Regen und Gewittern gerechnet werden muss. Alle
Lokalmodelle simulieren eine, wenn auch schwache, linienhafte Anordnung der
Gewitter entlang der Front, wobei COSMO-DE die schwächste Entwicklung zeigt.
Hagel ist auf Grund der geringen CAPE und Starkregen auf Grund der hohen
Zuggeschwindigkeit eher unwahrscheinlich. Auf Grund des darüber liegenden Jets
sind aber Böen der Stärke 7 bis 8 zu erwarten. Mit Frontpassage, aber auch
postfrontal frischt der W-NW-Wind auch abseits konvektiv geprägter Böen im NW
vorübergehend auf. Ob daraus eine kleine (skalige) Windwarnung resultiert, ist
derzeit noch offen.

In den restlichen Gebieten labialisiert sich die Luft zwar durch die Hebung im
Trog etwas, allerdings fehlt für stärkere konvektive Entwicklungen die Feucht in
der alternden maritimen Polarluft. So sind Schauer und Gewitter dort eher
selten.

In der Nacht lösen sich die Gewitter im Süden allmählich auf. Im Norden kommt
die Okklusion mit Schauern ostwärts voran. Allerdings sollte auch hier die
Gewitteraktivität auf Grund des Tagesgangs und der trockeneren Luft im Osten
deutlich nachlassen.

Samstag ... gelangt Deutschland in den Übergangsbereich zwischen dem nach Osten
abziehenden Trog und einem sich west-nordwestlich von uns aufwölbenden Rücken.
Folgerichtig dreht die Höhenströmung recht glatt auf Nordwest. Die Schauer und
Gewitter aus der Nacht ziehen rasch nach Osten ab und der Luftdruck steigt etwas
an, so dass sich der nach wie vor existente Azorenhochkeil wieder etwas stärker
in Szene setzen kann. Profitieren tut davon vor allem der SW, wo die Sonne über
eine Komparsenrolle hinaus kommt und durchaus mal für längere Zeit zum Zuge
kommt. Längere sonnige Abschnitte deuten sich auch für die Ostseeküste, vor
allem in Vorpommern an, während der große Rest des Landes mit unterschiedlichen
Bewölkungsverhältnissen zu rechnen hat. Dabei können sich im Osten und Südosten
(die dem Trog am nächsten gelegenen Regionen) einzelne Schauer und vielleicht
auch ein Gewitter entwickeln. Zudem sind auf den Alpengipfeln ein paar Böen 8-9
Bft aus NW möglich. Die höchste Tagestemperatur liegt zwischen 18 und 24°C.
Ab dem Nachmittag setzt im Westen und Nordwesten WLA ein, die die Annäherung
einer Warmfront ankündigt, den Vorhersageraum wohl aber erst am frühen
Sonntagmorgen erreichen wird. ICON und IFS lassen es dabei weitgehend trocken,
während auch der neue GFS-12z-Lauf bereits am Samstagnachmittag leichten Regen
simuliert, der sich in der Nacht zum Sonntag über Norddeutschland nach Osten
verlagern soll.

Sonntag ... breitet sich der flache Höhenrücken über Mitteleuropa aus. Auch der
Azorenhochkeil kräftigt sich. Durch absinken und WLA steigt die
850-hPa-Temperatur wieder verbreitet auf über 10 °C. Der Norden wird von der
Bewölkung einer Warmfront erfasst, die zu einem Nordmeertief gehört. Während GFS
in der gesamten Nordhälfte leichte Niederschläge simuliert, berechnen IFS, sowie
ICON diese nur im äußersten Norden. Im Süden bleibt die Bewölkung unter dem
Einfluss des Keils aufgelockert.
In der Nacht zum Montag greift denn die Kaltfront auf die nördlichen Landesteile
über, während der Süden in der Warmluft unter Hochdruckeinfluss verbleibt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Wesentliche Modellunterschiede wurden bereits in der Übersicht beschrieben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold