DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-07-2017 09:00
SXEU31 DWAV 080800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.07.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W a, Übergang zu W z
Heute im Süden, morgen auch in den mittleren Gebieten teils heftige Gewitter mit
Unwettergefahr durch Starkregen, größeren Hagel und Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland unter einer leicht antizyklonal gekrümmten west-
nordwestlichen Strömung. Kaltluftadvektion und das hieraus resultierende
Absinken lässt von Nordwesten einen schwachen Hochkeil übergreifen. Hierdurch
stellt sich in der Mitte und im Süden eher eine leicht nördliche Strömung ein,
mit welcher die zuvor wetterbestimmende feuchtlabile Luft weiter nach Süden
abgedrängt wird. Etwa zwischen Schwarzwald und Inn erreicht CAPE bis zu 2000
J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 30 bis knapp 40 mm, wodurch das
Potential für unwetterartige Entwicklungen (vor allem durch heftigen Starkregen
und größeren Hagel) gegeben ist. Aber auch schwere Sturmböen sind nicht
auszuschließen. Dynamisch lässt sich kein Hebungsantrieb finden, so dass die
Auslösung hauptsächlich mit Hilfe der Orografie erfolgt.
Auch im Nordosten sind Gewitter nicht ganz auszuschließen. Diese werden im
wesentlichen durch einen in der west- nordwestlichen Strömung ablaufenden
Kurzwellentrog ausgelöst. Unwetterartige Entwicklungen sind dort eher
unwahrscheinlich. Zudem schwenkt dieser Trog rasch weiter nach Polen, so dass
die Gewitter zum Abend hin in sich zusammenfallen.
Im weitaus größten Teil Deutschlands lässt großräumiges Absinken keine
nennenswerte Konvektionsbewölkung zu. Während der Norden und zum Teil auch die
Mitte aufgrund der Nähe zur Frontalzone noch von mehrschichtiger Bewölkung
gestreift wird, ist im Westen und im Süden (dort, bevor sich die Gewitter
entwickeln) nahezu ungehinderte Einstrahlung zu erwarten.
An der Küste bewegen sich die Temperaturen um 20, weiter landeinwärts zwischen
22 und 27 Grad. Im Süden werden 27 bis 33 Grad erwartet.
In der Nacht zum Sonntag ändert sich an der Verteilung der Luftmassen nur wenig,
so dass die Gewitter im Süden nur zögernd in sich zusammenfallen. Dort, wo es
zuvor viel geregnet hat, können sich flache Nebelfelder bilden.


Sonntag... wölbt sich über Mitteleuropa ein Rücken auf, der sich rasch nach
Osten verlagert. Dies lässt an der Vorderseite eines breiten, auf Westeuropa
übergreifenden Troges die Strömung auf Südwest drehen. In der wärmsten Luft
entwickelt sich über England und Ostfrankreich eine flache Tiefdruckrinne, was
auch in den bodennahen Schichten eine südwestliche Komponente aufkommen lässt.
Mit dieser arbeitet sich die im Süden liegende feuchtwarme und labil
geschichtete Luft bis in die mittleren Gebiete voran, wobei nach wie vor im
Süden die Luftmasse am labilsten ist. Im Tagesverlauf spaltet sich aus dem über
Westeuropa liegenden Trog ein Kurzwellentrog ab, der sich bis zum Abend dem
Südwesten Deutschlands nähert. Dieser liefert den erforderlichen Hebungsantrieb,
so dass sich nicht nur im Süden, sondern auch von Südwesten her teils heftige
Gewitter entwickeln. Dabei besteht Unwettergefahr durch heftigen Starkregen,
schwere Sturmböen und größeren Hagel. Aufgrund mangelnder Scherung dürften sich
die Gewitter hauptsächlich mit orografischer Unterstützung entwickeln. Bis zum
Abend können dann einzelne Gewitter auch auf den zentralen Mittelgebirgsraum
übergreifen.
Im Norden und Nordosten sind aufgrund der eher stabilen Schichtung Gewitter
nahezu unwahrscheinlich. In diesen Gebieten sorgt Absinken im Bereich des
Bodenkeils (oder was davon übrig ist) für nahezu ungehinderte Einstrahlung. Die
Temperaturen ändern sich gegenüber heute nur unwesentlich.
In der Nacht zum Montag greift der Kurzwellentrog auf Süddeutschland über, was
die Gewittertätigkeit (mit Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, anfangs
auch durch größeren Hagel) auf die gesamte Mitte und im Osten noch etwas nach
Norden bis in die Lausitz ausgreifen lässt. Im Norden bleibt die Schichtung
relativ stabil, auch im Westen setzt im Laufe der Nacht Stabilisierung ein, so
dass diese Gebiete nicht von den Gewittern erfasst werden bzw. die Gewitter in
der zweiten Nachthälfte abklingen.

Montag... kommt der über Westeuropa liegende Trog ein wenig nach Osten voran,
wobei dessen Hauptachse über Frankreich verbleibt und sich eher noch etwas nach
Süden ausweitet. Dies lässt die Strömung über Mitteleuropa aufsteilen. Die
diesem Trog vorgelagerte, relativ "diffuse" Tiefdruckrinne verlagert sich dann
nach Deutschland. In deren Bereich greifen die Gewitter der weiter oben
beschriebenen Luftmasse auch auf den Nordosten Deutschlands über, wobei dort die
Unwettergefahr wahrscheinlich am höchsten ist.
Zwar setzt auf der Rückseite der flachen Tiefdruckrinne im Tagesverlauf eine
westliche bis nordwestliche Strömung ein, mit welcher etwas stabilere Luft
advehiert wird. Von einem Luftmassenwechsel im Süden und vor allem im Südosten
Deutschlands kann jedoch keine Rede sein, hierzu ist der Gradient zu schwach.
Somit können sich in diesen Gebieten ebenfalls Gewitter bis hin zum Unwetter
entwickeln.
Ganz im Westen und Südwesten kommt zum Abend hin der noch über Ostfrankreich
liegende Trog ins Spiel, wodurch dort nach wahrscheinlich einer vorübergehenden
Wetterberuhigung erneut Gewitter aufkommen. Dort ist zwar CAPE niedriger, aber
eine zunehmende Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch bis in die
mittlere Troposphäre hinauf reichend) lässt dort Superzellen oder andere
Strukturen organisierterer Konvektion wahrscheinlicher werden.
Lediglich im Norden und im Nordwesten ist die Schichtung vergleichsweise stabil,
so dass dort wohl eher keine hochreichende Konvektion zu erwarten ist.
Auflockerungen sind am ehesten in Nordseenähe und ganz im Südosten zu erwarten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen in der feuchtwarmen Luft 22 bis 26, im
Osten und Südosten bis 28 und an der See Werte um 20 Grad.
In der Nacht zum Dienstag gelangt Deutschland zusehends in den Bereich des von
Westeuropa übergreifenden Troges, wobei die Trogachse sich in mehrere
Sekundärtröge aufspaltet. Einer dieser Sekundärtröge erreicht den Osten
Deutschlands erst ausgangs der Nacht, was dort (und auch am östlichen Alpenrand)
die Gewittertätigkeit bis in die Frühstunden hinein andauern lässt. Da aber die
Luftmasse nicht mehr die Eigenschaften aufweist wie am Wochenende, nimmt die
Unwettergefahr im Laufe der Nacht ab.
In der rückseitig einfließenden kühleren und stabileren Luft kommt ansonsten die
Gewittertätigkeit alsbald zum Erliegen. Im Bereich eines sich nach
Süddeutschland ausweitenden Bodenkeils erfolgt zumindest im Südwesten und im
Süden eine Wetterberuhigung.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Auch anhand der Probabilistik lassen sich die weiter oben
beschriebenen Strukturen wiederfinden. Die höchste Unwettergefahr besteht
demnach am Sonntag in Süddeutschland (aufgrund CAPE, das mehr als 2000 J/kg
erreicht).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann