DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-07-2017 21:00
SXEU31 DWAV 051800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 05.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Donnerstagabend und Nacht zu Freitag von Westen her etwa zur Mitte ausgreifend
teils starke Gewitter mit UNWETTER-Potential.
Am Freitag in Deutschland verbreitet Gewitter, teils unwetterartig.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einer westlichen Höhenströmung, die bei
relativ hohem Potential insbesondere nach Süden und Südwesten hin antizyklonal
strukturiert ist. Die über dem Norden und Osten verlaufende Luftmassengrenze ist
unter dominierendem leichtem Absinken wetterinaktiv.
Zwar ist die Luftmasse im Süden recht labil geschichtet und der vertikale
Temperaturgradient recht hoch, aufgrund der starken Deckelung hat sich die
Auslösung von Konvektion aber als schwierig gestaltet, so dass es nur vereinzelt
zu orographische getriggerten Gewittern gekommen ist.
In der Nacht zum Donnerstag nähert sich von Westeuropa ein Höhenrücken. Die
Nacht zeigt sich oft klar, im Norden und Nordosten wird es in der recht
trockenen Luft ziemlich frisch mit teils einstelligen Werte.)

Donnerstag ... gelangt der Vorhersagebereich unter den von Westen
hereinschenkenden Höhenrücken, die Luftmassengrenze verschiebt sich im
Tagesverlauf noch etwas nordwärts. Zugleich verstärkt sich der Zustrom
subtropischer Luft in den Süden und die Mitte. Gleichzeitig nimmt die Labilität
dort weiter zu (CAPE später teils über 1500 J/Kg), ebenso die spez. Feuchte.
Infolge der dynamischen Dämpfung dürften aber erst einmal nur ganz vereinzelt
Gewitter orographisch ausgelöst werden.
Günstige Konditionen ergeben sich dann am Abend im Westen mit Passage der
Keilachse. Von Benelux kommen dann sehr feuchte Luftmassen mit ppw' von 35-40 mm
herein, zudem erreicht die Scherung 0-6 km Werte von gut 15 m/s. Mit dem dann
von Westen heranziehenden Kurwellentrog wird markante dynamische Hebung
simuliert, so dass sich dann im Westen erste kräftigere und möglicherweise etwas
ausgedehntere Gewitterherde ausbilden(Modellsimulation WRF, Cos-DE, Euro4, mit
CLUSTER-Entwicklung. UNWETTER bezüglich heftiger Starkregen und größerer Hagel,
auch Sturmböen.

In der Nacht zu Freitag breitet sich die Gewittertätigkeit mit der sich ostwärts
fortpflanzenden dynamischen Hebung ungefähr über die mittleren Landesteile
ostwärts aus. Die genaue Positionierung ist aufgrund der Modellunterschiede noch
recht unklar: nach ICON/ICON-NEST breiten sich die Gewitter über den nördlichen
Mittelgebirgsraum ostwärts aus, nach GFS zunächst auf südlicherer Bahn, in der
zweiten Nachthälfte wäre dann hauptsächlich der Nordwesten bis nach
Schleswig-Holstein betroffen.
Nach Euro4 läuft ein markanter CLUSTER über das Rhein-Main Gebiet.
Es kann also gewürfelt werden!

Freitag ... läuft der Kurzwellentrog weiter auf Ostkurs. Im Bodendruckfeld
überquert uns eine Tiefdruckrinne, die nach der deutschen Modellkette
schwerpunktmäßig über die Mitte läuft. Bei GFS ist ein markanter Tiefkern
eingelagert, der weit im Norden nahe der Küste entlangläuft.
Übereinstimmung herrscht lediglich darin, dass die Tiefdruckrinne bzw. das Tief
im Laufe des Abends bereits Polen erreicht. Mit der die Rinne umfassenden
feuchtinstabilen Luft breiten sich die Gewitter nach der deutschen Modellkette
schwerpunktmäßig vom Westen und der Mitte ostwärts aus, nach GFS vor allem über
den Norden bis an die See, mit einem sekundären Maximum über dem nördlichen und
östlichen Mittelgebirgsraum. In der zweiten Tageshälfte sollte auch der Süden
verstärkt von Gewittern betroffen sein, da die niedertroposphärische Feuchte
dann auch dort stromab der von Nordwesten langsam heranschwenkenden Kaltfront
markant ansteigt. Lokale Unwetter sind bei der Situation wahrscheinlich, ob eine
überregionale Unwetterlage zu erwarten ist, bleibt noch ungewiss. Zumindest
aufgrund der Scherungswerte sind größere organisierte Strukturen denkbar. Auch
Sturmböen werden wahrscheinlicher, da Gradient an der Westflanke des Bodentiefs
und auch Höhenwind zunehmen.

Abends und in der Nacht zu Samstag stabilisiert die Schichtung postfrontal von
Nordwesten her immer mehr. Im Zuge eines neuen von Westen nachfolgenden
Höhenrückens dürfte die Gewittertätigkeit dann später allmählich zum Erliegen
kommen.

Samstag ... wird der Norden nach Abzug des Keils von einem weiteren kurzwelligen
Trog überquert, der den Rücken quasi überläuft und im Norden einzelne Schauer
bringt.
Die Labilität reicht dort aber eher nicht zur Auslösung von Gewittern aus. Diese
sind weiter süd-bzw. südostwärts zum östlichen Mittelgebirgsraum hin denkbar.
Die Südhälfte dürfte weitgehend freundliches und weiterhin sehr warmes
Sommerwetter überwiegen mit Höchstwerten um 30°C, die Warmluft wird dort quasi
nicht ersetzt oder verdrängt!
Einzelne Hitzegewitter sind aber vor allem über dem Schwarzwald und den Alpen
denkbar.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle unterscheiden sich im Detail teilweise nicht unerheblich,
insbesondere was die Zugbahn des Tiefs bzw. die Verlagerung der Tiefdruckrinne
am Freitag angeht, nicht zuletzt Phase und Intensität der kurzwelligen
Troganteile und die damit verbundenen Niederschlagsschwerpunkte. Unterschiede
wurden grob im Text angesprochen.

Festzuhalten bleibt, dass ab Donnerstagabend, in der Nacht zum Freitag und auch
am Freitag in weiten Teilen Deutschlands ein erhöhtes UNWETTER-POTENTIAL
besteht. Detailliertere Aussagen lassen sich hoffentlich am morgigen Donnerstag
treffen!



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Michael Goethel