DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 28.06.2017 um 10.30 UTC



Wechselhaft, windig und relativ kühl, zum Wochenanfang Wetterbesserung
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 05.07.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Samstag (01. Juli) befindet sich
das Vorhersagegebiet inmitten eines umfangreichen Höhentroges, der leicht
positiv geneigt ist und sich von der Ostsee bis zum westlichen Mittelmeer
erstreckt. Das korrespondierende Bodentief mit Zentrum über Südschweden ist
achsensenkrecht und hat seinen Höhepunkt damit bereits überschritten. In
Deutschland sorgt die Passage der "Okklusionsschleppe", die aus der weit
rumgeholten Warmluft (mit Ursprung aus dem zentralen Mittelmeerraum) resultiert,
am Südwestrand des Tiefs im Tagesverlauf von Nordwest nach Südost für teils
kräftige Regenfälle und stark böigen Wind. Landesweit hat sich dabei erwärmte
Meeresluft (mPs, T850 hPa etwa 7 Grad) durchgesetzt, die präfrontal im Osten und
Süden noch schwach labil geschichtet ist.

Am Sonntag schwenkt der Trog weiter ostwärts und wird durch einen flachen Keil
abgelöst, der sich allerdings lediglich aus kompensatorischen Absinkprozessen
gebildet hat. So verwundert es nicht, dass dieser kaum wetterwirksam ist und von
einem raschen Trogvorstoß in die Nordsee "bedrängt" wird. Kaum haben sich die
Frontenreste vom Vortag ostwärts verabschiedet, schwenkt ausgehend von einem
Zentraltief bei den Färöer eine neue, wenn auch deutlich schwächere, Okklusion
mit Kaltfrontcharakter im Tageslauf von Westen über das Vorhersagegebiet hinweg.
Rückseitig weist die erwärmte Meeresluft zunehmend polaren Ursprungscharakter
auf (mP), womit die 850 hPa Temperaturen zunächst nur im Norden unter 5 Grad
zurückgehen. Durch leichten Druckanstieg im Südwesten fallen die Niederschläge
dort schwächer aus, allerdings wird dadurch der nicht zu vernachlässigende
Gradient zum nahezu ortsfesten Tief über Südschweden aufrechterhalten.

Am Montag hat sich die Strömung in allen Niveaus zonalisiert. Dem umfangreichen
Tiefdruckkomplex über Südskandinavien steht ein sich kräftigender Azorenhochkeil
über Frankreich und dem Alpenraum gegenüber. Damit bleibt der lebhafte Gradient
vor allem zur Küste hin erhalten. Die Schichtung ist zwar im trognahen Bereich
im Norden (T500 hPa etwas unter -20 Grad, T850 hPa etwas unter 5 Grad) nicht
sonderlich labil, gleichwohl kann sich mit Unterstützung der tiefen 0
Grad-Grenze in rund 2 km Höhe sowie einem Jetvorstoß von der Nordsee Richtung
Tschechien (im Norden dadurch linker Jetausgang) gebietsweise schauerträchtige,
flache Konvektion entwickeln. Nach Süden hin wird es freundlicher mit
zunehmenden Sonnenanteilen und es bleibt schon meist trocken.

Am Dienstag ist der Höhepunkt des niedertroposphärischen Temperaturrückgangs
erreicht. Über Westeuropa wölbt sich ein Keil auf, der durch einen atlantischen
Trogvorstoß Richtung Biskaya gestützt wird. Die Strömung dreht dadurch zwar auf
Nordwest, ist über dem Süden und Westen Deutschlands aber im Umfeld einer
schwachen Hochdruckbrücke bereits so schwach, dass die südwärtige KLA versiegt
und die 10 Grad-Isotherme in 850 hPa zumindest den Gebieten am Alpenrand und
entlang des Oberrheins erhalten bleibt. Die 5 Grad-Isotherme verbleibt über den
zentralen Mittelgebirgen. Bei noch leicht zyklonal gekrümmten Isohypsen
respektive Isobaren ziehen sich letzte Schauer zur Ostsee zurück.

Am Mittwoch kann sich nach sehr kühler Nacht (häufig einstellige Werte) die
Atmosphäre unter der Keilachse, die sich nach Mitteleuropa schiebt, sukzessive
wieder erwärmen. Ob im Südwesten bei tendenziell wieder schwülerer Luft das
Schauer- und Gewitterrisiko über dem Bergland schon wieder ansteigt, bleibt noch
abzuwarten.

In der zweiten Wochenhälfte (erweiterte Mittelfrist) geht die Tendenz zu einer
Tiefdruckentwicklung über Frankreich, womit aus Süden wieder subtropische und
feuchte Luftmassen advehiert werden. Diese bleiben wohl bei trockener
Grundschicht und fehlender Hebung am längsten im Osten und Südosten noch
"gedeckelt". Aus jetziger Sicht könnte sich aus dem gesamten synoptischen Setup
zunächst im Westen, später auch nach Osten zu eine durchaus veritable
Gewitterlage entwickeln.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der Morgenlauf vom EZMW zeigt im Mittelfristzeitraum keine signifikanten
Unterschiede zu den gestrigen Läufen und damit eine bemerkenswerte Konsistenz.
Signifikante Unterscheide werden erst am kommenden Dienstag sichtbar, wenn es um
die Fragestellung des Potential- und Druckanstiegs von Westen geht. War vom
gestrigen 12z Lauf am Dienstag um 12 UTC über Benelux noch ein recht kräftiges
Hoch mit einer 1025 hPa Isobare simuliert worden, ist aktuell davon lediglich
noch eine schwache Brücke mit Werten knapp unter 1020 hPa übrig, allerdings ohne
relevante Auswirkungen auf das Wettergeschehen. Da die Strömung vorherrschend
eine nordwestliche ist, könnte ein schwächeres Hoch allerdings größere Probleme
bekommen, die sich an der Inversion ausbreitende, flache Konvektionsbewölkung
aufzulösen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Montag sind die synoptisch relevanten Strukturen
modellübergreifend recht einheitlich simuliert. Selbst kleine Unsicherheiten
bezüglich des Potentialaufbaus ab Dienstag über Westeuropa und damit verbunden
Stärke und Ausdehnung des Bodenhochs sind lediglich akademischer Natur und haben
kaum prognosewirksame (geschweige denn warnwürdige) Relevanz. Am Mittwoch sind
GEM und GFS bei schwachen Druckgegensätzen zumindest in der Höhe schon wieder
recht zyklonal aufgestellt. Der Keil wird gewissermaßen rasch wieder von
Kurzwellentrögen überlaufen, ehe er sich überhaupt etablieren bzw. "aufsteilen"
konnte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Ein im Vergleich zur gestrigen Verteilung ähnliches Bild zeichnet sich beim
Blick auf die Rauchfahnen ab. Bis Prognosetag 6 - sprich nächste Woche Dienstag
- sind die Ensembles der 850 hPa Temperaturen stark gebündelt, worin auch Haupt-
und Kontrolllauf gut eingebettet sind. Interessantes ergibt sich bei Studie der
Geopotentialverteilungen in 500 hPa, bei der Haupt- und Kontrolllauf
übereinstimmend eher am unteren Ende der Ensembles zu finden sind. Folglich gibt
es also noch gewisse Unschärfen bezüglich des skandinavischen Trogvorstoßes
südwärts, der wohl vom deterministischen Lauf etwas überbetont erscheint, in der
Auswirkung allerdings auch nur marginal relevant ist. Damit verbunden könnten
einzelne Schauer am Wochenanfang doch noch weiter in den Südwesten ausgreifen
oder sich doch eher auf die Gebiete östlich der Elbe und später am Dienstag
ostseenah beschränken.
Ab Dienstag zeichnet sich ein chaotisches Bild in den 850 Temperaturen ab, der
Spread wächst exponentiell je nach Region auf eine Spanne von etwa 15 Kelvin an.
Eine Clusterung ist dabei kaum zu erkennen, zumindest zeigen Haupt- und
Kontrolllauf ein ähnliches Verhalten mit einem deutlichen Anstieg der Temperatur
auf etwa 15 Grad in der erweiterten Mittelfrist. Zumindest beim Geopotential
herrscht Einigkeit darüber, dass es auch in der erweiterten Mittelfrist im hohen
Bereich bei etwa 575 gpdm verbleibt. Die Niederschlagssignale verbleiben in der
Osthälfte nach Wochenmitte nahe 0, was das Szenario eines langsamen
Temperaturanstiegs unter trockenen Bedingungen dort erhärtet. Die GFS-Ensembles
zeigen im Allgemeinen ein ähnliches Verhalten.
Bei der EZ-Clusterung sind für den Zeitraum 120-168h (Mo 00- Mi 00) 3 Cluster
berechnet worden (20, 17, 14 Member), die sich untereinander allerdings nicht
sonderlich unterscheiden. Bemerkenswert ist lediglich, dass Haupt- und
Kontrolllauf in Cluster 3 eingeordnet sind, der den Trogvorstoß am südlichsten
rechnet. Insofern sprechen mit 37 Membern (Cluster 1+2) immerhin 2/3 der
Gesamtverteilung gegen dieses Szenario.
Für den Folgezeitraum 192-240h (Do 00 - Sa 00) sind 3 Cluster nahezu
gleichverteilt, die jeweils eine westliche Strömung mit rascher Abfolge von
kurzwelligen Keil-/Trogstrukturen zeigt. Der Trend geht also weiter zu
wechselhaftem Wetter und der Zwischenhocheinfluss unter der Woche bleibt aller
Voraussicht nach nur ein kurzes Intermezzo.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Größere deterministische Modellinkonsistenzen bestehen noch am Samstag im Zuge
der durschwenkenden Okklusion, bei der im Nordweststau der Mittelgebirge
durchaus die Schwellen für markanten Dauerregen (>30mm/24h) gerissen werden
können. Während der 00 UTC Lauf vom EZ-EPS weiterhin keine signifikanten Signale
zeigt (sehr konsistent), hat COSMO-LEPS weiterhin punktuelle
Wahrscheinlichkeiten bis 30% am Nordweststau von Eifel, Bergischem Land,
Rothaargebirge, Harz und Schwarzwald im Programm. Die deterministischen Läufe
der deutschen Modellkette zeigen die Peaks knapp oberhalb der Warnschwelle eher
im Bereich der östlichen Mittelgebirge. Kurzum drängt sich gerade vor dem
Hintergrund der brisanten Starkregenlage in der Kurzfrist eine Dauerregenlage
zum Samstag nicht unbedingt auf und sollte wenn überhaupt auf wenige exponierte
Staulagen beschränkt bleiben.

Am Samstag sind im Tagesverlauf im Osten und Süden einzelne "markante" Gewitter
mit Starkregen, stürmischen Böen und kleinkörnigem Hagel wenig wahrscheinlich,
aber nicht ausgeschlossen.

Die Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen sind von Samstag bis Dienstag an
der Küste sowie im höheren Bergland durchweg im niedrigen Bereich zwischen 10
und 30%. Der EFI zeigt keinerlei Signale. Nichtsdestotrotz sollten an
auflandigen Küstenabschnitten sowie in exponierten Gipfellagen Gradient und
Oberwind (30-35 kt in 850 hPa) sehr wahrscheinlich ausreichen, um zeitweise
stürmische Böen zu produzieren.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen