DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

24-06-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 24.06.2017 um 10.30 UTC



Zunehmend wechselhaft mit teils kräftigen Schauern und Gewittern, örtlich
Unwetter. Im Wochenverlauf Abkühlung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 01.07.2017


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Dienstag liegt Deutschland nach
dem aktuellen EZMW-Lauf von 00 UTC unter einem Rücken, dessen Achse von
Süddeutschland bis in die Nordsee reicht. Weiter westlich zeigt sich ein
Langwellentrog, der sich vom Nordostatlantik bis zur Iberischen Halbinsel
erstreckt. WLA auf der Vorderseite des Trogs bewirkt Druckfall am Boden, sodass
zwischen den Britischen Inseln und Frankreich ein Tiefdruckkomplex entstanden
ist. Auf der Vorderseite davon hat sich eine südwestliche Strömung eingestellt,
mit der warme und feucht-labile Luftmassen nach Deutschland geführt werden.
Entsprechend liegen die 850 hPa-Temperaturen zwischen 9 Grad im Norden und bis
17 Grad im Süden. Bereits am Morgen treten im Südwesten erste Schauer oder
vereinzelte Gewitter auf. Am Nachmittag verlagern sie sich etwas weiter nach
Nordosten, bei CAPE-Werten von 1000 bis 2000 Joule/kg (nach GFS) sind dann
vermehrt teils kräftige Gewitter möglich sind. Lokal kann es auch zu Unwetter
kommen. Ganz im Nordosten bleibt es voraussichtlich noch trocken.

Am Mittwoch verlagert sich der Rücken ein wenig nach Osten, womit der
Langwellentrog mit dem unter ihm befindlichen Tiefdruckkomplex ein wenig in
Richtung Mitteleuropa vorrücken kann. Allerdings verbleiben wir noch auf der
Vorderseite davon unter Zufuhr der feucht-labilen und warmen Luftmassen aus
Südwesten. Die 850 hPa-Temperaturen steigen sogar noch etwas an und erreichen 12
Grad im Nordosten und bis 20 Grad im Süden. Die Labilität, unterstützt durch um
den Trog herumlaufende Kurzwellentröge, sorgt für weitere Schauer und Gewitter,
erneut muss lokal auch mit Unwetter gerechnet werden. Nach GFS bleiben die
CAPE-Werte mit 1000 bis 2500 Joule/kg ziemlich hoch.

Am Donnerstag wird der Langwellentrog durch einen vom Atlantik kommenden
Randtrog regeneriert, wobei er dadurch seine Wellenlänge vergrößert bzw. breiter
wird. Darüber hinaus erreicht er das westliche Mitteleuropa. Das zugehörige
Tiefdrucksystem verlagert seinen Schwerpunkt in die Nordsee, die Kaltfront davon
erreicht im Tagesverlauf von Westen her Deutschland. Die zuvor noch sehr warme
subtropische Luft wird durch etwa 5 bis 10 Kelvin kühlere Meeresluft ersetzt.
Gleichwohl kommt es nicht nur in der warmen Luft zu Schauern und Gewittern,
sondern auch entlang der Kaltfront. Lokales Unwetterpotenzial ist dabei noch vor
der Kaltfront gegeben (CAPE-Werte nach GFs noch zwischen 1000 und 2500
Joule/kg). Selbst hinter der Kaltfront sind vereinzelte Kaltluftgewitter
möglich, die aber nicht mehr so kräftig sind.

Am Freitag liegt Deutschland unter dem Langwellentrog, allerdings immer noch in
einer südwestlichen Höhenströmung. In dieser laufen Kurzwellentröge in Richtung
Nordosten, womit weitere Schauer und Gewitter über Deutschland zu erwarten sind.
Vor allem im Süden und Osten, wo noch Reste der feucht-warmen und labilen Luft
liegen, können die Gewitter erneut kräftig ausfallen, das Unwetterpotenzial
sinkt aber allmählich (CAPE-Werte nach GFS noch maximal bei 800 bis 1200
Joule/kg). Der Wind nimmt aufgrund der Gradientzunahme in der Nähe des Tiefs zu.


Am Samstag schwenkt der Trog langsam über Mitteleuropa hinweg. Seine Achse liegt
dann auf einer Linie von Nordskandinavien über Deutschland bis in den Golf von
Genua. Unter Zufuhr feucht-kühler Meeresluft (nur noch 2 bis 6 Grad in 850 hPa)
aus Nordwesten ziehen weitere Schauer und Gewitter über Deutschland hinweg.
Diese Kaltluftgewitter sind zwar nicht mehr so kräftig, weil aber der Wind
auffrischt, können sie trotzdem bezüglich stürmischer Böen markant werden. Auch
abseits der Gewitter ist es zum Teil windig.

In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag verlagert sich der Trog langsam nach
Osten weiter und von Westen her kann sich allmählich ein Rücken aufwölben. Vom
Atlantik her nähert sich jedoch auch schon wieder ein neuer Langwellentrog,
sodass nur vorübergehend eine Wetterberuhigung eintritt. Mit der neuerlich auf
Südwest rückdrehenden Strömung steigen die Temperaturen wieder an.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits am Dienstag zeigt sich ein kleiner Unterschied, da das Übergreifen der
Schauer und Gewitter im neuen 00 UTC-Lauf etwa 6 Stunden später erfolgt, weil in
Norddeutschland der Zwischenhocheinfluss stärker gerechnet wird. Anschließend
sind der aktuelle Lauf und seine beiden Vorläufe wieder gut auf einer Linie,
wenn man mal von kleineren Details wie z. B. die genaue Schauer- und
Gewitterverteilung absieht. In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag zeigt sich
nun der Abzug des Langwellentroges nach Osten, wodurch ein Rücken von Westen her
bei uns Fuß fassen könnte. Damit würde sich das Wetter beruhigen und die
Temperaturen allmählich wieder ansteigen. Nach der Lösung des gestrigen
00-UTC-Laufs sollte dann noch der Trog über uns liegen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON und GFS sind im Vergleich zum EZMW am Dienstag mit den Niederschlägen
früher dran und verfolgen daher noch das Konzept des gestrigen EZMW-Laufs von 00
UTC. Am Donnerstag und Freitag kommt die Kaltfront bei ICON und GFS dagegen um
etwa 12 Stunden verzögert herein. Anschließend sind die Unterschiede wieder
geringer. GEM folgt in weiten Teilen dem EZMW, die Kaltfront am Donnerstag ist
aber zeitlich etwas zurück (etwa wie bei ICON und GFS). NAVGEM ist größtenteils
dem EZMW ähnlich. Beim CMA ist die Kaltfront am Donnerstag etwas früher da als
beim EZMW, ansonsten ist es dem EZMW ziemlich ähnlich.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte des EZMW-Ensembles von 00 UTC zeigen
meist einen engen Spread, in dem Haupt- und Kontrolllauf gut im Median
eingebettet sind. Etwas öffnet sich die Streuung am Mittwoch und Donnerstag in
den 850 hPa-Temperatur-Kurven, wobei das Absinken der Temperatur die Kaltfront
bestätigt, durch die Streuung aber die Unsicherheit bezüglich des zeitlichen
Eintreffens betont wird. Bei den 500 hPa-Geopotenzial-Kurven geht die Streuung
erst am Donnerstag ein wenig auseinander. Nach einem Tiefpunkt der Kurve am
Freitag und Samstag deutet sich ein Anstieg an, womit der hereinschwenkende
Rücken in der erweiterten Mittelfrist die größere Option im Vergleich zu einem
Verharren des Langwellentrogs über Mitteleuropa darstellt.

Bei der Clusteranalyse für t+120-168 (Donnerstag 00 UTC bis Samstag 00 UTC)
werden 4 Cluster (22, 13, 11 und 5 Mitglieder; Haupt- und Kontrolllauf in C1)
angeboten. Alle zeigen den Langwellentrog, der allerdings räumlich in Details
leicht unterschiedlich positioniert ist. Das zugehörige Bodentief zeigt deshalb
ebenso leichte räumliche Differenzen, letztlich wirkt sich das dann auch auf das
Timing der Kaltfront aus. Die Varianz beträgt jedoch nur etwa 12 Stunden, sodass
spätestens bis Freitagmittag der Luftmassenwechsel vollzogen sein dürfte. Bei
t+192-240 (Sonntag 00 UTC bis Dienstag 00 UTC) existieren 3 Cluster (21, 16 und
14 Mitglieder; Hauptlauf in C3, Kontrolllauf in C1). Unterschiede beruhen vor
allem auf der Betonung des dem Langwellentrog folgenden Rückens, den aber alle
im Programm haben. Bei C1 ist er nur sehr schwach ausgeprägt, sodass ein
weiterer Langwellentrog bald bei uns Fuß fassen könnte. Bei C2 und C3 ist der
Rücken stärker ausgeprägt, sodass ein Azorenhochkeil nach Deutschland vordringen
kann.

Insgesamt ist als Fazit zu sagen, dass die vom Hauptlauf angebotene
Großwetterlage mit der Trogvorderseite bzw. dem Trogdurchgang und dem
Tiefdruckeinfluss durch die gefundenen Ergebnisse ein recht sicheres Szenario
darstellt. Details wie beispielsweise das Aufkommen der Schauer und Gewitter am
Dienstag oder dem Kaltfrontdurchgang am Donnerstag/Freitag unterliegen jedoch
noch einige (insbesondere zeitliche) Unsicherheiten. Ob in der erweiterten
Mittelfrist ab Sonntag Potenzial und Temperaturen wieder ansteigen, ist
ebenfalls unsicher, allerdings geht der Trend doch in diese Richtung.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI bietet am Freitag Signale bis 0,6 für überdurchschnittlich starken Wind an.
So kann es insbesondere bei Schauern und Gewittern zu stürmischen Böen Bft 8
kommen.

Beim Niederschlag liegen von EFI Hinweise für Mittwoch und Donnerstag für
überdurchschnittlich viel Regen vor. Bei COSMO-LEPS bestätigen
Wahrscheinlichkeiten von bis zu 50 % für mehr als 25 mm/12 Stunden bzw.
punktuell bis zu 40 % für mehr als 40 mm/12 Stunden am Mittwoch diese
Ergebnisse. Aufgrund des konvektiv geprägten Geschehens ist zu erwarten, dass
der meiste Regen in deutlich kürzerer Zeit als Starkregen (1- oder
6-Stunden-Kriterium) fällt. Ähnliches gilt für den Donnerstag.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-MOS, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler