DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-06-2017 21:00
SXEU31 DWAV 121800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.06.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht an der Küste, morgen auch im nordostdeutschen Tiefland windig.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland unter einer glatt westlichen
Höhenströmung, die im Laufe der Nacht geringfügig nach rechts dreht. Der Grund
dafür liegt in einem flachen Höhenrücken, der sich vom nahen Ostatlantik bis
nach UK/Irland verlagert. Nördlich der Frontalzone zieht das hochreichende Tief
KARL von Schweden hinüber bis nach Finnland, womit es sich de facto weiter vom
Vorhersageraum entfernt. Trotzdem bleibt zwischen dem Tief und dem noch etwas
nach Osten vorstoßenden Azorenhochkeil im NO ein leidlicher Gradient erhalten,
so dass zumindest an der Küste weiterhin Böen der Stärke 7-8 Bft aus westlichen
Richtungen auftreten. Im Binnenland hingegen sollten die Böen tagesgangbedingt
unter die Warnschwelle absinken, wenn man mal exponierte Kamm- und Gipfellagen
(Brocken, Fichtelberg) außen vor lässt. In der zweiten Nachthälfte nimmt der
Wind auch an der Nordsee immer weiter ab, so dass 7er-Böen nur noch an der
nordfriesischen Küste zu erwarten sind.
Im großen Rest des Landes gestaltet sich der Wetterablauf ruhig und - im
Gegensatz zur vergangenen Nacht, die im SW und in der Mitte teilweise tropisch
war (Tmin > 20°C) - lüftungsfreundlich. Bei längerem Aufklaren und
einschlafendem Wind kühlt sich die eingeflossene subpolare Luftmasse in der
Mitte und im Süden gebietsweise auf etwas unter 10°C ab (im Norden verhindern
Wind und Wolken die Abkühlung in ähnliche Dimensionen). Darüber hinaus kommt die
Kaltfront im Süden bis in die Alpen voran, was auf deutscher Seite
Stabilisierung und absterbende Konvektion zur Folge hat.

Dienstag ... verbleiben wir auf der Vorderseite des o.e. flachen Höhenrückens
unter einer unspektakulären west-nordwestlichen Höhenströmung. Der
Azorenhochkeil weitet sich über Deutschland noch etwas aus, schafft es aber
nicht, den Gradienten im NO gänzlich zu tilgen - obwohl das Tief seinen Ostkurs
von Finnland in Richtung Westrussland beibehält, dabei allerdings einen zweiten
Kern generiert. Lange Rede, kurzer Sinn, besonders nordöstlich von Elbe und
Havel sowie vielleicht noch runter bis zur Lausitz frischt der westliche Wind
mit Unterstützung des Tagesgangs noch mal soweit auf, dass die untere
Warnschwelle 7 Bft knapp überschritten wird. An der Ostsee sowie in den
einschlägig bekannten Kammlagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge sind
auch wieder stürmische Böen 8 Bft am Start, Tendenz allgemein am Nachmittag und
Abend nachlassend.
Wettertechnisch passiert morgen nicht allzu viel, trotzdem lassen sich nicht zu
vernachlässigende Unterschiede ausmachen. So scheint in der Südhälfte verbreitet
die Sonne von einem nur locker bewölkten Himmel (einige Quellungen unterhalb 800
bis 850 hPa) bei Tageshöchstwerten von 23 bis 27°C, am Hochrhein lokal bis 28°C.
Etwaige höher reichende Konvektionsprozesse dürften eher auf die Alpensüdseite
oder maximal auf den inneralpinen Bereich beschränkt bleiben.
Chancen auf sonnige Abschnitte gibt es auch im Westen und in der Mitte sowie
unmittelbar an der Ostsee. Dazwischen allerdings zeichnet sich ein Streifen mit
stärkerer Bewölkung ab, der etwa von der Nordsee bis hinüber zur
deutsch-polnischen Grenze reicht. Da die vertikale Mächtigkeit limitiert ist
(Inversion bei 750 bis 700 hPa, darüber deutliche Abtrocknung), sind auch
potenzielle Niederschlagsprozesse eingeschränkt, zumal es ja auch mit den
Hebungsimpulsen sonderlich gut bestellt ist. Oder in anderen Worten, hier und da
kann es mitunter mal etwas tröpfeln oder nieseln, eine nennenswerte
Pfützenbildung steht aber nicht in Aussicht. Zwischen Ostfriesland und
Vorpommern bleibt es mit 16 bis 19°C relativ frisch, ansonsten 19 bis 23°C auf
der Karte.

In der Nacht zum Mittwoch verstärkt sich der Hochdruckeinfluss etwas, der
Gradient im NO fächert weiter auf. Windwarnungen sind anfangs an der Küste MVs
noch notwendig, in der 2. Nachthälfte sollte damit dann aber auch Schluss sein.
Bei längerem Aufklaren geht die Temperatur gebietsweise in den oberen
einstelligen Bereich zurück.

Mittwoch ... wölbt sich der Höhenrücken etwas auf bei gleichzeitiger Verlagerung
nach Osten. Gleichwohl verbleiben wir bis zum Tagesende auf seiner Vorderseite,
die Achse liegt um 24 UTC über der Nordsee. In seinem Südteil wird der Rücken
allerdings von einem flachen Trog unterlaufen, der über Zentralfrankreich hinweg
auf den SW des Vorhersageraums zusteuert. Welche Auswirkungen das letztlich
haben wird (und ob überhaupt), steht noch nicht ganz fest.
Zunächst mal jedenfalls kann man davon ausgehen, dass der Mittwoch weitgehend
antizyklonal geprägt ist, auch wenn die sich aus dem Azorenhochkeil abspaltende
Hochzelle mit etwas über 1015 hPa nicht gerade ein Adonis seiner Zunft ist.
Trotzdem wird in weiten Teilen des Landes die Sonne von einem meist nur gering
bewölkten Himmel scheinen, wobei sich die alternde Meeresluft weiter erwärmen
kann. So werden in der SW-Hälfte 24 bis 29°C, sonst 20 bis 24°C erwartet. Nur an
den meisten Küstenabschnitten und auf den Inseln bleibt es mit etwas unter 20°C
noch kühler.
Im Norden und Nordosten ziehen zeitweise noch dichtere Wolkenfelder durch, es
bleibt aber im Großen und Ganzen trocken. Im äußersten Süden und Südwesten nimmt
die Labilität wieder etwas zu, was mit einem Anstieg der Feuchte (PPW auf 35 bis
40 mm, spez. Feuchte bis zu 13 g/kg) einhergeht. Folglich wird auch ML-CAPE
generiert, teils bis 700/800 J/kg. Hinzu kommt, dass sich von Frankreich her
nicht nur besagter Höhentrog nähert, sondern sich auch eine flache Bodenrinne in
den äußersten Süden zwängt. Gibt man noch etwas Orografie dazu, bekommt man
durchaus eine Mischung zusammen, in der etwa vom Alpenrand bis hinüber zum
Schwarzwald einzelne Zellen hochschießen können. Diese können mit Starkregen und
Hagel (allerdings nicht zu großkörnig), weniger mit Sturmböen gerechnet werden.


In der Nacht zum Donnerstag könnte die konvektive Aktivität im äußersten S und
SW durch den o.e. Trog in Gang gehalten werden, was von mehreren Modellen
angedeutet wird. Ansonsten verläuft die Nacht ruhig ohne nennenswerte
Vorkommnisse.

Donnerstag ... überquert uns der Höhenrücken langsam ostwärts, wodurch wir nach
Westen hin auf die Vorderseite eines Troges über Westeuropa gelangen. Die
potenziell instabile Warmluft aus dem Süden weitet sich mit der Tiefdruckrinne
allmählich nordwärts aus. Damit nimmt die Gewitterbereitschaft insbesondere in
der Südhälfte, aber auch im Westen zu, ohne dass die Details heute schon
feststehen. Fakt ist, dass vielerorts wieder die Sonne scheint und sich die Luft
auf 25 bis 31°C erwärmt. Einzig Richtung Küste wird es mit 19 bis 24°C etwas
weniger warm.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die wesentlichen Felder werden von den Modellen sehr ähnlich simuliert.
Unschärfer wird es ab Donnerstag, vor allem im Hinblick auf die Niederschlags-
und Gewitterentwicklung.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann