DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-06-2017 09:00
SXEU31 DWAV 090800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.06.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Im Wesentlichen W z, am Wochenende vorübergehend auch mal H M

Heute von Nordwesten und Westen her schauerartiger Regen mit eingelagerten,
teils starken Gewittern. Ab Mittag Gefahr einzelner Unwetter durch schwere
Sturm- oder orkanartige Böen, Hagel und heftiger Starkregen dagegen wenig
wahrscheinlich. Gewitter in der ersten Nachthälfte nach Osten abziehend bzw.
abklingend. Danach Hochdruckeinfluss.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... verlagert sich der im Osten und Süden anfangs noch wetterbestimmende
Höhenrücken rasch ostwärts. Diesem folgt ein markanter Trog, der bereits die
Britischen Inseln erfasst hat. Dieser Trog greift im Tagesverlauf auf
Deutschland über und erreicht bis zum Abend den Westen Deutschlands. Auch wenn
dieser Trog von Kaltluftadvektion überlaufen wird, sollte diese Entwicklung
nicht unterschätzt werden. Bedingt durch die markante Ausprägung des Troges
kommt kräftige Hebung in Gang, wodurch die vorderseitig eingeflossene labile
Luftmasse aktiviert wird. CAPE erreicht bis etwa 1000 J/kg, der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser bis etwa 35 mm und mittel- wie auch
niedertroposphärische Scherung kommt in Gang (in der unteren Troposphäre noch
mehr, als es weite zurückliegende Modellläufe gerechnet hatten). Die Zutaten für
eine Schwergewitterlage sind somit gegeben.
Wahrscheinlich entwickelt sich eine vorlaufende Konvergenz, an welche heftige
Entwicklungen gekoppelt sein können. Deren Passage dürfte mit Böen bis schwerer
Sturmstärke, im Süden vielleicht auch mit orkanartigen Böen einhergehen; ICON
und auch COSMO-De(EPS) zeigen entsprechende Signale. Im Südosten und im Osten
dürfte die Passage der Konvergenz wie auch der wenig später folgenden Kaltfront
zur tagesgangsbedingt aktivsten Zeit erfolgen. Dort sind vor allem mit Passage
der Konvergenz in Verbindung mit organisierteren Strukturen hoch reichender
Konvektion unwetterartige Entwicklungen vorstellbar. Da gegenüber den gestrigen
Modellläufen die Entwicklung etwas verzögert gerechnet wird, ist die Gefahr
etwas größer. Es ist aber aufgrund der Trockenheit der Luftmasse im Osten und
Südosten vorstellbar, dass die Passage der Tiefdruckrinne "trocken" erfolgt und
nur von einem Auffrischen des Windes mit Böen bis hin zu Sturmstärke begleitet
wird.
Aber auch der Trog kann durch vorderseitige Hebung zu staffelartig organisierten
Strukturen hoch reichender Konvektion führen. Zudem ist in Trognähe CAPE
deutlich höher und das Kondensationsniveau mit 400 (!) bis 800 Metern weitaus
niedriger als in der Warmluft im Osten und Südosten, wo die Luft wesentlich
trockener ist und erst deutlich oberhalb von 2000 Metern Konvektion einsetzt.
Mit anderen Worten: Mit Trogannäherung besteht im Westen und Südwesten die
Gefahr rotierender Strukturen. Bedingt durch die Scherung sind Superzellen
wahrscheinlicher als bisher. Dabei können schwere Sturmböen auftreten. Hagel und
auch heftiger Starkregen sind dagegen wenig wahrscheinlich.
Im Hinblick auf die Unsicherheit der Entwicklung (Tiefdruckrinne im Osten ggf.
"trockene" Passage, Wetterwirksamkeit des Troges durch vorlaufenden Druckanstieg
(Kaltluftadvektion) möglicherweise gedämpft) drängt sich die Ausgabe einer
Unwetter-Vorabinfo nicht auf.
Im Nordwesten und im Westen entspannt sich zum Abend hin die Lage. Gewitter, die
sehr wahrscheinlich keinen Unwettercharakter aufweisen, treten dort am ehesten
noch am Vormittag auf. Die Niederschläge lassen dort rasch nach und die Wolken
lockern auf. Dabei bewegen sich die Temperaturen je nach Bewölkung zwischen 17
und 23 Grad, wogegen sich im Osten und Südosten die Luft präfrontal auf 24 bis
29 Grad aufheizt.
In der Nacht zum Samstag überquert der Trog auch den Osten Deutschlands. Mit
diesem Trog verlagern sich die Niederschläge nach Polen, wobei bis weit nach
Mitternacht eingelagerte Gewitter, möglicherweise auch noch mit Starkregen,
nicht auszuschließen sind. Die vorgelagerte Kaltfront legt sich an die Alpen,
was dort die Niederschläge andauern lässt, sehr wahrscheinlich jedoch ohne dass
Warnschwellen überschritten werden.
In den anderen Gebieten setzt sich Hochdruckeinfluss durch, wobei allerdings
Warmluftadvektion im Westen und Südwesten bereits wieder mehrschichtige
Bewölkung aufziehen lässt.

Samstag... nähert sich von Westen her ein breiter Höhenrücken, der sich
zusehends kräftigt und durch Warmluftadvektion, die relativ weit nördlich
ansetzt, nach Norden ausweitet. Das flankierende Tief über dem nahen Ostatlantik
wandelt sich derweil in ein Zentraltief um, was die Ostverlagerung der
Keil-Trog-Strukturen etwas bremst. Das korrespondierende Bodenhoch etabliert
sich über dem Alpenraum und Süddeutschland. Die Voraussetzungen für einen
freundlichen Wettercharakter wären somit gegeben, wenn da nicht die Warmfront
des atlantischen Tiefs wäre, deren Bewölkung mit einer nordwestlichen Strömung
in weite Teile Deutschlands gedrückt wird. Für geringe Niederschläge sollte es
jedoch nur im Norden und Nordosten sowie an den Alpen reichen. Etwas begünstigt
sind die Gebiete westlich des Rheins und der Südwesten, wo sich bereits die
Warmluft durchsetzt. Allerdings erfolgt das Vordringen der Warmluft gegenüber
weiter zurückliegenden Modellläufen mit einer leichten Verzögerung.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 19 bis 24, an den Küsten Werte um 17 und
in den tieferen Lagen West- und Südwestdeutschlands bis 26 Grad.
In der Nacht zum Sonntag greift der Höhenrücken auf Deutschland über. Die
Kaltfront des nachfolgenden Tiefs wird durch Wellenbildung zurückgehalten.
Abgesehen vom Norden und Nordosten, wo sich noch Restbewölkung der Warmfront
hält, gelangen die anderen Gebiete in die Warmluft.

Sonntag... verlagert sich die Achse des Höhenrückens über Deutschland hinweg
ostwärts, so dass mit einer südwestlichen Strömung zusehends wärmere, aber auch
feuchtere Luft in das Vorhersagegebiet gelangt. An der Vorderseite einer flachen
(thermischen) Tiefdruckrinne, die sich über Frankreich entwickelt und die bis
zum Abend auf den Nordwesten Deutschlands übergreift, dreht die bodennahe
Strömung auf südliche bis leicht südöstliche Richtungen. Während der Norden und
Nordwesten zusehends in die Nähe der Frontalzone gelangt, wodurch auf diese
Gebiete teils mehrschichtige Bewölkung (mit geringen Niederschlägen in
Nordseenähe) übergreift, sorgt in den anderen Gebieten Absinken für eine nahezu
ungehinderte Einstrahlung. Dabei ist deutschlandweit ein Temperaturanstieg auf
25 bis 29, in den tieferen Lagen West- und Südwestdeutschlands auf 29 bis 32
Grad zu erwarten. Unmittelbar an der See und im Bergland werden 20 bis 24 Grad
erreicht.
In der Nacht zum Montag wird ein erster und noch relativ flacher Kurzwellentrog
in der südwestlichen Strömung nach Nordosten gesteuert. Da dort, wo der
Hebungsantrieb dieses Troges wetterwirksam ist, d.h. im Norden und Nordwesten,
bereits trockenere und vor allem stabilere Luft eingeflossen wird, sind
konvektive Umlagerungen bis hin zu Gewittern eher unwahrscheinlich. Die
Kaltfront, die bis Montagfrüh etwa bis zu einer Linie Oderhaff - Harz - Eifel
vorankommt, dürfte somit einen eher stabilen Charakter aufweisen. Allenfalls der
Wind könnte bei Frontpassage wie auch an der Nordseeküste auf unterster Stufe
warnrelevant werden. Vorderseitig können sich in der dann labil geschichteten
Luft einzelne Gewitter entwickeln. Dies ist zwar wenig wahrscheinlich, aber
nicht ganz auszuschließen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann