DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-05-2017 21:00
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 27.05.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heiß und einzelne unwetterartige Gewitter. Zunächst vor allem im Norden und der
Mitte, ab Montag auch im Süden.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir im Zustrom sehr warmer bis heißer Luftmasse aus dem
Mittelmeerraum. Das wetterbestimmende Hoch verlagert sich dabei über Polen
südostwärts, während in der Höhe ein markanter Rücken über Mitteleuropa zu
finden ist. Dieser wird von einem KW-Trog über der Nordsee umlaufen, der das
Geopotentialfeld im Norden vorübergehend zyklonaler gestaltet und mit PVA für
einen gewissen Hebungsantrieb sorgt. Gleichzeitig dringt eine Kaltfront in den
Nordwesten ein, deren frontale Querzirkulation ebenfalls einen Hebungsimpuls
mitbringt. Dort wird die Luftmasse auch langsam feuchter und einigermaßen
instabil, während im großen Rest des Landes die Luft trocken bleibt und unter
dem Rücken in Sachen Konvektion nichts möglich ist.
In den Nordwesten - etwa NRW bis Schleswig-Holstein - können daher im Laufe der
Nacht zum Sonntag von Westen her Schauer und Gewitter aufziehen, die dank hohem
Wassergehalt (PPW steigt über 30 mm) der Luftmasse das Potential für Starkregen
besitzen. Auch über Nordostfrankeich und der Schweiz entwickeln sich aktuell
Schauer und Gewitter, ob diese in den äußersten SW und Westen eindringen scheint
fraglich, ausgeschlossen ist dies aber nicht.

Sonntag ... beginnt sich der Rücken nach Abzug des KW Troges zur Ostsee rasch
wieder zu regenerieren. Die Kaltfront des weiter nach Südnorwegen ziehenden
Tiefs erstreckt sich im Tagesverlauf etwa von Vorpommern bis zum Niederrhein.
Während postfrontal eine etwas kühlere und vor allem stabiler geschichtete
Luftmasse von der Nordsee her einsickert, bleibt im großen Rest des Landes die
heiße und zum Teil potentiell sehr instabile Luft wetterbestimmend. CAPE steigt
bis über 1500 J/kg und PPW auf um 35 mm.
Mit dem konvergenten Bodenwindfeld und anfangs leichter Zyklonalität in der Höhe
wird vor allem im frontalen Bereich und etwas ausgreifend in die heiße Luft die
Labilität wohl lokal auch ausgelöst. Es bilden sich teils starke Schauer und
Gewitter, die nur recht langsam ziehen. Unwettergefahr besteht durch heftigen
Starkregen und Hagel. Die Scherung ist meist nur gering, so dass organisierte
Strukturen, bzw. Superzellen nur wenig wahrscheinlich sind. Allerdings liegt das
Kondensationsniveau recht hoch und in den Prognosesoundings zeichnet sich eine
inverse V Struktur ab, so dass durch Verdunstungsabkühlung dann doch Sturmböen
in den Gewittern auftreten können.
Auch im Südwesten sind einzelne starke Gewitter möglich, die aber mangels
dynamischer Unterstützung die Orografie (Schwarzwald, Alb) als auslösenden
Faktor benötigen.
In weiten Teilen des Südostens, Ostens und des Nordwestens bleibt es trocken, im
Südosten und Osten auch ganztags sonnig.
Die Hitzebelastung nimmt über der Mitte und dem Süden zu. Gebietsweise werden
mehr als 30 Grad erreicht, am Oberrhein sind bis 34 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Montag lassen die Gewitter tagesgangbedingt nach. Auch der
Umstand, dass sich der Rücken wieder kräftigt, trägt dazu bei, dass die Gewitter
abklingen, auch wenn dies eine Weile dauern kann und einzelne Gewitter auch am
Montagmorgen zwischen NRW und Brandenburg nicht ausgeschlossen sind.

Montag ... schwenkt der gekräftigte Rücken wieder nur zögernd mit seiner Achse
ostwärts über uns hinweg, so dass seitens der Höhenströmung keinerlei
Hebungsantriebe zu erwarten sind. In der schwülheißen Luft formiert sich aber
eine Tiefdruckrinne über Frankreich, die sich nach Deutschland hinein ausweitet.
Eingelagert darin verlagert sich ein kleinräumiges Tief vom Ärmelkanal nach NW
Deutschland. Auf der Vorderseite gewinnt die heiße Luft wieder nach etwas Norden
an Raum. Auch deutet sich in den Bodenwindfeldern die Bildung einer Konvergenz
über dem Südwesten und der Mitte an.

Vor allem über Norddeutschland im Bereich der Luftmassengrenze ist die Luft sehr
feucht (ppw 35 mm) und hochgradig instabil mit CAPE über 2500 J/kg. Allerdings
ist durch den Rücken auch ein entsprechend starker Deckel vorhanden und ob
allein die konvergenten Strukturen im Bodenwindfeld zur Auslöse reichen muss
abgewartet werden. Mit Hilfe des Tagesgangs, die hohen Auslösetemperaturen
können knapp erreicht werden, und der Orografie sind aber über der Mitte und dem
Süden einzelne Gewitter drin. Sollten sie sich bilden, ist rasch die
Unwetterschwelle durch heftigen Starkregen und Hagel erreicht.
An den Küsten bleibt es bei auflandigem Wind relativ kühl mit Maxima um 20 Grad,
sonst werden im Norden vom Emsland bis Vorpommern und Nordbrandenburg 22 bis 29
Grad erreicht, weiter südlich wird es wieder heiß mit maximal 30 bis 35 Grad und
der entsprechenden Hitze/Schwülebelastung.
In der Nacht zum Dienstag kommt die Rinne bis in den Nordosten voran, die
schleifende Kaltfront auf der Rückseite der Rinne macht nur langsam Boden nach
SE hin gut. Vor allem über dem Norden und Westen sind nachts damit einzelne
Gewitter möglich, auch wenn die Modellsignale was das angeht sehr spärlich sind.
Ansonsten klart es auf und die Gewitter fallen meist in sich zusammen.


Dienstag ... wird der Höhenrücken langsam etwas nach Südosten zurückgedrängt.
Die Tiefdruckrinne am Boden verlagert sich aus Deutschland heraus nach Polen.
Die westnordwestliche Bodenströmung auf der Rückseite bleibt aber sehr schwach
und auch die kühlere und stabile Luft über dem Nordwesten breitet sich nur
schleppend nach Südosten aus. Entsprechend findet sich auch die Kaltfront
schleifend weiter über den nördlichen und westlichen Landesteilen. Südlich davon
bilden sich im Tagesverlauf wieder Schauer und teils starke Gewitter mit
Unwetterpotential, nördlich davon passiert konvektiv nicht viel.
Wo genau die Konvektion am stärksten zu schlägt, kann noch nicht gesagt werden.
Zum Rücken hin, im Südosten, ist jedenfalls der stärkste Deckel vorhanden, dort
müsste die Orografie helfen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Schon ab der kommenden Nacht haben wir es mit Gewittern zu tun, die uns über die
gesamte Kurzfrist begleiten. Auch wenn es kaum/keine Unterstützung von der Höhe
her gibt, sind in Anbetracht der Luftmasse jeweils rasch unwetterartige
Entwicklungen zu erwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner