DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

25-05-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 25.05.2017 um 10.30 UTC



Anfangs Hochdruckeinfluss und verbreitet sommerlich warm bis heiß. Ab Sonntag
von Nordwesten her zunehmende Gewitterwahrscheinlichkeit.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 01.06.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums liegt Deutschland unter einem
relativ breiten Höhenrücken, der sich von Nordwestafrika über das westliche
Mittelmeer und weite Teile Mitteleuropas bis nach Nordeuropa erstreckt. Dort
wird er allerdings durch vom Atlantik ostwärts ablaufende Kurzwellentröge
"abgehobelt. Gleichzeitig fällt der Luftdruck, so dass sich über Skandinavien
eine Tiefdruckzone mit mehreren Kernen etabliert. Davon ausgehend erstreckt sich
eine Rinne süd-südwestwärts bis nach West- bzw. Südwesteuropa, in die eine
schleifende Kaltfront eingelagert ist. Hinter dem in Richtung Balkan
abwandernden Bodenhoch greifen Rinne und Front mit schauerartigen Regenfällen
und Gewittern von Nordwesten her auf den Vorhersageraum über. Bis Tagesende
werden wahrscheinlich aber nur wenige Teile Nord- und Nordwestdeutschlands auf
die Rückseite gelangen, was der nahezu höhenströmungsparallelen Exposition
der Luftmassengrenze geschuldet ist. Der größte Teil des Landes verbleibt
zunächst noch unter einer Warmluftblase mit 850-hPa-Temperaturen um oder über
15°C, was vielerorts Tageshöchsttemperaturen von 30°C und mehr zur Folge hat.
Dabei hält sich die Gewitterei abseits der Front bzw. des unmittelbaren Vorfelds
zunächst noch in Grenzen, was nicht zuletzt am antizyklonal geprägten "Deckel"
liegt. Gleichwohl sind durch Überhitzung und mit orografischer Unterstützung vor
allem über dem Schwarzwald und an den Alpen lokale Überentwicklungen nicht
ausgeschlossen.
Im weiteren Verlauf der Woche bis Mittwoch wird der Rücken von Nordwesten her
sukzessive abgebaut respektive nach Südosten abgedrängt, ohne aber gänzlich von
der hiesigen Bildfläche zu verschwinden. Auch Rinne und Front arbeiten sich
langsam süd-südostwärts voran (allerdings noch nicht am Montag, wo vor allem die
Front sogar noch mal leicht rückläufig wird), wodurch in den Norden und
Nordwesten stabilere und weniger warme, auf der anderen Seite aber nicht
wirklich kühle Luft gelangt. Mittwochmittag liegt die 850-hPa-Temperatur um 8°C,
während sie in der Mitte und im Süden 10 bis 15°C beträgt. Tatsache ist, dass es
an der Front (teils auf der "kalten" Seite, Stichwort Anafront) zu schauerartig
verstärkten Regenfällen mit eingelagerten Gewittern kommt. Da die präfrontale
Warmluft zunehmend labilisiert, nimmt auch dort die Gewitterwahrscheinlichkeit
zu, was u.a. an der Zunahme der simulierten MU-CAPE-Werte und der
Niederschlagsmengen erkennbar ist. Ohne jetzt schon ins Detail zu gehen, kann
man davon ausgehen, dass auch kräftige Gewitter mit Unwettercharakter dabei sein
werden, auch wenn die Reste des Höhenrückens einen gewissen Dämpfungseffekt
ausüben.
Im Laufe des Mittwoch soll die Kaltfront, die zuvor etwa bis in die mittleren
Landesteile vorangekommen ist, wieder rückläufig werden respektive in die sich
langsam nordwärts verlagernde Warmfront eines mittlerweile bei Irland
angelandeten Tiefs übergehen. Das Tief und der korrespondierende Höhentrog (bzw.
das darin eingelagerte Höhentief) ziehen via UK zur Nordsee, was bei uns im
erweiterten Mittelfristzeitraum zunächst zu einer zyklonal geprägten, am
Wochenende dann eher antizyklonalen Südwestlage führt. Die Kaltfront passiert
weite Teile Deutschlands von Donnerstag zu Freitag, wobei besonders in den
Norden und Westen ein Schwall erwärmter Meereskaltluft (T850 um oder sogar etwas
unter 5°C) gelangt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des IFS-Modells vom ECMF kann als gut bezeichnet werden. So zeigt
die neueste Version von heute, 00 UTC keine signifikant abweichende Entwicklung
von der gestern beschriebenen. Demnach wird die sich im Kurzfristzeitraum
verstärkende Hochdrucklage nebst einhergehender Erwärmung ab Sonntag von einer
schleifenden Kaltfront attackiert, die von Nordwesten her auf unseren Raum
übergreift. Bis Mittwoch kommt die Front Zug und Zug landeinwärts voran, wobei
die präfrontal lagernde Warmluft nicht ganz so weit nach Süden abgedrängt werden
soll wie in den gestrigen Läufen noch angenommen.
In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag deutet IFS wie gesagt den Übergang
zu einer zunächst zyklonalen, am Wochenende dann eher antizyklonalen Südwestlage
an, was ebenfalls - einigermaßen zumindest - zu den Vorläufen passt.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Großen und Ganzen simulieren die großen Globalmodelle keinen signifikant
anderen Verlauf. Freilich gibt es Unterschiede in Bezug auf den Abbau des
Höhenrückens sowie beim Timing und der Positionierung der schleifenden
Kaltfront, und auch die Niederschlagsprognosen divergieren, was aber ganz normal
ist...
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


...Diese Aussagen lassen sich auch auf die Ensemble-Prognosen von ECMF-EPS
projizieren. Betrachtet man die Rauchfahnen einiger ausgewählter deutscher
Städte, so findet man bis Sonntag, z.T. auch noch am Montag stark gebündelte
Kurvenscharen. Sie spiegeln gut den beschriebenen deterministischen Verlauf
wider. Danach nimmt die Streuung zu, wobei Temperatur- und auch Potenzialkurven
- begleitet von tagtäglich wiederkehrenden Niederschlagssignalen - einen Trend
nach unten erkennen lassen. Haupt- und Kontrolllauf liegen dabei mitten drin im
Geschehen.
Bei der Clusterung für die Zeiträume T+120...168h (Dienstag bis Donnerstag) und
T+192...240h (Freitag bis Sonntag) werden jeweils drei Cluster angeboten, die sich
aber nicht grundlegend voneinander unterscheiden. Im ersten Zeitintervall
resultieren die Diskrepanzen im Wesentlichen aus der unterschiedlichen
Behandlung des mitteleuropäischen Rückens, dessen Geometrie jeweils etwas anders
dargestellt wird. Im zweiten Intervall (erweiterte Mittelfrist) läuft alles auf
eine Südwestlage hinaus, die aber eine unterschiedlich konturierte Höhenströmung
aufweist.
GFS-EPS zeigt übrigens einen ähnlichen Verlauf wie die ECMF-EPS-Rauchfahnen,
allerdings ist das Temperaturmaximum in 850 hPa etwas nach hinten verschoben
(Dienstag).
FAZIT: Bis Sonntag läuft der Hase ziemlich einheitlich. Danach ist zwar der
Trend erkennbar (allmählich zyklonaler und Temperaturrückgang), die Details aber
noch nicht. Möglich, dass der Hochdruckeinfluss vor allem nach Süden und
Südosten hin länger durchhält als vom operationellen Lauf angenommen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Mit dem allmählichen Abbau des Hochdruckeinflusses, beginnend am kommenden
Sonntag, nimmt die Wahrscheinlichkeit hochreichender konvektiver Umlagerungen in
Form von GEWITTERN zu. Zunächst beschränkt sich das im Wesentlichen auf den
Norden und Westen und nur bedingt auf den Süden (Bergland), bevor die Räume
potenzieller Gewitter im Laufe der Woche zunehmen. Aufgrund der
Rahmenbedingungen (flaue Strömungsverhältnisse am Boden und in der Höhe) stehen
als mögliche Begleiterscheinungen vor allem Starkregen und Hagel bzw. größere
Hagelansammlungen auf der Karte. Dabei sind auch UNWETTERartige Entwicklungen
ins Kalkül zu ziehen.
Da die Temperatur bis Sonntag/Montag von Tag zu Tag steigt, wird zunehmend auch
das Thema HITZE wieder interessant. Nun ist es nichts Besonderes, dass Ende Mai
die Temperatur auf 30°C oder auch etwas darüber ansteigt, und es wird auch nicht
wenige geben, die sich darüber freuen. Trotzdem mag es dem eine oder anderen zu
viel sein, kurzum, mit Ausnahme einiger Teile Nord- und Nordwestdeutschlands
stellt sich gebietsweise eine starke Wärmebelastung ein, auch wenn es noch nicht
überall übermäßig feucht respektive schwül wird.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix in Verbindung mit ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann