DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-04-2017 21:00
SXEU31 DWAV 281800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.04.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts auch an den Alpen nachlassende Schneefälle. Samstag im Nordosten noch
einzelne Graupelgewitter, ansonsten am Wochenende ruhiges Hochdruckwetter mit
Nachtfrostgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhentroges, der
zwei Drehzentren aufweist: Eines über dem Skagerrak und ein deutlich schwächeres
über dem Ostalpenraum. Im Laufe der Nacht verlagert sich das Höhentief über den
Alpen nordostwärts und füllt sich auf, während das über dem Skagerrak zur
südwestlichen Ostsee zieht. Insgesamt kommt das gesamte Trogkonstrukt ein wenig
nach Osten voran, die Trogachse erstreckt sich Samstagfrüh über Polen und
Tschechien hinweg südsüdwestwärts bis zur Adria.
Somit kommen auch die trogvorderseitigen Hebungs- und Aufgleitprozesse über dem
Südosten des Landes komplett zum Erliegen bzw. verlagern sich ins östliche
Mitteleuropa bzw. nach Südost- und Osteuropa, wo es über dem Baltikum erneut zu
einer Zyklogenese kommt. Hebung wird dabei zumindest ab der zweiten Nachthälfte
im Norden des Landes generiert, und zwar aufgrund von PVA an der diffluent
konturierten Südostflanke des zur Ostsee ziehenden Höhentiefs. Westlich des
Troges erstreckt sich ein Höhenrücken über die Britischen Inseln hinweg
nordwärts und kommt allmählich Richtung Nordsee voran.
Im Bodenfeld zeigt das an das Höhentief gekoppelte Tiefdruckgebiet vor Jütland
kaum Verlagerungstendenz und füllt sich allmählich auf. Das teilokkludierte
Frontensystem kommt über Norddeutschland allmählich ostwärts voran. Vor allem im
Nordosten verstärken sich die frontalen schauerartigen Niederschläge noch etwas,
allerdings werden auch in Vorpommern kaum mehr als 1 bis 4 mm in 12 Stunden
simuliert. Nach Süden zu weist es immer weniger Wetterwirksamkeit auf, in den
mittleren Landesteilen reicht es aber noch für einzelne leichte Schauer, die im
Bergland oberhalb von etwa 400 bis 600 m auch als Schnee fallen. Nennenswerter
Neuschnee kommt aber nicht zusammen, stellenweise kann Glätte durch Schnee- oder
Graupelmatsch auftreten.
Der Süden und Westen geraten zunehmend in den Einflussbereich des Höhenrückens,
wobei sich im Bodenfeld ein flaches Hochdruckgebiet über Süddeutschland aufbaut.
Somit klingen die Niederschläge im Südosten im Laufe der Nacht ab und hören
spätestens in der zweiten Nachthälfte ganz auf. An den Alpen fallen oberhalb von
800 bis 1000 m noch etwa 5 cm Neuschnee, in exponierten Staulagen nach Osten zu
auch um 10 cm.
Vor allem im Nordwesten und Westen, später auch im Süden lockern die Wolken
wieder deutlich auf, teilweise ist es gering bewölkt. Leichten Frost gibt es in
erster Linie im Mittelgebirgsraum, ist aber bei längerem Aufklaren im Westen und
Nordwesten auch in tieferen Lagen nicht ausgeschlossen, zumal postfrontal
niedertroposphärisch ein Schwall polarer Meeresluft mit Temperaturen um oder gar
knapp unter -5 Grad dorthin gelangt.

Samstag ... verlagert sich das Höhentief allmählich zur mittleren Ostsee, wobei
die Höhenströmung an dessen Südflanke über Nordostdeutschland zunächst noch
zyklonal konturiert bleibt und vor allem vormittags vorderseitig einer weiteren
Trogachse, die die Region im Tagesverlauf überquert, auch noch Hebung simuliert
wird. Dabei gelangt nochmals ein Schwall höhenkalter und entsprechend labil
geschichteter Meeresluft mit Temperaturen bis -32 Grad in 500 hPa und um -4 Grad
in 850 hPa in den Nordosten des Landes.
Das Bodentief füllt sich komplett auf, übrig bleibt eine flache Tiefdruckrinne,
die sich von Polen bis nach Vorpommern erstreckt. Das flache Hochdruckgebiet
über Süddeutschland weitet sich über die Westhälfte hinweg nordwärts aus und
verbindet sich als gradientschwache Hochdruckbrücke über Norwegen bzw. Schweden
mit dem kräftigen Hoch über Nordskandinavien.
Vor allem im Einflussbereich der Höhenkaltluft im Nordosten gibt es im
Tagesverlauf weitere Schauer, teils mit Graupel oder Schneeregen, dabei können
aufgrund der vorübergehend zunehmenden Labilität (bis etwa 100 J/kg ML-Cape
werden simuliert) auch einzelne kurze Gewitter auftreten. Im Großen und Ganzen
beschränkt sich die Schauertätigkeit auf die Regionen entlang und nordöstlich
der Elbe, im höheren Erzgebirge fallen die dort nur ganz vereinzelten Schauer
teils als Schnee. ICON-EU simuliert insgesamt nur wenige mm Niederschlag,
lediglich an der Nordküste Rügens bis 10 mm.
Auch in den übrigen Regionen werden sich im Tagesverlauf innerhalb der durch die
diabatische Erwärmung zunehmend labilisierenden Grundschicht recht verbreitet
Quellwolken bilden, mangels vertikaler Ausdehnung (Absinkinversion in etwa 800
hPa) reicht es aber nur für vereinzelte unergiebige Schauer, am ehesten noch im
Bergland. Die Sonne zeigt sich vor allem im Südwesten und Süden, aber auch im
Nordwesten schon für längere Zeit. Spätnachmittags und abends kommt dann auch im
Nordosten die Schauertätigkeit allmählich zum Erliegen. Vor allem im Nordosten
bleibt es mit Höchstwerten zwischen 7 und 12 Grad noch recht frisch, ansonsten
steigen die Temperaturen auf 11 bis 15 Grad, am Oberrhein eventuell schon bis
auf 17 Grad, im höheren Bergland werden nach Osten zu kaum 6 Grad erreicht.

In der Nacht zum Sonntag verlässt uns der Einflussbereich des Höhentiefs
endgültig und der Höhenrücken rückt nach Mitteleuropa vor. Sonntagfrüh erstreckt
sich dessen Achse vom Ostalpenraum quer über Deutschland und die Nordsee hinweg
nordwestwärts bis zum Nordmeer.
Im Bodenfeld verlagert sich die Achse der Hochdruckbrücke allmählich ins
östliche Mitteleuropa, wobei sich Sonntagfrüh eine eigenständige
Hochdruckparzelle über Nordpolen abspaltet. Die Bodenströmung dreht somit auf
Südost und auch niedertroposphärisch macht die Erwärmung allmählich
Fortschritte.
Wettertechnisch steht somit eine ruhige Nacht ins Haus. Vielerorts klart der
Himmel auf, dabei gibt es verbreitet Bodenfrost, in ungünstigen Lagen häufig
auch Luftfrost.

Sonntag ... "kippt" der Höhenrücken etwas nach Südwesten und verlagert sich
weiter nordostwärts, am Montag, 00 UTC verläuft dessen Achse bereits nördlich
des Vorhersagegebietes. Über dem nahen Ostatlantik setzt sich eine schon vorher
begonnene Austrogung Richtung Zentralfrankreich fort. Somit gelangen wir unter
eine noch leicht antizyklonal gekrümmte südliche Höhenströmung.
Ein mit dem Trog korrespondierendes Bodentief verlagert sich im Tagesverlauf
nach Irland. Von ihm ausgehend erstreckt sich eine flache Tiefdruckrinne nach
Frankreich, so dass auch vor allem im Süden und Westen Deutschlands Druckfall
einsetzt. Das Hoch über Nordpolen zieht allmählich Richtung Baltikum und
verstärkt sich ein wenig. Damit baut sich ein recht veritabler Druckgradient
auf. Auf freien Kammlagen einiger Mittelgebirge, in deren Lee, in Ost-West
ausgerichteten Tälern sowie im Nordseeumfeld reicht es eventuell für erste
steife Böen (Bft 7) aus Südost.
Die nieder- und auch mitteltroposphärische Erwärmung macht weiter Fortschritte
und unterbindet somit zunehmend die Bildung von Quellbewölkung. Für "Sonne pur"
wird es aber vor allem im Bergland und nach Osten zu wohl nicht reichen,
allerdings bleibt es trocken. Im Westen können zum Abend hin eventuell schon
erste hohe und mittelhohe Wolken aufziehen.
Bei Temperaturen in 850 hPa zwischen -1 Grad an der Odermündung und +7 Grad im
Raum Basel (um 18 UTC) dürften sich die Höchstwerte zwischen 12 und 16 Grad im
Norden und Osten bzw. zwischen 15 und 20 Grad im Süden und Westen bewegen.

In der Nacht zum Montag weitet sich der Trog nach Südostfrankreich aus. Die
Höhenströmung kippt etwas mehr auf Südost und nimmt eine etwas zyklonalere
Kontur an. Dabei wird von Westen auch verstärkt Hebung simuliert, die in erster
Linie WLA an der Ostflanke des Troges geschuldet ist.
Das Bodentief zieht allmählich nach Nordengland und füllt sich ein wenig auf.
Dabei weitet sich die flache Tiefdruckrinne auf West- und Süddeutschland aus,
das okkludierte Frontensystem des Tiefs greift auf Südwestdeutschland über,
kommt aber aufgrund einer Zyklogenese über Nordwestitalien, knapp vorderseitig
der Trogspitze, kaum nach Nordosten voran.
Die frontalen Niederschläge weiten sich im Laufe der Nacht von Frankreich und
Benelux her in etwa bis zu einer Linie Westmünsterland - Bodensee aus. Somit hat
sich das ICON den geringfügig progressiveren Versionen von GFS (00 und 06
UTC-Läufe) und ECMWF (von 00 UTC) angeglichen. In Staulagen der westlichen
Mittelgebirge (Eifel, Hunsrück, Südschwarzwald) werden stellenweise mehr als 10
mm in 12 Stunden simuliert.
Im Südwesten fächert der Gradient wieder auf, im Norden und Osten verschärft er
sich dagegen, da sich das Hoch über dem Baltikum noch etwas verstärkt. An den
Küsten sowie in einigen Mittelgebirgskammlagen, aber auch in Südost-Nordwest
ausgerichteten Tälern kann es steife Böen (Bft 7) aus Südost geben, auf einigen
Gipfeln der ost- und südostdeutschen und Mittelgebirge und über der offenen
Nordsee auch stürmische Böen (Bft 8).
Im Nordosten, Osten und Süden verläuft die Nacht noch meist gering bewölkt oder
klar, so dass es in ungünstigen Lagen nochmals stellenweise leichten Frost geben
kann.

Montag ... , am Maifeiertag, tropft der Trog über dem Ärmelkanal und
Nordfrankreich bzw. Belgien ab und weitet sich nach Südwestdeutschland aus. Vor
allem unmittelbar vorderseitig der Trogspitze wird die als Hebungsantrieb
wirkende WLA noch durch kräftige PVA unterstützt, wobei sich die markantesten
Hebungsprozesse vom Westen und Südwesten Deutschlands zu den mittleren
Landesteilen und nach Süddeutschland verlagern.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne über Südwestdeutschland zusammen mit der
darin eingebetteten Okklusion nordostwärts voran und erstreckt sich abends von
den Niederlanden über Niedersachsen ostsüdostwärts bis zur Lausitz. Die Front
weist Anafrontcharakter auf, die Niederschläge konzentrieren sich auf die kalte
Seite der Front. Vor allem vom Emsland/Münsterland südostwärts bis nach Bayern
werden vielerorts mehr als 5 mm in 12 Stunden simuliert, in den Staulagen der
Mittelgebirge und der Alpen sowie im Emsland und Westmünsterland auch mehr als
10 mm. Die externen Modelle simulieren mit leicht unterschiedlicher räumlicher
Verteilung ähnliche Mengen, die Warnkriterien dürften aus aktueller Modellsicht
wohl nicht erreicht werden.
Frontrückseitig gelangt in den Südwesten im Tagesverlauf mit Annäherung des
Troges ein Schwall Höhenkaltluft, die Temperatur in 500 hPa sinkt auf etwa -27
bis -30 Grad, in 850 hPa auf etwa 0 Grad oder knapp darunter. Somit lockern die
Wolken postfrontal zwar kurzzeitig mal auf, es bilden sich aber rasch wieder
Schauer und auch einzelne kurze Gewitter.
In den unmittelbaren Rinnenbereich gelangt ein Schwall potentiell instabiler
Luftmassen nach Nord- und Nordostdeutschland (100 bis 300 J/kg, vor allem nach
GFS). ICON-EU und ECMWF simulieren dort allerdings kaum konvektive
Niederschläge, GFS etwas verbreiteter, vor allem im 06 UTC-Lauf, im aktuellen
Lauf wurde die konvektive Aktivität ebenfalls etwas zurückgenommen. Generell
dürfte allerdings die von Südosten her dorthin advehierte recht trockene
kontinentale Luftmasse eher konvektionshemmend wirken.
Im Bereich der Rinne fächert der Druckgradient auf, vorderseitig bleibt er im
Osten und Nordosten noch recht scharf ausgeprägt. Vor allem entlang und
nordöstlich der Elbe gibt es weiterhin steife, an der Ostsee und in
Schleswig-Holstein auch stürmische Böen aus Südost bis Ost, in den Hochlagen des
Erzgebirges anfangs ebenfalls stürmische Böen, dort schwächt sich der Wind aber
mit Annäherung der Rinne ab.
Rückseitig der Rinne, in Südwestdeutschland, frischt der Wind ebenfalls auf,
allerdings aus West bis Südwest. Vor allem in Schauer- bzw. Gewitternähe und im
Alpenvorland gibt es steife Böen, in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge
und auf den Alpengipfeln auch stürmische Böen oder Sturmböen.
Von der Nordseeküste bis nach Sachsen und nordöstlich davon scheint nochmal für
längere Zeit die Sonne. Sonst bleibt es meist stark bewölkt bis bedeckt,
postfrontal lockern die Wolken im Südwesten später wieder auf. In der Nord- und
Osthälfte wird es mit 13 bis 18 Grad recht mild, lediglich an den Küsten,
insbesondere der Ostsee, bleibt es bei auflandigem Wind kühler. Im Süden und
Westen liegen die Höchstwerte zwischen 10 und 14 Grad, mit etwas
Sonnenunterstützung werden vielleicht noch 16 Grad erreicht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle unterscheiden sich bzgl. der großräumigen
Wetterentwicklung im Kurzfristbereich so gut wie gar nicht. Die vom GFS
(insbesondere vom 06 UTC- Lauf) im Gegensatz zum ICON im Tiefdruckrinnenbereich
simulierten konvektiven Niederschläge am Maifeiertag wurden im Text erörtert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff