DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-04-2017 21:00
SXEU31 DWAV 251800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.04.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Einsetzender Dauerregen in den südwestdeutschen Mittelgebirgen. Oberhalb 600 bis
800 Meter in Schnee übergehend. Dabei Gefahr von Schneebruch. Am Mittwoch an den
Alpen Niederschläge in Schnee übergehend. Schneefallgrenze tagsüber jeweils 800
bis 1000, in den Nächten und Frühstunden jeweils bis unter 600 m absinkend.
Oberhalb davon 5 bis über 15, in der Nacht zum Freitag bis über 20 cm Neuschnee
mit Schneebruch. Schneefälle an den Alpen erst am Samstag allmählich
nachlassend.
Ansonsten meist kühles Schauerwetter mit einzelnen kurzen Gewittern. In den
Nächten bei Aufklaren verbreitet leichter Frost oder zumindest Bodenfrost.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Troges, der sich,
ausgehend von einem Zentraltief über Südschweden bis in die Irische See
erstreckt. Dieser Trog weitet sich eher noch nach Südwesten, d.h. bis in die
Biskaya aus, als dass er nach Osten vorankommt. Die diesem Trog vorgelagerte
Kaltfront hat Süddeutschland erreicht und dringt bis zu den Alpen vor. Reste
einer milderen Luftmasse, die mit einer südwestlichen Strömung nach Deutschland
gelangt sind, lassen sich noch im Südosten Deutschlands finden. In Verbindung
mit der vordringenden Polarluft verschärfen sich die Luftmassengegensätze. Durch
die postfrontale Drehung der bodennahen Strömung auf nördliche Richtungen setzt
Aufgleiten ein, was die Kaltfront Anacharakter annehmen lässt. Die hieraus
resultierenden Niederschläge haben den Südwesten Deutschlands erfasst und
greifen weiter nordwärts bis zu einer Linie Saarland-Erzgebirge über. Der meiste
Niederschlag fällt dabei in den südwestdeutschen Mittelgebirgen, wodurch dort
eine Warnung vor Dauerregen erforderlich wurde.
Mit dem postfrontalen Vordringen der arktischen Polarluft sinkt die
Schneefallgrenze ab. Während in den östlichen Mittelgebirgen nur wenige
Zentimeter Schnee zusammenkommen, dürfte in den südwestdeutschen Mittelgebirgen
(wo die Niederschläge am intensivsten sind) die Schneefallgrenze auf etwa 600
Meter heruntergehen. Oberhalb davon sind 5 bis 10, in Staulagen auch um 15
Zentimeter Schnee zu erwarten. Da es sich hierbei um Nassschnee handelt, besteht
die Gefahr von Schneebruch. Die Alpen werden von dieser Kaltluft noch nicht
erreicht, eine leicht föhnige Komponente belässt dort die Schneefallgrenze noch
deutlich oberhalb von 1000 Metern. Auch Niederschläge werden an den Alpen
wahrscheinlich noch nicht einsetzen.
Im Norden und Nordwesten fällt die Konvektion in den Abendstunden in sich
zusammen und es klart verbreitet auf, so dass leichter Frost zu erwarten ist.
Der Wind sollte in der Nacht warntechnisch wohl keine Rolle mehr spielen. Sollte
allerdings während der Nacht von der Küste wieder eine verstärkte
Schauertätigkeit einsetzen, besteht aufgrund der vorherigen Abkühlung die Gefahr
von Glätte, was durch eine entsprechende Warnung für die betroffenen Gebiete
sichtbar gemacht werden sollte.
In einem breiten Streifen, der sich etwa von der Pfalz bis zum Oderbruch und zur
unteren Neiße erstreckt, wird von dem Wolkenschirm des o.g. Aufgleitens
überdeckt, so dass dort leichter Frost auf höhere Berglagen beschränkt ist.

Mittwoch ... rückt der wetterbestimmende Trog ein wenig nach Südosten vor, so
dass dessen Achse bis zum Abend Schleswig-Holstein und den äußersten Nordwesten
Deutschlands erreicht. Die diesem Trog vorgelagerte Kaltfront hat zwar bis dahin
die Alpen weitgehend überquert. Bedingt durch den Anacharakter der Front sind
aber von den südwestdeutschen Mittelgebirgen bis hin zum Erzgebirgsraum und
Bayerischen Wald weitere Niederschläge zu erwarten. Tagesgangsbedingt sollte die
Schneefallgrenze auf 800 bis 1000 Meter ansteigen, aber oberhalb davon können
noch einige bis in Staulagen auch mehr als 10 Zentimeter Neuschnee fallen.
Im Norden und mit dem leichten Vordringen der Trogachse nach Süden auch im
gesamten Westen stellt sich kühles Schauerwetter (typisches Aprilwetter) ein,
wobei auch einzelne kurze Gewitter dabei sein können. Allerdings handelt es sich
dabei um kurze Wintergewitter mit einer maximalen vertikalen Erstreckung bis
etwa 6 km. Dazwischen sind auch größere Auflockerungen, zur Küste hin (aufgrund
des stabilisierenden Einflusses des kalten Seewassers) längere sonnige
Abschnitte zu erwarten.
In einem breiten Streifen, der von den Gebieten südlich der Mosel bis zur Oder
und Neiße reicht, ist die Schichtung für Konvektion noch zu stabil, aber von
Dauerregen werden diese Regionen auch nicht erfasst. Da sich auch dort die
Aufgleitbewölkung bemerkbar macht, sind Wolkenlücken wohl eher selten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 7 bis 12, in den Gebieten mit länger
andauerndem Niederschlag nur 1 bis 6 Grad.
In der Nacht zum Donnerstag kommt der Trog ein wenig nach Osten voran, so dass
gegen Morgen die Trogachse etwa auf einer Linie Eifel-Lübecker Bucht zu finden
ist. Hierdurch bleibt über dem Süden und Südosten Deutschlands die südwestliche
Strömung bestehen, was dort die scherungsbedingten Niederschläge andauern lässt.
Hiervon werden der Erzgebirgsraum und der Oberpfälzer Wald wahrscheinlich nicht
mehr erfasst. In den südwestdeutschen Mittelgebirgen, im Bayerischen Wald und an
den Alpen sind weitere 5 bis 10 Zentimeter Neuschnee zu erwarten, wobei bis
Donnerstagfrüh die Schneefallgrenze wieder bis in Lagen um 600 Meter, am
Alpenrand durchaus bis in die Täler, absinkt.
Ansonsten fallen letzte Schauer in den Abendstunden in sich zusammen. Verbreitet
klart es auf. Bei klarem Himmel ist leichter Frost oder zumindest Frost in
Erdbodennähe zu erwarten. Allenfalls ganz im Nordwesten kann sich bereits
Bewölkung der Warmfront eines in die Nordsee ziehenden Tiefs bemerkbar machen,
so dass dort die Gefahr von leichtem Frost geringer ist.

Donnerstag ... stößt der südliche Teil des wetterbestimmenden Troges in Richtung
Westalpen vor, was über dem Golf von Genua eine Zyklogenese in Gang bringt. Über
dem Süden und Südosten Deutschlands steilt hierdurch die Strömung auf. Südlich
des Alpenhauptkammes verstärken sich hierdurch die Schneefälle, nördlich davon
schwächen sie sich wahrscheinlich etwas ab, wobei in Staulagen durchaus noch
einmal deutlich mehr als 5 Zentimeter Neuschnee hinzukommen können. Allerdings
werden, bedingt durch das Aufsteilen der Strömung, im Osten die Niederschläge
wieder etwas nach Norden ausgreifen, so dass hiervon auch der östliche
Mittelgebirgsraum erfasst wird. Hier wird es allerdings nur für wenige
Zentimeter Neuschnee reichen. Mit dem Tagesgang dürfte dabei die
Schneefallgrenze wieder auf 800 bis 1000 Meter ansteigen.
Ansonsten ergibt sich ein ähnliches Bild wie an den Vortagen. Bedingt durch das
Vorrücken des Troges dürften sich in einem Streifen von Rheinland-Pfalz bis nach
Vorpommern und zur Niederlausitz wiederholt Schauer und auch kurze Gewitter
entwickeln. Auflockerungen und auch heitere Abschnitte sind zur Küste hin am
wahrscheinlichsten.
Der Streifen, der von dem Wolkenschirm der Aufgleitbewölkung überdeckt wird und
wo die Labilität für Konvektion nicht hinreichend ist, wird zusehends schmaler
und erstreckt sich dann etwa vom Oberrhein über Mitteldeutschland hinweg bis zur
Lausitz.
Auf den Nordwesten greift dann zusehends die Bewölkung der Warmfront eines Tiefs
über der Nordsee über, wobei im späteren Tagesverlauf in Nordseenähe
Niederschläge einsetzen.
Die Tageshöchsttemperaturen ändern sich gegenüber dem Vortag nur unwesentlich.
In der Nacht zum Freitag schwenkt der Südteil des Troges über die Alpen hinweg
nach Oberitalien, was südlich der Alpen ein ausgedehntes Tief entstehen lässt.
Die Genuazyklone war somit die Keimzelle dieses Tiefs. Auspumpen, das aus dem
Überströmen der Alpen resultiert, induziert im Zusammenspiel mit kräftiger
Warmluftadvektion über dem Ostalpenraum kräftige Hebung. Zudem kommt durch einen
ablaufenden Kurzwellentrog noch positive Vorticityadvektion ins Spiel. Das
Zusammenwirken dieser drei Prozesse sorgt für eine erneute Intensivierung der
Niederschläge, wobei die intensivsten Hebungsprozesse an der Alpensüdseite
ablaufen. Dennoch verstärken sich auch an der Alpennordseite die Schneefälle
wieder, wo noch einmal 10 bis in Staulagen auch mehr als 15 Zentimeter Neuschnee
hinzukommen können. Dabei können die Schneefälle bis auf den Großraum München
übergreifen.
Auf den Nordwesten und Westen werden dann die Niederschläge des okkludierenden
Frontensystems eines in die Deutsche Bucht ziehenden schwachen Tiefs
übergreifen. Auch hier ist anfangs die feste Phase vorstellbar, aber die
Niederschläge dürften rasch in Regen übergehen, so dass die Glätteproblematik
sich auf einige höhere Berglagen wie das Hochsauerland, das Rothaargebirge und
vielleicht die Hochlagen der Eifel beschränken dürfte.
Dazwischen wird es einen breiten Streifen geben, der von der Pfalz bis zur
Vorpommerschen Ostseeküste reicht und wo es längere Zeit aufklaren kann. Bei
klarem Himmel ist leichter Frost oder zumindest Frost in Bodennähe zu erwarten.

Freitag ... wird der auf Süddeutschland übergreifende südliche Teil des
wetterbestimmenden Troges allmählich zugeschüttet. Mit der Ostverlagerung des
Troges (oder was davon übrig ist) lässt die Scherung nach, so dass die an den
Alpen und zum Teil noch im Bayerischen Wald zu erwartenden Niederschläge im
wesentlichen auf Stau zurückzuführen sind. Dabei kann es dort noch einmal für
einige, in Staulagen auch um 5 Zentimeter Neuschnee reichen. Die
Schneefallgrenze wird tagsüber wieder auf Lagen um 1000 Meter ansteigen.
Tendenziell werden die Niederschläge im Tagesverlauf allmählich nachlassen.
Da die Trogachse den Osten Deutschlands dann noch nicht erreicht hat, werden im
Osten die Niederschläge etwas nach Norden bis zur unteren Oder ausgreifen, ohne
dass sich Warnrelevanz ergibt.
In den anderen Gebieten ist erneu kühles Schauerwetter zu erwarten. Dabei ist
die Labilität für kurze Gewitter durchaus hinreichend. Wie an den vorhergehenden
Tagen ergibt sich erneut ein Streifen, nunmehr vom Oberrhein bis zur
Vorpommerschen Ostseeküste reichend, wo für niederschlagsbildende Konvektion die
Schichtung zu stabil ist. Auflockerungen sind in diesen Gebieten noch am
wahrscheinlichsten.
Gegenüber den Vortagen ergibt sich keine wesentliche Temperaturänderung.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung.
Unterschiede ergeben sich erst in der Nacht zum Freitag, wo nach ICON und auch
nach GFS die Niederschläge des Frontensystems des Nordseetiefs rascher auf den
Nordwesten und Westen Deutschlands übergreifen sollen als nach EZMW. Die erneute
Intensivierung der Niederschläge an den Alpen in der Nacht zum Freitag wird von
EZMW und auch von GFS ausgeprägter gezeigt als von ICON. Beide externen Modelle
schwächen auch die Niederschläge am Freitag noch nicht so rasch ab wie ICON.
Diese Unterschiede zeigen sich auch anhand probabilistischer Verfahren wie
COSMO-LEPS, das an den Alpen deutlich höhere Neuschneemengen (in der Nacht zum
Donnerstag bis über 15, in der Nacht zum Freitag bis über 20 Zentimeter und auch
am Freitag selbst noch einmal mehr als 15 Zentimeter) Neuschnee für möglich
hält. Diese Neuschneemengen werden zudem von den vorangegangenen Modellläufen
sehr konsistent gezeigt. Am Alpenrand können sich durch Neuschnee und
Schneebruch durchaus unwetterartige Auswirkungen ergeben. Von einer Einwinterung
am Alpenrand zu sprechen ist somit nicht übertrieben.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann