Thema des Tages

11-04-2017 14:40

?Besuch? vom Nordmeer

Am gestrigen Montag, dem 10.4., hat sich die Wetterlage in
Deutschland deutlich umgestellt. Allerdings ging die Umstellung nicht
überall mit ?Pauken und Trompeten? vonstatten. Wolkenaufzug,
Winddrehung und damit verbunden ein leichtes Auffrischen des Windes
waren im Norden und der Mitte die oftmals dezenten Begleiterscheinung
der Kaltfrontpassage, die die Wetterumstellung einleitete. Dabei
setzte unmittelbar hinter der Front ein leichter Temperaturrückgang
ein. Und, nicht zu vergessen: Wer im Freien mal einen Blick in die
Weite gerichtet hat, konnte feststellen, dass die Sichtweiten im
Frontbereich deutlich zurückgingen.

Insgesamt also viel Wind um Nix (bzw. viel Wind um Wenig)? Nicht so
ganz! Denn wenn man sich anschaut, aus welchen Regionen die Luft
stammt, die gestern noch unser Wetter bestimmte, und woher die Luft
heute kommt, dann springen dem Betrachter deutliche Unterschiede ins
Auge.

Der zugehörige physikalische Exkurs führt uns in die Welt der
Trajektorien. Dies sind die Bahnkurven, auf denen sich die
Luftpartikel in der Atmosphäre bewegen. Mit einfachen Worten: es
handelt sich um die Wege, die Luftpartikel in der Atmosphäre
zurücklegen. Dabei unterscheidet man zwei Sorten von Trajektorien:
Die sogenannten Rückwärtstrajektorien geben an, woher ein
Luftteilchen kommt, und die Vorwärtstrajektorien liefern
Informationen darüber, wohin sich ein Luftteilchen bewegt.

Betrachten wir also die Rückwärtstrajektorien am gestrigen Montag und
am heutigen Dienstag. In der Grafik sind Rückwärtstrajektorien für
drei verschiedene Höhen (dunkelblau etwa 500 Meter, mittelblau etwa
1,5 km und hellblau etwa 3 km Höhe) für Magdeburg dargestellt. Die
?Montag-Trajektorien? (im Bild links) haben dabei gemeinsam, dass sie
sich in einem großen Bogen im Uhrzeigersinn auf Magdeburg zubewegen
und dabei große Gebiete West- und Südwesteuropas überqueren. Ganz
anders die Situation am heutigen Dienstag: Da haben wir ?Besuch? vom
Nordmeer, und die Luft ist erwartungsgemäß deutlich kühler. Der
betrachtete Zeitraum der Bewegung umfasst dabei jeweils die letzten 4
Tage (96 Stunden).

Und der ? in der Karwoche obligatorische - ?Trajektorienblick? auf
Ostern? Der gleicht wohl eher dem heutigen als dem gestrigen Bild.
Wir erwarten recht kühle Luft aus dem Norden und wechselhaftes
Wetter. Der ?Besuch? aus dem Nordmeer scheint also nicht nur eine
Stippvisite zu planen, sondern sich länger einzunisten. Keine guten
Aussichten für die Ostereiersuche im Freien.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.04.2017

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