DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

23-03-2017 11:00
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.03.2017 um 10.30 UTC



Überwiegend ruhiges Hochdruckwetter, gebietsweise Nachtfrost.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 30.03.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag zeigt die
großräumige Potenzial- und Druckverteilung eine klassische
High-over-Low-Konstellation. Der Schwerpunkt der hochreichenden Antizyklone
befindet sich im Bereich UK/Nordsee, von wo aus sich ein Keil bis nach
Deutschland erstreckt. Der zyklonale Gegenspieler hat sein Drehzentrum zum
gleichen Zeitpunkt knapp westlich der Iberischen Halbinsel. Die Frontalzone wird
vom Hoch weit nach Norden abgedrängt, wo sie zonal über Skandinavien hinweg
ostwärts verläuft. Über der Ostsee winkelt sie dann aber nach Süden ab, um über
dem Balkan wieder nach Osten Richtung Schwarzes Meer abzudrehen. Unter dem
Strich ergibt dieser Verlauf einen Potenzialtrog, der über dem östlichen
Mitteleuropa südwärts schwenkt, unseren Raum (Osten/Südosten) dabei aber nur
peripher tangiert. Niedertroposphärisch und auch bodennah gelangt von Nordosten
her etwas kältere Luft zu uns (T850 in der Osthälfte um oder etwas unter 0°C),
der Hauptkaltluftvorstoß erfolgt aber wie schon an den Tagen zuvor einige 100
Kilometer weiter östlich.
Zu Beginn der neuen Woche verlagert sich der Schwerpunkt des Höhenhochs
geringfügig nach Osten, wobei das Hoch Verbindung zu einem flachen Rücken über
Algerien/Tunesien respektive dem westlichen Mittelmeer aufnimmt. Die Folge ist
ein stark meridional exponierter Rücken, dessen gekrümmte Achse am Dienstag von
Tunesien über Italien, Deutschland und die Nordsee bis nach Island reicht.
Korrespondierend dazu findet man auf der Bodenwetterkarte eine umfangreiche
Hochdruckzone, die von Südwesteuropa und dem westlichen Mittelmeer her weite
Teile Mitteleuropas überdeckt und bis nach Skandinavien reicht. Absinken sorgt
bei uns für eine niedertroposphärische Erwärmung auf 5-8°C in 850 hPa, und auch
bodennah kann sich alternde Luftmasse tagsüber erwärmen, während nachts noch
leichter Frost droht. Insgesamt ist - jahreszeitentypisch - mit einer großen
Temperaturamplitude zu rechnen.
Zur Wochenmitte wird der Höhenrücken durch einen von UK/Irland bzw. der Nordsee
in das Reich der Antizyklonalität eindringenden Kurzwellentrog "abgehobelt".
Gleichzeitig steigt das Potenzial über Südwesteuropa an, so dass sich ein
breiter, weite Teile Süd- und Mitteleuropa überspannender Höhenrücken ergibt.
Der Vorhersageraum bleibt antizyklonal geprägt, zumal sich auch im
Bodendruckfeld wenig tut. Allerdings zeigen sich der Norden und Nordosten bei
dieser Strömungskonfiguration leicht anfällig für durchziehende Wolkenfelder,
aus denen aber kein oder kaum Niederschlag zu erwarten ist.
Richtung Wochenende (erweiterte Mittelfrist) deutet der Hauptlauf von IFS_ECMF
dann einen Wetterwechsel an. Rücken und Bodenhoch verlagern sich gen Osten, so
dass der Weg frei wird für einen Trog mit vorgeschalteter schleifender
Kaltfront, die sich peu a peu ost-südostwärts vorarbeiten.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00-UTC-Lauf von IFS_ECMF weist insofern eine gute Konsistenz auf,
als dass für den mittelfristigen Prognosezeitraum nach wie vor überwiegend
Hochdruckeinfluss simuliert wird. Dass Lage, Position und Ausrichtung der
regieführenden Hochdruckgebiete und Höhenrücken dabei nicht immer kongruent
zueinander liegen, spielt für die Vorhersage insbesondere signifikanter
Wettererscheinungen nur eine untergeordnete Rolle.
Trotzdem, gerade für den kommenden Sonntag weicht der heutige 00-UTC-Lauf doch
um einiges von der gestrigen 00-UTC-Version ab. Wurde gestern noch (mit starker
Unterstützung der ECMF-EPS-Prognosen) auf eine Trogpassage von Polen her mit
einem Schwall Kaltluft (T850 gebietsweise unter -5°C) und Niederschlägen im
Süden und Südosten geliebäugelt, ist im heutigen Hauptlauf davon nichts mehr zu
sehen bzw. findet das genannte Geschehen weiter östlich statt. Die Folge wäre
ein trockener und auch wärmerer, wenn vielleicht auch nicht warmer Sonntag.-
Warum "wäre"? Weil das amerikanische GFS (und auch ein Großteil der
dazugehörigen Ensemblelösungen) am "kalten" Szenario festhält und auch ECMF-EPS
(Ensemble) sich noch nicht vollständig davon gelöst hat.
Unter dem Strich stehen wir aber vor einem ruhigen und niederschlagsarmen
Witterungsabschnitt, in dem es in den Nächten vielerorts leichten Frost gibt.


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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Nicht nur IFS_ECMF, auch die anderen etablierten Globalmodelle stoßen
mittelfristig ins antizyklonale Horn. Dabei lässt sich die obige Aussage
hinsichtlich unterschiedlicher Lage, Position und Ausrichtung der antizyklonalen
Hauptdarsteller problemlos auf den Modellvergleich projizieren. Vor allem der
Sonntag wirft in Bezug auf die Wolkenverteilung, möglichen Niederschlag und die
genaue Temperierung noch ein paar Fragen auf, was nicht nur an den
Modellunterschieden selbst, sondern auch an der nicht gerade überragenden
Konsistenz der einzelnen Modelle liegt.
FAZIT: Hochdruck- bzw. Blockierungslage unstrittig, Sonntag noch mit einigen
Unschärfen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Besagte Unsicherheit spiegelt sich übrigens auch in den probabilistischen
Vorhersageverfahren wider. So zeigen sich in der ECMF-EPS-Clusterung für
T+72...96h (Sonntag/Montag) vier Cluster (14, 14, 12, 11 Fälle; HL und KL in CL
3), die den Trog über dem östlichen Mitteleuropa bzw. dem nahen Osteuropa
unterschiedlich weit nach Westen ausgreifen lassen. CL 1 ist diesbezüglich am
offensivsten aufgestellt, während CL 2 und CL 4 noch etwas defensiver als der
Hauptlauf sind.
Für den Zeitraum T+120...168h (Dienstag bis Donnerstag) reduzieren sich die
Cluster auf zwei (26, 25 Fälle; HL und KL in CL 2), die sich bei uns im
Wesentlichen in der Breite und Amplitude des wetterbestimmenden Höhenrückens
unterscheiden. An der antizyklonalen Ausrichtung im Vorhersageraum ändert das
nichts.
Zwei Cluster (30 + HL, 21 + KL) sind es auch für T+192...240h (Freitag bis
Sonntag), die sich für unseren Raum aber kaum unterscheiden. Beide lassen den
Trog von Westen her unter Abschwächung bei uns reinkommen, bei CL 1 etwas
schneller als bei CL 2. Es ist durchaus vorstellbar, dass der Trog letztlich zu
einem "Rohrkrepierer" wird und sich der antizyklonale Einfluss noch länger hält
(vielleicht mit einer kurzen Unterbrechung), zumal das Potenzial hinter dem Trog
auch schon wieder merklich ansteigt.
Kurz noch ein Blick auf die ECMF-EPS-Rauchfahnen, die bei der 850-hPa-Temperatur
für den kommenden Sonntag eine bifokale Verteilung anbieten. Auch Pot500 weist
eine größere Streuung auf mit einigen deutlichen Peaks nach unten. Ab Montag
deutet sich dann ein relativ hohes Potenzial- und Temperaturniveau (z.B. in
Leipzig um +5°C in 850 hPa) mit nur wenigen Ausreißern nach unten.
Bei GFS-EPS sehen die Rauchfahnen sehr ähnlich aus. Interessant dabei: im Laufe
der nächsten Woche gibt es ein paar wenige Ensemblelösungen (prozentual mehr als
bei ECMF-EPS), die nach unten, in zwei Fällen sogar richtig fett nach unten
abweichen (T850 um -10°C!! im Rhein-Main-Gebiet). Nicht nur Hobbygärtner hoffen,
dass sich die Numerik in diesen wenigen Fällen doch irren möge.
FAZIT: siehe FAZIT unter "Modellvergleich".
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Angesichts der bevorstehenden Großwetterlage halten sich signifikante
Wettererscheinungen sehr in Grenzen. In den Nächten besteht gebietsweise leichte
Frostgefahr, das war´s.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann