Thema des Tages

19-03-2017 14:40

Frühling im Kalender

Am morgigen Montag, den 20. März 2017, um 11:29 Uhr
Mitteleuropäischer Zeit (MEZ), überquert die Sonne auf ihrer
scheinbaren Bahn durch den "Tierkreis" (wissenschaftlich "Ekliptik"
genannt) den Himmelsäquator in nördlicher Richtung. Auf der
Nordhalbkugel markiert dies den astronomischen oder kalendarischen
Frühlingsbeginn, auf der Südhemisphäre beginnt nun der Herbst. Die
Sonne steht am 20. März mittags erstmals in diesem Jahr über dem
Äquator im Zenit, und zwar bei 22°30´ östlicher Länge, also über dem
Kongo-Becken in Zentralafrika. Sie befindet sich um 11:29 Uhr MEZ an
einem der beiden Schnittpunkte zwischen Ekliptik und Himmelsäquator,
dem "Frühlingspunkt".

Der Frühlingspunkt wird auch "Widderpunkt" genannt, denn bei der
Festlegung und Aufteilung des Tierkreises in zwölf Winkelabschnitte
zu jeweils 30°, das war im 5. Jahrhundert v. Chr., lag er im
Sternbild Widder (lat. Aries). Heutzutage allerdings stimmen die
Tierkreiszeichen nicht mehr mit den gleichnamigen Sternbildern
überein und der Frühlingspunkt befindet sich im Sternbild der Fische
(lat. Pisces). Ursache für die "Wanderung des Frühlingspunktes" ist
die "Präzession der Erde", eine durch äußere (himmelmechanische)
Kräfte hervorgerufene Lageveränderung ihrer Rotationsachse. Dieser
"Kreiseleffekt" bewirkt ein Zurückweichen des Frühlingspunktes von
Ost nach West um ca. 50 Winkelsekunden pro Jahr, was seit der Antike
einer Drehung im Uhrzeigersinn von gut 30 Winkelgraden entspricht.

Am Frühlingsanfang geht die Sonne näherungsweise überall auf der Erde
im Osten um 06:00 Uhr wahrer Ortszeit (WOZ) auf und im Westen um
18:00 Uhr unter. Betrachtet man unter Berücksichtigung des konkreten
Unterschiedes zwischen WOZ und MEZ jedoch die Auf- und
Untergangszeiten der Sonne für einen bestimmten Ort, zu finden z.B.
im Internet bei www.sonnenverlauf.de oder in guten Kalenderwerken, so
stellt man fest, dass der lichte Tag morgen schon etwas länger als
die Nacht ist. Woran liegt das?

Zunächst einmal werden hier zwei verschiedene "Zeitgrößen", und zwar
der Zeitpunkt des Frühlingsbeginns mit der Zeitspanne des
Ereignistages bzw. der Nacht in einen Zusammenhang gebracht. Weitere
himmelsmechanische Tatsachen, deren Erörterung an dieser Stelle zu
weit führen würde, bewirken ein Abweichen von geometrischen
Idealformen. Außerdem wird zur Definition des Frühlingsbeginns der
Mittelpunkt der Sonne verwendet, beim Sonnenauf- und Sonnenuntergang
über dem Horizont aber zählt die Sonnenoberkante. Die Brechung des
Sonnenlichtes an den unteren Atmosphärenschichten, die eine
scheinbare Anhebung der Sonnenscheibe bewirkt, verstärkt diesen
Effekt noch. So fand die eigentliche Tagundnachtgleiche (lat.
Äquinoktium) in diesem Jahr bereits am 17. oder 18. März statt!

Unter http://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2017/03/19.html
finden Sie Grafiken zur Erläuterung der himmelsmechanischen
Zusammenhänge. In der sphärischen Astronomie abstrahiert man von den
tatsächlichen Gegebenheiten derart, dass man die Himmelskugel als
Sphäre mit beliebig großem oder unendlichem Radius annimmt. So wie
ein beliebiger Ort auf der Erde durch zwei Winkel, nämlich seine
geographischen Koordinaten Länge und Breite, genau angegeben werden
kann, ist dies auch für Positionen auf der scheinbaren Himmelskugel
möglich. Alle Distanzen werden so als Winkel betrachtet und in Grad
oder Bogenmaß gemessen, mathematische Grundlage ist die sphärische
Trigonometrie. Dabei ist es egal, ob sich die Erde um die Sonne dreht
oder umgekehrt, wichtig sind nur die Relativbewegungen zwischen
Zentralgestirn und Planet.

Das obere Bild ist eine vereinfachte "geozentrische" Darstellung von
Ekliptik und Himmelsäquator, die um ca. 23°27´ gegeneinander geneigt
sind ("Schiefe der Ekliptik"). Die Schnittpunkte (Frühlings- und
Herbstpunkt) stehen orthogonal zu der zum Himmelsnordpol gerichteten
Rotationsachse der Erde. Darunter sieht man eine vereinfachte
"heliozentrische" Darstellung der Bahn der Erde bei ihrer
"Revolution" genannten, entgegen dem Uhrzeigersinn gerichteten
Bewegung um die Sonne im Verlaufe eines Jahres. Die daraus für die
Erdoberfläche resultierenden Beleuchtungsverhältnisse bestimmen
letztendlich die Jahreszeiten.

Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.03.2017

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