DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-03-2017 21:00
SXEU31 DWAV 181800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.03.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst in der SW-Hälfte weitere Regenfälle, im Laufe des Sonntags nordostwärts
verlagernd. Gleichzeitig von Westen erneut auffrischender SW-Wind, dabei
besonders im Bergland stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Rückseite des mittlerweile in
NO-Polen angelandeten Randtiefs ECKHART. Die zugehörige schleifende Kaltfront
kommt noch etwas südostwärts voran und nimmt dabei bezogen auf den
Vorhersageraum eine zunehmend diagonale und vor allem quasistationäre Exposition
ein. In den Frühstunden verläuft sie etwa von der Nordsee bis zum Westerzgebirge
bzw. Fichtelgebirge, wobei sie über der Deutschen Bucht in die Warmfront eines
Tiefs bei Island übergeht. Während südwestlich davon weiterhin relativ milde
Luft vom Atlantik einströmt (hohe Schneefallgrenze weit über 1000 m), gelangt in
den NO vorübergehend ein Schwall polarer Meeresluft, die durch die Überströmung
der norwegischen Gebirge etwas abgetrocknet ist (Td um 0°C). Kurzum, auf der
kalten Seite bleibt es in der Nacht nicht nur trocken, es zeigt sich zudem
aufgelockerte Bewölkung. Da der Wind im Zuge eines sich von Westen nähernden
Zwischenhochkeils regelrecht einschläft, geht die Temperatur bis in die Nähe des
Gefrierpunktes zurück, lokal ist sogar leichter Frost möglich. Zwar trocknen
Straße und Wege bis dahin weitgehend ab, trotzdem ist vereinzelt Glätte durch
gefrierende Nässe nicht ausgeschlossen.
Im Westen und Süden hingegen kommt es zu weiteren Regenfällen, auch wenn in der
west-nordwestlichen Höhenströmung ein ganz flacher Rücken über Deutschland
südostwärts wandert. Er wird von WLA überlaufen, die neben frontaler
Querzirkulation und Staueffekten einen wesentlichen Beitrag zur
Aufrechterhaltung der Hebungsprozesse leistet. Die höchsten Regenmengen kommen
nach wie vor im Schleifbereich der Front (aktuelle Stundenraten z.T. um oder
etwas über 5 mm) sowie in den West-Nordweststaulagen der Mittelgebirge und der
Alpen zusammen, wobei die Modelle hinsichtlich der genauen Summen nach wie vor
stark divergieren. ICON, COSMO-DE und EURO4 sehen im Schwarzwald, im Bayerwald
und an den Alpen Hot-Spots von 25-50 mm/12 h, was gerade nach SW hin - also
außerhalb der Schleifzone - zu hoch gegriffen scheint, während GFS und ECMF
deutlich verhaltener agieren. In den Hochlagen der Mittelgebirge, die sich an
der Schwelle zur Kaltluft befinden (vor allem Harz und Westerzgebirge), kann es
zeitweise schneien.
Der westliche Wind schwächt sich weiter ab, lediglich im äußersten Süden sowie
an der Ostseeküste reicht es anfangs noch für Böen 7 Bft, in höheren Lagen 8-9
Bft, exponiert 10 Bft.

Sonntag ... wandert der flache Höhenrücken ins östliche Mitteleuropa, wobei er
weiterhin von kräftiger WLA überlaufen wird. Der Schwerpunkt der WLA verlagert
sich mehr und mehr in den Nordosten des Landes, was letztlich auch für die
Regenfälle gilt. Das passt auch zur Entwicklung im bodennahen Bereich, wo das
o.e. Tief vom Seegebiet vor Island langsam gen Norwegische See zieht. Damit
kommt auch die zugehörige Warmfront über Deutschland ostwärts voran, so dass wir
landesweit bis zum Nachmittag in den breiten Warmsektor gelangen. Am
Okklusionspunkt des gesamten Frontensystems deutet sich eine Teiltiefbildung an,
während die Kaltfront schleifend und durch eine neue Welle über der Irischen See
(12 UTC, ICON) ausgebremst wird und tagsüber noch nicht auf deutsches
Hoheitsgebiet übergreift.
Zurück zum Niederschlag
Zunächst lassen die Regenfälle im W und SW
bereits im Laufe des Vormittags nach, später auch im S und in der Mitte, so dass
die dort gültigen Dauerregenwarnungen auslaufen bzw. aufgehoben werden können.
Nennenswerte Auflockerungen sind trotz leichten Druckanstiegs von Frankreich her
aber nicht zu erwarten. Am längsten regnet es im N und O, ohne dass dabei aber
warnrelevante Mengen zusammenkommen. Nach einer mehrstündigen Pause setzt im NW
im Vorfeld der schleifenden Kaltfront von der Nordsee her erneut Regen ein.
Thema Wind, der frischt aus SW bis W kommend von Westen her im Warmsektor wieder
auf und erreicht in Böen Windstärke 7 Bft, in freien Lagen 8 Bft, im Bergland je
nach Exposition 8 bis 10 Bft. Ausgenommen davon bleiben bis zum Abend die tiefen
Lagen Ost- und Nordostdeutschlands, wo der Gradient am spätesten zulegt und
zudem die Schichtung am stabilsten ist.
Die Temperatur erreicht Höchstwerte von rund 7°C in Vorpommern und bis zu 15°C
im S und SW, am Oberrhein lokal etwas darüber.

In der Nacht zum Montag bleibt die Höhenströmung relativ glatt auf West
gestellt. Das angesprochene Teiltief überquert den Norden Jütlands Richtung
Dänemark/Südschweden. Während die Warmfront aus dem Vorhersageraum herausläuft,
greift die weiterhin schleifende Kaltfront von der Nordsee her auf den NW und N
über. Im Frontbereich kommt es zu weiteren Regenfällen, die akkumuliert über 12
h meist im einstelligen Bereich, nur örtlich um oder etwas über 10 mm betragen.

Zur Mitte und nach Süden hin, also quasi im leicht antizyklonal konturierten
Warmsektor simulieren die Modelle jeweils etwas unterschiedlich teils trockene
Verhältnisse, teils leichten Regen/Nieselregen. Große Auflockerungen sind nicht
zu erwarten, und sollte es doch irgendwo mal längere Zeit aufreißen, bildet sich
in der feuchten Grundschicht Nebel.
Der Wind nimmt weiter ab und erreicht spätestens in der zweiten Nachthälfte nur
noch ein einigen Hochlagen in Böen Stärke 7 Bft, exponiert 8-9 Bft.

Montag ... deutet sich über dem Ostatlantik eine zunächst noch recht zaghaft
anmutende Austrogung an. Stromab wölbt sich die Höhenströmung über Mitteleuropa
geringfügig auf, ohne dass sich dabei ein wirklich greifbarer Höhenrücken
erkennen lässt. Trotzdem reicht das Ganze aber offensichtlich aus, um in
Süddeutschland den leichten Hochdruckeinfluss soweit zu festigen, dass es dort
nicht nur weitgehend trocken bleibt, sondern auch die Wolkendecke mehr oder
weniger auflockert. Besonders von Südbaden bis hinüber zum Alpenvorland sowie an
den Alpen direkt stehen die Chancen auf Sonnenschein gar nicht so schlecht - es
wäre ja auch noch schöner, wenn zum offiziellen astronomischen Frühlingsbeginn
die ganze Republik unter dichtem Gewölk verbringen müsste. Davon gibt es zur
Mitte und nach Norden hin reichlich, was im Wesentlichen an der o.e. Kaltfront
liegt, die noch etwa bis zur nördlichen Mitte vorankommt. Dort wird die dann
ausgebremst, weil zur Mittagszeit bereits die nächste flache Welle über
Südengland auftaucht und unsere Kaltfront nach Westen hin in die Warmfront
dieser Welle übergeht.
Lange Rede, kurzer Sinne, auch wenn die genaue Position der Front noch nicht zu
100% feststeht, deuten sich doch für weite Teile der Nordhälfte, bedingt auch
noch für die Mitte leichte bis mäßige Regenfälle an (meist einstellig über 12
h).
Mit Annäherung der Welle zum Nachmittag und Abend hin legt der SW-Wind wieder
etwas zu und erreicht besonders im W und in der Mitte sowie Richtung Nordsee
örtlich Stärke 7 Bft, in höheren Lagen teils 8 Bft. Die Höchsttemperatur liegt
zwischen 10 und 15°C, im Süden bei 850-hPa-Temperaturen von 5°C oder etwas
darüber und zumindest teilweiser Sonnenunterstützung bei 14 bis 20°C, was
durchaus etwas mit Frühling zu tun hat.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt die flache Welle über den Norden des Landes
rasch ostwärts. Dabei intensivieren sich die Regenfälle im Norden, gebietsweise
kommen rund 10 mm innert 12 h, lokal vielleicht sogar um 15 mm zusammen. Zudem
frischt der SW-Wind auf der Südflanke der Welle vorübergehend auf mit Böen 7
Bft, vereinzelt 8 Bft, Bergland auch etwas darüber.
Nach Süden verläuft die Nacht geschmeidiger und vor allem trockener ab, bei
längerem Aufklaren bildet sich gebietsweise Nebel.

Dienstag ... dreht die Höhenströmung zurück auf SW, weil die Austrogung über dem
nahen Ostatlantik weitere Fortschritte macht. Die Bodenwelle zieht bereits in
der zweiten Nachthälfte aus Deutschland raus und findet sich um 12 UTC etwa über
Litauen. Die zugehörige Kaltfront kommt - natürlich schleifend - von Norden her
allmählich südostwärts voran, wobei sie in den mittleren Landesteilen teils
länger andauernden, aber nicht warnwürdigen Regen generiert. Der Gradient
fächert zunehmend auf, so dass der Wind aus warntechnischer Perspektive im Laufe
des Tages keine Rolle mehr spielen sollte - so zumindest die Lesart von ICON.
GFS ist langsamer mit der Welle unterwegs, und auch ECMF simuliert für den
Norden mehr Wind, so dass die Messen diesbezüglich noch nicht gelesen sind. Eine
ausgewachsene Wind- oder Sturmlage ist aber nicht zu erwarten.
Prä- und auch postfrontal lockern die Wolken auf bzw. bleiben aufgelockert, so
dass sich im N und S zeitweise die Sonne zeigt. Die Höchstwerte: 8-14°C, im
Süden 14 bis 18°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grobe Entwicklung wird von den diversen Modellen ähnlich gesehen. Dass es
bei schleifenden Fronten und kurzen Wellen zu Diskrepanzen kommt, vor allem
hinsichtlich der Wind- und Niederschlagsentwicklung, ist nichts Besonderes und
wurde im Text auch mal mehr, mal weniger gewürdigt.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann