Thema des Tages

24-02-2017 14:40

Sturmtief THOMAS wirbelte die Weiberfastnacht durcheinander

Viele Närrinnen und Narrhalesen waren am gestrigen Donnerstag
(23.02.2017) auf den Straßen unterwegs und feierten Weiberfastnacht.
Je später der Abend wurde, desto intensiver wurde der Wind. Sturmtief
THOMAS näherte sich Deutschland, fegte mit kräftigen Böen über das
Land hinweg und vermieste einigen die Party.

In der Nacht zum Donnerstag entwickelte sich vor der Westküste
Irlands ein veritables Sturmtief, das in den Folgestunden bis zum
heutigen Freitagmittag Zentraleuropa von West nach Ost überquerte.
Schnellläufer werden diese Tiefdruckgebiete genannt, die sich am
Rande einer steuernden Zyklone bilden und in kurzer Zeit eine weite
Strecke zurücklegen. Von Irland (Donnerstagnacht), über die
Doggerbank (Donnerstagmittag) bis nach Litauen (Freitagvormittag)
brachte es THOMAS auf 2100 Kilometer in 30 Stunden (70 km/h).

An der Küste im Westen Irlands traf THOMAS am frühen Donnerstag in
etwa auf seinem Höhepunkt der Entwicklung mit Böen in Orkanstärke
(Mace Head: 140 km/h) zum ersten Mal auf Land. Im Folgenden nahm das
Tief Kurs auf England. Im Bereich des stärksten Sturmfeldes,
südwestlich des Tiefkerns, wurden über Irland, Wales und England
nicht nur entlang der Küsten, sondern auch im Landesinneren
verbreitet orkanartige Böen zwischen 105 und 120 km/h, vereinzelt
auch Orkanböen sowie extreme Orkanböen (Capel Curig No3: 152 km/h),
verzeichnet. Die irischen und englischen Medien berichten von
umherfliegenden Trümmerteilen, etlichen entwurzelten Bäumen,
Verkehrsbehinderungen durch umgestürzte Lastkraftwagen und
abgerissene Stromleitungen. Auch einen Todesfall gibt es zu beklagen.


Weiter auf seinem Weg nach Osten erreichte das Sturmzentrum von
THOMAS am Nachmittag die niederländische und belgische Küste mit
orkanartigen Böen bis 115 km/h. Zur selben Zeit nahm auch die
Windgeschwindigkeit im Westen Deutschlands zu. Zunächst konnte die
Kaltfront des Sturmtiefs auf Deutschland übergreifen. An der
Kaltfront entwickelten sich zahlreiche Gewitter, die vor allem in
Bezug auf die Windgeschwindigkeiten im Fokus standen. Aber auch in
kräftigen Schauern wurden bereits vereinzelt orkanartige Böen
(Oschatz, Sachsen: 104 km/h) gemessen. Eine deutlichere Zunahme des
Windes fand jedoch rückseitig der Kaltfront im Bereich des
nachfolgenden Troges statt, der in der ersten Nachthälfte über den
Westen hinweg schwenkte. Der sogenannte ?Trogsturm? sorgte für
orkanartige Böen in Teilen Nordrhein-Westfalens, wie in Geilenkirchen
(113 km/h), Lüdenscheid (109 km/h) und Ahaus (105 km/h).

In einem Trog stößt rückseitig eines kräftigen, bereits alternden
Tiefs hochreichende polare Kaltluft äquatorwärts vor. Der Trog folgt
in einem bestimmten Abstand zur Kaltfront des Tiefs. Der sogenannte
?Trogsturm? entsteht nicht nur durch die zunehmende konvektive
Wetteraktivität aufgrund der Labilisierung (siehe DWD-Lexikon) der
Atmosphäre, sondern zudem durch den rückseitig des Troges folgenden
Druckanstieg. So werden die Linien gleichen Luftdrucks eng
zusammengedrückt, wodurch sich die Windgeschwindigkeit erhöht.

Mit seiner Ostverlagerung schwächte sich das Sturmtief THOMAS langsam
ab. Abgesehen von den Gipfeln der östlichen Mittelgebirge, auf denen
orkanartige Böen und Orkanböen registriert wurden, konnten in der
gesamten Osthälfte des Landes von Freitagfrüh bis zum Mittag noch
Böen in Sturmstärke (65 bis 85 km/h) und vereinzelt schwere Sturmböen
(Erfurt, Thüringen: 102 km/h) gemessen werden.

Auch in Deutschland gab es infolge des länger anhaltenden böigen
Windes zahlreiche Schäden und Verkehrsbehinderungen. So mussten in
Teilen Nordrhein-Westfalens, Hessens, Niedersachsens und
Baden-Württembergs und Schleswig-Holsteins Züge zurückgehalten oder
Strecken gesperrt werden, weil Äste und Bäume ins Gleisbett oder auf
Oberleitungen gestürzt waren. Die Feuerwehren zählten etliche
Einsätze, z.B. durch Autounfälle und auch Karnevalsfeiern mussten an
Weiberfastnacht wegen des Sturms zum Teil unterbrochen oder vorzeitig
beendet werden.

Abseits der hohen Windgeschwindigkeiten sollte kurz noch auf die
gestrigen Höchsttemperaturen im Vorfeld des Sturms hingewiesen
werden. Während in Schleswig-Holstein maximal 6 bis 9 Grad erreicht
wurden, ?schwitzten? die Bewohner am Alpenrand bei einer
Höchsttemperatur von über 20 Grad. Rosenheim und Simbach sind hier
die absoluten Spitzenreiter mit 21,5 Grad. An beiden Stationen wurde
so ein neuer Rekord für einen 23. Februar aufgestellt.

Nachdem das Sturmfeld des Tiefs THOMAS Deutschland Freitagnachmittag
verlassen hat, wird heute Zwischenhocheinfluss wetterbestimmend.
Jedoch ist diese Wetterberuhigung nur von kurzer Dauer, denn die
wechselhafte Westwindwetterlage hält weiter an.

Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.02.2017

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