DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-02-2017 21:00
SXEU31 DWAV 191800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 19.02.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunehmend windig, zunächst aber nur auf den Bergen und an den Küsten Sturmböen.
In den Mittelgebirgen Süddeutschlands ab Montagabend Dauerregen und Tauwetter,
Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... erreicht ein Kurzwellentrog den Südwesten und die mittleren
Landesteile Deutschlands und schwenkt im weiteren Verlauf rasch weiter nach
Südosten, wobei er an Kontur verliert. Rückseitig schwenkt von den Britischen
Inseln und der Nordsee her ein flacher und zunehmend zonal ausgerichteter
Höhenrücken nach Norddeutschland.
Im Bodenfeld überquert eine mit dem Kurzwellentrog korrespondierende Kaltfront
im Laufe der Nacht Süddeutschland, löst sich aber mehr und mehr auf, da sie vom
Trog selbst überlaufen wird und dahinter bereits kräftige mitteltroposphärische
WLA die frontalen Hebungsprozesse zunehmend kompensiert.
Auch niedertroposphärisch verstärkt sich die WLA vor allem über dem Nordwesten
Deutschland deutlich, die Temperaturen steigen in 850 hPa dort wieder auf über 0
Grad und in der Früh greift die Warmfront eines zur Norwegischen See ziehenden
Tiefs auf die deutsche Nordseeküste über.
Im Einflussbereich der Kaltfront und auf deren Rückseite kommt es vor allem im
Süden und in der Mitte des Landes noch zu leichten Niederschlägen, die
simulierten Mengen betragen aber meist nur zwischen 0 und 3 mm, lediglich in
einigen Staulagen, insbesondere der Alpen, werden um 5 mm simuliert. Die
Schneefallgrenze bewegt sich dabei zwischen 600 und 800 m, darüber kann es
einige Zentimeter Neuschnee oder zumindest Glätte geben. Im präfrontalen Bereich
hielt sich vor allem im Donauraum ganztätig Nebel bzw. Hochnebel und
entsprechend wurden dort Höchstwerte von kaum über 0 Grad erreicht. Vor allem
dort, aber auch weiter südöstlich, wo es vor Eintreffen der Front noch länger
gering bewölkt bleibt und es stellenweise bis in den Frostbereich abkühlt, kann
es vorübergehend örtlich auch gefrierenden Regen geben.
Im Norden und im äußersten Westen bleibt es vielerorts trocken, erst ausgangs
der Nacht kann es mit Eintreffen der Warmfront auch im Nordseeumfeld wieder
etwas regnen.
Der Wind flaut vorübergehend ab und ist zunächst nicht warnrelevant. Mit
Annäherung der Warmfront verschärft sich insbesondere im Norden der
Druckgradient und er frischt wieder auf. An der Nordsee kann es starke bis
steife Böen (Bft 6 bis 7) aus Südwest geben, auf dem Brocken eventuell auch
stürmische Böen (Bft 8).

Montag ... schwenkt der breit angelegte Höhenrücken allmählich über Deutschland
hinweg südwärts und erreicht abends mit seiner Achse die Alpen. Rückseitig
stellt sich eine recht glatt konturierte kräftige westnordwestliche
Höhenströmung ein, wobei vor allem über das nördliche Mitteleuropa und
Südskandinavien kurzwellige Anteile hinweg ostsüdostwärts ablaufen. Vorderseitig
einer solchen, bis zum Abend nach Südschweden ziehenden kurzen Welle verstärkt
sich die WLA über dem Vorhersagegebiet weiter und weitet sich nach Süden aus.
Auch im Bodenfeld kann sich das korrespondierende Tiefdruckgebiet weiter
vertiefen und zieht bis zum Abend zur mittleren Ostsee. Die Warmfront kommt über
Deutschland allmählich südostwärts voran und erreicht bis zum Abend den
Südwesten und die mittleren Landesteile, die Kaltfront wird aufgrund von
Wellenbildung über der mittleren Nordsee noch zurückgehalten. Dabei fällt
verbreitet Regen, meist leichter Intensität, vor allem ICON-EU simuliert in den
Staulagen einiger Mittelgebirge (Bergisches Land, Harz) 12-stündige Mengen über
10 mm, GFS hat dagegen etwas geringere Mengen auf der Karte. Mit der Warmfront
gelangt sehr milde Meeresluft ins Vorhersagegebiet, die Temperaturen in 850 hPa
steigen auf 0 bis 5 Grad, so dass die Schneephase keine Rolle spielt.
Im Südosten gibt es anfangs noch letzte Niederschläge der zerbröselnden
Kaltfront, die aber auch in den höheren Lagen der Alpen keine nennenswerten
Neuschneemengen mehr bringen. Ansonsten bleibt es dort bis zum Abend trocken.
In den Focus der Warntätigkeit rückt somit der Wind. Vor allem im Norden und
Osten des Landes führt die Tiefdruckpassage über das mittlere Skandinavien
hinweg zu einer deutlichen Gradientverschärfung, so dass es auch im Binnenland
bzw. in den Niederungen steife Böen (Bft 7) aus Südwest bis West geben kann. An
den Küsten, insbesondere entlang der Ostsee, gibt es stürmische Böen (Bft 8),
auf den Bergen Sturmböen, auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) auch
schwere Sturmböen (Bft 9 bis 10. Lediglich die Alpengipfel sind von der
Windzunahme noch nicht so stark betroffen.
Die Sonne zeigt sich am ehesten ganz im Süden. Die Temperaturen steigen auf sehr
milde 5 bis 11 Grad, im Südwesten eventuell auch knapp darüber.

In der Nacht zum Dienstag greift ein weiterer flacher Kurzwellentrog auf
Südskandinavien über, so dass die Kaltfront des sich weiter vertiefenden und
nach Weißrussland ziehenden Sturmtiefs vorübergehend an Fahrt gewinnt und auf
den Norden Deutschlands übergreift, in der Früh erreicht sie die mittleren
Landesteile. Ihr folgt ein Schwall erwärmter polarer Meeresluft (0 bis -3 in 850
hPa), die nicht sonderlich labil geschichtet ist, so dass die Niederschläge
postfrontal rasch nachlassen und die Wolken auflockern.
Somit konzentrieren sich die Niederschläge auf die im Warmsektor gelegenen
mittleren und südlichen Landesteile. Meist fallen diese aber nicht allzu üppig
aus (3 bis 10 mm in 12 Stunden, in Leelagen eventuell auch weniger). Lediglich
in den Staulagen der Mittelgebirge kommen mengen über 10 mm in 12 Stunden
zusammen, nach Lesart des ICON-EU im Bayerischen Wald und im Oberallgäu auch bis
über 20 mm. Vor allem dort sind in Verbindung mit Tauwetter bereits auch
warnrelevante Abflussmengen möglich (über 25 mm in 12 Stunden). ECMWF (von 00
UTC) und GFS simulieren insbesondere im Oberallgäu und im Schwarzwald allerdings
geringere Mengen als ICON-EU.
Mit Abzug des Tiefs fächert der Gradient allmählich auf, so dass der Wind
zumindest ind en Niederungen, aber insbesondere auch an der Nordsee abnimmt. An
den Küsten reicht es aber noch für steife Böen (Bft 7), an der vorpommerschen
Küste auch für stürmische Böen (Bft 8) aus West. Auf den Bergen gibt es
stürmische Böen oder Sturmböen, auf exponierten Gipfeln anfangs auch schwere
Sturmböen. Unter den dichten Wolken im Süden und in der Mitte und bei gut
durchmischter Luftmasse weiter nördlich sollte die Nacht weitgehend frostfrei
verlaufen.

Dienstag ... verlagert sich der Kurzwellentrog rasch über die Ostsee hinweg ins
Baltikum. Dahinter kann sich - gestützt durch kräftige WLA auf der Vorderseite
eines markanten Troges südöstlich von Island - ein flacher Höhenrücken über die
Nordsee hinweg bis zur Norwegischen See aufwölben, so dass die Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet ein wenig aufsteilt. Die Kaltfront des weiter nach
Nordwestrussland ziehenden Sturmtiefs kommt nach Süden voran und erreicht die
Südhälfte, wo sie aber erneut verwellt. In der postfrontal einströmenden
subpolaren Meeresluft bleibt es in der Nordhälfte aufgelockert bewölkt und es
gibt nur einzelne Schauer, allerdings frischt der Wind aufgrund der turbulenten
Durchmischung in der unteren Troposphäre wieder etwas auf, vor allem nach Osten
zu kann es in freien Lagen steife Böen aus West bis Nordwest geben, an der
vorpommerschen Ostseeküste auch stürmische Böen, auf den Bergen Sturmböen. Im
Westen schwächt sich der Wind mit Durchschwenken eines flachen Bodenhochkeils
dagegen eher ab. Präfrontal weht dagegen im Süden weiterhin lebhafter westlicher
Wind mit steifen, im Alpenvorland (Stichwort: Leitplankeneffekt) auch
stürmischen Böen.
Vor allem auf den Alpengipfeln kann es schwere Sturmböen geben.
Warnrelevant sind auch weiterhin die Regenfälle im Bereich der verwellenden
Kaltfront über Süddeutschland. Vor allem in den Staulagen einzelner
Mittelgebirge werden vom ICON-EU erneut stellenweise mehr als 25 mm in 12
Stunden simuliert. Betroffen wären nach Lesart des 12 UTC- Laufes vor allem der
Schwarzwald und der Alpenrand. Zusammen mit dem Tauwetter ergäben sich
Abflussmengen zumindest im markanten Warnbereich.
ECMWF (von 00 UTC) und GFS simulieren die höchsten Mengen dagegen etwas nach
Nordosten verschoben, so dass eher die ostbayerischen Mittelgebirge betroffen
wären und haben auch geringere Mengen auf der Karte (insbesondere GFS weitab
unterhalb jeglicher Warnschwellen). COSMO-Leps von 00 UTC zeigt die höchsten
Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 mm in 24 Stunden im Bayerischen Wald und im
Allgäu. In den übrigen Regionen gibt es keine Signale für Dauerregen.
Vor allem im Nordwesten und an den Küsten lässt sich auch mal die Sonne blicken,
sonst bleibt es überwiegend stark bewölkt bis bedeckt. Die Höchstwerte bewegen
sich zwischen 6 und 12 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der flache Höhenrücken über das nördliche
Mitteleuropa hinweg ostwärts, gefolgt von einem markanten Trog, der Mittwochfrüh
auf die Norwegische See und die Nordsee übergreift.
Im Bodenfeld wird die Kaltfront über Benelux und Süddeutschland rückläufig und
geht über in die Warmfront eines von Island zur Norwegischen See ziehenden
Sturmtiefs. Nach wie vor simuliert ICON-EU in den Staulagen von Schwarzwald und
Alpen recht hohe Niederschlagsmengen, 24-stündig ergeben sich im Zeitraum
Dienstag, 06 bis Mittwoch, 06 UTC in den Staulagen des Nordschwarzwaldes, des
Oberallgäus und des Berchtesgadener Landes sogar mehr als 50 mm (Unwetter).
Erneut ergeben sich Differenzen zu anderen Modellen. ECMWF simuliert selbst im
Zeitraum Mo, 06 bis Mi, 06 nur Niederschläge knapp unterhalb der Warnschwellen
im Bayerischen Wald, nach GFS werden die Warnschwellen bei Weitem nicht erreicht
(maximal 23 mm im Bayerischen Wald in 48 Stunden). Auch die probabilistischen
Verfahren (COSMO-LEPS, ECMWF-EPS, allerdings auf Basis der 00 UTC-Läufe) geben
nach wie vor nur schwache Signale im Bayerischen Wald und im Oberallgäu. Sollten
die stärksten Hebungsprozesse entlang der frontalen Welle innerhalb der
orographisch begünstigten Regionen stattfinden, sind die vom ICON-EU
postulierten Mengen aber durchaus realistisch.
Insgesamt weiten sich die Niederschläge mit Vorankommen der Warmfront, die
Mittwochfrüh die Osthälfte erreicht, auch wieder auf den Norden und Osten des
Landes aus, fallen dort aber nicht allzu ergiebig aus (meist 1 bis 8 mm in 12
Stunden, in Schleswig-Holstein bis über 10 mm).
Der Wind schwächt sich vorübergehend ab, so dass es nur noch in den Kamm- und
Gipfellagen der Berge warnrelevante Böen gibt. Im Warmsektor legt er aber wieder
zu und ausgangs der Nacht gibt es in der Westhälfte verbreitet steife, im
Nordseeumfeld stürmische Böen aus Südwest und im Bergland Sturmböen.
Frost dürfte angesichts der überwiegend dichten Bewölkung keine Rolle spielen.

Mittwoch ... verlagert sich der Trog weiter nach Mittel- und Südschweden,
wodurch sich die westnordwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet
weiter verschärft. Das korrespondierende Sturmtief kann sich noch etwas
verstärken und zieht bis zum Abend nach Mittelschweden. Die Warmfront verlagert
sich über das östliche Mitteleuropa hinweg rasch ostwärts, die Kaltfront
erreicht um die Mittagszeit den äußersten Nordwesten des Landes und kommt bis
zum Abend in etwa bis zum Mittelgebirgsnordrand voran.
Mit Abzug der Warmfront klingen die Niederschläge in der Mitte und im Süden
vorübergehend ab. Im Vorfeld der Kaltfront setzen aber im Tagesverlauf in
Norddeutschland erneut recht kräftige schauerartige Regenfälle ein. Erneut
simuliert ICON-EU die höchsten Mengen mit knapp über 20 mm im Bergischen Land
und gar über 30 mm im Harz, ansonsten meist zwischen 5 und 15 mm in 12 Stunden.
GFS und ECMWF zeigen eine ähnliche räumliche Verteilung, allerdings mit
geringeren Mengen. In der Südhälfte fällt dagegen kaum mehr Regen, lediglich im
Bayerischen Wald hat ICON-EU nochmals bis 10 mm auf der Karte.
Der Wind legt weiter zu, verbreitet gibt es bis in die Niederungen steife bis
stürmische Böen, bei Kaltfrontpassage eventuell auch Sturmböen (Bft 7 bis 9) aus
Südwest, später im Norden West bis Nordwest. An den Küsten gibt es häufiger
Sturmböen, auf den Berggipfeln auch schwere Sturmböen (Bft 10), auf exponierten
Gipfeln orkanartige Böen (Bft 11).
Postfrontal lockern die Wolken im Norden wieder auf, vereinzelt können sich
Schauer bilden, für Gewitter sollte es mangels Labilität (noch) nicht reichen.
Vor allem Richtung Hochrhein und Alpen zeigt sich die Sonne im Warmsektor für
längere Zeit, auch im Nordwesten sollte sie im Tagesverlauf häufiger
durchkommen, sonst bleibt es meist bedeckt. Es bleibt mild, im Süden auch sehr
mild mit Höchstwerten zwischen 7 und 13 Grad, im südlichen Oberrheingraben und
im Alpenvorland auch bis 15 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle zeigen eine ähnliche Wetterentwicklung. Die
Unterschiede bzgl. der räumlichen Verteilung und vor allem der Intensität der
Niederschläge wurden im Text bereits ausführlich erörtert. Nimmt man die Nacht
zum Donnerstag noch mit hinzu, wenn die Kaltfront über dem Süden oder der Mitte
des Landes erneut verwellen soll, werden - aufsummiert über 48 bis 72 Stunden -
sicherlich auch nach externen Modellen (ECMWF, weniger GFS) zumindest in den
Staulagen der Mittelgebirge, vor allem in Kombination mit Tauwetter die
markanten Warnschwellen für Dauerregen überschritten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff