DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-01-2017 09:00
SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.01.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Sa, "mit zyklonalem Einschlag"
Im Süden und in der Mitte gefrierender Regen mit Unwetterpotenzial. Im Südwesten
starkes Tauwetter (Unwetter). Im Norden und Osten, teilweise auch in der Mitte,
leichte bis mäßige Schneefälle. Im Bergland Sturmböen.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... erstreckt sich vormittags, ausgehend von einem Höhentrog über
Skandinavien, an dessen Südflanke ein Randtrog bis zur Nordsee. Im Tagesverlauf
kommt dieser nur zögernd nach Südosten voran und tropft zum Abend über Dänemark
bzw. Norddeutschland ab.
Vorderseitig greift kräftige WLA auf weite Teile des Landes über, wobei die
stärksten Hebungsprozesse zunächst - unterstützt durch PVA - im Nordosten
Deutschlands simuliert werden, nach Vollendung des Abtropfprozesses dann aber
auch im Süden.
Im Bodenfeld verlagert sich das mit dem Trog korrespondierende Tiefdruckgebiet
vom Nordausgang des Ärmelkanals bis zum Abend ins nördliche Niedersachsen. An
der Südflanke des Tiefs gelangt in die Südhälfte Deutschlands von Westen her
niedertroposphärisch recht milde Meeresluft, wobei die Temperatur in 850 hPa auf
etwa 0 bis +3 Grad steigt und die Schneefallgrenze entsprechend auch auf
teilweise über 1000 m. In den Norden und Osten gelangt dagegen von Osten her
noch kältere Festlandsluft mit -4 bis 0 Grad in 850 hPa. Niederschläge werden
für weite Teile des Landes simuliert, die höchsten Mengen heute tagsüber mit 5
bis über 10 mm in der Nordhälfte und in den Staulagen des Schwarzwaldes.
Lediglich im äußersten Südosten bleibt es noch bis zum Abend trocken.
Aktuell fällt lediglich im Bergland Schnee, sonst verbreitet Regen. Vor allem im
Süden und in den mittleren Landesteilen kommen die Temperaturen nur zögerlich
aus dem Frostbereich heraus, vor allem in Teilen Bayerns bleibt es bei
Dauerfrost. Außerdem sind die Böden teilweise tief gefroren, so dass es auch
trotz leichter Plustemperaturen in 2 Meter Höhe durchaus noch Bodenfrost geben
kann. So muss in den Regionen verbreitet mit gefrierenden Regen gerechnet
werden, bei Mengen bis 5 mm durchaus auch mit Unwetterpotenzial. Entsprechend
laufen bereits erste Unwetterwarnungen bzw. Vorabinformationen, die nach und
nach "scharf geschaltet" werden.
Im Südwesten hat sich bis in höhere Lagen bereits Tauwetter durchgesetzt. Zwar
sind im Schwarzwald zunächst noch nicht allzu hohe Regenmengen zu erwarten, ab
der kommenden Nacht werden sich die Regenfälle dort aber deutlich intensivieren,
so dass es vor allem dort auch zu starkem Tauwetter kommt. Bis Dienstagmittag
simuliert SNOW vor allem im Südschwarzwald ein Niederschlagsdargebot von über 50
mm in 24 Stunden, 48-stündig ergeben sich bis Mittwoch sogar Mengen bis 90 mm.
Entsprechend läuft für diese Region eine Unwetterwarnung vor starkem Tauwetter.
Im Norden und Osten gehen die Niederschläge vor allem nach Osten zu mit Zunahme
der Niederschlagsintensität mehr und mehr in Schnee über, während im Nordwesten
die flüssige Phase dominieren dürfte. Vor allem entlang und nordöstlich der Elbe
fällt überwiegend Schnee, wobei sich vielerorts eine Nassschneedecke ausbilden
könnte. SNOW simuliert am Abend in Schleswig-Holstein und in
Mecklenburg-Vorpommern Schneehöhen zwischen 2 und 7 cm. Im Harz können dabei in
Lagen oberhalb von etwa 300 bis 400 m eventuell auch mehr als 10 cm fallen.
Südlich des Bodentiefs verschärft sich der Druckgradient noch ein wenig, so dass
es vor allem im Bergland stürmische Böen, auf exponierten Gipfeln eventuell auch
Sturmböen (Bft 8 bis 9) aus West geben kann. Auch an dessen Nordflanke sind in
exponierten Küstenlagen (Ostsee, offene Nordsee) steife Böen (Bft 7) aus Ost bis
Südost möglich, ebenso ist der Böhmische Wind im Osterzgebirge, im Zittauer
Gebirge und im Elbtal von Warnrelevanz.
Während sich im Südosten Bayerns nochmals die Sonne blicken lässt, bleibt es
sonst überwiegend bedeckt. Im Osten und in der Mitte Bayerns bleibt es bei
Dauerfrost, sonst steigen die Temperaturen auf 0 Grad im Osten bzw. im Nordosten
in Regionen mit mäßigem Schneefall und bis auf 8 oder 9 Grad im Südwesten.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich das Höhentief nur sehr zögernd
südostwärts, in der Früh befindet sich dessen Kern in 500 hPa in etwa über
Sachsen-Anhalt. Die stärksten Hebungsprozesse verlagern sich mehr und mehr an
dessen Südflanke, wobei neben kräftiger WLA mehr und mehr auch PVA unterstützend
wirkt. Das Bodentief kommt ebenfalls kaum nach Südosten voran (dessen Kern wird
in der Früh in etwa über der Lüneburger Heide simuliert) und füllt sich vor
allem im Laufe der zweiten Nachthälfte allmählich auf. Dabei wird die kältere
Festlandsluft allmählich um den Tiefkern herum auch in die mittleren Landesteile
geführt, die Temperaturen in 850 hPa sinken nördlich des Mains, aber auch im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum allgemein in den negativen Bereich, in der
Mitte Deutschlands gar bis -6 Grad. Etwa südsüdwestlich einer Linie Niederbayern
- Eifel bleibt es aber mit Werten zwischen 0 und +3 Grad in 850 hPa recht mild.
In den Regionen werden zumindest vom ICON-EU auch die höchsten
Niederschlagsmengen simuliert, in den Staulagen des Schwarzwaldes mit Mengen bis
über 30 mm in 12 Stunden. EURO4 zeigt dort ebenfalls sehr hohe Mengen, GFS und
ECMWF simulieren dort allerdings nur um oder gar weniger als 10 mm in 12
Stunden.
Da diese Niederschläge bis in die höchsten Lagen als Regen fallen, ist weiterhin
mit starkem Tauwetter (Unwetter) zu rechnen. Auch im Allgäu werden in Staulagen
Mengen bis an die 15 mm simuliert, so dass es dort ebenfalls mindestens zu
markantem, eventuell aber auch zu unwetterartigem Tauwetter kommt.
Auch die Glatteis-Unwettersituation bleibt noch akut, vor allem im östlichen und
mittleren Bayern, wo die Kaltluft nach wie vor nicht ausgeräumt werden kann. GFS
und ECMWF simulieren entlang der Donau - im Übergangsbereich zur
niedertroposphärisch etwas kälteren Luftmasse - teilweise Mengen über 10 mm in 6
bis 12 Stunden, ICON-EU steht dem kaum nach. Dabei bestehen noch Unsicherheiten
seitens der Modelle, ob die Niederschläge als Regen, Schneeregen oder Schnee
fallen. Vor allem entlang und südlich der Donau dürfte die flüssige Phase
überwiegen, so dass es dort nach wie vor mit einem großflächigerem
Unwetterereignis gerechnet werden muss (rot ist rot, ob nun 1 oder 10 mm fallen,
eine "violette" Unwetterwarnung gibt es leider (noch) nicht). Im südlichen
Alpenvorland und an den Alpen dürften sich die Temperaturen bei besserer
Durchmischung meist im leicht positiven Bereich bewegen, dort ist
voraussichtlich nicht mit einer kritischen Glatteissituation zu rechnen.
Weiter nördlich fällt zunehmend Schnee. Im Nordwesten Deutschlands klingen die
Niederschläge ab, sonst werden Mengen bis 5 mm, in der Osthälfte teilweise auch
bis an die 10 mm. Vor allem in den Staulagen einiger Mittelgebirge (z.B.
Fichtelgebirge) können auch mehr als 10 cm Schnee fallen, sonst bewegen sich die
Mengen meist um 5 cm, maximal (stellenweise im Nordosten) nahe 10 cm, wobei in
tiefen Lagen überwiegend Nassschnee fällt.
Im Nordwesten und Westen lockern die Wolken auf, bei leichtem Frost oder
Bodenfrost ist dort auch stärkere Glätte durch überfrierende Nässe möglich.
Der Wind schwächt sich vor allem ab der zweiten Nachthälfte allmählich ab, in
exponierten Berglagen sind aber nach wie vor stürmische Böen aus West möglich.

Dienstag... kommt das Höhentief kaum schneller südostwärts voran und verlagert
sich in 500 hPa bis zum Abend zur Oberlausitz. An dessen Südflanke hat sich ein
veritabler Gradient aufgebaut, wobei kräftige WLA und PVA nach wie vor für
markante Hebung sorgen. Die kräftigsten Hebungsprozesse verlagern sich dabei
mehr und mehr in die Regionen südlich der Donau. Westlich des Höhentiefs wölbt
sich ein markanter Höhenrücken über die Nordsee hinweg bis nach Südskandinavien
auf.
Das Bodentief füllt sich mehr und mehr auf und ist am Abend in etwa über Sachsen
kaum mehr als solches auszumachen. Vor allem in der Mitte und im Nordosten
klingen die Niederschläge, die dort wohl überwiegend als Schnee fallen, ab, bis
zum Abend werden lediglich in Sachsen sowie in Ostvorpommern noch wenige mm
simuliert, maximal bis etwa 4 mm. Im Westen und Nordwesten bleibt es weitgehend
trocken.
An der Südflanke des Tiefs kommt es dagegen aufgrund der weiter oben
angesprochenen Hebungsprozesse vor allem im Bereich der Luftmassengrenze und
südlich davon weiterhin zu teils ergiebigen Niederschlägen, die im Südwesten
sowie an den Alpen und im Alpenvorland wohl durchwegs als Regen fallen. Nach wie
vor bestehen Unsicherheiten bzgl. der Schneefallgrenze vor allem im Südosten
Bayerns. Richtung Oberpfälzer und Bayerischer Wald dürfte die Schneephase
überwiegen, so dass dort (vor allem Bayerwald) teilweise mehr als 10 cm Schnee
fallen. Vor allem in Nieder-, sowie im östlichen und nördlichen Oberbayern
bleibt es aber wohl noch bei der kritischen unwetterartigen Glatteissituation,
teilweise werden Mengen um 10 mm als gefrierender Regen simuliert!
In den Staulagen des Schwarzwaldes, im Oberallgäu, aber zunehmend auch im
südlichen Alpenvorland simulieren - mit Ausnahme des ECMWF bzw. im Schwarzwald
auch des GFS - alle vorliegenden Modelle 10 bis 25 mm, punktuell auch mehr als
30 mm in 12 Stunden. Zumindest im Schwarzwald und im Oberallgäu dauert die
Unwetter- Tauwetterlage an, eventuell muss man aber auch im übrigen Alpenbereich
und im südlichen Alpenvorland die "rote Karte" ziehen.
Der Wind spielt warntechnisch keine große Rolle mehr, lediglich auf exponierten
Schwarzwald- und Alpengipfeln gibt es noch stürmische Böen oder Sturmböen aus
West.
Vor allem im Westen und Nordwesten setzt sich zeitweise die Sonne durch, sonst
bleibt es überwiegend bedeckt. Im Osten und in der Mitte Bayerns kann die
Frostluft eventuell gebietsweise noch immer nicht komplett ausgeräumt werden.
Ansonsten steigen die Temperaturen auf 1 bis 5 Grad im Norden und Osten sowie in
den mittleren Landesteilen und auf 4 bis 9 Grad im Südwesten, am Oberrhein
eventuell auch darüber (MOSMIX bis 12 Grad im Breisgau).

In der Nacht zum Mittwoch kommt das Höhentief, respektive der Kaltlufttropfen
(im Bodenfeld ist er nicht mehr auszumachen) bis in den Großraum Prag voran, die
stärksten Hebungsprozesse an dessen Südflanke verlagern sich mehr und mehr zu
den Alpen. Der Höhenrücken weiter westlich verlagert sich mit seiner Achse
allmählich nach West- und Norddeutschland, wobei sich ein eigenständiges
Höhenhoch über der südlichen bzw. mittleren Ostsee abspaltet.
Vor allem in die Westhälfte und in den Nordwesten wird niedertroposphärisch von
Süden her wieder deutlich mildere Luft advehiert, wobei im Bodenfeld die
Warmfront eines Tiefs westlich von Island mit leichten Regenfällen auf Benelux
und Südwestdeutschland bzw. auch auf den äußersten Westen übergreift. Die
stärksten Niederschläge im Bereich der Luftmassengrenze über Süddeutschland
verlagern sich mehr und mehr in den Alpenraum. Gebietsweise werden dort noch
einmal mehr als 10 mm simuliert, vom Allgäu bis zum Werdenfelser Land auch bis
über 20 mm, so dass es dort weiterhin zu starkem Tauwetter (Unwetter) kommt. Im
Schwarzwald entspannt sich die Situation dagegen ganz allmählich. Im nördlichen
Alpenvorland kann es anfangs auch noch Glatteisregen geben.
Im Bereich des Kaltlufttropfens gibt es vor allem im ostbayerischen Bergland
sowie im Osterzgebirge und Zittauer Gebirge noch einzelne Schneeschauer,
nennenswerte Neuschneemengen sind aber kaum mehr zu erwarten.
Mit Annäherung der Warmfront verschärft sich der Druckgradient im Westen des
Landes allmählich, in höheren Lagen und im Nordseeumfeld reicht es eventuell für
steife Böen (Bft 7) aus Südost bis Süd.
Ansonsten verläuft die Nacht wettertechnisch relativ ruhig. Die Wolken lockern
vielerorts auf und es gibt - mit Ausnahme des Südwestens und des äußersten
Westens bzw. Südens leichten Frost. Entsprechend kann Glätte durch überfrorene
Nässe auftreten, vereinzelt auch Nebel. Vor allem im westlichen Bergland (Eifel,
Hunsrück) ist mit Übergreifen der leichten Niederschläge bei kalten Böden auch
gefrierender Regen nicht ganz ausgeschlossen.

Mittwoch... zieht der KLT allmählich weiter zur Slowakei. Der Höhenrücken
schwenkt bis zum Abend von Westdeutschland weiter südostwärts, wird aber von
Nordwesten her mit Annäherung der Frontalzone allmählich "abgehobelt", so das
sich über Nordwestdeutschland eine südsüdwestliche Höhenströmung einstellt. Auch
das Höhenhoch über der mittleren und südöstlichen Ostsee wird mit Annäherung der
Frontalzone allmählich zum Baltikum abgedrängt.
Im Bodenfeld kommt die Warmfront über dem Westen und Südwesten Deutschlands kaum
mehr nach Osten voran. Die Niederschläge (1 bis 5 mm in 12 Stunden) erreichen
bis zum Abend in etwa eine Linie Ostfriesland - östliches Baden-Württemberg.
Auch Richtung Alpen regnet es im Bereich der ehemaligen Luftmassengrenze noch
weiter, vor allem ICON, aber auch GFS simulieren bis zum Abend an den Alpen und
im schwäbischen Alpenvorland nochmals mehr als 10 mm in 12 Stunden, so dass es
dort weiterhin zu Tauwetter mindestens im markanten Bereich (Oberallgäu
eventuell noch Unwetter) kommt.
Vor allem in der Westhälfte bleibt der Druckgradient recht scharf ausgeprägt
bzw. kann sich sogar noch etwas verschärfen. Im Nordseeumfeld gibt es weiterhin
steife Böen (Bft 7), über der offenen Nordsee eventuell auch stürmische Böen
(Bft 8) aus Südost, in den Kammlagen einiger Mittelgebirge ebenfalls.
Die niedertroposphärische Milderung setzt sich weiter fort, die Temperaturen in
850 hPa steigen auf Werte zwischen -1 Grad in der Oberlausitz und +5 Grad im
Südwesten. Bodennah gelangt aber vor allem in die Osthälfte von Südosten her
noch recht kalte Festlandsluft. MOSMIX simuliert zwar überall Temperaturen im
positiven Bereich (am Niederrhein und im südlichen Oberrheingraben sogar Werte
bis über 10 Grad), dennoch ist es durchaus vorstellbar, dass es in einigen
"Kältelöchern" (insbesondere in Ostbayern) nochmals Dauerfrost gibt.
Im Süden und Westen bleibt es meist stark bewölkt bis bedeckt, sonst kann sich
aber auch mal die Sonne durchsetzen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristbereich eine ähnliche
Wetterentwicklung. Unterschiede gibt es am ehesten noch bzgl. der simulierten
Niederschlagsmengen und auch -phasen. So lässt sich aktuell noch sehr schwer
abschätzen, wo sich genau der Übergangsbereich von Schnee in Regen befinden
wird. Das betrifft insbesondere den Südosten des Landes, wo leichte bis mäßige
Schneefälle und katastrophaler Glatteisregen womöglich eng beieinander liegen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff